Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.359/2006
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{T 0/2}
2A.359/2006 /leb

Urteil vom 18. Juli 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiberin Dubs.

X. ________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch
Rechtsanwältin Dr. Ursula Kohlbacher,

gegen

Regierungsrat des Kantons Zürich,
Kaspar Escher-Haus, 8090 Zürich,
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, 2. Kammer,
Militärstrasse 36, Postfach, 8090 Zürich.

Aufenthalts-/Niederlassungsbewilligung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den
Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung, 2.
Kammer, vom 3. Mai 2006.

Sachverhalt:

A.
Die russische Staatsangehörige X.________ (geb. 1977) reiste am 23. Juni 1999
in die Schweiz ein. Am **. ** 2000 heiratete sie den 1965 geborenen Schweizer
Bürger Y.________, den sie in ihrer Heimat kennen gelernt hatte. Gestützt auf
die Heirat wurde ihr die Aufenthaltsbewilligung erteilt, und im September
2000 wurde ihr der Stellenantritt als Masseuse bewilligt. Schon bald hatten
die Eheleute finanzielle und sonstige eheliche Probleme. Am 15. Juni 2003
verliess X.________ den ehelichen Haushalt. Seither leben die Ehegatten
getrennt.

B.
Mit Verfügung vom 10. Juni 2005 verweigerte die Direktion für Soziales und
Sicherheit (Migrationsamt) die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung von
X.________. Dagegen beschwerte diese sich erfolglos vorerst beim
Regierungsrat und sodann beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 13. Juni 2006 beantragt X.________, den
Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 3. Mai 2006 aufzuheben, festzustellen,
dass das rechtliche Gehör und das Recht auf Achtung des Privatlebens verletzt
wurden, und die Direktion für Soziales und Sicherheit (Migrationsamt)
anzuweisen, ihr die Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 7 ANAG zu
verlängern. Zudem stellt sie das Begehren, der Beschwerde die aufschiebende
Wirkung zu erteilen. Weiter beantragt sie, die Vorinstanz sei zu
verpflichten, eine angemessene Entschädigung zu bezahlen, eventualiter
rückwirkend die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren.
Für das bundesgerichtliche Verfahren ersucht sie ebenfalls um Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung.

Das Bundesgericht hat die Akten des Verwaltungsgerichts beigezogen, jedoch
keine Vernehmlassungen eingeholt.

D.

E.

F.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Nach Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG ist die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf dem Gebiet der Fremdenpolizei
ausgeschlossen gegen die Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen, auf
die das Bundesrecht keinen Anspruch einräumt (BGE 130 II 281 E. 2.1 S. 284;
128 II 145 E. 1.1.1 S. 148 mit Hinweisen).

1.2 Die Beschwerdeführerin lebt zwar getrennt von ihrem Ehegatten, die Ehe
besteht aber formell weiterhin. Gemäss Art. 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom
26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR
142.20) besitzt die Beschwerdeführerin somit grundsätzlich einen
Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, weshalb das
Rechtsmittel der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig ist (vgl. BGE 126 II
265 E. 1b S. 266 mit Hinweis). Die Niederlassungsbewilligung ist jedoch nicht
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Abgesehen davon geht aus den
nachfolgenden Erwägungen hervor, dass die Ehe bereits vor Entstehung eines
Anspruchs auf die Niederlassungsbewilligung definitiv gescheitert war.

1.3 Nach Art. 105 Abs. 2 OG ist das Bundesgericht an die
Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Entscheids gebunden, wenn - wie
hier - eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden und den
Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter
Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften ermittelt hat. Damit ist die
Möglichkeit, vor Bundesgericht neue Tatsachen vorzubringen und Beweismittel
einzureichen, weitgehend eingeschränkt. Das Bundesgericht lässt nur solche
neuen Tatsachen und Beweismittel zu, welche die Vorinstanz von Amtes wegen
hätte berücksichtigen müssen und deren Nichtbeachtung eine Verletzung
wesentlicher Verfahrensvorschriften darstellt (BGE 128 II 145 E. 1.2.1 S. 150
mit Hinweisen). Nachträgliche Veränderungen des Sachverhalts (sog. "echte"
Noven) können in der Regel nicht mehr berücksichtigt werden, denn einer
Behörde ist nicht vorzuwerfen, sie habe den Sachverhalt im Sinne von Art. 105
Abs. 2 OG fehlerhaft festgestellt, wenn sich dieser nach ihrem Entscheid
verändert hat (BGE 128 II 145 E. 1.2.1 S. 150; 127 II 60 E. 1b S. 63, je mit
Hinweisen).

1.4 Das Arztzeugnis vom 24. Mai 2006, die Bestätigung des
Berufsbildungszentrums Amt und Limmattal vom 16. Mai 2006 und die
nachgereichten Kopien des Antrags an das Amt für Wirtschaft und Arbeit sowie
des Teilzeitarbeitsvertrags vom 18. Juni 2006 sind daher unbeachtlich; sie
wären ohnehin nicht geeignet, am Ausgang des Verfahrens etwas zu ändern.

Die Beschwerdeführerin rügt zahlreiche Sachverhaltsfeststellungen, auf die es
für die Frage des Bestehens eines Anspruchs auf Aufenthaltsbewilligung nicht
ankommt. Ob der Beschwerdeführerin im kantonalen Verfahren Gelegenheit
eingeräumt wurde, sich zu diesen tatsächlichen Feststellungen zu äussern,
kann offen bleiben, da das Verwaltungsgericht ebenfalls nur das Bestehen
eines Anspruchs auf Verlängerung der Bewilligung zu prüfen hatte. Eine
Gehörsverletzung ist diesbezüglich zum Vornherein ausgeschlossen.

2.
2.1 Gemäss Art. 7 Abs. 1 ANAG hat der ausländische Ehegatte eines Schweizer
Bürgers grundsätzlich Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung. Kein Anspruch besteht, wenn die Ehe eingegangen
worden ist, um die Vorschriften über Aufenthalt und Niederlassung von
Ausländern zu umgehen (Art. 7 Abs. 2 ANAG), sowie bei rechtsmissbräuchlicher
Berufung auf eine definitiv gescheiterte Ehe.

2.2 Nach gefestigter bundesgerichtlicher Rechtsprechung liegt
Rechtsmissbrauch vor, wenn der Ausländer sich im fremdenpolizeilichen
Verfahren auf eine Ehe beruft, welche nur (noch) formell besteht oder
aufrecht erhalten wird, mit dem alleinigen Ziel, ihm eine
Anwesenheitsberechtigung zu ermöglichen; dieses Ziel wird von Art. 7 ANAG
nicht geschützt (BGE 128 II 145 E. 2.2 S. 151 mit Hinweisen).

Dass die Ehe nur noch formell und ohne Aussicht auf Wiederaufnahme einer
ehelichen Gemeinschaft besteht, entzieht sich in der Regel dem direkten
Beweis und ist bloss durch Indizien zu erstellen (BGE 130 II 113 E. 10.2 S.
135 mit Hinweis). Feststellungen über das Bestehen solcher Indizien können
äussere Gegebenheiten, aber auch innere, psychische Vorgänge betreffen (Wille
der Ehegatten); es handelt sich so oder anders um tatsächliche
Feststellungen, welche für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich sind
(oben E. 1.3). Frei zu prüfen ist die Rechtsfrage, ob die festgestellten
Tatsachen (Indizien) darauf schliessen lassen, die Berufung auf die Ehe
bezwecke die Umgehung fremdenpolizeilicher Vorschriften und sei
rechtsmissbräuchlich (BGE 128 II 145 E. 2.3 S. 152 mit Hinweisen).

3.
3.1 Das Verwaltungsgericht geht in seinem Urteil von der dargestellten
Rechtsprechung zur missbräuchlichen Berufung auf die Ehe aus. Die Ehegatten
haben sich im Juni 2003 getrennt und seither nicht mehr zusammengelebt. Wie
die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich festgestellt hat, kommt für
die Ehegatten ein Zusammenleben nicht mehr in Frage. Ergänzend kann auf die
Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen werden (Art. 36a Abs. 3 OG).

Hinweise darauf, dass diese Feststellungen offensichtlich unrichtig wären,
sind nicht ersichtlich und gehen namentlich auch nicht aus den Vorbringen der
Beschwerdeführerin hervor. Obwohl im vorliegenden Fall das Zusammenleben
etwas über drei Jahre gedauert hat, kann die Beschwerdeführerin aufgrund der
Tatsache, dass die Ehe für den Ehemann offensichtlich definitiv gescheitert
ist und er sich scheiden lassen will, nicht ernsthaft damit rechnen, das
eheliche Zusammenleben werde zu irgendeinem Zeitpunkt nochmals aufgenommen.
Zudem führte sie in ihrer Stellungnahme vom 30. Juni 2004 selber aus, dass
mit der Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft nicht mehr zu rechnen sei
und sie gedenke, sich scheiden zu lassen. Umstände oder eigene Bemühungen,
die darauf schliessen liessen, dass konkret Hoffnung auf Versöhnung bestünde,
macht die Beschwerdeführerin keine geltend. Im Übrigen sind für das
vorliegende Verfahren weder  die Gründe, die zum Scheitern der Ehe geführt
haben, noch die Frage, wer die Schuld an der Zerrüttung der Ehe trägt, von
Belang, weshalb auf die diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerdeführerin
nicht einzugehen ist.

3.2 Bei gesamthafter Betrachtung aller Indizien musste sich für das
Verwaltungsgericht der Schluss aufdrängen, dass keine Aussichten auf
Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft mehr bestanden. Wenn sich die
Beschwerdeführerin unter den dargelegten Umständen dennoch auf die Ehe
beruft, um die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung zu erwirken, handelt
sie rechtsmissbräuchlich.

4.
Ferner steht auch Art. 8 EMRK der Nichtverlängerung der
Aufenthaltsbewilligung nicht entgegen. Im vorliegenden Fall kann nicht von
einem langjährigen Aufenthalt und einer besonders starken Verwurzelung und
Integration in der Schweiz gesprochen werden, woraus sich gestützt auf das
Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 EMRK unter ganz besonderen
Umständen ein Anspruch auf Verbleib ableiten liesse (vgl. BGE 126 II 377 E.
2c S. 384 ff. mit Hinweisen; 120 Ib 16 E. 3b S. 22).

5.
Soweit die Beschwerdeführerin sinngemäss die Erteilung einer
Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 4 ANAG verlangt, der eine
Bewilligung ins freie Ermessen der Behörden stellt, ist die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig und kann darauf nicht eingetreten
werden (Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG). Im Übrigen wäre diesbezüglich
auch die staatsrechtliche Beschwerde mangels Legitimation ausgeschlossen
(vgl. BGE 126 I 81 E. 4-6 S. 85 ff.). Auf die für das bundesgerichtliche
Verfahren unerheblichen Darlegungen betreffend Integration und Arbeitswille
der Beschwerdeführerin ist daher nicht einzugehen.

6.
6.1 Die Beschwerde ist somit offensichtlich unbegründet und im vereinfachten
Verfahren nach Art. 36a OG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung
gegenstandslos. Dass die Vorinstanz dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
und Verbeiständung wegen Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels nicht
entsprochen hat, ist unter den vorliegenden Umständen nicht zu beanstanden.

6.2 Die Beschwerdeführerin hat auch für das bundesgerichtliche Verfahren um
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ersucht. Sie konnte jedoch
nicht ernsthaft mit einer Gutheissung der Beschwerde rechnen. Das Gesuch ist
daher wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsbegehren abzuweisen (Art. 152 OG).
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird die Beschwerdeführerin
kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 OG). Ihrer
finanziellen Lage wird bei der Bemessung der Gerichtsgebühr Rechnung getragen
(Art. 153a OG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 159 Abs.
2 OG).

7.

8.

9.

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 600.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Regierungsrat und dem
Verwaltungsgericht, 2. Abteilung, 2. Kammer, des Kantons Zürich sowie dem
Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. Juli 2006

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: