Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.436/2006
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{T 0/2}
2A.436/2006 /leb

Urteil vom 17. November 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Hungerbühler,
Gerichtsschreiber Wyssmann.

X. ________ Establishment,
Beschwerdeführerin, vertreten durch
Fürsprecherin Prof. Dr. Madeleine Simonek,

gegen

Eidgenössische Steuerverwaltung,
Abteilung für internationales Steuerrecht und Doppelbesteuerungssachen,
Eigerstrasse 65,
3003 Bern.

Amtshilfeersuchen des Internal Revenue Service (IRS) betreffend A.________
und B.C.________
(US Taxpayer),

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die
Verfügung des Eidgenössischen Steuerverwaltung
vom 12. Juni 2006.

Sachverhalt:

A.
Am 10. Mai 2006 übermittelte der Internal Revenue Service der Vereinigten
Staaten von Amerika (IRS) ein Gesuch um Amtshilfe betreffend die
US-Steuerpflichtigen A.________und B.C.________. Dieses Gesuch ist ein
Ergänzungsgesuch zum Amtshilfeersuchen vom 20. Juni 2005. Es betrifft den
gleichen Sachverhalt wie das erste Gesuch, nämlich das Verhältnis der
US-Steuerpflichtigen zur (liechtensteinischen) X.________ Establishment. Der
IRS führt aufgrund neuer Erkenntnisse aus, dass A.________ und B.C.________
Eigentümer der Y.________ Inc. seien und deren Betrieb führen würden. Er
vermutet, dass die der X.________ Establishment zur Verfügung gestellten
Mittel aus nicht deklarierten Einkommen der Y.________ Inc. stammen. Nach
seiner Auffassung sind die Hypotheken, welche die X.________ Establishment
für die drei von A.________ und B.C.________ in den Jahren 1989 und 1990
erworbenen und zugunsten ihrer Kinder auf drei "Irrevocable Trusts"
überführten Wohnliegenschaften gewährte, auf diese Weise finanziert worden.
Ebenso die Darlehen für die Geschäftsliegenschaften von A.________ und
B.C.________. Der IRS äussert - wie bereits im ersten Amtshilfeersuchen - die
Vermutung, dass die X.________ Establishment im Eigentum von A.________ und
B.C.________ stehe und von diesen beherrscht werde, zumal die X.________
Establishment Darlehen in den USA nur an A.________ und B.C.________ resp. an
die von ihnen beherrschten Gesellschaften gewährt habe. Da A.________
und B.C.________ keine Angaben über ihr Verhältnis zur X.________
Establishment gemacht hätten, ersucht der IRS darum, dass dem Direktor der
X.________ Establishment, D.________, in Z.________/AG, die beiliegenden
Fragen unterbreitet werden.

B.
Die Eidgenössische Steuerverwaltung entsprach dem Ersuchen und forderte
D.________ auf, die vom IRS geforderten Informationen zu erteilen. Mit
Schreiben vom 8. Juni 2006 nahm dieser zu den Fragen schriftlich Stellung.

Mit Eingabe vom 12. Juni 2006 ersuchte die Rechtsanwältin der X.________
Establishment die Eidgenössische Steuerverwaltung, es sei das Verfahren zu
sistieren, bis das Bundesgericht über die Verwaltungsgerichtsbeschwerde,
welche sich gegen die Verfügung der Eidgenössischen Steuerverwaltung über das
erste Amtshilfeersuchen richtet, entschieden habe (Verfahren 2A.608/2005).

Mit Verfügung vom 12. Juni 2006 wies die Eidgenössische Steuerverwaltung das
Sistierungsgesuch ab und verfügte, dem IRS Amtshilfe zu leisten und das
Schreiben von D.________ vom 8. Juni 2006 zu übermitteln.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 13. Juli 2006 beantragt die X.________
Establishment, die Verfügung der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 12.
Juni 2006 sei aufzuheben und das Amtshilfeersuchen des IRS vom 10. Mai 2006
sei abzuweisen. Die im Amtshilfeverfahren erhobenen Unterlagen seien zu
vernichten oder zurückzugeben. Zudem erneuerte sie das Gesuch um Sistierung
des Verfahrens bis zum Urteil des Bundesgerichts über die Beschwerde gegen
die Verfügung betreffend das erste Amtshilfeersuchen.

Die Eidgenössische Steuerverwaltung beantragt Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Im Urteil 2A.608/2005 vom 10. August 2006 befasste sich das Bundesgericht mit
dem ersten Amtshilfeersuchen des IRS vom 20. Juni 2005. Es wies die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab, welche die Beschwerdeführerin gegen die
damalige Verfügung der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 8. September 2005
erhoben hatte. Es ging um den gleichen Sachverhalt, wie er heute zur
Beurteilung ansteht. Anwendbar war das Abkommen mit den Vereinigten Staaten
von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern
vom Einkommen vom 2. Oktober 1996 (DBA-USA; SR 0.672.933.61), dessen Art. 26
den Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden der beiden
Vertragsstaaten regelt. Das Bundesgericht legte die Grundsätze dar, nach
welchen die Amtshilfe gemäss dem DBA-USA zu gewähren ist. Es führte
insbesondere aus, dass das Amtshilfeersuchen des IRS den abkommensrechtlichen
Anforderungen, die an ein solches Gesuch zu stellen sind, genüge und eine
ausreichende Darstellung des Sachverhalts enthalte. Es erwog ferner, dass ein
hinreichender Verdacht auf "Betrugsdelikte und dergleichen" (Art. 26 Abs. 1
DBA-USA) nach dem Amtshilfeersuchen genügend glaubhaft gemacht worden sei,
und verwarf den Einwand der Beschwerdeführerin, dass die amerikanische
Behörde unzulässige Beweisausforschung betreibe. Für das Bundesgericht stand
ebenfalls fest, dass eine wesentliche Verkürzung der US-Einkommenssteuer
eingetreten sein könnte, sofern der Verdacht des IRS sich bestätigen und es
sich bei der Beschwerdeführerin (was sich inzwischen bewahrheitet hat) um
eine von den US-Steuerpflichtigen beherrschte juristische Person handeln
sollte. Die Dokumente, welche im damaligen Verfahren zu übermitteln waren,
stammten von einer Bank, was jedoch der Amtshilfe nicht entgegenstand. Aus
all diesen Gründen wies das Bundesgericht die Beschwerde ab und bestätigte
die Verfügung der Eidgenössischen Steuerverwaltung, wonach diese Dokumente im
Rahmen der Amtshilfe - d.h. unter Einhaltung des Spezialitätsprinzips - zu
übermitteln waren.

2.
Das vorliegende Amtshilfeersuchen knüpft an jenes vom 20. Juni 2005 an.
Verlangt wird vom IRS zur Abklärung der Verhältnisse bei der
Beschwerdeführerin die Einvernahme des Direktors der Beschwerdeführerin.
Zusätzlich weist der IRS auf weitere Tatumstände hin, insbesondere auf die
Y.________ Inc., welche von A.________ und B.C.________ beherrscht werden
soll und die der IRS verdächtigt, Mittel an die Beschwerdeführerin überwiesen
zu haben. Die vorliegend zu beurteilende Beschwerde stimmt denn auch mit der
damaligen Verwaltungsgerichtsbeschwerde in den überwiegenden Teilen wörtlich
überein. Insofern liegen keine neuen Tatsachen vor. Die einzige neue
Erkenntnis, dass die Y.________ Inc. Mittel an die Beschwerdeführerin
überwiesen haben soll, ändert am Verdacht auf "Betrugsdelikte und
dergleichen" nichts. Es ist daher lediglich noch zu den neuen Vorbringen der
Beschwerdeführerin Stellung zu nehmen.

3.
3.1 Die Beschwerdeführerin macht neu geltend, im Amtshilfeersuchen 2 sei von
nicht deklarierten Einkünften der Steuerpflichtigen nicht mehr die Rede. Im
Amtshilfeersuchen 1 sei lediglich implizit die Frage aufgeworfen worden, ob
die Steuerpflichtigen die an die Beschwerdeführerin geleisteten
Hypothekarzinszahlungen in Abzug bringen dürften. In beiden Amtshilfegesuchen
werde in keiner Weise dargelegt, dass die Steuerpflichtigen Einkommen nicht
deklariert hätten.

Zur Frage, ob eine "gesetzwidrige und wesentliche Herabsetzung" der
Einkommenssteuer des ersuchenden Staates (Ziff. 10 des Protokolls zum
DBA-USA) genügend glaubhaft gemacht worden sei, nahm das Bundesgericht
bereits im Urteil 2A.608/2005 Stellung. Es kann auf die dortige Erwägung 4.3
verwiesen werden. Gegenüber dem damaligen Fall unterscheidet sich das heute
vorliegende Gesuch nur darin, dass der IRS Anhaltspunkte hat, dass die
Steuerpflichtigen nicht selbst Einkommen an die Beschwerdeführerin verschoben
haben, sondern hierfür die Y.________ Inc. eingeschaltet haben könnten. An
der grundsätzlichen Frage, ob eine "gesetzwidrige und wesentliche
Herabsetzung" der Einkommenssteuer des ersuchenden Staates genügend glaubhaft
gemacht worden sei, ändert dies nichts. Nach wie vor ist die Frage zu
bejahen.

3.2 Die Beschwerdeführerin wirft dem IRS in Bezug auf das Amtshilfegesuch 2
vor, er belege keinen hinreichenden Verdacht, wonach die Y.________ Inc.
Einnahmen unvollständig ausgewiesen haben könnte. Er erläutere auch nicht,
wie die Gelder wieder in die USA zurückgeführt worden sein sollen.

Wie die Eidgenössische Steuerverwaltung demgegenüber zu Recht bemerkt, ist
diese Gesellschaft nicht Gegenstand des Amtshilfeersuchens. Der IRS erläutert
lediglich ein Element des Lügengebäudes, wie die Mittel der
Beschwerdeführerin zugeflossen sein könnten. Dieses zusätzliche Element
vermag den Verdacht auf betrügerisches Verhalten im Sinne der
Abkommensbestimmung jedenfalls nicht zu entkräften. Für die allgemeinen
Feststellungen, wie das Bundesgericht sie bereits im ersten Urteil traf, dass
die Steuerpflichtigen jahrelang Hypothekarzinsen in beträchtlicher Höhe in
ihren amerikanischen Steuererklärungen zum Abzug brachten für Darlehen, die
von einer im Ausland ansässigen juristischen Person gewährt wurden, sie
gegenüber der amerikanischen Behörde nicht schriftlich bestätigen wollten,
dass ausser den Darlehensbeziehungen keine weiteren Verbindungen zu dieser
Person bestanden usw., ändert sich dadurch nichts (Urteil 2A.608/2005 E. 4.1
f.).
3.3 Die Beschwerdeführerin bringt vor, im Amtshilfegesuch 2 gehe der IRS
nunmehr ebenfalls davon aus, dass die Steuerpflichtigen keine
Täuschungsabsichten hinsichtlich der wahren Darlehensgeberin gehabt hätten
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde Ziffern 35, 50). Woraus die Beschwerdeführerin
diesen Schluss zieht, ist unerfindlich. Er wäre zudem offensichtlich
unbehelflich. Jedenfalls brachte der IRS bereits im ersten Amtshilfegesuch
genügend Tatsachen (Indizien) vor, die den Verdacht auf Abgabebetrug im
abkommensrechtlichen Sinn zu bestätigen vermögen. Dass während Jahren
gegenüber der Steuerverwaltung die tatsächliche Darlehensgeberin nicht
erwähnt wurde, die Beschwerdeführerin Hypotheken über dem Schätzwert der
Objekte gewährt hatte, trotz Streitigkeiten zwischen der Beschwerdeführerin
und den Steuerpflichtigen die Darlehen nicht gekündigt wurden usw., sind
solche Indizien. Die Vorbringen der Beschwerdeführerin vermögen dieses
Resultat nicht in Frage zu stellen.

4.
Die Befragung von D.________, Direktor der Beschwerdeführerin, erscheint als
geeignetes Mittel zur weiteren Klärung der Beziehungen von A.________ und
B.C.________ zur Beschwerdeführerin. Die Amtshilfe ist in Bezug auf dessen
Schreiben vom 8. Juni 2006 zu gewähren.

Das führt zur Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art.
156 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin und der Eidgenössischen
Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 17. November 2006

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: