Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.340/2006
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{T 0/2}
2A.340/2006 /leb

Urteil vom 13. Oktober 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Hungerbühler,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.

X. ________,
Beschwerdeführerin,

gegen

Departement des Innern des Kantons Solothurn (Ausländerfragen),
Ambassadorenhof, 4509 Solothurn,
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn,
Postfach 157, 4502 Solothurn.

Aufenthaltsbewilligung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil
des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn
vom 19. April 2006.

Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erwägung:

1.
Die russische Staatsangehörige X.________ (geb. 1964) hielt sich 1995 bis
1997 jeweils einige Monate pro Kalenderjahr als Tänzerin in der Schweiz auf.
Am 30. Mai 2003 heiratete sie den Schweizer Bürger Y.________ (geb. 1956),
den sie via Internet kennen gelernt hatte. In der Folge erhielt sie eine
Aufenthaltsbewilligung. Auf Begehren des Ehemannes wurde der gemeinsame
Haushalt mit Verfügung des Richteramtes Olten-Gösgen vom 31. Oktober 2005 für
unbestimmte Zeit aufgehoben.

Mit Verfügung vom 18. Januar 2006 stellte das Departement des Innern
(Ausländerfragen) des Kantons Solothurn fest, der Anspruch von X.________ auf
Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung sei weggefallen; die entsprechende
Bewilligung werde daher nicht verlängert und die Betroffene weggewiesen. Eine
gegen diese Verfügung gerichtete Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des
Kantons Solothurn am 19. April 2006 ab.

2.
X.________ führt mit Eingabe vom 22. Mai 2006 Verwaltungsgerichtsbeschwerde
beim Bundesgericht mit den Anträgen, das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Solothurn vom 19. April 2006 aufzuheben und die
Aufenthaltsbewilligung zu verlängern. Sodann wird um unentgeltliche
Rechtspflege ersucht.

Das Departement des Innern (Ausländerfragen) des Kantons Solothurn beantragt
Abweisung der Beschwerde. Das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn
schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden
könne. Das Bundesamt für Migration beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

Mit Verfügung vom 3. Juli 2006 hat der Abteilungspräsident der Beschwerde -
antragsgemäss - aufschiebende Wirkung zuerkannt.

3.
3.1 Nach Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG ist die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf dem Gebiet der Fremdenpolizei
ausgeschlossen gegen die Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen, auf
die das Bundesrecht keinen Anspruch einräumt (BGE 130 II 281 E. 2.1 S. 284).
Die Beschwerdeführerin ist mit einem Schweizer Bürger verheiratet und hat
damit einen grundsätzlichen Anspruch auf die Aufenthaltsbewilligung (Art. 7
Abs. 1 ANAG). Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher zulässig, und es
ist darauf einzutreten.

3.2 Hat - wie hier - eine richterliche Vorinstanz entschieden und den
Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter
Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften festgestellt, ist das
Bundesgericht an die Sachverhaltsfeststellung im angefochtenen Entscheid
gebunden (Art. 105 Abs. 2 OG).

4.
4.1 Gemäss Art. 7 Abs. 2 ANAG hat der ausländische Ehegatte eines Schweizer
Bürgers keinen Anspruch auf Erteilung der ihm nach Absatz 1 grundsätzlich
zustehenden Bewilligung, wenn die Ehe eingegangen worden ist, um die
Vorschriften über Aufenthalt und Niederlassung von Ausländern und namentlich
jene über die Begrenzung der Zahl der Ausländer zu umgehen. Erfasst wird
davon die sog. Scheinehe bzw. Ausländerrechtsehe, bei der die Ehegatten von
vornherein keine echte eheliche Gemeinschaft beabsichtigen (BGE 128 II 145
E. 2.1 S. 151; 127 II 49 E. 4a S. 55, mit Hinweisen). Auch wenn die Ehe nicht
bloss zum Schein eingegangen worden ist, heisst dies nicht zwingend, dass dem
ausländischen Ehepartner der Aufenthalt bzw. die Niederlassung ungeachtet der
weiteren Entwicklung gestattet werden muss. Zu prüfen ist diesfalls, ob sich
die Berufung auf die Ehe nicht anderweitig als rechtsmissbräuchlich erweist
(BGE 127 II 49 E. 5a S. 56, mit Hinweisen).

4.2 Rechtsmissbrauch im Zusammenhang mit Art. 7 ANAG liegt vor, wenn der
Ausländer sich im Verfahren um Erteilung einer fremdenpolizeilichen
Anwesenheitsbewilligung auf eine Ehe beruft, welche nur (noch) formell und
ohne Aussicht auf Aufnahme bzw. Wiederaufnahme einer ehelichen Gemeinschaft
besteht (BGE 128 II 145 E. 2.2 S. 151 mit Hinweisen). Ein Rechtsmissbrauch
darf aber nicht leichthin angenommen werden, namentlich nicht schon deshalb,
weil die Ehegatten nicht mehr zusammenleben oder ein Eheschutz- oder
Scheidungsverfahren eingeleitet worden ist. Gerade weil der ausländische
Ehegatte nicht der Willkür des schweizerischen ausgeliefert sein soll, hat
der Gesetzgeber darauf verzichtet, die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung
vom ehelichen Zusammenleben abhängig zu machen (ausführlich: BGE 118 Ib 145
E. 3 S. 149 ff.). Erforderlich sind klare Hinweise darauf, dass die Führung
einer Lebensgemeinschaft nicht mehr beabsichtigt und nicht mehr zu erwarten
ist (BGE 127 II 49 E. 5a S. 56 f. mit Hinweisen).

4.3 Das Verwaltungsgericht stellte vorliegend fest, die Beziehung des
Ehepaars sei nur während kurzer Zeit gelebt worden. Nachdem die beiden am 30.
Mai 2003 geheiratet hätten, habe die Ehefrau die Zeit von April bis November
2004 in Russland verbracht, um sich um ihre kranke Tochter zu kümmern und
verschiedene Dokumente zu beschaffen. Am 8. August 2005 habe der Ehemann dem
Amt für Ausländerfragen mitgeteilt, dass wegen der von ihm eingeleiteten
Scheidung kein Bedürfnis mehr bestehe, die Aufenthaltsbewilligung seiner
Ehefrau zu verlängern. Sodann sei der gemeinsame Haushalt mit Eheschutzurteil
vom 31. Oktober 2005 aufgehoben worden. Der Ehemann habe in der Befragung vom
18. Januar 2006 schliesslich ausgesagt, von einem ehelichen Zusammenleben
könne im Moment nicht die Rede sein; in derselben Befragung habe er auch
seinen Scheidungswillen geäussert. Daraus zog das Verwaltungsgericht den
Schluss, die Ehe sei definitiv gescheitert und mit einer Wiedervereinigung
könne nicht mehr gerechnet werden.

4.4 Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Entscheid, an
die das Bundesgericht nach Massgabe von Art. 105 Abs. 2 OG gebunden ist (E.
3.2), durfte die Vorinstanz die Berufung der Beschwerdeführerin auf die
bestehende Ehe zulässigerweise als rechtsmissbräuchlich einstufen. Zwar leben
die Eheleute erst seit relativ kurzer Zeit getrennt, und aus gewissen
seitherigen Aussagen des Ehemannes betreffend eine allfällige
Wiedervereinigung (vgl. Schreiben vom 30. Dezember 2005: "Ich kann dies nach
reiflicher Überlegung zum heutigen Zeitpunkt nicht definitiv ausschliessen",
sowie Befragungsprotokoll vom 18. Januar 2006: "Die Möglichkeit besteht
immer") könnte allenfalls auf einen möglichen Sinneswandel desselben
geschlossen werden. Die im angefochtenen Urteil hervorgehobenen Umstände
(vgl. vorne E. 4.3) zeigen jedoch, dass es zwischen der Beschwerdeführerin
und ihrem Ehemann zu keiner wirklichen Ehegemeinschaft gekommen ist. Die
Beschwerdeführerin, welche in einem Cabaret arbeitet und damit beruflich
bedingt ihre eigenen Wege geht, ist offensichtlich nur an einer
Anwesenheitsbewilligung interessiert. Die Erklärungen des Ehemannes, der
trotz der von ihm erwirkten Trennung die Möglichkeit einer späteren
Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft nicht ausschliessen will, stehen
dieser Würdigung nicht entgegen. Werden die erwähnten Aussagen des Ehemannes
nicht isoliert betrachtet, sondern in den Zusammenhang mit seinen übrigen
Äusserungen gestellt (vgl. etwa am 24. November 2004: "Ich bin dann von ein
paar Kollegen [...] von ihr bestürmt worden, ich solle sie in die Schweiz
holen. Ich bin ein Typ, der nicht nein sagen kann"), ist die Schlussfolgerung
des Verwaltungsgerichts, wonach die Ehe definitiv gescheitert ist bzw. eine
Wiederaufnahme der Lebensgemeinschaft nicht mehr erwartet werden kann, nicht
zu beanstanden.

5.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist nach dem Gesagten offensichtlich
unbegründet. Sie ist im vereinfachten Verfahren nach Art. 36a OG (summarische
Begründung) abzuweisen.

Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a
OG). Ihrem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann mangels ernsthafter
Erfolgsaussichten der Beschwerde nicht entsprochen werden (Art. 152 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Departement des Innern
(Ausländerfragen) und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn sowie dem
Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. Oktober 2006

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: