Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.345/2006
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{T 0/2}
2A.345/2006/leb

Urteil vom 24. Oktober 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Hatzinger.

X. _________ AG,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwälte
Dr. Peter Lutz und Julien Veyrassat,

gegen

Eidgenössisches Finanzdepartement,
Bernerhof, Schwanengasse 2, 3003 Bern.

Unterstellungsverfahren betr. Bekämpfung der Geldwäscherei im Finanzsektor /
Gebühren,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die
Verfügung des Eidgenössischen Finanzdepartements vom 8. Mai 2006.

Sachverhalt:

A.
Die X.________ AG bezweckt den Betrieb einer Finanz- und
Treuhandgesellschaft. Im Herbst 2004 eröffnete die Kontrollstelle für die
Bekämpfung der Geldwäscherei gegen das Unternehmen ein Verfahren wegen
Unterstellung unter das Bundesgesetz vom 10. Oktober 1997 zur Bekämpfung der
Geldwäscherei im Finanzsektor (Geldwäschereigesetz, GwG; SR 955.0). Mit
Verfügung vom 2. März 2005 stellte die Kontrollstelle das Verfahren wieder
ein, da die Gesellschaft damals nicht als Finanzintermediärin operativ tätig
gewesen sei; sie auferlegte ihr indes eine Gebühr von Fr. 491.50, weil eine
unterstellungspflichtige Tätigkeit habe angenommen werden müssen.

B.
Gegen diese Gebühr führte die X.________ AG Beschwerde beim Eidgenössischen
Finanzdepartement, welches das Rechtsmittel mit Entscheid vom 8. Mai 2005
(recte: 2006) abwies.

C.
Die X.________ AG hat am 7. Juni 2006 beim Bundesgericht
Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht; sie beantragt, den Entscheid vom
8. Mai 2006 und Ziffer 2 der Verfügung vom 2. März 2005 insoweit aufzuheben,
als darin Gebühren für diese Verfügung auferlegt würden. Eventuell sei die
Beschwerdeführerin von den Gebühren für die Verfügung vom 2. März 2005 zu
befreien.

Das Departement beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde steht offen gegen Beschwerdeentscheide des
Eidgenössischen Finanzdepartements in Anwendung des Geldwäschereigesetzes
(Art. 97 Abs. 1 OG in Verbindung mit Art. 5 VwVG und Art. 98 lit. b OG; BGE
129 II 438 E. 1 S. 440). Auf die Eingabe der durch die Auferlegung von
Verfahrenskosten in schutzwürdigen eigenen Interessen (vgl. Art. 103 lit. a
OG) betroffenen Beschwerdeführerin ist einzutreten.

2.
Die Beschwerdeführerin rügt unter anderem eine Verletzung ihres Anspruchs auf
rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV), indem das Finanzdepartement trotz
seiner Begründungspflicht auf ihre Argumente zur analogen Anwendung der
Regeln betreffend Kostenauferlegung bei Verfahrenseinstellung im
Strafermittlungs- und Strafuntersuchungsverfahren nicht eingegangen sei. In
verfahrensmässiger Hinsicht genügt die Begründung des angefochtenen
Entscheids indes den verfassungsmässigen Anforderungen (statt vieler BGE 126
I 97 E. 2b S. 102 f.); die Rüge der Verletzung des Gehörsanspruchs ist
unbegründet.

3.
3.1 Die Kontrollstelle überwacht die Anwendung und Durchsetzung des
Geldwäschereigesetzes, indem sie in verschiedener Hinsicht die
Selbstregulierungsorganisationen und die ihr direkt unterstellten
Fi-nanzintermediäre beaufsichtigt (vgl. Art. 18 GwG). Sie kann von diesen und
den genannten Organisationen für ihre Tätigkeit Gebühren erheben;
unbestrittenermassen ist hier noch die alte Verordnung vom 16. März 1998 über
die Gebühren der Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei
(Gebührenverordnung zum Geldwäschereigesetz, GwG-GebV; AS 1998 S. 912; 2002
S. 203 f.) anwendbar, die sich auf Art. 22 GwG in der Fassung vom 10. Oktober
1997 (AS 1998 S. 892 ff.) stützt. Die Gebühren muss bezahlen, wer eine
Dienstleistung oder eine Verfügung beansprucht oder veranlasst (Art. 2 Abs. 1
GwG-GebV; vgl. zum Ganzen Urteile 2A.286/2003 vom 13. Januar 2004;
2A.307/2003 vom 11. November 2003, je E. 3.1).
3.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, die von ihr erhobene Gebühr
entbehre der gesetzlichen Grundlage, da sie weder eine Finanzintermediärin
noch eine Selbstregulierungsorganisation sei und deshalb nicht unter das
Geldwäschereigesetz falle.

3.2.1 Indessen gehört zu den Aufgaben der Kontrollstelle auch die Abklärung
der Frage, ob eine Person als Finanzintermediärin dem Geldwäschereigesetz
unterstellt ist. Sie kann die im Gesetz vorgesehenen Mittel auch gegen solche
Personen bzw. Dienstleistungsanbieter einsetzen, deren Unterstellungspflicht
gerade streitig und vorab festzustellen ist (BGE 129 II 438 E. 4.1.1 S. 446,
mit Hinweis auf die entsprechenden Regelungen im Banken- und Börsenrecht;
vgl. dazu auch BGE 130 II 351 E. 2.1 S. 354). In diesem Sinne gelten auch
bloss potentielle bzw. präsumtive Finanzintermediäre als der Kontrollstelle
unterworfen. Wie das Bundesgericht im Urteil 2A.286/2003 vom 13. Januar 2004,
E. 3.3 entschieden hat, kann eine Gebühr daher ebenso dann erhoben werden,
wenn die Kontrollstelle einen negativen Unterstellungsentscheid fällt oder
das Bewilligungsverfahren als gegenstandslos abschreibt (vgl. im gleichen
Sinne das Urteil 2A.218/1989 vom 11. November 1991, E. 6c, publ. in EBK
Bulletin 22 S. 53 f., hinsichtlich der Unterstellung unter das Bankengesetz).

3.2.2 Dass der Gesetzgeber diese Frage anlässlich der per 1. Januar 2006 in
Kraft getretenen Revision von Art. 22 GwG (AS 2004 S. 1646) nicht
klargestellt hat, vermag entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin an
diesem Auslegungsergebnis nichts zu ändern. Im Übrigen ging es bei dieser
Revision nur um die Schaffung einer Grundlage für eine pauschale
Aufsichtsabgabe (für dem Einzelnen nicht zuordenbare
Allgemeindienstleistungen). Eine solche wurde hier entgegen der
missverständlichen Darstellung der Beschwerdeführerin nicht erhoben. Die
allein in Frage stehenden individuell zurechenbaren Gebühren waren von der
Revision nicht betroffen (vgl. BBl 2003 S. 5746 f.).
3.3 Damit stellt sich nur noch die Frage, ob die Beschwerdeführerin die
(Einstellungs-)Verfügung vom 2. März 2005 im Sinne von Art. 2 Abs. 1 GwG-GebV
veranlasst hat. Diese Frage durfte die Vorinstanz ohne Verletzung von
Bundesrecht bejahen.

3.3.1 Gemäss Handelsregisterauszug ist der Zweck und Gegenstand der
Beschwerdeführerin derjenige einer Finanz- und Treuhandgesellschaft (Trust
Company), die ausländischen Unternehmen, die in den Ländern der Europäischen
Union ansässig sind, generelle Treuhand- und Beratungsleistungen für ihre in
der Schweiz zu tätigenden Finanzgeschäfte anbietet. Diese Umschreibung legt
die Annahme nahe, dass die Beschwerdeführerin eine dem Geldwäschereigesetz
unterstellte Tätigkeit ausübt bzw. ausgeübt haben könnte, und bot jedenfalls
hinreichenden Anlass für die Eröffnung eines Unterstellungsverfahrens. Dass
sie selbst ein entsprechendes Gesuch gestellt hat, ist für die
Gebührenpflicht nicht erforderlich (vgl. auch E. 3.1).
3.3.2 Die Beschwerdeführerin macht zwar geltend, sie sei gar nicht aktiv
gewesen. Sie hat es aber selber zu verantworten, wenn sie die angeblich der
Wirklichkeit nicht entsprechende und damit irreführende Zweckumschreibung im
Handelsregister bestehen liess, welcher die Eröffnung einer
Unterstellungsverfahrens rechtfertigte. Dass die Beschwerdeführerin ihre
Tätigkeit eingestellt hatte, erfuhr die Kontrollstelle erst im Laufe dieses
Verfahrens. Damit hat die Beschwerdeführerin die Verfügung, welche das
Unterstellungsverfahren abschliesst, im Sinne der Gebührenverordnung zum
Geldwäschereigesetz durch eigenes Verhalten veranlasst (Art. 2 GwG-GebV).

Beigefügt sei, dass die Beschwerdeführerin auf das erste Auskunftsbegehren
der Kontrollstelle nicht reagiert hat, so dass ein zweites Begehren an ein
Mitglied des Verwaltungsrats gerichtet werden musste. Da dieses Begehren nur
summarisch beantwortet wurde ("Firma inaktiv", Bilanz und Erfolgsrechnung je
des Jahres 2003 als Beilagen), erwies sich eine weitere Nachfrage als
erforderlich. Die Beschwerdeführerin hat somit auch unnötigen Aufwand
verursacht.

3.4
3.4.1 Soweit die Beschwerdeführerin auf die Grundsätze der Kostenverlegung im
Strafverfahren verweist, gehen ihre Ausführungen an der Sache vorbei, denn es
wurde gegen sie keine Strafuntersuchung durchgeführt; es ging, jedenfalls in
einem ersten Schritt, nur um verwaltungsrechtliche Massnahmen im Sinne von
Art. 20 GwG. Ein allfälliges Strafverfahren wegen Geschäftsführung ohne
Bewilligung (Art. 36 GwG) wäre im Übrigen nicht von der Kontrollstelle,
sondern vom Eidgenössischen Finanzdepartement durchzuführen gewesen (Art. 39
Abs. 1 GwG).

3.4.2 Unbehelflich ist auch der Hinweis auf BGE 128 II 247 E. 6.1 S. 257.
Art. 4 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1974 über Massnahmen zur
Verbesserung des Bundeshaushaltes, worauf in jenem Entscheid Bezug genommen
wird (vgl. auch BGE 128 II 247 E. 2.2 S. 250, E. 4.1 S. 253 und E. 4.2 S.
255; Urteil 2A.481/2001 vom 25. April 2002, E. 2.2, 4.1 und 4.2), ist durch
das Bundesgesetz vom 19. Dezember 2003 über das Entlastungsprogramm 2003 mit
Wirkung ab 1. Januar 2005 aufgehoben worden (AS 2004 S. 1633 ff., 1639,
1647); aus dieser Bestimmung bzw. aus dem an deren Stelle getretenen Art. 46a
des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 1997 (SR
172.010) lässt sich für die Gebühren im Bereich des Geldwäschereigesetzes
nichts ableiten (vgl. BBl 2003 S. 5760 f.; siehe auch BGE 128 II 247 E. 6.2
S. 258 zum Kartellrecht); dieses enthält in Art. 22 eine spezielle und
eigenständige, autonom auszulegende Grundlage für die Gebührenerhebung,
welche durch die in jenen Normen enthaltene generelle Ermächtigung des
Bundesrates zum Erlass von Bestimmungen über die Erhebung von Gebühren nicht
aufgehoben worden ist.

3.5 Die Höhe der Gebühr ist nicht bestritten.

4.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit unbegründet und abzuweisen. Dem
Verfahrensausgang entsprechend wird die unterliegende Beschwerdeführerin
kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG).
Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 159 Abs. 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin und dem Eidgenössischen
Finanzdepartement schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. Oktober 2006

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: