Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.1/2006
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2A.1/2006 /leb

Urteil vom 26. Januar 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiberin Dubs.

A. X.________,
Beschwerdeführerin,

gegen

Departement für Justiz und Sicherheit
des Kantons Thurgau, Regierungsgebäude,
8510 Frauenfeld,
Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau, Frauenfelderstrasse 16, 8570
Weinfelden.

Ausweisung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Thurgau vom

26. Oktober 2005.

Sachverhalt:

A.
A. X.________ (geb. 1979), kroatische Staatsangehörige, reiste am 14. Juli
1991 im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz ein. Sie erhielt in der
Folge die Niederlassungsbewilligung. Am 14. Januar 1999 heiratete sie
B.X.________, der ebenfalls über eine Niederlassungsbewilligung für den
Kanton Schaffhausen verfügte. Am **. ** 1999 wurde der gemeinsame Sohn
C.________ geboren.

Das Ausländeramt des Kantons Schaffhausen verwarnte die Eheleute X.________
(je einzeln) mit Verfügung vom 17. September 2001. Die Familie X.________ zog
Ende Juli 2002 ein erstes Mal aus dem Kanton Schaffhausen in den Kanton
Thurgau. Nachdem die Eheleute wegen Nichteinreichens der notwendigen
Unterlagen gebüsst werden mussten, wurde der Kantonswechsel mit Verfügung vom
26. November 2002 verweigert und die Familie aus dem Kanton weggewiesen. Am
**.** 2002 kam die Tochter D.________ zur Welt.

Im Juni 2003 zog die Familie X.________ wieder in den Kanton Schaffhausen
zurück, nach Y.________. Am 25. März 2004 meldete die Einwohnerkontrolle
Y.________ der Einwohnerkontrolle Z.________, die Familie sei Ende Februar
2004 nach Z.________ umgezogen. Trotz zweifacher Aufforderung meldete sich
das Ehepaar jedoch erneut nicht bei der Einwohnerkontrolle, weshalb es
verzeigt wurde. Eine erste Busse von Fr. 60.-- für jeden Ehegatten zeigte
keine Wirkung, weshalb das Bezirksamt Z.________ am 20. Dezember 2004 eine
weitere Busse in der Höhe von Fr. 200.-- auferlegte. Die Familie X.________
war inzwischen bereits in eine andere Gemeinde das Kantons Thurgau umgezogen,
worauf die Ehegatten erneut je mit einer Busse von Fr. 60.-- bestraft wurden,
weil keine Anmeldung innert der gesetzlichen Frist erfolgt war.

B.
Mit Verfügung vom 18. Dezember 2004 wies das Ausländeramt des Kantons Thurgau
die Eheleute X.________ für die Dauer von fünf Jahren aus der Schweiz aus. Es
stützte sich dafür auf die erwähnten Bussen, zahlreiche Betreibungen und
offene Verlustscheine in beträchtlicher Höhe sowie strafrechtliche
Verurteilungen der Ehegatten (wegen betreibungsrechtlicher Delikte,
mehrmaligen Fahrens ohne Haftpflichtversicherung und mehrmaligen Missbrauchs
von Ausweisen und Schildern).

C.
Gegen den Entscheid des Ausländeramtes erhob das Ehepaar X.________ im Januar
2005 Rekurs beim Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau.
Gemäss Polizeirapport vom 15. März 2005 beging A.X.________ während dem
hängigen Rekursverfahren zweimal Hausfriedensbruch. Ein weiterer
Polizeirapport vom 13. Mai 2005 betrifft die Befragung von A.X.________ zum
Verdacht der Urkundenfälschung, wobei sie ein Geständnis ablegte. Mit
Entscheid vom 8. August 2005 wies das Departement den Rekurs ab. Im gleichen
Monat machte sich A.X.________ der Irreführung der Rechtspflege und der
Begünstigung schuldig.

Gegen den Rekursentscheid beschwerte sich A.X.________ auch im Namen ihrer
Kinder erfolglos beim Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau. Während dem
verwaltungsgerichtlichen Verfahren wurde die Ehe X.________ rechtskräftig
geschieden.

D.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 3. Januar 2006 beantragt A.X.________,
den Entscheid des Departements für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau
vom 26. Oktober 2005 (versandt am 1. Dezember 2005) aufzuheben und ihr und
den beiden Kindern die Aufenthaltsbewilligung zu erteilen.

Das Bundesgericht hat die Akten des Verwaltungsgerichts, jedoch keine
Vernehmlassungen eingeholt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Gegen die sich auf Art. 10 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über
Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) stützende
Ausweisungsverfügung ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (Art. 100
Abs. 1 lit. b Ziff. 4 e contrario; BGE 114 Ib 1 E. 1a S. 2).

1.2 Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist einzig die Ausweisung. Soweit
die Beschwerdeführerin für sich und ihre Kinder die Erteilung einer
Aufenthaltsbewilligung verlangt, kann daher auf die Beschwerde nicht
eingetreten werden.

1.3 Hat - wie hier - eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden, so
ist deren Sachverhaltsfeststellung für das Bundesgericht verbindlich, sofern
diese nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung
wesentlicher Verfahrensgarantien erfolgt ist (Art. 105 Abs. 2 OG). Damit ist
die Möglichkeit, vor Bundesgericht neue Tatsachen vorzubringen und
Beweismittel einzureichen, weitgehend eingeschränkt. Das Bundesgericht lässt
nur solche neuen Tatsachen und Beweismittel zu, welche die Vorinstanz von
Amtes wegen hätte berücksichtigen müssen und deren Nichtbeachtung eine
Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften darstellt (BGE 128 II 145 E.
1.2.1 S. 150 mit Hinweisen).

2.
2.1 Nach Art. 10 Abs. 1 ANAG kann ein Ausländer insbesondere ausgewiesen
werden, wenn er wegen eines Verbrechens oder Vergehens gerichtlich bestraft
wurde (lit. a) oder wenn sein Verhalten im Allgemeinen und seine Handlungen
darauf schliessen lassen, dass er nicht gewillt oder nicht fähig ist, sich in
die im Gaststaat geltende Ordnung einzufügen (lit. b).

2.2 Die Beschwerdeführerin ist zu einer Gefängnisstrafe von 18 Tagen
verurteilt worden. Der Ausweisungsgrund der gerichtlichen Bestrafung gemäss
Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG ist damit grundsätzlich erfüllt.

Was den Ausweisungsgrund von Art. 10 Abs. 1 lit. b ANAG betrifft, ist dieser
gemäss Art. 16 Abs. 2 der Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949 zum
Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAV; SR
142.201) namentlich gegeben bei schweren oder wiederholten Verstössen gegen
gesetzliche Vorschriften oder behördliche Verfügungen, bei fortgesetzter
böswilliger oder liederlicher Nichterfüllung der öffentlichrechtlichen oder
privatrechtlichen Verpflichtungen sowie bei sonstiger fortgesetzter
Liederlichkeit oder Arbeitsscheu.

Die Beschwerdeführerin beachtete weder Bussenverfügungen, noch amtliche
Aufforderungen, noch fremdenpolizeiliche Verfügungen. Sowohl im Kanton
Schaffhausen als auch im Kanton Thurgau hat die Beschwerdeführerin dauernd zu
Klagen Anlass gegeben. Aus ihrem gesamten Verhalten geht klar hervor, dass
sie nicht gewillt oder nicht fähig ist, sich in die hiesige Ordnung
einzufügen. Auch dieser Ausweisungsgrund ist demnach gegeben. Im Weiteren
besteht angesichts der fortgesetzten Missachtung von Vorschriften und
Verpflichtungen ein erhebliches öffentliches Interesse an der Ausweisung der
Beschwerdeführerin.

3.
3.1 Sind die Ausweisungsgründe von Art. 10 Abs. 1 lit. a und b ANAG erfüllt,
bleibt zu prüfen, ob die Ausweisung "angemessen", d.h. verhältnismässig
erscheint (Art. 11 Abs. 3 ANAG; vgl. BGE 125 II 521 E. 2b S. 524).

3.2 Bereits im September 2001 ist die Beschwerdeführerin verwarnt worden und
ist ihr bei Fortsetzung ihres liederlichen Verhaltens die Ausweisung
angedroht worden. Seither wurde sie mit Bussen, Haft und Gefängnis bestraft.
Sie hat hohe Schulden und wurde wiederholt erfolglos betrieben, weshalb
offene Verlustscheine in Höhe von insgesamt nahezu Fr. 70'000.-- vorliegen.
Dass dafür allein der inzwischen von ihr geschiedene Ehemann verantwortlich
wäre, wie die Beschwerdeführerin zu ihrer Entlastung geltend macht, trifft
nicht zu. Sie selber hat sich ebenfalls fortgesetzter liederlicher
Nichterfüllung öffentlich- und privatrechtlicher Verpflichtungen schuldig
gemacht sowie gegen gesetzliche Vorschriften verstossen. Selbst nach der
Trennung von ihrem Ehemann hat sie im Übrigen ihr Verhalten nicht geändert,
was ihre Unbelehrbarkeit zeigt. Ergänzend kann auf die Ausführungen im
angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Art. 36a Abs. 3 OG).

3.3 Die Beschwerdeführerin ist vor 14 ½ Jahren im Alter von etwas über elf
Jahren in die Schweiz eingereist. Aufgrund der relativ langen
Aufenthaltsdauer in der Schweiz dürfte es ihr zwar nicht leicht fallen, nach
Kroatien zurückzukehren. Andererseits hat sie ihre Kindheit in der Heimat
verbracht. Trotz langjährigem Aufenthalt ist die Beschwerdeführerin weder
beruflich noch sozial in der Schweiz integriert. Finanziell ist sie auf die
Alimentenzahlungen des geschiedenen Ehemannes angewiesen, der ebenfalls aus
der Schweiz ausgewiesen wurde und sich bereits nicht mehr hier aufhält. Damit
besteht zudem Gefahr, dass sie zukünftig fortgesetzt und in erheblichem Masse
der öffentlichen Wohltätigkeit zur Last fallen wird. Die beiden Kinder sind
noch in einem anpassungsfähigen Alter. Da ihr Vater die Schweiz verlassen
musste, wird ihre Beziehung zu diesem nicht beeinträchtigt, wenn sie mit
ihrer Mutter ins Heimatland ausreisen müssen. Dass es den Kindern angeblich
besser geht, wenn sie den Vater nicht sehen, kann nicht dazu führen, von
einer Ausweisung der Kindsmutter abzusehen. Im Übrigen bringt die
Beschwerdeführerin selber vor, der Vater der Kinder sei gar nicht nach
Kroatien, sondern nach Bosnien ausgereist. Erstmals macht die
Beschwerdeführerin geltend, sie befürchte, der ehemalige Ehemann könnte ihr
gegenüber geäusserte Drohungen wahr machen, wenn sie nach Kroatien
ausgewiesen werde. Abgesehen davon, dass sie dazu keine näheren Angaben
macht, ist dieses Vorbringen neu und daher unbeachtlich (vgl. E. 1.3).
3.4 Zusammenfassend ergibt sich, dass die öffentlichen Interessen an der
Ausweisung der Beschwerdeführerin deren private Interessen am weiteren
Verbleib in der Schweiz überwiegen. Ergänzend kann auf die Ausführungen im
angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Art. 36 Abs. 3 OG).

3.5 Die Beschwerdeführerin kann auch aus dem in Art. 8 Ziff. 1 EMRK
verankerten Anspruch auf Achtung des Familien- und Privatlebens nichts zu
ihren Gunsten ableiten. Die Beziehungen der Beschwerdeführerin zu ihren
übrigen Familienangehörigen fallen, da sie volljährig und nicht in besonderer
Weise von ihnen abhängig ist, nicht (mehr) in den Schutzbereich dieser
Garantie (vgl. BGE 120 Ib 257 E. 1d S. 261 f.; Urteil 2A.742/2004 vom 30.
Dezember 2004 E. 2.3; vgl. Urteil des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte i.S. Slivenko c. Lettland vom 9. Oktober 2003 [Nr. 48321/99],
Rz. 97)

4.
4.1 Nach dem Gesagten erweist sich die Ausweisung als rechtmässig und der
angefochtene Entscheid damit als bundesrechtskonform. Die offensichtlich
unbegründete Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist im vereinfachten Verfahren
nach Art. 36a OG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.

4.2 Bei diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153
OG). Bei der Festsetzung der Gerichtsgebühr wird der finanziellen Lage der
Beschwerdeführerin Rechnung getragen (Art. 153a OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Departement für Justiz und
Sicherheit und dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau sowie dem Bundesamt
für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. Januar 2006

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: