Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.271/2006
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2A.271/2006 /vje

Urteil vom 19. Mai 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

A. X.________ und B.X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Bernhard Jüsi,

gegen

Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau, Regierungsgebäude,
8510 Frauenfeld,
Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau, Frauenfelderstrasse 16, 8570
Weinfelden.

Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Thurgau vom 22. März 2006.

Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erwägung:

1.
Das Ehepaar A.X.________ (geb. 1942) und B.X.________ (geb. 1944) stammt aus
Mazedonien und hält sich seit 1994 bzw. 1995 in der Schweiz auf. Am 22. März
2005 lehnte das Ausländeramt des Kantons Thurgau es ab, ihnen die
Aufenthaltsbewilligung zu verlängern, da sie nur dank der
Ergänzungsleistungen (AHV-Rente von Fr. 675.-- und Ergänzungsleistungen von
Fr. 2'747.--) über die nach Art. 34 der Verordnung vom 6. Oktober 1986 über
die Begrenzung der Zahl der Ausländer (BVO; SR 823.21) für Rentner
erforderlichen Mittel verfügten. A.X.________ und B.X.________ gelangten
hiergegen erfolglos an das Departement für Justiz und Sicherheit sowie das
Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau (Entscheide vom 10. November 2005 und
22. März 2006). Sie beantragen mit Eingabe vom 15. Mai 2006 vor
Bundesgericht, die kantonalen Entscheide aufzuheben und ihre
Aufenthaltsbewilligung zu verlängern; allenfalls sei die Sache zu neuem
Entscheid an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen.

2.
Ihre Beschwerde ist gestützt auf die publizierte und über Internet
zugängliche Rechtsprechung offensichtlich unzulässig und kann ohne
Weiterungen im vereinfachten Verfahren nach Art. 36a OG erledigt werden:
2.1 Auf dem Gebiet der Fremdenpolizei ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
gegen die Verweigerung von Bewilligungen ausgeschlossen, auf die das
Bundesrecht keinen Anspruch einräumt (Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG). Die
Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung liegt im freien Ermessen der
Behörden, soweit der Betroffene sich nicht auf eine Sondernorm des
Bundesrechts oder eines Staatsvertrags berufen kann, die ihm ein
entsprechendes Recht verschafft (Art. 4 ANAG [SR 142.20]; BGE 130 II 281 E.
2.1 S. 284, 388 E. 1.1 S. 389 f., je mit Hinweisen). Ob ein
Bewilligungsanspruch besteht, prüft das Bundesgericht auf
Verwaltungsgerichtsbeschwerde hin im Rahmen der Eintretensvoraussetzungen
(vgl. BGE 130 II 281 E. 1 S. 283).

2.2 Entgegen den Vorbringen der Beschwerdeführer ergibt sich ein solcher
Anspruch vorliegend weder aus Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 BV noch aus Art. 34
BVO:
2.2.1 Zwar hat das Bundesgericht erkannt, dass sich aus dem Recht auf
Privatleben unter ganz besonderen Umständen ein Anspruch auf Erteilung einer
Aufenthaltsbewilligung ergeben kann; hiefür bedarf es indessen nicht nur
einer langdauernden Anwesenheit, sondern überdies besonders intensiver, über
eine normale Integration hinausgehender privater Bindungen gesellschaftlicher
oder beruflicher Natur bzw. entsprechend vertiefter sozialer Beziehungen zum
ausserfamiliären bzw. ausserhäuslichen Bereich (vgl. BGE 130 II 281 E. 3.2.1;
126 II 377 E. 2c/bb S. 385 [Aufenthalt von rund 9 Jahren]). Solche sind
vorliegend nicht dargetan, nachdem sich die Beschwerdeführer in erster Linie
auf ihre gesundheitlichen Probleme und in diesem Zusammenhang auf die
Abhängigkeit von ihren hier lebenden Söhnen berufen. Eine über den familiären
Bereich hinausgehende vertiefte Integration ist aufgrund der
Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Entscheid, die für das
Bundesgericht grundsätzlich verbindlich sind (Art. 105 Abs. 2 OG), nicht
belegt (vgl. das Urteil 2A.471/2001 vom 29. Januar 2002, E. 2b/cc).

2.2.2 Ausserhalb der Kernfamilie begründet das Recht auf Achtung des
Familienlebens einen Anspruch auf ein Anwesenheitsrecht nur, wenn zwischen
der über ein gefestigtes Aufenthaltsrecht verfügenden Person und den um die
Bewilligung ersuchenden Angehörigen ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis
besteht (BGE 120 Ib 257 E. 1d S. 261; Urteile 2A.742/2004 vom 30. Dezember
2004, E. 2.3, und 2P.84/2002 vom 24. Oktober 2002, E. 3.2 u. 3.3; Urteil des
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte i.S. Slivenko c. Lettland vom 9.
Oktober 2003 [Nr. 48321/99], Rz. 97). Dabei ist bei erwachsenen
Familienmitgliedern von Bedeutung, ob ein Zusammenleben gerade mit dem in der
Schweiz weilenden Angehörigen erforderlich ist und die notwendige Betreuung
nicht auch anders, gegebenenfalls unter Mitwirkung Dritter, in der Heimat
gewährt werden kann (Urteil 2P.84/2002 vom 24. Oktober 2002, E. 3.3). Die
Beschwerdeführer machen zwar gewisse gesundheitliche Altersprobleme geltend
(Kniebeschwerden, Diabetes, Bluthochdruck usw.), diese können aber auch in
Mazedonien behandelt werden. Gemäss den Ausführungen in der Beschwerdeschrift
leben sie zurzeit nicht bei ihren Söhnen ("Die beiden im Familiennachzug in
die Schweiz eingereisten Söhne leben inzwischen mit eigenen Familien in der
Schweiz mit Niederlassungsbewilligung"), sondern führen einen eigenen
Haushalt, womit keine Abhängigkeit vorliegt, welche einen Anspruch auf die
von ihnen beantragte Bewilligung zu begründen vermöchte.

2.2.3 Nichts anders ergibt sich schliesslich aus Art. 34 BVO: Die
Begrenzungsverordnung vermag keine über das Gesetz hinausgehenden
Bewilligungsansprüche zu verschaffen; die kantonale Behörde bleibt bei ihrem
Entscheid frei (Art. 4 ANAG), selbst wenn die jeweiligen
Bewilligungsvoraussetzungen erfüllt sind (BGE 130 II 281 E. 2.2 S. 284; zu
Art. 34 BVO: Urteil 2A.333/1994 vom 21. August 1995, E. 2b). Gestützt auf
Art. 18 Abs. 4 und Art. 25 Abs. 1 ANAG kann der Bundesrat lediglich
Vorschriften erlassen, welche die Kantone bei der Erteilung von
Aufenthaltsbewilligungen in ihrer Freiheit beschränken; er kann sie indessen
nicht über das Gesetz hinaus zur Gewährung von solchen verpflichten (BGE 129
II 249 E. 5.5 S. 266 f., mit Hinweisen).

2.3 Besteht kein Anspruch auf die beantragte Bewilligung, fehlt es den
Beschwerdeführern an einem rechtlich geschützten Interesse, um die
Bewilligungsverweigerung mit staatsrechtlicher Beschwerde - insbesondere
wegen einer Verletzung des Willkürverbots - anfechten zu können (vgl. BGE 126
I 81 E. 3-6 S. 85 ff.). Zwar wäre es ihnen möglich, mit diesem Rechtsmittel,
losgelöst von einem Anspruch in der Sache selber, eine Verletzung von
Verfahrensgarantien geltend zu machen, deren Missachtung eine formelle
Rechtsverweigerung darstellt (BGE 127 II 161 E. 2c und 3b); entsprechende
Rügen erheben sie indessen nicht (BGE 127 II 161 E. 4 S. 167). Soweit sie zur
Begründung ihres Eventualantrags einwenden, sie verlören eine
Rechtsmittelinstanz, weil das Verwaltungsgericht nicht geprüft habe, ob sie
im Hinblick auf die Beziehung zu ihren volljährigen Kindern im Rahmen von
Art. 8 EMRK über einen Bewilligungsanspruch verfügten, verkennen sie, dass
die Vorinstanz die hierfür erforderliche Abhängigkeit von ihren Söhnen
verworfen und die Frage damit (zumindest) implizit verneint hat ("In
Mazedonien gibt es eine medizinische Grundversorgung und die gesundheitlichen
Probleme der Beschwerdeführer sind nicht derart, dass ein Verbleib in der
Schweiz zwingend indiziert wäre. Die Aufrechterhaltung des Kontakts mit den
Familienmitgliedern ist den Beschwerdeführern, die ja nicht aus der Schweiz
ausgewiesen werden, auch in Zukunft möglich"). Auf ihre Eingabe ist somit
weder als Verwaltungsgerichtsbeschwerde noch als staatsrechtliche Beschwerde
einzutreten.

3.
Gestützt auf die publizierte und allgemein zugängliche Rechtsprechung war die
Eingabe zum Vornherein aussichtslos, weshalb das Gesuch der Beschwerdeführer
um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung abzuweisen ist (vgl. Art.
152 OG); sie haben dementsprechend die Kosten für das bundesgerichtliche
Verfahren zu tragen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 und Art. 153a
OG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (vgl. Art. 159 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird den Beschwerdeführern unter
solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Departement für Justiz und
Sicherheit und dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau sowie dem Bundesamt
für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. Mai 2006

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: