Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.31/2006
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2A.31/2006 /vje

Urteil vom 8. Mai 2006
II.  ffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, pr sidierendes Mitglied,
Bundesrichter Hungerb hler, M ller,
Gerichtsschreiber Feller.

X. ________, Beschwerdef hrer,
Y.________, Beschwerdef hrerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Leimbacher,

gegen

Migrationsamt des Kantons Aargau,
Bahnhofstrasse 86/88, Postfach, 5001 Aarau,
Rekursgericht im Ausl nderrecht des Kantons Aargau, Postfach, 5001 Aarau.

Erl schen der Niederlassungsbewilligung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Rekursgerichts im
Ausl nderrecht des Kantons Aargau vom 16. Dezember 2005.

Das Bundesgericht zieht in Erw gung:

1.
Der t rkische Staatsangeh rige X.________, geb. 1938, reiste im Februar 1963
in die Schweiz ein; seine Ehefrau, Y.________, geb. 1938, folgte ihm im Juli
1970. Das Ehepaar hat drei Kinder (geb. 1970, 1971 und 1975). Alle
Familienmitglieder haben seit Jahren die Niederlassungsbewilligung im Kanton
Aargau. Mit Verf gung vom 24. November 2004 stellte das Migrationsamt des
Kantons Aargau fest, die Niederlassungsbewilligung von X.________ und
Y.________ sei infolge Verlegung des Lebensmittelpunktes ins Heimatland
erloschen, und forderte die Betroffenen auf, die Schweiz einen Monat nach
Rechtskraft dieser Verf gung definitiv zu verlassen. Eine gegen diese
Verf gung erhobene Einsprache wies der Rechtsdienst des Migrationsamtes am
11. April 2005 ab. Mit Urteil vom 16. Dezember 2005 wies das Rekursgericht im
Ausl nderrecht des Kantons Aargau die gegen den Einspracheentscheid erhobene
Beschwerde ab.

Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 18. Januar 2006 beantragen X.________
und Y.________ dem Bundesgericht, das Urteil des Rekursgerichts im
Ausl nderrecht sowie die Verf gung und den Einspracheentscheid des
Migrationsamtes vollumf nglich aufzuheben. Das Rekursgericht beantragt,
gleich wie das Bundesamt f r Migration, Abweisung der Beschwerde. Das
Migrationsamt verweist auf die Ausf hrungen im Urteil des Rekursgerichts und
verzichtet auf eine Vernehmlassung.

2.
2.1 Angesichts des Devolutiveffekts der Beschwerde an das Rekursgericht hat
dessen Urteil die vorausgehenden Entscheidungen des Migrationsamtes
(Verf gung vom 24. November 2004 bzw. Einspracheentscheid vom 11. April 2005)
ersetzt. Soweit mehr als die Aufhebung des Urteils des Rekursgerichts
beantragt wird, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.

2.2 Die Beschwerdef hrer wollen nebst der Verletzung von Bundesrecht (Art.
104 lit. a OG) die unrichtige und unvollst ndige Feststellung des
rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 104 lit. b OG) und die Unangemessenheit
des angefochtenen Urteils (Art. 104 lit. c OG) r gen. Entscheidungen im
Bereich des Ausl nderrechts geh ren nicht zu den Verf gungen, die nach der
abschliessenden Aufz hlung von Ziff. 1-3 von Art. 104 lit. c OG einer
Angemessenheitspr fung durch das Bundesgerichts unterliegen; eine solche ist
vorliegend mithin ausgeschlossen. Sodann bindet die Feststellung des
Sachverhalts durch das Rekursgericht das Bundesgericht, soweit er nicht
offensichtlich unrichtig, unvollst ndig oder unter Verletzung wesentlicher
Verfahrensbestimmungen ermittelt worden ist (Art. 105 Abs. 2 OG). Eine freie
Sachverhaltspr fung im Sinne von Art. 104 lit. b OG entf llt somit.

3.
3.1 Gem ss Art. 9 Abs. 3 lit. c ANAG erlischt die Niederlassungsbewilligung
durch Abmeldung oder wenn sich der Ausl nder w hrend sechs Monaten
tats chlich im Ausland aufh lt; stellt er vor deren Ablauf das Begehren, so
kann diese Frist bis auf zwei Jahre verl ngert werden.

Die Beschwerdef hrer haben sich nicht abgemeldet. Streitig ist, ob ihre
zeitweilige Landesabwesenheit zum Erl schen ihrer Niederlassungsbewilligung
f hren konnte.

3.2 Nach der Rechtsprechung erlischt die Niederlassungsbewilligung
grunds tzlich dann, wenn der Ausl nder sich w hrend sechs
aufeinanderfolgenden Monaten ununterbrochen im Ausland aufgehalten hat, wobei
es auf den inneren Willen und die Motive f r die Abwesenheit nicht ankommt.
Eine insgesamt sechsmonatige Landesabwesenheit mit Unterbr chen gen gt
hingegen regelm ssig nicht. Wiederum anders verh lt es sich, wenn der
Ausl nder w hrend eines gr sseren Zeitraums landesabwesend ist, wobei er aber
jeweilen vor Ablauf von sechs Monaten f r beschr nkte Zeit in die Schweiz
zur ckkehrt, dies aber bloss zu Gesch fts- oder Besuchszwecken tut. Bei
solchen Aufenthalten in der Schweiz kann in der Regel nicht von einer
Unterbrechung der Landesabwesenheit gesprochen werden, unter Umst nden selbst
dann nicht, wenn der Ausl nder in der Schweiz noch eine Wohnung zur Verf gung
hat. Bei solchen Verh ltnissen (wiederholte l ngere Aufenthalte im Heimatland
 ber mehrere Jahre hinweg, unterbrochen durch mehr oder weniger lange
Anwesenheiten in der Schweiz) wird - anders als  blicherweise (vgl. BGE 112
Ib 1 E. 2a) - die Frage nach dem Lebensmittelpunkt zum ausschlaggebenden
Kriterium (zum Ganzen BGE 120 Ib 369 E. 2c und d S. 372 f.).
3.3 Das Rekursgericht w rdigt die Landesabwesenheit der Beschwerdef hrer und
die zeitweiligen Aufenthalte in der Schweiz auf der Grundlage dieser
Rechtsprechung. In tats chlicher Hinsicht geht es von folgenden Gegebenheiten
aus:
Der Beschwerdef hrer bezieht seit Jahren eine IV-Rente; weder er noch die
Beschwerdef hrerin bed rfen entsprechend eines Daueraufenthalts zu
Erwerbszwecken. Bereits im Jahr 1998 wurde den Fremdenpolizeibeh rden
mitgeteilt, dass die Beschwerdef hrerin aus gesundheitlichen Gr nden nicht
h ufig in die Schweiz komme und hier nicht lange bleiben k nne. Zu jenem
Zeitpunkt waren die Beschwerdef hrer bloss Untermieter in einer kleinen
Wohnung, wo sie  ber eine "Schlafecke" verf gten. In der Folge mieteten sie
eine 1  -Zimmer-Wohnung, in der ihr vollj hriger Sohn lebt und wo sie selber
mit ihm zusammen zu wohnen behaupten. Zu verschiedenen Malen wurden sie dort
 ber l ngere Zeitr ume nicht angetroffen; beh rdliche Mitteilungen konnten
w hrend Monaten nicht zugestellt werden oder wurden allenfalls vom Sohn
entgegengenommen. Die beiden  ltesten Kinder weilen seit Jahren in der
T rkei. W hrend ihrer dortigen Aufenthalte bewohnen die Beschwerdef hrer ein
eigenes Haus. Schliesslich haben sich die Beschwerdef hrer den Beh rden
gegen ber dahin gehend ge ussert, dass die Gestaltung des Aufenthalts in der
Schweiz gemessen an ihren finanziellen Verh ltnissen f r sie zu teuer sei.
Das Rekursgericht hat daraus in tats chlicher Hinsicht den Schluss gezogen,
dass die Beschwerdef hrer sich weitaus  berwiegend in der T rkei aufhalten.

Die Beschwerdef hrer machen unter Hinweis auf sich aus Bankbelegen ergebende
in der Schweiz get tigte Barbez ge des Beschwerdef hrers geltend, dass sie
sich im Januar, M rz, Mai, Juni sowie ab Mitte Oktober bis Ende Dezember
2003, im Januar, Mitte Mai bis 5. August sowie ab 8. Oktober bis Ende
Dezember 2004 sowie in der ersten H lfte des Jahres und ab Mitte Oktober bis
Ende Dezember 2005 im Kanton Aargau aufgehalten h tten. Erst vor
Bundesgericht haben sie die vom Beschwerdef hrer unterzeichneten
Auszahlungsbelege f r die Jahre 2004 und 2005 vorgelegt. Selbst wenn auf
diese neuen Beweismittel noch abgestellt werden d rfte, liesse sich daraus im
f r die Beschwerdef hrer besten Fall bloss ableiten, dass allein der
Beschwerdef hrer sich in den letzten Jahren jeweilen etwa gleich lang in der
Schweiz aufgehalten hat wie in der T rkei. Dabei sind die Verh ltnisse im
Jahr 2005 (zeitlich  berwiegende Anwesenheit des Beschwerdef hrers in der
Schweiz) angesichts der H ngigkeit der Rechtsmittel gegen die Ende 2004
aufgrund der damaligen Verh ltnisse ergangene Verf gung betreffend Erl schen
der Bewilligung nicht massgeblich. Demgegen ber sagen die Bankbez ge nichts
 ber den Aufenthaltsort der Beschwerdef hrerin aus. Die tats chlichen
Feststellungen des Rekursgerichts sind f r das Bundesgericht zumindest
insofern verbindlich (Art. 105 Abs. 2 OG), als dieses annimmt, dass die
Beschwerdef hrerin weit  berwiegend im familieneigenen Haus in der T rkei
wohnt, wo sich die beiden  lteren Kinder der Beschwerdef hrer ausschliesslich
aufhalten. H chstens der Beschwerdef hrer h lt sich insgesamt etwa gleich
h ufig in einer auch vom erwachsenen Sohn bewohnten Kleinstwohnung in der
Schweiz auf wie im famili ren Haus in der T rkei.

Bei diesen tats chlichen Gegebenheiten dr ngt sich der Schluss auf, dass der
Lebensmittelpunkt der Beschwerdef hrer sich in der T rkei befindet, wo sie
ihr eigentliches Familienleben pflegen. Auch nur ann hernd gleichwertige
Bezugspunkte zur Schweiz bestehen nicht (mehr), insbesondere auch nicht
solche beruflicher Art. Da es bei Konstellationen wie der vorliegenden, wie
dargelegt (E. 3.2), f r die Frage des Fortbestehens der
Niederlassungsbewilligung auf den Lebensmittelpunkt ankommt, verletzt die vom
Migrationsamt Ende 2004 getroffene Feststellung, die
Niederlassungsbewilligung sei erloschen, Art. 9 Abs. 3 lit. c ANAG nicht.

3.4 Nach dem Gesagten erweist sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde als
offensichtlich unbegr ndet, und sie ist im vereinfachten Verfahren (Art. 36a
OG) abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann (vgl. E. 2).

4.
Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten den
Beschwerdef hrern, je zur H lfte unter Solidarhaft, aufzuerlegen (Art. 156
Abs. 1 und 7 sowie Art. 153 und 153a OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art.  36a OG:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtsgeb hr von Fr. 2'000.-- wird den Beschwerdef hrern unter
Solidarhaft auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Beschwerdef hrern, dem Migrationsamt und dem
Rekursgericht im Ausl nderrecht des Kantons Aargau sowie dem Bundesamt f r
Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 8. Mai 2006

Im Namen der II.  ffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das pr sidierende Mitglied:  Der Gerichtsschreiber: