Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.44/2006
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{T 0/2}
2A.44/2006 /len

Urteil vom 17. November 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Wurzburger, Betschart, Müller, Bundesrichterin Yersin,
Gerichtsschreiber Schaub.

A. ________,
B.________,
C.________ und D.________,
E.________ und F.________,
Beschwerdeführer,
alle vertreten durch STW Consult AG,

gegen

Kantonale Steuerverwaltung, Postfach 351, 1951 Sitten,
Steuerrekurskommission des Kantons Wallis, Regierungsgebäude, place de la
Planta 3, 1951 Sitten.

Kantons-, Gemeinde- und direkte Bundessteuer 1999/2000 und 2001/2002,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil
der Steuerrekurskommission des Kantons Wallis
vom 16. November 2005.

Sachverhalt:

A.
Die vier Geschwister B.________, D.________, F.________ und A.________ sind
je zu einem Viertel Teilhaber der Kollektivgesellschaft "Geschwister
G.________" und betreiben in H.________ verschiedene Gastgewerbebetriebe und
Läden.
1998 wurde auf der Parzelle Nr. xxx in H.________ mit dem Aushub für den
Neubau des Hotels I.________ begonnen. Die Parzelle befand sich im Eigentum
von K.________, dem Vater der vier Kollektivgesellschafter, die als
Bauherrschaft des Neubaus auftraten und die entsprechenden Bau-,
Projektierungs- und Aushubkosten von Fr. 1'465'114.60 in einer separaten
Buchhaltung der Kollektivgesellschaft auswiesen.
Am 14. September 1999 veräusserte K.________ die Parzelle mit dem Rohbau des
Hotels an die L.________ AG zum Preis von Fr. 1'750'00.--. Am 1. Oktober 1999
unterzeichneten die Parteien eine "Nachtragsurkunde", in welcher der Wert für
die bereits ausgeführten Bauarbeiten auf Fr. 780'000.-- festgelegt und der
Kaufpreis entsprechend auf Fr. 2'530'000.-- (Fr. 1'750'000.-- + Fr.
780'000.--) erhöht wurde.

B.
Die von den Kollektivgesellschaftern im Zusammenhang mit dem Hotelprojekt im
Bemessungsjahr 1998 vorgenommenen Abschreibungen von Fr. 214'114.60 (= 18 %)
bzw. den im Bemessungsjahr 1999 verbuchten ausserordentlichen Verlust von Fr.
525'172.50 rechnete die Kantonale Steuerverwaltung Wallis (nachfolgend:
Steuerverwaltung) in den Veranlagungen 1999/2000 bzw. 2001/2002 bei jedem
Gesellschafter anteilmässig auf, weil die fragliche Parzelle als Eigentum des
Vaters nicht zum Geschäftsvermögen der Kollektivgesellschaft gehöre. Die
dagegen erhobenen Einsprachen wies die Steuerverwaltung am 14. September 2002
ab. Auch die Steuerrekurskommission des Kantons Wallis (nachfolgend:
Steuerrekurskommission) wies die Beschwerden mit Urteil vom 16. November 2005
ab (Zustellung: 20. Dezember 2005).

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 23. Januar 2006 beantragen die vier
Kollektivgesellschafter dem Bundesgericht, "dass die von der
Kollektivgesellschaft geltend gemachten Aufwendungen als Abzug zuzulassen
sind". Es werde nicht bestritten, dass ihr Vater im Zeitpunkt der Erstellung
zivilrechtlich Eigentümer der Bauparzelle gewesen sei. Die von der Käuferin
bezahlte Entschädigung für die Bau- und Projektierungskosten sei zwar
rechtlich an den Vater, wirtschaftlich aber an sie geflossen, denn sie seien
auch für die Kosten aufgekommen - im Wissen, dass sie die Parzelle auf
Rechnung künftiger Erbschaft erhalten würden.
Steuerrekurskommission und Steuerverwaltung verzichten auf eine
Vernehmlassung, letztere mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen. Die
Eidgenössische Steuerverwaltung beantragt die Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Soweit sich die Eingabe auf die kantonalen Steuern bezieht, ist darauf
schon mangels Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs nicht einzutreten
(vgl. Art. 86 Abs. 1 und Art. 98 lit. g OG, Art. 50 und 73 Abs. 1 des
Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten
Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG; SR 642.14]; Art. 153bis des
Steuergesetzes vom 10. März 1976 des Kantons Wallis).

1.2 Auch bezüglich der direkten Bundessteuer für die Steuerperiode 2001/2002
ist der Instanzenzug nicht ausgeschöpft. Denn nach dem Grundsatz der
Parallelität der Verfahren für die direkte Bundessteuer und die kantonale
Steuer, welcher erstmals auf Steuern für das Steuerjahr ab 1. Januar 2001
Anwendung findet, müssen die Kantone für die direkte Bundessteuer und die
kantonalen Steuern einen einheitlichen Instanzenzug vorsehen (BGE 130 II 65).

1.3 Hingegen stellt der Entscheid der Steuerrekurskommission betreffend die
direkte Bundessteuer der Steuerperiode 1999/2000 ein kantonal
letztinstanzliches Urteil dar, gegen welches die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zulässig ist (Art. 146 des
Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [DBG; SR
642.11] in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1 und Art. 98 lit. g OG sowie Art. 5
Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist deshalb insoweit einzutreten.

1.4 Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde können die Verletzung von
Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens
(Art. 104 lit. a OG) sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung
des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 104 lit. b OG) gerügt werden. Hat -
wie hier - als Vorinstanz eine richterliche Behörde entschieden, so ist das
Bundesgericht an deren Sachverhaltsfeststellung gebunden, wenn der
Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig oder unvollständig oder unter
Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften ermittelt worden ist (Art. 105
Abs. 2 OG).

2.
2.1 Alle Einkünfte aus einem Handels-, Industrie-, Gewerbe-, Land- und
Forstwirtschaftsbetrieb, aus einem freien Beruf sowie aus jeder anderen
selbständigen Erwerbstätigkeit sind steuerbar (Art. 18 Abs. 1 DBG). Als
Geschäftsvermögen gelten alle Vermögenswerte, die ganz oder vorwiegend der
selbständigen Erwerbstätigkeit dienen (Art. 18 Abs. 2 DBG).
Gemäss den Art. 27 ff. DBG können bei selbständiger Erwerbstätigkeit die
geschäfts- oder berufsmässig begründeten Kosten, insbesondere die
Abschreibungen auf dem Geschäftsvermögen, abgezogen werden (Art. 27 Abs. 2
lit. a und Art. 28 DBG). Abschreibungen sind nach diesen Vorschriften nur auf
Geschäftsvermögen zulässig, auf Gegenständen des Privatvermögens sind sie
ausgeschlossen (Urteile 2A.52/2003 vom 23. Januar 2004, publ. in: ASA 74 737,
E. 2.1; 2A.511/1997 vom 17. August 1999, publ. in: StR 54/1999 S. 669, E.
2a).

2.2 Ob ein Wirtschaftsgut dem Privat- oder Geschäftsvermögen zuzuordnen ist,
entscheidet sich aufgrund einer Würdigung aller in Betracht kommenden
tatsächlichen Umstände. Hierbei ist massgebend auf die
technisch-wirtschaftliche Funktion des Vermögenswertes abzustellen;
Geschäftsvermögen wird angenommen, wenn es tatsächlich dem Geschäft dient.
Daneben können als weitere Abgrenzungskriterien im Einzelfall die äussere
Beschaffenheit des Vermögenswertes, dessen tatsächliche Nutzung, die Herkunft
der Mittel zu dessen Finanzierung, das Erwerbs- oder Veräusserungsmotiv, die
zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse und auch dessen buchmässige Behandlung
dienen. Bei Liegenschaften kann zusätzlich auf den Grundbucheintrag
abgestellt werden (Urteile 2A.677/2004 vom 3. November 2005, E. 2.2;
2A.52/2003 vom 23. Januar 2004, publ. in: ASA 74 737, E. 2.3 mit Hinweisen).

3.
3.1 Im vorliegenden Fall betreiben die Beschwerdeführer verschiedene
Gastgewerbebetriebe und Läden. Gemäss eigenen Angaben (zweite Seite der nicht
paginierten Beschwerdeschrift) wollten die Beschwerdeführer nicht nur den
Neubau erstellen, sondern das Hotel allenfalls auch selber führen. Warum es
vor der Bauvollendung zum Verkauf kam, ist unklar.
Die Beschwerdeführer haben den Neubau im Umfang der von ihnen finanzierten
Kosten von Fr. 1'465'114.60 in ihrer Buchhaltung aktiviert und darauf im hier
zu beurteilenden Geschäftsjahr 1998 Abschreibungen von Fr. 214'114.60
vorgenommen.
Steuerverwaltung und Rekurskommission haben diese Abschreibungen nicht zum
Abzug zugelassen, weil Abschreibungen nur auf Geschäftsvermögen möglich seien
und der Rohbau (bzw. die Parzelle) nie in ihrem zivilrechtlichen Eigentum
gestanden habe, so dass er nicht zu ihrem Geschäftsvermögen gehöre.

3.2 Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Zwar darf, wer ein
kaufmännisches Gewerbe betreibt, unter seinen Geschäftsaktiven kein einem
Dritten gehörendes Wirtschaftsgut aufnehmen, weil dies einen Verstoss gegen
den Grundsatz der Bilanzwahrheit und -klarheit darstellen würde (Urteil
2A.52/2003 vom 23. Januar 2004, publ. in: ASA 74 737, E. 3.2 mit Hinweis).
Insofern durften die Beschwerdeführer den Hotelneubau, der sich
unbestrittenermassen im zivilrechtlichen Eigentum ihres Vaters befand, nicht
als Immobilie aktivieren.
Die von den Beschwerdeführern vorgenommenen Investitionen (Aushub-, Bau- und
Projektierungskosten für einen Hotelneubau) liegen aber durchaus im
Tätigkeitsbereich ihrer Kollektivgesellschaft, mit der sie
Gastgewerbebetriebe bzw. Ladengeschäfte führen. Insofern dient der Bau dem
Geschäftszweck, was durch die von den Beschwerdeführern geltend gemachte
Motivation, das Hotel später möglicherweise selber zu führen, gestützt wird.
Auch wurden die Aufwendungen - soweit ersichtlich - aus geschäftlichen
Mitteln finanziert. Die daraus resultierenden Vermögenswerte können deshalb
zwanglos dem Geschäftsvermögen zugerechnet werden.
Gegen eine Qualifikation als Privatvermögen spricht sodann der Umstand, dass
der Vater, mit dem sie zusammengewirkt haben, offenbar in derselben Branche
tätig ist. Zumindest liegt diese Vermutung nahe, da er auch an der
Gesellschaft, welche das Grundstück mit dem Rohbau erworben hat, beteiligt
ist.
Zudem ist es nicht ungewöhnlich, dass die Teilhaber einer
Kollektivgesellschaft parallel zur übrigen Geschäftstätigkeit gemeinsam
Immobilienhandel betreiben. Das systematische und planmässige Vorgehen der
Beschwerdeführer zusammen mit ihrem Vater deutet auf eine selbständige
(Neben-) Erwerbstätigkeit hin (vgl. Urteile 2A.433/2004 vom 13. April 2005,
publ. in: StR 60/2005 S. 489, E. 3; 2A.74/2003 vom 8. September 2004, publ.
in: StR 60/2005 S. 53, E. 3). Dass die Beschwerdeführer damit gerechnet
haben, später - auf Anrechnung künftiger Erbschaft - selber Eigentümer der
von ihnen überbauten Liegenschaft zu werden, entkräftet die kommerzielle
Absicht ihres Tuns nicht.

3.3 Fraglich ist, wie die in ein fremdes Grundstück investierten Mittel zu
qualifizieren und in der Buchhaltung der Kollektivgesellschaft aufzunehmen
sind (für die Bilanzierbarkeit eines Gesamteigentumsanteils vgl. Urteil
2A.52/2003 vom 23. Januar 2004, publ. in: ASA 74 737, E. 3.2). Aufgrund der
vorliegenden Akten ist eine abschliessende Beurteilung nicht möglich, weshalb
die Sache zur neuen Veranlagung an die Steuerverwaltung zurückzuweisen ist.
Sie wird zu überprüfen haben, ob und in welcher Höhe den Beschwerdeführern
bzw. der Kollektivgesellschaft eine bilanzierbare Forderung zusteht.

4.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde betreffend die direkte Bundessteuer
1999/2000 ist deshalb gutzuheissen, das angefochtene Urteil diesbezüglich
aufzuheben und die Sache zur neuen Veranlagung im Sinn der Erwägungen an die
Kantonale Steuerverwaltung zurückzuweisen.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Kosten den Parteien je zur Hälfte
aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG). Zudem hat der
Kanton Wallis den Beschwerdeführern eine reduzierte Parteientschädigung zu
bezahlen (Art. 159 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde betreffend die Staats- und
Gemeindesteuern 1999/2000 und 2001/2002 sowie die direkte Bundessteuer
2001/2002 wird nicht eingetreten.

2.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde betreffend die direkte Bundessteuer
1999/2000 wird gutgeheissen, das Urteil der Steuerrekurskommission des
Kantons Wallis vom 16. November 2005 diesbezüglich aufgehoben und die Sache
zur neuen Veranlagung im Sinn der Erwägungen an die Kantonale
Steuerverwaltung zurückgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'500.-- wird den Beschwerdeführern zur Hälfte
unter Solidarhaft und zur Hälfte dem Kanton Wallis auferlegt.

4.
Der Kanton Wallis wird verpflichtet, den Beschwerdeführern für das
bundesgerichtliche Verfahren eine reduzierte Parteientschädigung von Fr.
500.-- zu bezahlen.

5.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Kantonalen Steuerverwaltung und
der Steuerrekurskommission des Kantons Wallis sowie der Eidgenössischen
Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 17. November 2006

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: