Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.493/2006
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{T 0/2}
2A.493/2006 /bie

Urteil vom 18. Oktober 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Küng.

X. ________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Beat Wieduwilt,

gegen

Migrationsamt des Kantons Aargau,
Postfach, 5001 Aarau,
Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau, Postfach, 5001 Aarau.

Ausweisung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Rekursgerichts im
Ausländerrecht des Kantons Aargau vom 5. Juli 2006.

Sachverhalt:

A.
X. ________ (geb. 1968), von Serbien und Montenegro, heiratete im Jahr 1988
in seinem Heimatland eine Landsfrau. Gestützt auf deren schweizerisches
Aufenthaltsrecht erhielt er im Rahmen des Familiennachzuges in die Schweiz
noch im selben Jahr eine Aufenthalts- und am 30. Juni 1998 eine
Niederlassungsbewilligung im Kanton Aargau. Aus der Ehe, die am 9. Juni 1998
geschieden wurde, sind zwei Kinder hervorgegangen, die unter die Obhut der
Mutter gestellt wurden. Seit 1997 lebt X.________ mit einer neuen
Lebenspartnerin zusammen, mit welcher er ebenfalls zwei Kinder hat.

Am 2. Juni 2005 verurteilte das Bezirksgericht Zürich X.________ wegen
mehrfacher qualifizierter Widerhandlung gegen das Bundesgesetz vom 3. Oktober
1951 über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe
(Betäubungsmittelgesetz, BetmG; SR 812.121), mehrfacher Gehilfenschaft zu
Diebstahl, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch sowie mehrfacher
Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes zu drei Jahren Zuchthaus.

Das Migrationsamt des Kantons Aargau wies X.________ am 28. Oktober 2005 auf
unbestimmte Dauer aus der Schweiz aus. Mit Einspracheentscheid vom 23. März
2006 wurde diese Verfügung bestätigt. Die von X.________ dagegen erhobene
Beschwerde hiess das kantonale Rekursgericht im Ausländerrecht in Bezug auf
die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gut; im Übrigen wurde die
Beschwerde abgewiesen.

B.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 23./28. August 2006 stellt X.________
dem Bundesgericht den Hauptantrag, das Urteil des Rekursgerichts im
Ausländerrecht des Kantons Aargau vom 5. Juli 2006 insoweit aufzuheben, als
seine Beschwerde abgewiesen wurde; es sei auf seine Ausweisung zu verzichten.

Das Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau schliesst unter
Verweisung auf das angefochtene Urteil auf Abweisung der Beschwerde.

Das Migrationsamt des Kantons Aargau hat unter Hinweis auf den angefochtenen
Entscheid auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Das Bundesamt für Migration hat ebenfalls keine Gegenbemerkungen angebracht
und beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

C.
Am 3. September 2006 wurde X.________ aus dem Strafvollzug entlassen.

D.
Mit Verfügung vom 11. September 2006 hat der Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung der Beschwerde die aufschiebende Wirkung
zuerkannt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Gegen gestützt auf Art. 10 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über
Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) ergangene
Ausweisungsverfügungen steht gemäss Art. 97 ff. OG die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde offen. Ein Ausschlussgrund im Sinne der Art.
99-102 OG liegt nicht vor; insbesondere fällt die Ausweisungsverfügung nicht
unter die in Art. 100 Abs. 1 lit. b OG genannten, von der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausgenommenen Verfügungen (BGE 114 Ib 1 E. 1a
S. 2). Der Beschwerdeführer ist gemäss Art. 103 lit. a OG zur Beschwerde
legitimiert; auf die form- und fristgerechte Beschwerde ist einzutreten.

1.2 Das Bundesgericht ist nach Art. 105 Abs. 2 OG an die
Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Entscheid gebunden, wenn wie
vorliegend eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden und den
Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter
Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen ermittelt hat. Nicht
überprüfen kann es die Angemessenheit des angefochtenen Entscheids (Art. 104
lit. c OG).

2.
Gemäss Art. 10 Abs. 1 ANAG kann der Ausländer aus der Schweiz unter anderem
dann ausgewiesen werden, wenn er wegen eines Verbrechens oder Vergehens
gerichtlich bestraft wurde (lit. a). Die Ausweisung soll nach Art. 11 Abs. 3
ANAG nur verfügt werden, wenn sie nach den gesamten Umständen angemessen
erscheint. Für die Beurteilung der Angemessenheit, d.h. der
Verhältnismässigkeit (vgl. BGE 125 II 521 E. 2a S. 523) der Ausweisung
erklärt Art. 16 Abs. 3 der Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949 zum ANAG
(ANAV; SR 142.201) namentlich als wichtig die Schwere des Verschuldens des
Ausländers, die Dauer seiner Anwesenheit in der Schweiz sowie die ihm und
seiner Familie drohenden Nachteile. Ob die Ausweisung im Sinne von Art. 11
Abs. 3 ANAG und Art. 16 Abs. 3 ANAV verhältnismässig ist, stellt eine
Rechtsfrage dar und kann damit vom Bundesgericht frei überprüft werden (BGE
125 II 105 E. 2a S. 107, 521 E. 2a S. 523, mit Hinweisen).

3.
3.1 Der Beschwerdeführer ist zu einer mehrjährigen Zuchthausstrafe verurteilt
worden. Er erfüllt damit den Ausweisungsgrund von Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG.
Es ist zu prüfen, ob die Ausweisung verhältnismässig ist.

3.2 Ausgangspunkt und Massstab sowohl für die Schwere des Verschuldens als
auch für die fremdenpolizeiliche Interessenabwägung ist die vom Strafrichter
verhängte Strafe; den Fremdenpolizeibehörden bleibt jedoch unbenommen, einen
Fall strenger zu beurteilen und eine Ausweisung auch dann anzuordnen, wenn
der Strafrichter von einer Landesverweisung abgesehen hat, weil aus
fremdenpolizeilicher Sicht zum Teil andere Kriterien massgebend sind (BGE 129
II 215 E. 3.1 S. 216).

3.3 Der Beschwerdeführer war gemäss dem Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom
2. Juni 2005 während rund zwei Jahren daran beteiligt, knapp 14 Kilogramm
Kokaingemisch von teilweise sehr hohem Reinheitsgrad in Umlauf zu bringen.
Das Gericht bezeichnete das Verschulden des Beschwerdeführers als schwer,
wobei es bei der Strafzumessung sein umfassendes Geständnis, seine Einsicht
in das Unrecht seiner Tat sowie seine besondere Strafempfindlichkeit aufgrund
seiner familiären Situation (zwei sehr kleine Kinder, starke psychische
Belastung der Kinder und der Lebensgefährtin) berücksichtigte.

Die Vorinstanz hat gestützt auf die Ausführungen im Strafurteil das
Verschulden des Beschwerdeführers aus fremdenpolizeirechtlicher Sicht
zutreffend als schwer bewertet. Dies entspricht der Rechtsprechung des
Bundesgerichts, welches bei schwereren Betäubungsmitteldelikten im Hinblick
auf den Kampf gegen den Drogenhandel sowie auf die damit zusammenhängende
Gefährdung der Gesundheit einer Vielzahl von Menschen bei der Ausweisung eine
strenge Praxis verfolgt; das Interesse an der Fernhaltung von Ausländern, die
an der Verbreitung von Drogen teilnehmen, ist als gewichtig einzustufen (BGE
125 II 521 E. 4a S. 527). Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die
Vorinstanz im Lichte dieser Rechtsprechung und angesichts der gehandelten
Drogenmengen zum Schluss gekommen ist, es bestehe ein grosses öffentliches
Interesse an der Ausweisung des Beschwerdeführers (vgl. Urteil 2A.149/2003
vom 9. Juli 2003 E. 3.1).
3.4 Die Vorinstanz hat ausführlich und umfassend geprüft, inwieweit der
Beschwerdeführer besonders gewichtige familiäre bzw. persönliche Gründe für
einen weiteren Verbleib in der Schweiz geltend machen kann. In Würdigung
aller wesentlichen Kriterien (wie Anwesenheitsdauer in der Schweiz, familiäre
Situation bzw. Beziehungsverhältnisse, Arbeits- und Ausbildungssituation,
Resozialisierungschancen, Integration, finanzielle Lage, Sprachkenntnisse,
persönliches Umfeld) hat sie erkannt, es sei ihm auf Grund seiner familiären
Situation zwar ein erhöhtes Interesse am Verbleib in der Schweiz
zuzubilligen; insgesamt überwiege jedoch das öffentliche Interesse an seiner
Ausweisung. Diese verletze weder nationales Recht noch Art. 8 EMRK.

3.5 Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, vermag an dieser Beurteilung
nichts zu ändern. Insbesondere wurden die von ihm angeführten persönlichen
Umstände, die zu den Straftaten führten, und sein Verhalten während der
Untersuchung bereits bei der Strafzumessung, die er nicht angefochten hat,
angemessen berücksichtigt. Die Vorinstanz ist deshalb bei der Beurteilung des
Verschuldens zu Recht vom Strafmass des Strafurteils ausgegangen (BGE 129 II
215 E. 3.1). Sie hat dabei die für das fremdenpolizeiliche Verfahren
massgebenden persönlichen Umstände des Beschwerdeführers umfassend in
Erwägung gezogen, weshalb ihr entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers
insoweit keine Nichtberücksichtigung massgeblicher Gesichtspunkte (Beschwerde
Ziff. 6.2) vorgeworfen werden kann.

3.6 Zusammenfassend verletzt der angefochtene Entscheid kein Bundesrecht. Es
kann daher auf dessen sorgfältige und zutreffende Begründung (angefochtenes
Urteil E. 3 und 4) verwiesen werden.

4.
Die Beschwerde ist aus diesen Gründen abzuweisen. Da die gestellten
Rechtsbegehren - im Lichte des unter Bezugnahme auf die bundesgerichtliche
Praxis ausführlich begründeten Entscheides der Vorinstanz - als von
vornherein aussichtslos bezeichnet werden müssen, kann dem Beschwerdeführer
die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung nicht gewährt werden (Art.
152 OG). Dementsprechend hat er die Kosten des Verfahrens vor Bundesgericht
zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung
wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Migrationsamt und dem
Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau sowie dem Bundesamt für
Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. Oktober 2006

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: