Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.512/2006
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{T 0/2}
2A.512/2006 /leb

Urteil vom 18. Oktober 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Müller,
Gerichtsschreiber Merz.

X. ________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch
Advokat Stephan Bläsi,

gegen

Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement, Bundeshaus West, 3003 Bern.

Ausnahme von der zahlenmässigen Begrenzung
(Art. 13 lit. f BVO),

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Eidgenössischen Justiz-
und Polizeidepartements vom 30. August 2006.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die mazedonische Staatsangehörige X.________ (geb. 1975) reiste ihren Angaben
zufolge im Sommer 1998 illegal in die Schweiz ein, wo sie seither ohne
Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung lebt. Nachdem sie am 26. Januar 2005 in
eine polizeiliche Kontrolle geraten war, stellte sie tags darauf ein Gesuch
um Bewilligung ihres Aufenthaltes aufgrund eines schwerwiegenden persönlichen
Härtefalles nach Art. 13 lit. f der Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die
Begrenzung der Zahl der Ausländer (BVO; SR 823.21). Das
Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt zeigte in der Folge seine
Bereitschaft an, ihr gestützt auf die erwähnte Bestimmung eine
Aufenthaltsbewilligung zu erteilen, falls die zuständigen Bundesstellen die
hierzu notwendige Ausnahme von der zahlenmässigen Begrenzung bewilligten. Am
4. März 2005 hat es dem Bundesamt für Migration die Akten zum Entscheid
überwiesen, welches am 14. Juni 2005 die beantragte Ausnahme verweigerte. Die
von X.________ hiergegen erhobene Beschwerde wies das Eidgenössische Justiz-
und Polizeidepartement (EJPD) mit Entscheid vom 30. August 2006 ab, soweit es
auf das Rechtsmittel eintrat.

X. ________ hat am 6. September 2006 beim Bundesgericht
Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Sie beantragt, die Verfügung des
Bundesamtes für Migration vom 14. Juni 2005 sowie den Beschwerdeentscheid des
EJPD vom 30. August 2006 aufzuheben und "die Zustimmung zur Erteilung einer
kantonalen Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen gemäss Art. 13
Buchstabe f BVO zu erteilen". Das EJPD schliesst auf Abweisung der
Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.

2.
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet, soweit darauf
einzutreten ist, weshalb sie gemäss Art. 36a OG im vereinfachten Verfahren
mit summarischer Begründung behandelt werden kann. Es wird auf die
zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid des EJPD verwiesen. Die
Beschwerde gibt nur noch zu folgenden Ausführungen Anlass:
2.1 Soweit die Beschwerdeführerin nicht nur die Aufhebung des Entscheids des
EJPD, sondern auch desjenigen des Bundesamtes für Migration beantragt, ist
hierauf infolge des Devolutiveffektes nicht einzutreten (vgl. Art. 98 lit. b
OG; BGE 129 II 438 E. 1 S. 441 mit Hinweisen). Im Übrigen ist die Beschwerde
gegen den Entscheid des EJPD zulässig (vgl. BGE 122 II 186 E. 1 S. 187 ff.,
403 E. 1 S. 404 f.).
2.2 Nach Art. 12 BVO legt der Bundesrat Höchstzahlen für Jahres- und
Kurzaufenthalter fest, welche auf Bund und Kantone aufgeteilt werden. Von den
Höchstzahlen sind gemäss Art. 13 BVO verschiedene Ausnahmen möglich, wobei
nach ständiger Praxis strenge Voraussetzungen für die Anerkennung eines
schwerwiegenden persönlichen Härtefalles nach lit. f gelten (BGE 130 II 39 E.
3 S. 41). Ein solcher Härtefall ist nicht schon allein deswegen anzunehmen,
weil der betreffende Ausländer sich seit längerer Zeit in der Schweiz
aufgehalten hat, hier sozial und beruflich gut integriert ist und sein
Verhalten zu keinen Klagen Anlass gegeben hat (BGE 130 II 39 E. 3 S. 42; 128
II 200 E. 4 S. 207 mit Hinweisen). Es bedarf zusätzlicher besonderer
Umstände, die hier offensichtlich nicht gegeben sind.

Zwar hat das Bundesgericht in BGE 124 II 110 E. 3 S. 113 festgehalten, dass
ein Aufenthalt in der Schweiz von zehn Jahren einen Härtefall zu begründen
vermag. Die Beschwerdeführerin hält sich heute indes erst seit acht Jahren in
der Schweiz auf; nach ständiger Praxis begründet ein Aufenthalt von sieben
bis acht Jahren bei normaler Integration für sich allein noch keinen
Härtefall (Alain Wurzburger, La jurisprudence récente du Tribunal fédéral en
matière de police des étrangers, RDAF 1997 I S. 295 mit Hinweisen auf die
Rechtsprechung). Ausserdem bezieht sich der erwähnte Entscheid auf
Asylbewerber, deren Asylgesuch nach zehn Jahren noch nicht endgültig
entschieden wurde; diese halten sich in dieser Zeit aufgrund ihres
Asylgesuchs rechtmässig in der Schweiz auf und mussten die Brücke zu ihrer
Heimat oftmals abbrechen (vgl. BGE 123 II 125 E. 3 S. 128). Die
Beschwerdeführerin hatte sich demgegenüber ohne Not bis zu ihrer
polizeilichen Ergreifung fortwährend illegal in der Schweiz aufgehalten. Nach
ständiger Rechtsprechung werden illegale Aufenthalte im Rahmen der
Überprüfung eines Härtefalles prinzipiell nicht auf die Aufenthaltsdauer
angerechnet; Art. 13 lit. f BVO dient nicht dazu, den Aufenthalt von
Ausländern zu legalisieren, die sich zunächst lange Zeit unter Verstoss gegen
die ausländerrechtlichen Bestimmungen in der Schweiz aufgehalten und
gearbeitet haben (BGE 130 II 39 E. 3 und 5.2 S. 39 und 45; Urteile
2A.222/2006 vom 4. Juli 2006, E. 3; 2A.192/2005 vom 2. Mai 2005, E. 2).

Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf das Rundschreiben des (damaligen)
Bundesamtes für Ausländerfragen vom 21. Dezember 2001 ist unbehelflich. Die
Beschwerdeführerin macht nicht geltend, inwiefern sie hierauf gestützt in
gutem Glauben Dispositionen getroffen hätte. Zudem ist dieses Rundschreiben
inzwischen durch ein neues, an die Rechtsprechung angepasstes Rundschreiben
vom 17. September 2004 ersetzt worden. Ausserdem gehen Ausführungen in einem
Rundschreiben der zu Art. 13 lit. f BVO entwickelten Rechtsprechung
prinzipiell nicht vor (Urteil 2A.199/2006 vom 2. August 2006, E. 3.1).

Gemessen am durchschnittlichen Schicksal von Ausländern, welche die Schweiz
verlassen müssen, sind die Lebens- und Daseinsbedingungen der
Beschwerdeführerin nicht in gesteigertem Masse in Frage gestellt. Während des
Aufenthaltes in der Schweiz geknüpfte berufliche, freundschaftliche und
nachbarschaftliche Beziehungen begründen noch keinen Härtefall (BGE 130 II 39
E. 3 S. 42; 124 II 110 E. 2 S. 112 mit Hinweisen). Der Dauer des illegalen
Aufenthaltes in der Schweiz sowie dem früheren Aufenthalt der
Beschwerdeführerin in Deutschland kommt nur insoweit Bedeutung zu, als es um
die Beurteilung ihrer Integrationsmöglichkeiten in der Heimat geht (vgl. BGE
130 II 39 E. 5.3 S. 46). Die heute 31-jährige Beschwerdeführerin mag zwar
seit acht Jahren nicht mehr in ihrer Heimat gewesen sein und sich zuvor auch
einige Jahre in Deutschland aufgehalten haben. Allerdings ist sie in ihrer
Heimat aufgewachsen und hat dort ihre gesamte Schulzeit sowie immer noch den
überwiegenden Teil ihres Lebens verbracht; sie beherrscht demnach auch die
Sprache ihrer Heimat. Dort hat sie ausserdem noch ihre Eltern, zu denen sie
laut ihren zu Protokoll gegebenen Aussagen Kontakt hat. In der Schweiz hat
sie hingegen keine Familie. Sie wohnte und arbeitete an verschiedenen
Stellen. Auch wenn die Lebens- und Arbeitsbedingungen in ihrer Heimat
gegenüber der Schweiz teilweise ungünstiger sein mögen, ist weder ersichtlich
noch geltend gemacht worden, dass sie bei Rückkehr gegenüber der dortigen
Bevölkerung wesentlich benachteiligt wäre (vgl. BGE 123 II 125 E. 5b/dd S.
133). Die seit dem Jahre 2005 aufgetretenen psychischen Probleme, die im
Zusammenhang mit dem jetzigen ausländerrechtlichen Verfahren zu stehen
scheinen, begründen ebenso wenig einen Härtefall; sie sind auch in der Heimat
behandelbar (vgl. BGE 128 II 200 E. 5.3 S. 209 f.). Im Übrigen darf nicht
vergessen werden, dass die Beschwerdeführerin es selber auf sich genommen
hat, in einer illegalen und damit prekären Situation in der Schweiz zu leben.
Nach dem Gesagten ist der Beschwerdeführerin eine Rückkehr in die Heimat
durchaus zumutbar.

2.3 Soweit die Beschwerdeführerin rügt, ihr sei im vorinstanzlichen Verfahren
in bundesrechtswidriger Weise keine unentgeltliche Verbeiständung gewährt
worden, ist darauf nicht einzutreten. Das EJPD hatte einen entsprechenden
Antrag der Beschwerdeführerin mit Zwischenverfügung vom 4. Juli 2005 unter
Beifügung einer Rechtsmittelbelehrung mit Angabe der Beschwerdefrist nach
Art. 106 OG abgewiesen und einen Kostenvorschuss einverlangt. Am 18. August
2005 erklärte das EJPD, es bestehe kein Anlass, auf diesen Entscheid
zurückzukommen. In der Folge hat die Beschwerdeführerin insoweit nichts mehr
unternommen und den Kostenvorschuss geleistet. Somit kann sie die Frage der
unentgeltlichen Rechtspflege nicht wieder mit der vorliegenden Beschwerde an
das Bundesgericht aufwerfen; die Anfechtung des zur unentgeltlichen
Verbeiständung ergangenen Entscheids des EJPD ist verspätet.

3.
Bei diesem Ausgang wären die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 OG). Mit Blick auf ihre
finanziellen Verhältnisse rechtfertigt sich jedoch, von der Erhebung einer
Gerichtsgebühr abzusehen (Art. 153a und 154 OG). Soweit die
Beschwerdeführerin unentgeltliche Verbeiständung (auch) für das
bundesgerichtliche Verfahren begehrt, ist dieses Gesuch abzuweisen. Die
Beschwerdeführerin konnte schon aufgrund der Ausführungen und
Rechtsprechungshinweise der Vorinstanz nicht ernsthaft mit einer Gutheissung
ihrer Beschwerde rechnen, womit diese sich als aussichtslos im Sinne von Art.
152 OG erweist.

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wird abgewiesen.

4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin und dem Eidgenössischen Justiz- und
Polizeidepartement sowie dem Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. Oktober 2006

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: