Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.270/2006
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2A.270/2006 /vje

Urteil vom 19. Mai 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Merz.

X. ________, geb. 1974,
bei Y.________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Robert P. Gehring,

gegen

Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau, Regierungsgebäude,
8510 Frauenfeld,
Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau, Frauenfelderstrasse 16, 8570
Weinfelden.

Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Thurgau vom 1. März 2006.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die slowakische Staatsangehörige X.________ (geb. 1974) und der Schweizer
Staatsbürger Z.________ heirateten am 1. Dezember 2000. Hierauf erhielt
Erstere noch im selben Monat eine Jahresaufenthaltsbewilligung zum Verbleib
beim Ehegatten. Diese wurde zuletzt bis zum 30. November 2004 erteilt. Am 5.
Oktober 2004 verfügte das Ausländeramt des Kantons Thurgau, dass die
Bewilligung nicht verlängert werde und daher der Aufenthalt im Kanton bis zum
30. November 2004 aufzugeben sei. Die hiegegen auf kantonaler Ebene erhobenen
Rechtsmittel wiesen das Departement für Justiz und Sicherheit sowie
anschliessend das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau (am 28. April 2005
bzw. 1. März 2006) ab.
Mit Postaufgabe vom 15. Mai 2006 hat X.________ beim Bundesgericht
Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Sie beantragt, den Entscheid des
Verwaltungsgerichts vom 1. März 2006 sowie die Verfügung des Ausländeramts
vom 5. Oktober 2004 aufzuheben und ihr Gesuch um Verlängerung der am 30.
November 2004 abgelaufenen Jahresaufenthaltsbewilligung gutzuheissen.
Eventualiter sei das Verfahren zur Neuentscheidung an das Verwaltungsgericht
oder an das Ausländeramt zurückzuweisen.

2.
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet, soweit auf sie
einzutreten ist. Sie kann daher ohne Weiterungen im vereinfachten Verfahren
nach Art. 36a OG mit summarischer Begründung und unter Bezugnahme auf die
Ausführungen im angefochtenen Entscheid erledigt werden.

2.1 Die Beschwerdeführerin erhielt die Bewilligung nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1
ANAG (SR 142.20) als Ehegattin eines Schweizer Bürgers. Wie das
Verwaltungsgericht zutreffend festgehalten hat, steht einer Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung nach dieser Bestimmung das Rechtsmissbrauchsverbot
entgegen (vgl. hierzu BGE 130 II 113 E. 4.2 S. 117; 128 II 145 E. 2.1 S. 151;
127 II 49 E. 5a S. 56). Nachdem sich die Beziehung zu ihrem Ehemann seit
Anfang 2002 verschlechtert hatte, der gemeinsame Haushalt inzwischen
aufgelöst wurde und die Beschwerdeführerin seit Mai 2004 bei ihrem neuen
Partner lebt, hat sie spätestens seit Herbst 2004 ausgeschlossen, wieder mit
ihrem Ehemann zusammenzuleben. Sie will stattdessen - nach Auflösung der Ehe
- ihren neuen Partner (einen deutschen Staatsangehörigen mit
Niederlassungsbewilligung) heiraten.
Damit hat sie selber eingeräumt, dass die Ehe mit ihrem Schweizer Ehemann nur
noch formell und ohne Aussicht auf Wiederaufnahme einer ehelichen
Gemeinschaft besteht. Dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin die
Scheidungsklage im September 2004 eingereicht hat, kommt insofern keine
eigenständige Bedeutung mehr zu; somit kann die Beschwerdeführerin auch
nichts für sich daraus ableiten, dass sie auf angebliche Empfehlung der
Sachbearbeiterin des Ausländeramtes derart vorgegangen war. Diese konnte im
Übrigen auch nicht ahnen, dass sich der Ehemann der Scheidung widersetzen
würde.
Zwar hat die Beschwerdeführerin im November 2004 das Scheidungsbegehren
zurückgezogen, was ein Indiz für eine Versöhnung hätte sein können. Dieser
Rückzug geschah letztlich aber nur mit Blick auf das fremdenpolizeiliche
Verfahren und weil der Ehemann sich dem Scheidungsbegehren widersetzte und
dieses daher vor Ablauf der gesetzlichen Trennungsfrist ohnehin erfolglos
geblieben wäre.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist es unerheblich, dass die
Ehegemeinschaft mehr als ein Jahr gedauert hatte. Massgeblich ist hier
allein, dass die Ehe vor Ablauf der Fünfjahresfrist nach Art. 7 Abs. 1 Satz 2
ANAG nur noch formell bestanden hat. Unbehelflich ist ebenso der Hinweis der
Beschwerdeführerin auf eine angebliche Praxis des Kantons Zürich, derzufolge
ein selbständiger Bewilligungsanspruch bereits nach drei Ehejahren eingeräumt
wird (vgl. BGE 128 II 145 E. 3.5 S. 155; Urteil 2A.216/2000 vom 14. August
2000, E. 2c am Ende). Schliesslich kommt es hier auch nicht entscheidend auf
die Ursachen der Trennung bzw. Zerrüttung der Ehe an (BGE 130 II 113 E. 4.2
S. 117 mit Hinweisen).
Dieses Ergebnis mag zwar aus der Sicht der Beschwerdeführerin unbefriedigend
sein. Es darf jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, dass sie lediglich
aufgrund der Ehe mit dem Schweizer Ehemann einen Anwesenheitsanspruch in der
Schweiz hatte. Ein Bewilligungsanspruch aufgrund einer Eheschliessung mit dem
neuen Partner kommt so oder anders erst nach Scheidung der ersten Ehe in
Betracht.

2.2 Die von der Beschwerdeführerin angerufenen Bestimmungen der Verordnung
vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung der Zahl der Ausländer
(Begrenzungsverordnung, BVO; SR 823.21), insbesondere Art. 13 lit. f und Art.
36 BVO, verleihen kein Recht auf eine Anwesenheitsbewilligung in der Schweiz
(BGE 119 Ib 91 E. 1d und 2b/c S. 95 ff.; Urteil 2A.553/2004 vom 5. Januar
2005, E. 1.4, publ. in: Pra 2005 Nr. 130 S. 885). Mithin kann das
Bundesgericht gemäss Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG auf die Beschwerde in
diesem Punkt nicht eintreten.
Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin ist insoweit auch keine
formelle Rechtsverweigerung gegeben, als die Vorinstanz sehr wohl im Rahmen
der Ermessensausübung nach Art. 4 ANAG eine auf die Begrenzungsverordnung
gestützte Bewilligungserteilung geprüft hat. Fehl geht zudem die Rüge, die
Vorinstanz habe die Beschwerdeführerin und ihren aktuellen Lebensgefährten
nicht persönlich befragt. Im Wege antizipierter Beweiswürdigung (vgl. BGE 131
I 153 E. 3 S. 157; 124 I 208 E. 4a S. 211) durfte das Verwaltungsgericht
davon absehen, da alle entscheidwesentlichen Elemente bereits feststanden und
es das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführerin, welche im Übrigen
eine Mitwirkungspflicht traf (vgl. BGE 122 II 385 E. 4c/cc S. 394; 121 II 97
E. 1c S. 100), nicht in Zweifel gezogen hatte.

2.3 Soweit die Beschwerdeführerin schliesslich den Aufenthalt betreffende
Bestimmungen (namentlich Art. 2 und 24) des Anhangs I des Abkommens vom 21.
Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der
Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die
Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen, FZA; SR 0.142.112.681) anruft, ist ihr
zwar insoweit Recht zu geben, dass das am 26. Oktober 2004 unterzeichnete
Protokoll über die Ausdehnung des Freizügigkeitsabkommens auf die neuen
Mitgliedstaaten inzwischen (am 1. April 2006) in Kraft getreten ist (AS 2006
S. 979 ff.). Die für einen möglichen Anspruch nach diesem Abkommen zu
beurteilende Ausgangslage ist indes nicht dieselbe wie im vorliegenden
Verfahren. Abgesehen von der Identität der rechtsuchenden Person ist der der
Beurteilung nach Art. 2 und 24 FZA zugrunde zu legende Sachverhalt ein völlig
anderer. Somit muss die Beschwerdeführerin insoweit zunächst einen
entsprechenden Antrag bei den zuständigen erstinstanzlichen
Verwaltungsstellen einreichen und alsdann - falls erforderlich - den
gewöhnlichen Rechtsweg beschreiten, bevor sich das Bundesgericht damit
befassen kann (Art. 97 und 98 lit. g OG). Wohl hat das Bundesgericht mit
Blick auf Art. 37 der Verordnung vom 22. Mai 2002 über die Einführung des
freien Personenverkehrs (VEP; SR 142.203) in anderen bereits hängigen
Verfahren als erste Instanz die Anwendung des Freizügigkeitsabkommens erwogen
(vgl. BGE 129 II 249 E. 3.3 am Ende S. 258; 130 II 1 E. 3.1 S. 5; Urteile
2A.549/2002 vom 12. Februar 2002, E. 3.6; 2A.425/2003 vom 5. März 2004, E.
3.1). Dort war aber unter anderem der zu beurteilende Anspruchsgrund sowohl
nach dem nationalen als auch nach dem Freizügigkeitsabkommen der gleiche
(z.B. Familiennachzug). Ausserdem waren die betreffenden
Abkommensbestimmungen von Amtes wegen und nicht erst auf ein entsprechendes
Gesuch hin zu berücksichtigen.

3.
Da die Beschwerde nach dem Gesagten abzuweisen ist, soweit darauf eingetreten
werden kann, hat die Beschwerdeführerin die Kosten des bundesgerichtlichen
Verfahrens zu übernehmen (Art. 153, 153a und 156 OG). Parteientschädigungen
werden nicht geschuldet (Art. 159 OG). Mit dem Entscheid in der Hauptsache
erledigt sich auch das gestellte Gesuch um Erteilung der aufschiebenden
Wirkung.

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Departement für Justiz und
Sicherheit sowie dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt
für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. Mai 2006

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: