Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.471/2006
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2006
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2006


{T 0/2}
2A.471/2006 /leb

Urteil vom 17. Oktober 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiberin Dubs.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch
Rechtsanwalt Pablo Blöchlinger,

gegen

Regierungsrat des Kantons Zürich,
Kaspar Escher-Haus, 8090 Zürich,
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, 4. Kammer,
Militärstrasse 36, Postfach, 8090 Zürich.

Aufenthaltsbewilligung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den
Beschluss des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Abteilung, 4.
Kammer, vom 28. Juni 2006.

Sachverhalt:

A.
Der türkische Staatsangehörige X.________Fahrettin Camkuru (geb. 1966) reiste
am 11. Juli 1988 in die Schweiz ein und stellte ein Asylgesuch, das mit
Entscheid des Justiz- und Polizeidepartements vom 11. Februar 1990
letztinstanzlich abgewiesen wurde. X.________ hatte die Schweiz bis zum 15.
April 1990 zu verlassen. Er kam der Ausreisepflicht indessen nicht nach und
hielt sich vom 16. April 1990 bis 21. März 1996 illegal hier auf. Am 17. März
1996 wurde er im Kanton Aargau verhaftet und mit Strafbefehl der
Bezirksanwaltschaft Zürich vom 18. März 1996 wegen illegalen Aufenthaltes mit
drei Monaten Gefängnis, bedingt mit einer Probezeit von zwei Jahren,
bestraft. Am 22. März 1996 stellte X.________ ein erneutes Asylgesuch.

Am 13. Mai 1997 verhaftete die Kantonspolizei Zürich X.________ unter dem
Vorwurf, einen Taxifahrer zusammengeschlagen zu haben. Das Bezirksgericht
Bülach bestrafte ihn deswegen mit Urteil vom 7. Januar 1999 mit sechs Monaten
Gefängnis, bedingt ausgesprochen mit einer Probezeit von vier Jahren. Die
Strafe gemäss Strafbefehl vom 18. März 1996 wurde für vollziehbar erklärt.
Am 8. Januar 1999 heiratete X.________ eine hier niedergelassene türkische
Staatsangehörige (geb. 1965). Bereits am 13. Februar 1999 soll er ihr
gegenüber gewalttätig geworden sein, weshalb er bis zum 18. Februar 1999 in
Untersuchungshaft weilte; an diesem Tag zog die Ehefrau den Strafantrag wegen
Körperverletzung zurück. Das Getrenntleben der Ehegatten dauerte indessen an.
Im März 1999 fand eine Sühneverhandlung wegen der von der Ehegattin
eingereichten Scheidungsklage statt. Am 24. September 1999 wies das Bundesamt
für Flüchtlinge das zweite Asylgesuch von X.________ ab, verzichtete jedoch
auf eine Wegweisung, da ihm der Kanton Zürich bereits am 13. April 1999 eine
Aufenthaltsbewilligung aufgrund der Heirat erteilt hatte. Die
Asylrekurskommission trat auf die Beschwerde gegen den abweisenden
Asylentscheid nicht ein.

B.
Mit Verfügung vom 22. März 2000 verweigerte die Direktion für Soziales und
Sicherheit des Kantons Zürich X.________ die Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung. Dagegen beschwerte sich X.________ beim Regierungsrat
des Kantons Zürich. Nachdem die Ehefrau die Scheidungsklage zurückgezogen
hatte und die Eheleute wieder zusammengezogen waren, erteilte die Direktion
für Soziales und Sicherheit X.________ wiedererwägungsweise erneut eine
Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei der Ehefrau. Das beim Regierungsrat
hängige Rekursverfahren wurde in der Folge als erledigt abgeschrieben.

Mit Urteil des Einzelrichters für Strafsachen am Bezirksgericht Zürich vom
23. Juni 2000 wurde X.________ wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte und
einfacher Körperverletzung mit vier Monaten Gefängnis unbedingt bestraft.
Gleichzeitig wurde die mit Urteil des Bezirksgerichts Bülach angesetzte
Probezeit von vier Jahren um zwei Jahre verlängert.

Das Obergericht des Kantons Zürich bestrafte X.________ mit Urteil vom 7.
Januar 2003 wegen Nötigungsversuchs mit zwei Monaten Gefängnis unbedingt.

Mit Verfügungen vom 25. April 2001 und vom 25. April 2003 verwarnte die
Direktion für Soziales und Sicherheit (Migrationsamt) X.________ zwei Mal und
drohte ihm schwerer wiegende fremdenpolizeiliche Massnahmen an für den Fall,
dass er erneut gerichtlich bestraft werden oder sein Verhalten sonstwie zu
berechtigten Klagen Anlass geben sollte.

C.
Mit Verfügung vom 21. November 2003 verweigerte das Migrationsamt des Kantons
Zürich X.________, der von seiner Ehefrau wiederum getrennt lebte, die
Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und wies ihn aus dem Kantonsgebiet
weg.
Dagegen rekurrierte X.________ erfolglos an den Regierungsrat des Kantons
Zürich. Auf die Beschwerde gegen den Regierungsratsbeschluss trat das
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 28. Juli 2006 nicht
ein.

D.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 15. August 2006 beantragt X.________,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 28. Juli 2006
aufzuheben, die Sache an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen und das
Gericht anzuweisen, auf die Beschwerde einzutreten.

Das Bundesgericht hat die Akten des Verwaltungsgerichts beigezogen, jedoch
keine Vernehmlassungen eingeholt.

E.
Mit Verfügung vom 22. August 2006 hat das Bundesgericht der Beschwerde
vorläufig aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Auf dem Gebiet der Fremdenpolizei macht der Kanton Zürich die
Zulässigkeit der Beschwerde an das Verwaltungsgericht von der Zulässigkeit
der eidgenössischen Verwaltungsgerichtsbeschwerde, d.h. vom Bestehen eines
Rechtsanspruchs auf die streitige Bewilligung, abhängig (§ 43 Abs. 1 lit. h
in Verbindung mit Abs. 2 des Gesetzes vom 24. Mai 1959 über den Rechtsschutz
in Verwaltungssachen, VRG). Tritt die nach Art. 98a OG zuständige kantonale
Gerichtsinstanz - aufgrund einer zu Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG
analogen Zugangsregelung - auf das bei ihr eingereichte Rechtsmittel wie hier
einzig deshalb nicht ein, weil sie einen Rechtsanspruch auf die Bewilligung
verneint, kann der Rechtsuchende die Verneinung des Rechtsanspruchs beim
Bundesgericht mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechten und damit auch
allfällige Verfahrensrügen erheben, soweit sie sich auf Bundesrecht stützen
(vgl. BGE 127 II 161 E. 3a S. 167 mit Hinweisen). Die Zulässigkeit der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde setzt gemäss Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG
allerdings voraus, dass der behauptete (grundsätzliche) Rechtsanspruch
tatsächlich besteht, was vom Bundesgericht als Eintretensvoraussetzung
geprüft wird.

1.2 Nach Art. 105 Abs. 2 OG ist das Bundesgericht an die
Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Entscheids gebunden, wenn - wie
hier - eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden und den
Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter
Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften ermittelt hat. Damit ist die
Möglichkeit, vor Bundesgericht neue Tatsachen vorzubringen und Beweismittel
einzureichen, weitgehend eingeschränkt. Das Bundesgericht lässt nur solche
neuen Tatsachen und Beweismittel zu, welche die Vorinstanz von Amtes wegen
hätte berücksichtigen müssen und deren Nichtbeachtung eine Verletzung
wesentlicher Verfahrensvorschriften darstellt (BGE 128 II 145 E. 1.2.1 S. 150
mit Hinweisen). Das Schreiben von Y.________ vom 12. August 2006 ist daher
unbeachtlich; es wäre ohnehin nicht geeignet, am Ausgang des Verfahrens etwas
zu ändern.

2.
2.1 Die Berufung auf das Niederlassungsabkommen vom 13. Dezember 1930
zwischen der Schweiz und der Türkischen Republik (SR 0.142.117.632) ist im
vorliegenden Zusammenhang unbehelflich. Im Unterschied zum in der
Beschwerdeschrift erwähnten Urteil (BGE 127 II 177 ff.), geht es hier nicht
um die Frage des Kantonswechsels.
Für die Eintretensfrage, d.h. für das Vorliegen eines Anspruchs auf eine
Anwesenheitsbewilligung, stellt das Bundesgericht grundsätzlich auf die im
Zeitpunkt seines Entscheids bestehende Rechts- und Sachlage ab (BGE 128 II
145 E. 1.1.3 S. 149, 127 II 60 E. 1b S. 63 mit Hinweisen).
Unbestrittenermassen lebt der Beschwerdeführer getrennt von seiner Ehegattin.
Er behauptet daher zu Recht nicht, Art. 17 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 26.
März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20)
räume ihm einen Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung ein. Hingegen macht
er geltend, er habe ein Anwesenheitsrecht in der Schweiz gestützt auf Art. 8
EMRK.

2.2 Der Beschwerdeführer beruft sich zunächst auf das in Art. 8 Abs. 1 EMRK
garantierte Recht auf Achtung des Familienlebens. Unter gewissen Bedingungen
lässt sich daraus ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung
ableiten. Es kann Art. 8 EMRK verletzen, wenn einem Ausländer, dessen
Familienangehörige in der Schweiz weilen und hier über ein gefestigtes
Anwesenheitsrecht verfügen, die Anwesenheit in der Schweiz untersagt wird
(vgl. BGE 130 II 281 E. 3.1 S. 285). Vorausgesetzt wird jedoch, dass die
familiäre Beziehung tatsächlich gelebt wird und intakt ist (BGE 124 II 361 1b
S. 361 mit Hinweisen).

Der Beschwerdeführer ist zwar immer noch mit einer Ausländerin verheiratet,
die in der Schweiz über eine Niederlassungsbewilligung und somit über ein
gefestigtes Anwesenheitsrecht verfügt. Hingegen kann nicht von einer gelebten
und intakten familiären Beziehung ausgegangen werden. Der Beschwerdeführer
lebte bei einer Ehedauer von rund siebeneinhalb Jahren insgesamt bloss etwa
29 Monate in ehelicher Gemeinschaft und ist nun seit November 2004 von seiner
Ehefrau getrennt. Er räumt selber ein, dass er wahrscheinlich nie wieder mit
seiner Ehefrau wird zusammenleben können. Jeder Versuch des Zusammenlebens
führte über kurz oder lang zu massiven, teilweise handgreiflichen
Streitigkeiten mit anschliessendem Getrenntleben. Bereits kurz nach der
Heirat wurde der Beschwerdeführer gegen seine Ehefrau gewalttätig und hat sie
auch später bedroht und psychisch unter Druck gesetzt, was dazu führte, dass
die Ehefrau zweimal die Scheidung verlangte, die Klage aber jeweils wieder
zurückzog. Im Übrigen stellt der Beschwerdeführer den
Sachverhaltsfeststellungen des Verwaltungsgerichts bloss seine eigene
Darstellung entgegen, welche die Feststellungen der Vorinstanz aufgrund der
eindeutigen Verhältnisse nicht als offensichtlich falsch oder unvollständig
(vgl. E. 1.2) erscheinen lässt. Unter den vorliegenden Umständen kann der
Beschwerdeführer aus dem nach Art. 8 EMRK garantierten Schutz des
Familienlebens nichts zu seinen Gunsten ableiten.

2.3 Der Beschwerdeführer macht zudem geltend, er habe Anspruch auf eine
Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz gestützt auf das ebenfalls von Art. 8
Ziff. 1 EMRK umfasste Recht auf Achtung des Privatlebens. Daraus ein
Anwesenheitsrecht abzuleiten, fiele nach der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung höchstens in Betracht, wenn besonders intensive private
Beziehungen in Frage stünden (vgl. BGE 130 II 281 E. 3.2.1 S. 286 f. mit
Hinweisen; 120 Ib 16 E. 3b S. 22). Der Beschwerdeführer hält sich zwar seit
18 Jahren in der Schweiz auf, wobei es sich allerdings während sechs Jahren
um einen illegalen Aufenthalt handelte. Selbst eine langjährige Anwesenheit
einer erwachsenen Person und die damit verbundenen üblichen privaten
Beziehungen vermögen indessen für sich allein noch keinen
Bewilligungsanspruch zu begründen. Der Umstand, dass sein Verhalten
wiederholt zu schweren Klagen Anlass gab und er deshalb gerichtlich bestraft
(womit sogar der Ausweisungsgrund nach Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG erfüllt
wäre) und zweimal fremdenpolizeilich verwarnt wurde, zeigt zudem die
Schwierigkeiten des Beschwerdeführers auf, sich in die hiesige Rechtsordnung
einzufügen. Von einer unter dem Gesichtswinkel des Rechts auf Achtung des
Privatlebens besonders starken und entsprechend schutzwürdigen Verwurzelung
und Integration in der Schweiz kann daher nicht die Rede sein, weshalb der
Beschwerdeführer auch unter dem Gesichtswinkel der Achtung des Privatlebens
keinen Anspruch auf Verbleib hat.

2.4 Wie das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss zutreffend ausführt, fehlt
es vorliegend an einer anspruchsbegründenden bundesrechtlichen oder
staatsvertraglichen Grundlage. Auf die offensichtlich unzulässige
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit im vereinfachten Verfahren nach Art.
36a OG nicht einzutreten. Zur Begründung kann ergänzend auf die Ausführungen
der Vorinstanz verwiesen werden (Art. 36a Abs. 3 OG).

3.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig
(Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 und Art. 153a OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Regierungsrat und dem
Verwaltungsgericht, 4. Abteilung, 4. Kammer, des Kantons Zürich sowie dem
Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 17. Oktober 2006

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: