Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.19/2006
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2006
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2006


{T 0/2}
2A.19/2006/ast

Urteil vom 24. Mai 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Hungerbühler,
Wurzburger, Müller,
Gerichtsschreiber Hatzinger.

X. ________ AG,
Beschwerdeführerin,

gegen

seco, Staatssekretariat für Wirtschaft,
Effingerstrasse 1, 3003 Bern,
Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Bundeshaus Ost, 3003 Bern,
Y.________ GmbH.

Beschwerdelegitimation; Anerkennung als Inspektionsstelle,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Eidgenössischen
Volkswirtschaftsdepartements
vom 30. November 2005.

Sachverhalt:

A.
Die X.________ AG ist Inspektionsstelle für Schausteller und Zirkusbetreiber.
Am 10. November 2004 anerkannte das seco, Staatssekretariat für Wirtschaft,
die Y.________ GmbH, Deutschland, als weitere Inspektionsstelle in der
Schweiz.

B.
Hiergegen führte die X.________ AG Beschwerde beim Eidgenössischen
Volkswirtschaftsdepartement. Dieses trat am 30. November 2005 wegen fehlender
Beschwerdelegitimation auf das Rechtsmittel nicht ein.

C.
Gegen diesen Beschwerdeentscheid hat die X.________ AG am 13. Januar 2006
beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Sie beantragt,
den Entscheid des Departements und denjenigen des seco aufzuheben sowie ihre
Beschwerdelegitimation festzustellen; eventuell sei die Sache zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Das Departement und das seco beantragen, die Beschwerde abzuweisen und den
Entscheid vom 30. November 2005 zu bestätigen. Die Y.________ GmbH sieht sich
nicht als Partei an und hat keinen Antrag gestellt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Die Regelung betreffend Inspektionsstellen für Schausteller und
Zirkusbetreiber gehört zum öffentlichen Recht des Bundes. Da kein
Ausschlussgrund nach Art. 99 bis 102 OG vorliegt, unterläge ein Sachentscheid
des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht (Art. 97 und 98 lit. b OG
i.V.m. Art. 5 VwVG). Damit ist die Beschwerdeführerin ohne weiteres befugt,
mit diesem Rechtsmittel den vorinstanzlichen Nichteintretensentscheid wegen
der behaupteten unrichtigen Handhabung der bundesrechtlichen
Legitimationsregeln anzufechten (vgl. BGE 131 II 753 nicht publ. E. 2; 497 E.
1 S. 500 mit Hinweisen; siehe auch Urteile 2A.335/2005 und 2A.359/2005, je
vom 14. November 2005, E. 1 bzw. 1.1). Die fristgerecht eingereichte
Beschwerde (Art. 106 Abs. 1 i.V.m. Art. 34 Abs. 1 lit. c OG) ist
grundsätzlich zulässig.

1.2 Gegenstand des Verfahrens kann aber allein die Frage bilden, ob das
Departement die Legitimation der Beschwerdeführerin zu Recht verneint hat.
Soweit diese beantragt, auch den Anerkennungsentscheid des seco aufzuheben,
ist daher auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht einzutreten. Keine
selbständige Bedeutung kommt sodann dem Feststellungsantrag zu: Bei einer
Gutheissung der Beschwerde würde der vorinstanzliche Entscheid aufgehoben und
die Sache zur Neubeurteilung zurückgewiesen, ohne dass die
Beschwerdelegitimation ausdrücklich festzustellen wäre, weshalb es an einem
entsprechenden Feststellungsinteresse fehlt.

1.3 Streitig ist, ob die Beschwerdeführerin zur Beschwerde gegen die
Anerkennung der Y.________ GmbH als weitere Inspektionsstelle legitimiert
ist. Diese Frage beurteilt sich nach Art. 48 lit. a VwVG, der gemäss
konstanter Rechtsprechung gleich auszulegen ist wie Art. 103 lit. a OG (vgl.
BGE 131 II 587 E. 2 S. 588; Urteil 2A.359/2005 vom 14. November 2005, E. 2.2;
siehe auch BGE 119 Ib 56 E. 2a S. 59; Urteil 2A.175/1993 vom 15. September
1993, E. 2d).

2.
2.1 Zur (Verwaltungsgerichts-)Beschwerde ist berechtigt, wer durch die
angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren
Aufhebung oder Änderung hat (Art. 103 lit. a OG bzw. Art. 48 lit. a VwVG).
Als schutzwürdig gilt jedes praktische oder rechtliche Interesse, das eine
von der Verfügung betroffene Person geltend machen kann; es braucht mit dem
Interesse, das durch die als verletzt bezeichnete Norm geschützt wird, nicht
übereinzustimmen. Immerhin muss der Beschwerdeführer durch den angefochtenen
Entscheid stärker als jedermann betroffen sein und in einer besonderen,
beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache stehen. Das schutzwürdige
Interesse besteht damit im Umstand, einen materiellen oder ideellen Nachteil
zu vermeiden, den der angefochtene Entscheid mit sich bringen würde. Diese
Anforderungen sind besonders bedeutend bei der Beschwerde eines Dritten, der
nicht Verfügungsadressat ist (BGE 131 II 587 E. 2.1 S. 588 f.; 123 II 376 E.
2 S. 378; RtiD 2004 I Nr. 11 S. 35, 2P.35/2003, E. 8.3; Urteil 2A.359/2005
vom 14. Novem-ber 2005, E. 2.5, je mit Hinweisen).

2.2 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 127 II 264 E. 2c S.
269; 125 I 7 E. 3d und e S. 9 f.; 109 Ib 198 E. 4d S. 201 f.; RDAT 2001 II
Nr. 66 S. 263, 1A.71/2000, E. 3a und b; 2000 I Nr. 58 S. 513, 2A.504/1998, E.
2b; Urteil 1A.253/2005 vom 17. Februar 2006, E. 2.1.1, je mit Hinweisen) sind
Konkurrenten eines Bewilligungsempfängers nicht schon aufgrund der blossen
Befürchtung, einer verstärkten Konkurrenz ausgesetzt zu sein, zur Beschwerde
legitimiert. Erforderlich ist vielmehr eine spezifische Beziehungsnähe, die
von der einschlägigen gesetzlichen Ordnung erfasst wird. So kann ein
schutzwürdiges Interesse für Konkurrenten in Wirtschaftszweigen vorliegen,
die durch wirtschaftspolitische oder sonstige spezielle Regelungen (z.B.
Kontingentierung) in eine solche besondere Beziehungsnähe untereinander
versetzt werden (vgl. auch BGE 123 II 376 E. 5b/aa S. 382; 113 Ib 97 E. 1b
S. 100; RtiD 2004 I Nr. 11 S. 35, 2P.35/2003, E. 8.4; ZBl 101/2000 S. 533,
2P.195/1998, E. 4; Urteil 1A.253/2005 vom 17. Februar 2006, E. 2.1.1, je mit
Hinweisen; Paul Richli, "Ratio legis" und Konkurrentenbeschwerde, in: Die
Bedeutung der "Ratio legis", Basel etc. 2001, S. 47 f.). Das ist
beispielsweise im Lotteriewesen der Fall, weil die Erteilung einer
Lotteriebewilligung von einer gewissen Bedürfnisprüfung abhängt und die
kantonale Behörde konkurrierende Gesuche gegeneinander abwägen kann (vgl. BGE
127 II 264 E. 2 S. 271). Schliesslich ist ein Konkurrent zur Beschwerde
legitimiert, soweit er geltend macht, andere Konkurrenten würden privilegiert
behandelt.

3.
3.1 Die Beschwerdeführerin ist im Sinne von Art. 22 und 23 der Verordnung vom
4. September 2002 über das Gewerbe der Reisenden (SR 943.11; nachfolgend:
Verordnung) Inspektionsstelle für Schausteller und Zirkusbetreiber. Diese
brauchen für das Betreiben ihrer Anlagen eine kantonale Bewilligung (Art. 2
Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes vom 23. März 2001 über das Gewerbe der
Reisenden [SR 943.1]; nachfolgend: Gesetz; Art. 19 und 20 Abs. 1 der
Verordnung). Sie wird den Unternehmen erteilt, wenn unter anderem die
Sicherheit der von ihnen betriebenen Anlagen gewährleistet ist (Art. 5 Abs. 1
lit. b des Gesetzes). Die entsprechende Prüfung erfolgt durch eine
Inspektionsstelle (Art. 21 Abs. 1 der Verordnung).

3.2
3.2.1 Im vorliegenden Fall fehlt es an einer Regelung, welche die
Inspektionsstellen in ein gewisses Ausschliesslichkeitsverhältnis zueinander
rückt (vgl. E. 2.2). Art. 22 Abs. 1 der Verordnung regelt die Anforderungen
an die Inspektionsstelle: Diese muss bei der Schweizerischen
Akkreditierungsstelle (SAS) nach der Akkreditierungs- und
Bezeichnungsverordnung vom 17. Juni 1996 (SR 946.512) akkreditiert (lit. a),
von der Schweiz im Rahmen eines internationalen Abkommens anerkannt (lit. b)
oder durch das Bundesrecht anderweitig ermächtigt oder anerkannt sein (lit.
c). Nach Art. 22 Abs. 2 "anerkennt" das seco im Einvernehmen mit der SAS
ausländische Inspektionsstellen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen,
wenn sie glaubhaft dartun, dass die angewandten Prüfverfahren den
schweizerischen Anforderungen genügen (lit. a) und die ausländische Stelle
über eine Qualifikation verfügt, die der in der Schweiz geforderten
gleichwertig ist (lit. b).

3.2.2 Die Vorinstanz legt unwidersprochen dar, dass mit Art. 22 Abs. 2 der
Verordnung und anderen damit zusammenhängenden Vorschriften (vgl. insbes.
Art. 18 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1995 über die technischen
Handelshemmnisse [THG; SR 946.51] betreffend ausländische Prüfstellen) der
wirtschaftliche Wettbewerb intensiviert werden soll. Unter diesen Umständen
wurde der Beschwerdeführerin, die sich dagegen wehrt, dass ihr bei der
Sicherheitsüberprüfung von Schaustellern und Zirkusbetreibern weitere
Konkurrenz erwächst, die Beschwerdelegitimation zu Recht abgesprochen (vgl.
BGE 127 II 264 E. 2h S. 271). Zwar ist einzuräumen, dass das Bundesgericht in
BGE 99 Ib 104 ff. die Legitimation einer Bank-Revisionsstelle bejaht hat,
gegen die Zulassung eines Konkurrenten als Revisionsstelle Beschwerde zu
führen. Dieses Urteil ist indessen mit der dargelegten Rechtsprechung nicht
ohne weiteres vereinbar und kann nicht als wegleitend betrachtet werden.

3.3 In BGE 127 II 264 ff. wurde die Legitimation des Konkurrenten
vorbehalten, soweit er geltend macht, andere Konkurrenten würden privilegiert
behandelt, was hier von der Beschwerdeführerin denn auch behauptet wird. Die
angebliche Besserstellung des Konkurrenten beruht im vorliegenden Fall aber
auf der gesetzlichen bzw. verordnungsmässigen Ordnung; diese sieht vor, dass
die ausländischen Inspektionsstellen anerkannt werden, selbst wenn sie die
für inländische Stellen geltenden Voraussetzungen (z.B. Akkreditierung bei
der schweizerischen Akkreditierungsstelle) nicht erfüllen, sofern die
Gleichwertigkeit mit den schweizerischen Anforderungen glaubhaft gemacht wird
(Art. 22 Abs. 2 der Verordnung). Die Beschwerdeführerin macht nicht geltend,
dass die Verordnung als solche insoweit den Rahmen der Kompetenzen, die dem
Bundesrat im Gesetz delegiert worden sind, offensichtlich sprengt oder aus
anderen Gründen gesetz- oder verfassungswidrig ist (vgl. BGE 131 II 735 E.
4.1 S. 740 mit Hinweis). Zur Beschwerde gegen die Anwendung der betreffenden
Bestimmung, die den Kreis der zugelassenen Inspektionsstellen nicht
beschränkt, sondern im Gegenteil erweitert, ist aber der Konkurrent aus den
dargelegten Gründen nicht legitimiert. Aus den von der Beschwerdeführerin
zitierten Entscheiden (BGE 123 II 16 E. 10 S. 35 f.; 121 I 279 E. 4a S. 285,
129 E. 3c S. 132 ff., je betreffend Gleichbehandlung der Gewerbegenossen)
ergibt sich nichts anderes, zumal sie nicht geltend macht, es werde der
Konkurrentin etwas erlaubt, was ihr verwehrt wäre (vgl. dazu auch BGE 125 I 7
E. 3g/cc S. 12; 123 I 279 E. 3d S. 281 f.; Urteil 2P.354/1993 vom 26. Oktober
1994, E. 1d).

3.4 Würde die Legitimation der Beschwerdeführerin bejaht, müssten
beispielsweise auch Ärzte oder Rechtsanwälte zur Beschwerde gegen die
Zulassung von Kollegen oder gegen die Anerkennung ausländischer
Fähigkeitsausweise berechtigt sein, was bisher nicht angenommen worden ist
und im Übrigen zu grossen praktischen Schwierigkeiten führen müsste. So wären
die Konkurrenten wohl schon im Verfügungsverfahren als Partei mit
entsprechenden Rechten zu behandeln (vgl. Art. 6 VwVG für das
bundesverwaltungsrechtliche Verfahren). Es sei auch auf Art. 6 Abs. 4 des
Bundesgesetzes vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und
Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA; SR 935.61) hingewiesen, wonach das
Beschwerderecht gegen Eintragungen ins kantonale Anwaltsregister ausdrücklich
auch dem Anwaltsverband des betroffenen Kantons zusteht (vgl. auch BGE 130 II
87 E. 1 S. 90; Urteil 2A.101/2003 vom 13. Dezember 2003, E. 1); das setzt
voraus, dass der einzelne Anwalt nach den allgemeinen Regeln nicht
beschwerdelegitimiert ist.

4.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden kann. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Kosten
der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 i.V.m.
Art. 153 und 153a OG). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen (vgl.
Art. 159 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Y.________ GmbH, dem seco,
Staatssekretariat für Wirtschaft und dem Eidgenössischen
Volkswirtschaftsdepartement schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. Mai 2006

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: