Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.372/2006
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2A.372/2006

Urteil vom 21. Januar 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Bundesrichter Müller,
Bundesrichterin Yersin, Bundesrichter Karlen,
Gerichtsschreiber Wyssmann.

X. ________ AG,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andreas Ritter,

gegen

Eidgenössische Oberzolldirektion,
Monbijoustrasse 40, 3003 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Einfuhrsteuer / Steuerbefreiung für Kunstwerke,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Eidgenössischen
Zollrekurskommission vom 16. Mai 2006.

Sachverhalt:

A.
Die X.________ AG ist u.a. auf den Import und Export von
Kunstwerken spezialisiert. Sie meldete am 7. März 2002 beim Zollamt Zürich
vier Sendungen mit Kunstfotografien zur abgabefreien Einfuhr an. Das Zollamt
lehnte dies ab und erhob mit Einfuhrzoll- und Mehrwertsteuerausweisen vom 18.
März 2002 die Einfuhrsteuer zum Normalsatz von insgesamt Fr. 10'570.05 und
den Zollbetrag von Fr. 158.65. Am 8. Juli 2002 bestätigte die
Zollkreisdirektion Schaffhausen die Zoll- und Einfuhrabgabe. Eine Beschwerde
der X.________ AG wies die Oberzolldirektion mit Entscheid vom 5. Mai 2003
ab.

B.
Die X.________ AG beschwerte sich bei der Eidgenössischen
Zollrekurskommission. Diese wies mit Entscheid vom 16. Mai 2006 die
Beschwerde ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die zollfreie
Einfuhr sei im Zollgesetz abschliessend geregelt. Art. 74 des
Mehrwertsteuergesetzes beschränke die steuerbefreite Einfuhr auf Werke von
Kunstmalern und Bildhauern, die durch diese eingeführt würden. Für Werke der
Fotokunst sei weder eine Zollbefreiung noch die Befreiung von der
Einfuhrsteuer vorgesehen. Die Zollrekurskommission nahm ferner zu den
internationalen Verpflichtungen der Schweiz Stellung und legte dar, dass das
von der Beschwerdeführerin angeführte "Unesco-Übereinkommen" gemäss seinem
Anhang auf Kunstfotografien keine Anwendung finde.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 15. Juni 2006 beantragt die X.________
AG dem Bundesgericht, es seien der Entscheid der Eidgenössischen
Zollrekurskommission vom 16. Mai 2006, der Entscheid der Oberzolldirektion
vom 5. Mai 2003 sowie die Zollausweise aufzuheben; die Einfuhren seien als
nicht zoll- und mehrwertsteuerpflichtig zu erklären. Der Betrag von insgesamt
Fr. 10'728.70 sei der Beschwerdeführerin zurückzuerstatten.

Die Oberzolldirektion beantragt, die Beschwerde kostenfällig abzuweisen. Die
Eidgenössische Zollrekurskommission verzichtete auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
1.1 Am 1. Januar 2007 trat das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17.
Juni 2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft. Da der angefochtene Entscheid der
Eidgenössischen Zollrekurskommission vor dem 1. Januar 2007 erging, richtet
sich das vorliegende Verfahren noch nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes
über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG) vom 16. Dezember 1946 samt
den diesbezüglichen Ausführungsbestimmungen (vgl. Art. 132 Abs. 1 BGG). Die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Eidgenössischen
Zollrekurskommission betreffend Zollabgabe und Einfuhrsteuer ist zulässig
(Art. 97 Abs. 1 und 98 lit. e OG). Als unzulässig erweist sich indessen der
Antrag, der Entscheid der Oberzolldirektion und die Zollausweise seien
aufzuheben; diese Verfügungen sind durch den Entscheid der Eidgenössischen
Zollrekurskommission ersetzt worden (sog. Devolutiveffekt). Sie gelten aber
als inhaltlich mitangefochten (vgl. BGE 133 II 292 E. 1.5, 129 II 438 E. 1).

1.2 Gemäss Art. 108 Abs. 2 OG hat die Beschwerde unter anderem die Begehren
und deren Begründung zu enthalten. An die Begründung werden nicht hohe
Anforderungen gestellt, doch hat sie in minimaler Form sachbezogen zu sein
(BGE 131 II 449 E. 1.3, 470 E. 1.3). Obschon die Beschwerdeführerin mit der
vorliegenden Beschwerde eine Zollbefreiung verlangt, begründet sie das
zollrechtliche Begehren nicht. Auf den Antrag ist daher nicht einzutreten.

2.
Der Mehrwertsteuer unterliegen grundsätzlich alle durch eine steuerpflichtige
Person im Inland getätigten Umsätze, soweit sie nicht ausdrücklich von der
Steuer ausgenommen sind. Als steuerpflichtige Umsätze gelten nach Art. 5 lit.
a-d des Bundesgesetzes über die Mehrwertsteuer vom 2. September 1999 (MWSTG,
SR 641.20) die im Inland gegen Entgelt erbrachten Dienstleistungen und
Lieferungen von Gegenständen, der Eigenverbrauch im Inland sowie der Bezug
von Dienstleistungen aus dem Ausland.

Die Steuer auf den Umsätzen im Inland wird im Gesamtsystem der Umsatzsteuer
ergänzt durch eine Einfuhrsteuer (Art. 72 ff. MWSTG). Ohne die Einfuhrsteuer
würden die aus dem Ausland eingeführten Gegenstände gegenüber den
inländischen Erzeugnissen bevorteilt, weshalb auch die Einfuhr von
Gegenständen ins Inland zu besteuern ist (Dieter Metzger, Kurzkommentar zum
Mehrwertsteuergesetz, Muri/Bern 2000, N 1 zu Art. 72). Steuerobjekt ist
gemäss Art. 73 MWSTG die Einfuhr von Gegenständen. Darunter ist das
Verbringen von Gegenständen ins Zollgebiet zu verstehen, wie aus dem Verweis
von Art. 72 MWSTG auf die Zollgesetzgebung folgt. Steuerpflichtiger ist der
Zollzahlungspflichtige. Steuerobjekt und Steuersubjekt entsprechen sich bei
der Steuer auf den Inlandumsätzen und der Einfuhrsteuer somit nicht.

3.
Art. 74 Abs. 1 MWSTG enthält die Liste der Gegenstände, die bei der Einfuhr
von der Steuer befreit sind. Nach Ziffer 3 sind von der Einfuhrsteuer
befreit: "3. Kunstwerke, die von Kunstmalern und Bildhauern persönlich
bearbeitet und von ihnen selbst oder in ihrem Auftrag ins Inland verbracht
wurden, mit Ausnahme des Entgelts nach Artikel 76 Absatz 1 Buchstabe d".
Diese haben bei der Einfuhr lediglich die Steuer auf allfälligen Arbeiten,
die sie an ihrem Kunstwerk im Ausland haben besorgen lassen, zu entrichten
(Art. 76 Abs. 1 lit. d MWSTG). Die Einfuhr dieser Kunstwerke durch andere
Personen unterliegt der Steuer. Die Liste der steuerbefreiten Einfuhren des
Art. 74 MWSTG ist abschliessend, weil auch Ausnahmen von der Steuer einer
gesetzlichen Grundlage bedürfen (Peter Locher, Legalitätsprinzip im
Steuerrecht, ASA 60 S. 13 f.; BGE 103 Ia 505 E. 3b). Werke der Fotokunst sind
in Art. 74 MWSTG nicht erwähnt. Diese unterliegen somit der Einfuhrsteuer.
Bei einer anschliessenden Lieferung solcher Kunstwerke kann aber die
Einfuhrsteuer unter den Voraussetzungen von Art. 38 Abs. 1 lit. c MWSTG als
Vorsteuer abgezogen werden.

Die Beschwerdeführerin macht geltend, beim Begriff "Kunstwerk" in Art. 74
Abs. 1 Ziff. 3 MWSTG handle es sich um einen "offenen Begriff". Dieser
erfasse bei richtiger Auslegung (was die Beschwerdeführerin in ihrer
Beschwerdeeingabe ausführlich darlegt) auch Werke der Fotokunst. Die
Beschwerdeführerin verweist besonders auf Art. 18 Ziff. 16 MWSTG, der bei der
Steuer auf Inlandumsätzen "kulturelle Dienstleistungen und Lieferungen von
Gegenständen durch deren Urheberinnen und Urheber wie Schriftsteller,
Komponisten, Filmschaffende, Kunstmaler, Bildhauer ..." von der Steuer
ausnimmt, sowie auf Art. 2 Abs. 2 lit. g des Bundesgesetzes vom 9. Oktober
1992 über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (URG, SR 231.1), wonach
als Werke auch: "g. fotografische, filmische und andere visuelle oder
audiovisuelle Werke" gelten. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sind diese
Bestimmungen bei der Einfuhrsteuer analog heranzuziehen, so dass Art. 74 Abs.
1 Ziff. 3 MWSTG - obwohl darin nicht ausdrücklich erwähnt - auch die Einfuhr
von Kunstfotografien durch den Urheber von der Einfuhrsteuer befreit. Wie es
sich damit verhält, ist im Folgenden zu prüfen.

4.
4.1 Ausgangspunkt jeder Gesetzesauslegung bildet der Wortlaut der Bestimmung.
Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Auslegungen möglich, so
muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller
Auslegungselemente. Abzustellen ist namentlich auf die Entstehungsgeschichte
der Norm und ihren Zweck sowie auf die Bedeutung, die der Norm im Kontext mit
den anderen Bestimmungen zukommt. Das Bundesgericht hat sich bei der
Auslegung von Erlassen stets von einem Methodenpluralismus leiten lassen und
hat nur dann allein auf den Wortlaut abgestellt, wenn sich daraus
zweifelsfrei die sachlich richtige Lösung ergibt (BGE 131 II 562 E. 3.5, 697
E. 4.1, 710 E. 4.1; 130 II 65 E. 4.2; 125 II 192 E. 3a S. 196 mit Hinweisen).
Die Auslegung kann ergeben, dass das Gesetz lückenhaft ist. Eine echte
Gesetzeslücke liegt vor, wenn der Gesetzgeber etwas zu regeln unterlassen
hat, was er hätte regeln sollen, und dem Gesetz auch durch Auslegung keine
Vorschrift entnommen werden kann, welche eine Antwort auf die Frage gibt. Von
einer unechten oder rechtspolitischen Lücke ist demgegenüber die Rede, wenn
dem Gesetz zwar eine Antwort, aber keine befriedigende, zu entnehmen ist,
namentlich wenn die vom klaren Wortlaut geforderte Subsumtion eines
Sachverhalts in der Rechtsanwendung teleologisch als unhaltbar erscheint.
Echte Lücken zu füllen, ist dem Richter aufgegeben, unechte zu korrigieren,
ist ihm grundsätzlich verwehrt, es sei denn, die Berufung auf den als
massgeblich erachteten Wortsinn der Norm stelle einen Rechtsmissbrauch dar
(BGE 132 III 707 E. 2; 131 II 562 E. 3.5; 128 I 34 E. 3b S. 42; 121 III 219
E. 1d/aa S. 225 f.). Hat der Gesetzgeber eine Rechtsfrage nicht übersehen,
sondern stillschweigend (im negativen Sinn) mitentschieden, so handelt es
sich um ein qualifiziertes Schweigen und ist kein Platz für eine richterliche
Lückenfüllung (BGE 132 III 470 E. 5.1; 129 V 1 E. 4.1.1). Die gleichen
Grundsätze gelten für das Steuerrecht (BGE 131 II 562 E. 3.5 S. 568 mit
Hinweisen).

4.2 Der Wortlaut von Art. 74 Abs. 1 Ziff. 3 MWSTG ist in allen drei Sprachen
klar. Von der Einfuhrsteuer befreit sind Kunstwerke von Kunstmalern und
Bildhauern (artistes-peintres ou sculpteurs, pittori e scultori), die durch
diese persönlich bearbeitet worden sind und von diesen selbst oder in deren
Auftrag eingeführt werden. Die Werke von Fotografen werden in Art. 74 MWSTG
nicht erwähnt.
Bereits unter der Warenumsatzsteuer waren "Kunstmaler und Bildhauer für die
von ihnen persönlich hergestellten Kunstwerke" nicht als Grossisten
steuerpflichtig (Art. 11 Abs. 1 lit. d WUStB). Diese Steuerbefreiung galt
nach der Rechtsprechung für die Steuer auf dem Warenumsatz im Inland wie auch
für die Einfuhrsteuer (BGE 118 Ib 187 ff.). Kunstmaler und Bildhauer hatten
somit ihre Werke, die sie in die Schweiz einführten, nicht zu versteuern
(Dieter Metzger, Handbuch der Warenumsatzsteuer, Muri/Bern 1992, S. 105 Rz.
205). Das spricht dafür, den Begriff "Kunstwerke, die von Kunstmalern und
Bildhauern persönlich bearbeitet ... wurden" in Art. 74 Abs. 1 Ziff. 3 MWSTG
gleich auszulegen wie bereits unter der Warenumsatzsteuer. Es gibt keinerlei
Hinweise, dass für die Mehrwertsteuer der Gesetzgeber dem Begriff eine
andere, neue Bedeutung beilegen wollte.

Auch wenn die klassische Einteilung der bildenden Kunst in Malerei,
Bildhauerei, Grafik und Architektur durch neue Ausdrucksformen und Techniken
einem Wandel unterliegt und im vergangenen Jahrhundert namentlich auch die
Fotografie als Teil der bildenden Kunst anerkannt wurde, lassen sich die
einzelnen Kategorien - im Kernbereich - doch auseinanderhalten: Darüber, was
das Werk eine Kunstmalers, eines Bildhauers, eines Fotografen ist, besteht
eine allgemeine Anschauung. Nach dieser Auffassung bildet insbesondere auch
die Fotografie eine eigenständige Kunstform. Wohl kann in Grenzbereichen die
Unterscheidung bzw. Abgrenzung Schwierigkeiten bereiten. So mag fraglich
sein, ob eine kunstmalerisch nachbearbeitete oder verfremdete Fotografie der
Malerei oder der Fotokunst zuzuweisen sei. Um solche Grenzfälle geht es
vorliegend indessen nicht. Die Beschwerdeführerin behauptet nicht, jedenfalls
nicht substantiiert, dass es sich bei den eingeführten Kunstwerken um solche
handelt, die richtigerweise oder besser der Malerei zuzuordnen wären.

4.3 Wenn daher die Beschwerdeführerin geltend macht, Werke der Fotografie
seien ebenfalls unter die Kunstwerke von Kunstmalern und Bildhauern nach Art.
74 Abs. 1 Ziff. 3 MWSTG zu subsumieren, behauptet sie entweder, es liege eine
rechtspolitische Lücke vor, weil dem Gesetz zwar eine Antwort, eine negative,
entnommen werden kann, diese aber rechtspolitisch unerwünscht sei. Diese
Lücke zu beseitigen vermag indessen wie gesagt nur der Gesetzgeber. Oder dann
will die Beschwerdeführerin geltend machen, es handle sich um eine echte
Lücke, weil der Gesetzgeber diesen Fall versehentlich zu regeln unterlassen
habe bzw. unter teleologischen Gesichtspunkten das Resultat als unvollständig
erscheint. Solche Lücken zu füllen, ist dem Richter aufgegeben (vorstehende
E. 4.1).

Ob eine echte Lücke vorliegt, ist im Folgenden zu prüfen.

5.
5.1 Die Einfuhrsteuer ergänzt wie ausgeführt die Steuer auf den Umsätzen im
Inland. Art. 74 Abs. 1 Ziff. 3 MWSTG kann daher nicht ohne Rücksicht auf die
für Inlandumsätze geltenden Vorschriften betrachtet werden. Art. 18 MWSTG
enthält die abschliessende Liste der von der Steuer ausgenommenen Umsätze im
Inland. Gemäss Art. 18 Ziff. 16 MWSTG sind von der Steuer ausgenommen: "16.
kulturelle Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch deren
Urheberinnen und Urheber wie Schriftsteller, Komponisten, Filmschaffende,
Kunstmaler, Bildhauer sowie von den Verlegern und den
Verwertungsgesellschaften zur Verbreitung dieser Werke erbrachten
Dienstleistungen". Es handelt sich bei den Steuerausnahmen des Artikels 18
MWSTG um unechte Befreiungen, weil gemäss Art. 17 MWSTG der Vorsteuerabzug
nicht geltend gemacht werden kann. Das heisst, die Steuern, die auf den
Eingangsmaterialen, Werkzeugen und allfälligen Dienstleistungen lasten,
bleiben dem Kunstwerk verhaftet (sog. Taxe occulte). Unter dem Vorbehalt,
dass der Künstler nicht für die freiwillige Versteuerung optiert (vgl. Art.
26 Abs. 1 lit. a MWSTG), kann er weder bei der Lieferung im Inland noch bei
der Ausfuhr des Kunstwerks die darauf lastenden Vorsteuern zurückverlangen.

Wie eine Durchsicht zeigt, besteuern die umliegenden Länder in der Regel
Kunstwerke zu einem reduzierten Satz (Value Added Taxation in Europe, Ernst &
Young Tax Advisers [Herausgeber], IBFD-Publikation Amsterdam, France-106
Ziff. 7.3.1, Germany-151, Italy-161, Netherlands-157). Das bedeutet
gleichzeitig, dass beim Export dieser Kunstwerke in einen Nichtmitgliedstaat
- wie die Schweiz - der Abzug der ausländischen Vorsteuer geltend gemacht
werden kann (Art. 15 Ziff. 2, 17 (3) (b) der Sechsten Richtlinie des Rates
vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern, 77/388 EWG; s. auch die analoge
schweizerische Regelung, Art. 19 Abs. 2 Ziff. 1 in Verb. mit Art. 38 Abs. 1
lit. c und Abs. 3 MWSTG, und dazu Metzger, Kurzkommentar zum
Mehrwertsteuergesetz, a.a.O., N 7 zu Art. 38). Es ist daher folgerichtig,
wenn das Mehrwertsteuergesetz die Einfuhr von Kunstwerken grundsätzlich der
Einfuhrsteuer unterwirft. Ohne diese Steuer würde auf den eingeführten
Kunstwerken keine Steuer (auch keine Taxe occulte) lasten. Der Zweck der
Einfuhrsteuer, die Herstellung gleichwertiger Verhältnisse, würde
offensichtlich nicht erreicht.

5.2 Bemessungsgrundlage der Einfuhrsteuer bildet das Entgelt oder der
Marktwert des Gegenstandes (Art. 76 Abs. 1 lit. a und b MWSTG). Die Erhebung
der Einfuhrsteuer auf dem deklarierten Warenwert des Kunstwerks führt zwar zu
einer Belastung, die in der Regel höher ist als die Vorsteuer, die auf dem
Kunstwerk lasten würde, wenn es im Inland hergestellt worden wäre. Das ist
jedoch systembedingt und ergibt sich aus dem Umstand, dass die Steuerobjekte
bei der Einfuhrsteuer und der Inlandumsatzsteuer nicht die gleichen sind.
Schliesst an die Einfuhr eine Lieferung im Inland an oder wird das Kunstwerk
wieder ausgeführt, so kann für die Versteuerung optiert werden (Art. 26 Abs.
1 lit. a MWSTG). Damit kann gemäss Art. 38 Abs. 1 lit. c MWSTG die für die
Einfuhr deklarierte oder entrichtete Steuer abgezogen werden und werden
gleichwertige Verhältnisse hergestellt. Wenn daher der Gesetzgeber die
Einfuhr von Kunstwerken durch den Künstler von der Steuer nicht generell
(sondern nur punktuell für Kunstmaler und Bildhauer) befreit hat, kann darin
keine (echte) Lücke erblickt werden. Dass eine Ordnung unter Umständen nicht
immer zweckmässig sein mag, lässt das Gesetz nicht lückenhaft scheinen. Der
Richter darf nur dort eine Lücke bejahen und neue Rechtssätze aufstellen, wo
kein Zweifel besteht, dass dem Gesetz eine Norm nicht entnommen werden kann
und auch durch analoge Rechtsanwendung sich keine Lösung finden lässt (BGE 94
I 305 E. 2 S. 308 f.).
5.3 Art. 18 Ziff. 16 MWSTG nimmt für die Steuer auf den Umsätzen im Inland
die kulturellen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch
Urheber von der Steuer generell aus. Mit dem Begriff des Urhebers knüpft Art.
18 Ziff. 16 MWSTG an das Urheberrechtsgesetz an. Als Werke im Sinne des
Urheberrechts gelten auch die von Kunstfotografen geschaffenen fotografischen
Werke (Art. 2 Abs. 2 lit. g des Bundesgesetzes über das Urheberrecht und
verwandte Schutzrechte, URG, SR 231.1; s. auch Art. 11 Abs. 1 lit. g der
Verordnung zum Mehrwertsteuergesetz, MWSTG, SR 641.201). Kunstwerke von
Kunstmalern, Bildhauern und Fotografen unterliegen somit hinsichtlich der
Inlandumsatzsteuer der exakt gleichen rechtlichen Ordnung. Umsätze solcher
Kunstwerke im Inland sind von der Steuer ausgenommen; der Vorsteuerabzug ist
ausgeschlossen (Art. 17, 18 Ziff. 16 MWSTG).

Beim Arbeitsergebnis des Kunstmalers fallen allerdings die Vorsteuern nicht
stark ins Gewicht. Die steuerbelasteten Eingangsleistungen beschränken sich
im Wesentlichen auf die Arbeitsutensilien und Materialien wie Farben, Kreide,
Malgrund usw. Die Miete des Ateliers ist in der Regel von der Mehrwertsteuer
ausgenommen (Art. 18 Ziff. 21 und Art. 26 Abs. 1 lit. b MWSTG). Beim
Kunstmaler zählt daher die persönliche Leistung weit mehr als das Material
(ASA 43 S. 446 E. 2). Höher mag die Vorsteuerbelastung beim Bildhauer sein,
weil bei diesem auch die Material- und Werkzeugkosten zu Buch schlagen, doch
ist diese Steuerausnahme historisch zu verstehen (vgl. Metzger, Handbuch zur
Warenumsatzsteuer, a.a.O., N 201). Würde auf der Einfuhr des Kunstwerks durch
den Maler (oder Bildhauer) auf dem Entgelt oder auf dem deklarierten
Warenwert die Einfuhrsteuer erhoben, so wäre die eingeführte Ware mit einer
Steuer belastet, welche unverhältnismässig höher ist als die Vorsteuer, die
auf dem im Inland hergestellten Kunstwerk lastet. Deshalb befreit Art. 74
Abs. 1 Ziff. 3 MWSTG die Kunstwerke der Maler und Bildhauer von der
Einfuhrsteuer (zur ratio dieser Norm, s. auch BGE 118 Ib 187 E. 5d S.
194/195).

Kunstfotografen befinden sich demgegenüber nicht in der gleichen Situation.
Sie arbeiten mit anderen Arbeitstechniken, für die Ihnen andere
Berufswerkzeuge zur Verfügung stehen, und stellen auch ein anderes
Arbeitsprodukt her. Ihre Arbeitsweise kennzeichnet sich bereits durch einen
hohen Technisierungsrad. Es handelt sich um verschiedene Fälle, die auch eine
differenzierte Betrachtung rechtfertigen können und welche der Gesetzgeber
unterschiedlich behandelt hat. Die Annahme einer Gesetzeslücke, die der
Richter zu füllen hätte, verbietet sich unter diesen Umständen.

6.
Die Beschwerdeführerin beruft sich auch auf die Vereinbarung über die Einfuhr
von Gegenständen erzieherischen, wissenschaftlichen oder kulturellen
Charakters, welches für die Schweiz am 7. April 1953 in Kraft getreten ist
(SR 0.631.145.141). Gemäss Art. I Ziff. 1 verpflichten sich die
Vertragsstaaten, keine Zölle oder andere Abgaben zu erheben für die Einfuhr
oder anlässlich der Einfuhr von: a) Büchern, Veröffentlichungen und
Dokumenten, die im Anhang A dieser Vereinbarung aufgeführt sind, und b)
Gegenständen erzieherischen, wissenschaftlichen oder kulturellen Charakters,
die in den Anhängen B, C, D und E dieser Vereinbarung bezeichnet sind.
Kunstfotografien werden in den Anhängen A - E weder ausdrücklich erwähnt,
noch können sie einem der dort angeführten Erzeugnissen zugeordnet werden,
wie die Vorinstanz zutreffend dargelegt hat. Insbesondere lassen sie sich
auch nicht unter die in Anhang B genannten Kunstwerke einordnen. Es kann
diesbezüglich auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen
werden. Damit muss nicht entschieden werden, ob diese Vereinbarung
unmittelbar anwendbar (self-executing) ist in dem Sinne, dass sich der
einzelne Bürger direkt auf die Abkommensbestimmungen berufen und deren
Verletzung rügen kann (vgl. BGE 124 IV 23 E. 4a mit Hinweisen).

7.
Die Beschwerde ist nach dem Gesagten unbegründet und abzuweisen, soweit
darauf einzutreten ist. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Kosten
des bundesgerichtlichen Verfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art.
153, 153a, 156 Abs. 1 OG). Ein Anspruch auf Parteientschädigung besteht nicht
(Art. 159 Abs. 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und der Eidgenössische Zollrekurskommission
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. Januar 2008

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Wyssmann