Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.321/2006
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2A.321/2006 /leb

Urteil vom 8. Juni 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Hungerbühler,
Gerichtsschreiber Häberli.

Steuerverwaltung des Kantons Bern,
Abteilung Recht und Gesetz, 3011 Bern,
Beschwerdeführerin,

gegen

X.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch G + S Treuhand AG,
Steuerrekurskommission des Kantons Bern,
Postfach 54, 3097 Liebefeld.

Steuerwiderhandlungen,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Steuerrekurskommission
des Kantons Bern
vom 25. April 2006.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
X. ________ hat der Steuerverwaltung des Kantons Bern am 8. Februar 1999
mitgeteilt, dass er neben dem Geschäftskontokorrent bei der CS Biel ein
zweites, gegenüber den Steuerbehörden nicht deklariertes Bankkonto habe. Die
Steuerverwaltung eröffnete ein Nach- und Strafsteuerverfahren und erhob am 8.
Mai 2003 die geschuldeten Nachsteuern. Mit Verfügung vom 11. Juli 2003
verpflichtete sie X.________ sodann zur Bezahlung folgender Strafsteuern:
199'713.65 Franken für die Kantons- und Gemeindesteuern der Jahre 1989 bis
1996 und 31'819.30 Franken für die direkte Bundessteuer der Jahre 1993 bis
1996. Hiergegen beschwerte sich X.________ bei der Steuerrekurskommission des
Kantons Bern. Weil diese im Unterschied zur Steuerverwaltung von einer
Selbstanzeige des Steuerpflichtigen ausging, reduzierte sie die Busse auf
53'300 Franken bei den Kantons- und Gemeindesteuern und auf 8'500 Franken bei
der direkten Bundessteuer (Entscheid vom 25. April 2006).

2.
Am 29. Mai 2006 hat die Steuerverwaltung des Kantons Bern bezüglich der
Steuerbusse für die direkte Bundessteuer 1993 bis 1996 beim Bundesgericht
Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht mit dem Antrag, den angefochtenen
Entscheid aufzuheben und ihre Bussenverfügung vom 11. Juli 2003 zu
bestätigen. Sie macht geltend, die Steuerrekurskommission habe den
rechtserheblichen Sachverhalt mangelhaft festgestellt und sei deshalb zu
Unrecht zum Schluss gekommen, es liege eine Selbstanzeige des
Beschwerdegegners vor. Ihre Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist offensichtlich
unbegründet und im vereinfachten Verfahren nach Art. 36a OG (Verzicht auf
Einholung von Akten und Vernehmlassungen) abzuweisen:

3.
Zeigt der Steuerpflichtige die Steuerhinterziehung an, bevor sie der
Steuerbehörde bekannt ist, so wird die Busse - welche in der Regel das
Einfache der hinterzogenen Steuer beträgt (vgl. Art. 175 Abs. 2 DBG) - auf
einen Fünftel ermässigt (Art. 175 Abs. 3 DBG).

3.1 Die Steuerrekurskommission ist vorliegend - nach persönlicher Anhörung
des Beschwerdegegners - zum Schluss gekommen, es handle sich um eine
Selbstanzeige im Sinne von Art. 175 Abs. 3 DBG, wenn auch um einen Grenzfall.
Die Steuerverwaltung habe zwar aufgrund von Unstimmigkeiten, die sie im
Zusammenhang mit der Finanzierung einer Liegenschaft festgestellt hatte,
zusätzliche Auskünfte vom Beschwerdegegner verlangt. Zum betreffenden
Zeitpunkt habe sie aber noch keine Kenntnis über das Vorliegen und den Umfang
der Steuerhinterziehung gehabt, und der Beschwerdegegner habe letztlich aus
eigenem Antrieb gehandelt, als er das nicht deklarierte Konto aufgedeckt
habe.

3.2 In ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde bestreitet die Steuerverwaltung
des Kantons Bern, dass es sich um eine Selbstanzeige des Beschwerdegegners
gehandelt habe. Zum einen habe dieser nicht aus eigenem Antrieb gehandelt,
habe er sich doch erst unter dem Druck ihrer Nachforschungen zur Offenlegung
des Schwarzkontos bei der CS Biel entschlossen. Zum andern habe die
Steuerverwaltung im Zeitpunkt, als sie das Schreiben vom 8. Februar 1999
erhalten habe, bereits gewusst, dass dieses Schwarzkonto bestehe.

3.3 Ihre Kritik am angefochtenen Entscheid stützt die Steuerverwaltung primär
auf neue Beweismittel, die sie der Vorinstanz nicht vorgelegt hatte; es
handelt sich dabei um prozessual unzulässige Noven (vgl. BGE 121 II 97 E. 1c
S. 99 f.), auf die nicht weiter einzugehen ist. Was die Steuerverwaltung
sonst vorbringt, vermag keine offensichtlich unrichtige
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz darzutun (vgl. Art. 105 Abs. 2 OG):
Die Vorinstanz hat nicht verkannt, dass sich der Beschwerdegegner im
Zusammenhang mit den Nachforschungen der Steuerverwaltung zur Selbstanzeige
entschlossen hatte; aus diesem Grund hat sie in ihrem Entscheid von einem
Grenzfall gesprochen. Weder die Aussagen des Beschwerdegegners anlässlich
seiner persönlichen Befragungen noch der Umstand, dass er sich mehrmals mit
seinem Treuhänder besprochen hatte, bevor er das Schwarzkonto am 8. Februar
1999 offen legte, sprechen zwingend gegen ein Handeln aus eigenem Antrieb.
Von einer Verletzung der Sachverhaltsabklärungspflicht durch die Vorinstanz
kann keine Rede sein: Nachdem die Beschwerdeführerin in erster Instanz eine
Selbstanzeige verneint hatte, konnte die Steuerrekurskommission ohne weiteres
davon ausgehen, dass die Stellungnahme der Beschwerdeführerin im
Rechtsmittelverfahren zumindest den aus deren Sicht relevanten Sachverhalt
darlegte; jedenfalls musste sie nicht nachforschen, ob die Beschwerdeführerin
allenfalls im Zeitpunkt der Selbstanzeige schon mehr über die
Steuerhinterziehung gewusst haben könnte, als sich aus ihren Vorbringen
ergab.

4.
Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin bzw. der Kanton Bern
kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 und Abs. 2 OG e contrario).
Parteientschädigung ist keine zuzusprechen (vgl. Art. 159 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Kanton Bern auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und der Steuerrekurskommission des Kantons
Bern sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 8. Juni 2006

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: