Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.368/2006
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{T 0/2}
2A.368/2006 /leb

Entscheid vom 19. Juli 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch
Rechtsanwältin Claudia Zumtaugwald,

gegen

Kantonales Amt für Ausländerfragen Zug (KAFA), Postfach 857, 6301 Zug,
Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Haftrichter, Postfach 760, 6301 Zug.

Anordnung (Art. 13b ANAG) und Verlängerung der Ausschaffungshaft (Art. 13b
Abs. 2 ANAG),

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Entscheide des Verwaltungsgerichts
des Kantons Zug, Haftrichter bzw. Haftrichterin, vom 19. Mai und 13. Juni
2006.

Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erwägung:

1.
1.1 X.________ (geb. 1978) stammt aus Sri Lanka und durchlief in der Schweiz
erfolglos ein Asylverfahren. Das Kantonale Amt für Ausländerfragen Zug nahm
ihn am 15. Mai 2006 in Ausschaffungshaft, welche der Haftrichter am
Verwaltungsgericht des Kantons Zug am 19. Mai 2006 prüfte und bis zum 14.
Juni 2006 bestätigte. Am 13. Juni 2006 verlängerte die Haftrichterin die
Ausschaffungshaft um zwei Monate bis zum 14. August 2006.

1.2 Hiergegen und gegen die erstmalige Haftgenehmigung hat X.________ am 17.
Juni 2006 beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht; er
beantragt, die angefochtenen Entscheide aufzuheben, ihn aus der Haft zu
entlassen und das Honorar seiner unentgeltlich bestellten Rechtsvertreterin
für das Haftverlängerungsverfahren auf Fr. 919.90 statt auf Fr. 500.-- zu
bestimmen. Das Verwaltungsgericht und das Amt für Ausländerfragen des Kantons
Zug beantragen, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abzuweisen, soweit darauf
einzutreten sei. Das Bundesamt für Migration hat auf eine Stellungnahme
verzichtet.

1.3 Am 13. Juli 2006 wurde X.________ nach Colombo ausgeschafft.

2.
2.1 Zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist legitimiert, wer durch die
angefochtene Verfügung berührt ist und ein aktuelles schutzwürdiges Interesse
an deren Aufhebung oder Änderung hat (Art. 103 lit. a OG; BGE 131 II 670 E.
1.2, 361 E. 1.2). Fällt das aktuelle Interesse im Verlauf des Verfahrens
dahin, wird die Sache als erledigt erklärt; fehlte es schon bei
Beschwerdeeinreichung, ist auf die Eingabe nicht einzutreten (BGE 118 Ia 488
E. 1a; 118 Ib 1 E. 2 S. 7; 111 Ib 56 E. 2). Der Ausländer hat nach seiner
Ausschaffung oder Freilassung praxisgemäss grundsätzlich kein praktisches
Interesse mehr daran, dass der vorgängige Haftentscheid noch auf seine
Vereinbarkeit mit dem Bundesrecht hin geprüft wird (Urteil 2A.133/2006 vom
16. März 2006, E. 2.1; Beschluss 2A.152/1998 vom 8. Mai 1998, E. 2a). Für das
Bundesgericht besteht in solchen Fällen grundsätzlich, und auch hier, keine
Veranlassung, ausnahmsweise auf das Erfordernis des aktuellen Interesses zu
verzichten, da es regelmässig in der Lage ist, die mit der Haft verbundenen
Fragen rechtzeitig zu beurteilen (Beschlüsse 2A.445/1996 vom 1. Oktober 1996,
E. 2b, bzw. 2A.213/1995 vom 6. Juli 1995, E. 1b). Allfällige
Schadenersatzansprüche lassen das aktuelle Interesse an der Überprüfung des
Haftentscheids nicht fortbestehen, da das Staatshaftungsverfahren
hinreichenden Schutz bietet, um angebliche Rechtsverletzungen - auch solche
von Art. 5 Ziff. 1 - 4 EMRK - wirksam geltend machen zu können (BGE 125 I 394
ff.; 110 Ia 140 E. 2a; Hugi Yar, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, in:
Uebersax/Münch/Geiser/Arnold, Ausländerrecht, Basel/Genf/ München 2002, Rz.
7.132 und 7.116). Da das aktuelle praktische Interesse vorliegend bei
Einreichung der Beschwerde gegeben war, jedoch mit der Ausschaffung des
Beschwerdeführers nachträglich dahingefallen ist, ohne dass von diesem
Erfordernis abzusehen wäre, ist das bundesgerichtliche Verfahren bezüglich
der Rechtmässigkeit der Haftanordnung und der Haftverlängerung als
gegenstandslos abzuschreiben (Art. 72 BZP i.V.m. Art 40 OG). Das Interesse an
der Beurteilung der Beschwerde bestünde zwar hinsichtlich des Umfangs der
Entschädigung der unentgeltlichen Rechtsbeiständin im
Haftverlängerungsverfahren fort, doch ist der Beschwerdeführer nicht
legitimiert, die Höhe der dieser zugesprochenen Entschädigung zu beanstanden;
durch den Umfang der Entschädigung ist einzig die Rechtsbeiständin selber
betroffen, die sich von ihm auch dann nicht bezahlen lassen darf, wenn ihr
die öffentlichrechtliche Entschädigung als ungenügend erscheint (BGE 122 I
322 E. 3b S. 325 f.; 108 Ia 11 E. 1 S. 12; Urteil 2A.29/1997 vom 18. August
1997, E. 3a); da seine Vertreterin nicht in eigenem Namen, sondern
ausschliesslich in seinem Beschwerde führt, ist auf die Eingabe in diesem
Punkt nicht einzutreten.

2.2
2.2.1 Wird ein Rechtsstreit gegenstandslos oder fällt er mangels rechtlichen
Interesses dahin, entscheidet das Bundesgericht über die Prozesskosten mit
summarischer Begründung (Art. 72 BZP in Verbindung mit Art. 40 OG). Dabei
geht es nicht darum, die Prozessaussichten im Einzelnen zu prüfen und dadurch
weitere Umtriebe zu verursachen, weshalb auch darauf verzichtet werden kann,
die Parteien vorliegend zur Gegenstandslosigkeit noch anzuhören (vgl. Art. 72
Abs. 1 BZP); es muss bei einer knappen Beurteilung der Aktenlage sein
Bewenden haben. Auf dem Weg über den Kostenentscheid soll nicht ein
materielles Urteil gefällt und unter Umständen der Entscheid in einer heiklen
Rechtsfrage präjudiziert werden (Beschluss 2A.123/ 2000 vom 10. April 2000,
E. 3a).

2.2.2 Die vorliegende Beschwerde wäre aufgrund der publizierten und über
Internet zugänglichen Rechtsprechung vermutlich offensichtlich unbegründet
gewesen und hätte im vereinfachen Verfahren nach Art. 36a OG erledigt werden
können: Für die Anordnung der Ausschaffungshaft genügt, dass ein
erstinstanzlicher, nicht notwendigerweise rechtskräftiger Weg- oder
Ausweisungsentscheid vorliegt (BGE 130 II 56 E. 1 S. 58 mit Hinweisen). Das
Bundesamt für Flüchtlinge ist am 29. Dezember 2003 auf das Asylgesuch des
Beschwerdeführers nicht eingetreten und hat ihn weggewiesen, was die
Schweizerische Asylrekurskommission (ARK) auf Beschwerde hin am 26. Oktober
2005 bestätigte. Am 3. März 2006 wies die ARK ein Revisionsgesuch des
Beschwerdeführers ab und leitete die entsprechende Eingabe als allfälliges
Wiedererwägungsgesuch an das Bundesamt für Migration weiter, welches dieses
seinerseits am 25. März 2006 abwies. Wohl gelangte der Beschwerdeführer
hiergegen wieder an die Asylrekurskommission, deren Instruktionsrichter am
13. April 2006 superprovisorisch den Vollzug der Wegweisung stoppte, dies
änderte indessen nichts daran, dass am 19. Mai 2006 ein rechtskräftiger
Wegweisungsentscheid vorlag, der mit einer Ausschaffungshaft sichergestellt
werden konnte. Der Haftrichter trug dem noch hängigen ausserordentlichen
Rechtsmittelverfahren insofern Rechnung, als er sich telefonisch zusichern
liess, dass der entsprechende Entscheid in den nächsten Tagen ergehen dürfte,
was denn auch am 22. Mai 2006 geschah; sicherheitshalber genehmigte er die
Haft zudem nur für einen Monat. Die Situation lag somit ähnlich wie bei einem
nachgeschobenen Asylgesuch (vgl. hierzu BGE 125 II 377 E. 2b S. 380; Hugi
Yar, a.a.O., Rz. 7.108). Auch das Vorliegen eines Haftgrunds wurde zu Recht
bejaht: Der Beschwerdeführer war nach dem negativen Asylentscheid während
Monaten untergetaucht und hielt sich den Behörden erst wieder zur Verfügung,
nachdem seine Anwältin darauf hingewiesen worden war, dass andernfalls auf
die Beschwerde gegen den negativen Wiedererwägungsentscheid des Bundesamts
nicht eingetreten würde. Damit bestand bei ihm Untertauchensgefahr im Sinne
von Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG (SR 142.20), auch wenn er sich teilweise
(vordergründig) bereit erklärt hatte, allenfalls nach Sri Lanka
zurückzukehren, und er offenbar keine falschen Angaben zu seiner Person
gemacht hat (BGE 122 II 49 E. 2a S. 51). Für alles Weitere kann ergänzend auf
die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts in seiner
Vernehmlassung vom 22. Juni 2006 verwiesen werden.

2.2.3 Da die vorliegende Beschwerde als zum Vornherein aussichtslos hätte
gelten müssen, ist dem Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche
Rechtspflege und Verbeiständung nicht zu entsprechen (vgl. Art. 152 Abs. 1
OG). Es kann jedoch praxisgemäss dennoch davon abgesehen werden, eine
Gerichtsgebühr zu erheben (vgl. Art. 153a OG; Urteil 2A.86/2001 vom 6. März
2001, E. 3).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird als erledigt erklärt und vom
Geschäftsverzeichnis abgeschrieben, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Dieser Entscheid wird dem Beschwerdeführer, dem Kantonalen Amt für
Ausländerfragen Zug (KAFA) und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug,
Haftrichter bzw. Haftrichterin, sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 19. Juli 2006

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: