Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.170/2006
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2A.170/2006 /leb

Urteil vom 8. Mai 2006
II.  ffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Pr sident,
Bundesrichter Wurzburger, M ller,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

1. A.________,
2.B.________,
3.C.________,
Beschwerdef hrer, alle vertreten durch Advokaten
Dr. Bernhard Heusler und Claudius Gelzer,

gegen

Eidgen ssische Bankenkommission, Amtshilfekammer, Postfach, 3001 Bern.

Internationale Amtshilfe f r die Bundesanstalt f r
Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im Fall Walter AG,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Verf gung der Eidgen ssischen
Bankenkommission vom 13. M rz 2006.

Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erw gung:

1.
1.1 Am 20. April 2005 ver ffentlichte die in Deutschland b rsenkotierte
Walter AG eine Ad-hoc-Mitteilung, wonach ihre Hauptaktion rin, die Sandvik
Holding GmbH, im Rahmen eines Auskaufs ("Squeeze out") bereit sei, den
Minderheitsaktion ren eine Barabfindung von EUR 75.50 pro Titel zu bezahlen;
bis zu diesem Zeitpunkt war lediglich bekannt geworden, dass es zu einem
"Squeeze Out" kommen k nnte, indessen nicht zu welchen Bedingungen. Die
X.________ Bank (Schweiz) hat im Vorfeld dieser Mitteilung 1'050 Titel der
Walter AG zu EUR 55.00 gekauft. Am 21. November 2005 ersuchte die deutsche
Bundesanstalt f r Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Eidgen ssische
Bankenkommission (EBK) im Zusammenhang hiermit wegen eines allf lligen
Insiderhandels um Amtshilfe (vgl. Art. 38 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 24.
M rz 1995  ber die B rsen und den Effektenhandel; B rsengesetz, BEHG; SR
951.1).
1.2 Am 13. M rz 2006 verf gte die Bankenkommission, dass dem Gesuch
entsprochen und der BaFin mitgeteilt werde, dass es sich bei den Kunden, die
am 18. April 2005 900 Titel, am 19. April 2005 100 Titel und am 20. April
2005 50 Titel  ber die X.________ Bank (Schweiz) kauften, um die deutschen
Staatsb rger A.________, B.________ und C.________ handle (Ziff. 1a des
Dispositivs). Die Konteninhaber h tten bereits 2003 insgesamt 800 Titel der
Walter AG gekauft und im Jahr 2004 deren 400 verkauft (Ziff. 1b des
Dispositivs); nach dem 20. April 2005 sei es zu keinen weiteren Transaktionen
mehr gekommen (Ziff. 1c des Dispositivs). Die Bankenkommission wies die
Bundesanstalt darauf hin, dass die  bermittelten Informationen und Dokumente
ausschliesslich zur direkten Beaufsichtigung der B rsen und des
Effektenhandels verwendet bzw. nur zu diesem Zweck an andere Beh rden,
Gerichte oder Organe weitergeleitet werden d rften (Ziff. 2 des Dispositivs).
Jegliche Verwendung oder Weiterleitung der  bermittelten Informationen zu
einem anderen Zweck als die Durchsetzung von Regulierungen  ber B rsen,
Effektenhandel und Effektenh ndler setze ihre vorg ngig einzuholende
Zustimmung voraus (Ziff. 3 des Dispositivs).

1.3 A.________, B.________ und C.________ haben hiergegen am 24. M rz 2006
beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Sie beantragen,
den Entscheid der Bankenkommission insofern aufzuheben, als der BaFin
mitgeteilt werden soll, dass sie im Jahr 2003 insgesamt 800 Titel der Walter
AG gekauft und im Jahr darauf deren 400 verkauft h tten (Ziff. 1b des
Dispositivs); eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz
zur ckzuweisen. Die Bankenkommission beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
Mit Verf gung vom 28. April 2006 hat der Abteilungspr sident dieser
antragsgem ss aufschiebende Wirkung beigelegt.

2.
Die Eingabe ist offensichtlich unbegr ndet und kann im vereinfachten
Verfahren nach Art. 36a OG erledigt werden:
2.1
2.1.1 Nach der seit dem 1. Februar 2006 in Kraft stehenden Fassung von Art. 38
BEHG (vom 7. Oktober 2005; AS 2006 S. 197), die als neue Verfahrensbestimmung
im Zeitpunkt der angefochtenen Verf gung Anwendung fand (vgl. Urteil
2A.213/1998 vom 29. Oktober 1998, E. 5b, in: EBK-Bulletin 37/1999, S. 21
ff.), darf die Bankenkommission ausl ndischen Finanzmarktaufsichtsbeh rden
nicht  ffentlich zug ngliche Ausk nfte und sachbezogene Unterlagen
 bermitteln, sofern die Informationen ausschliesslich zur Durchsetzung von
Regulierungen  ber B rsen, Effektenhandel und Effektenh ndler verwendet oder
zu diesem Zweck an andere Beh rden, Gerichte oder Organe weitergeleitet
werden (Abs. 2 lit. a). Die ersuchenden Beh rden m ssen an ein Amts- und
Berufsgeheimnis gebunden sein, wobei Vorschriften  ber die  ffentlichkeit von
Verfahren und die Orientierung der  ffentlichkeit  ber solche vorbehalten
bleiben (Abs. 2 lit. b).

2.1.2 Die neue Regelung unterscheidet sich von der bisherigen im Wesentlichen
dadurch, dass das Vertraulichkeitsprinzip nur noch abgeschw cht gilt (vgl.
BBl 2004 S. 6754 u. 6765; Philippe Jacquemoud, Revision der internationalen
Amtshilfe gem ss dem Gesetz  ber die B rsen und den Effektenhandel [BEHG],
in: SZW 2005 S. 221 ff., dort S. 232; Bovet/Richa, R gles de conduite, audit,
entraide et autres d veloppements de la surveillance bancaire et financi re,
in: Th venoz/Bovet [Hrsg.], Journ e 2005 de droit bancaire et financier,
Z rich/Basel 2006, S. 135 ff., dort S. S.149); zudem entfallen im Rahmen des
Spezialit tsgrundsatzes das Prinzip der langen Hand sowie das Verbot der
Weiterleitung an Strafverfolgungsbeh rden bzw. der in diesem Zusammenhang
bisher n tige Zusatzverdacht und das Erfordernis der doppelten Strafbarkeit
(vgl. BBl 2004 S. 6764; Jacquemoud, a.a.O., S. 231; Bovet/Richa, a.a.O., S.
148 f.).

2.1.3 Im  brigen gelten die bisherige Regelung und Rechtsprechung fort,
insbesondere soweit Informationen unter Durchbrechung des
Spezialit tsgrundsatzes weitergegeben werden sollen: In diesem Fall muss die
Bankenkommission im Einvernehmen mit dem Bundesamt f r Justiz die Zustellung
an die Strafbeh rden vorg ngig genehmigen; dabei hat sie die
Rechtshilfevoraussetzungen und insbesondere das Erfordernis der doppelten
Strafbarkeit zu beachten (Art. 38 Abs. 6 BEHG in der Fassung vom 7. Oktober
2005; BBl 2004 S. 6764 f.; Bovet/Richa, a.a.O., S. 149).

2.2
Zu Recht bestreiten die Beschwerdef hrer die Zul ssigkeit der Amtshilfe in
ihrem Fall grunds tzlich nicht:
2.2.1 Die deutsche Bundesanstalt f r Finanzdienstleistungsaufsicht ist eine
ausl ndische Finanzmarktaufsichtsbeh rde, welcher die Bankenkommission
Amtshilfe leisten kann (Urteil 2A.50/2005 vom 16. M rz 2005, E. 2.1, mit
zahlreichen Hinweisen). Sie hat zugesichert, die  bermittelten Angaben nur im
Zusammenhang mit den in ihrem Gesuch genannten Vorkommnissen und
ausschliesslich zur  berwachung des Effektenhandels zu verwenden. Der
angefochtene Entscheid enth lt diesbez glich die zum Schutz des
Spezialit tsprinzips erforderlichen Vorbehalte (Ziff. 2 und 3 des
Dispositivs). Bis zum Beweis des Gegenteils darf davon ausgegangen werden,
dass sich die BaFin im Interesse einer funktionierenden Zusammenarbeit hieran
halten und falls n tig die bereits bisher in Aussicht gestellten "best
efforts"  ben wird (Urteile 2A.50/2005 vom 16. M rz 2005, E. 2.1; BGE 127 II
142 E. 6b S. 147 f.).
2.2.2 Die Beschwerdef hrer haben kurz vor der Bekanntgabe einer
kursrelevanten Information bei erh hten Kursen und Handelsvolumen  ber die
X.________ Bank (Schweiz) 1'050 Aktien der Walter AG gekauft, was
praxisgem ss als Anfangsverdacht gen gt (BGE 129 II 484 E. 4.2 S. 495; 126 II
409 E. 5b/aa S. 414, 126 E. 6a/bb S. 137). Sie machen nicht geltend, mit den
umstrittenen Gesch ften etwa wegen eines umfassenden
Verm gensverwaltungsauftrags offensichtlich und unzweideutig nichts zu tun zu
haben (vgl. BGE 127 II 323 E. 6b/aa S. 332 f.; Urteil 2A.519/2003 vom 5.
Dezember 2003, E. 2.1; in: EBK-Bulletin 46/2004 S. 147 ff.). Ob die
Beschwerdef hrer tats chlich von Insiderinformationen profitiert haben,
bildet nicht Gegenstand des Amtshilfeverfahrens (BGE 128 II 407 E. 5.2.3 S.
419). Es wird an der Bundesanstalt liegen, abzukl ren, ob b rsenrechtliche
Bestimmungen verletzt worden sind und Anlass besteht, im Rahmen des
Spezialit tsprinzips die Informationen allenfalls an andere Beh rden
weiterzuleiten (BGE 128 II 407 E. 5.2.3 S. 419 mit Hinweisen).

2.2.3 Nachdem es sich bei der Bankbeziehung, in deren Rahmen die umstrittenen
Transaktionen abgewickelt wurden, um ein Gemeinschaftskonto handelt, k nnen
B.________ und C.________ nicht als unbeteiligte Dritte im Sinne von Art. 38
Abs. 4 BEHG (Fassung vom 7. Oktober 2005) gelten (BGE 126 II 126 E. 6a/bb S.
137, 409 E. 5b/bb S. 415), selbst wenn am Konto allein A.________
wirtschaftlich berechtigt sein sollte; auch ihre Personalien d rfen deshalb
gegen ber der BaFin offen gelegt werden.

2.3
Die Beschwerdef hrer kritisieren, die angefochtene Verf gung sei
unverh ltnism ssig, soweit der Bundesanstalt f r
Finanzdienstleistungsaufsicht mitgeteilt werden soll, dass sie bereits im
Jahr 2003 insgesamt 800 Titel der Walter AG gekauft und im Jahr darauf deren
400 verkauft h tten; die Amtshilfe gehe insofern  ber das Ersuchen hinaus.
Der Einwand  berzeugt nicht:
2.3.1 Nach Art. 38 Abs. 4 BEHG (in der Fassung vom 7. Oktober 2005) hat die
Aufsichtsbeh rde bei ihrem Entscheid den Grundsatz der Verh ltnism ssigkeit
zu beachten; mit der entsprechenden Regelung wurde diesbez glich die
bestehende "differenzierte bundesgerichtliche Praxis" in das neue Recht
 bernommen (BBl 2004 S. 6766). Danach konnte die Bankenkommission bereits
bisher ein Ersuchen spontan mit ihr aufsichtsrechtlich sinnvoll erscheinenden
Ausk nfte erg nzen, soweit diese f r das ausl ndische Verfahren dienlich
erschienen und damit in einem sachlichen Zusammenhang standen (BGE 126 II 409
E. 6c/aa S. 421; 125 II 65 E. 7 S. 74; Urteile 2A.567/2001 vom 15. April
2002, E. 7; 2A.162/2001 vom 10. Juli 2001, E. 4c, in: EBK-Bulletin 42/2002 S.
97 ff.; 2A.324/2004 vom 24. Juni 2004, E. 2.5). Vorliegend beziehen sich die
umstrittenen zus tzlichen Ausk nfte ausschliesslich auf die zur Diskussion
stehenden Aktien der Walter AG; dass die Beschwerdef hrer bereits in den
Jahren 2003 und 2004 gewisse Transaktionen in diesem Titel get tigt haben,
l sst R ckschl sse auf ihr Anlegerprofil zu und kann damit den deutschen
(Vor-)Abkl rungen dienen; die  bermittlung (auch) dieser Informationen ist
deshalb nicht zu beanstanden. Ein Anfangsverdacht war diesbez glich nicht
erforderlich, da es dabei nur darum geht, der BaFin zu erm glichen, die sie
interessierenden K ufe aus dem Jahr 2005 im Lichte der bereits fr her
get tigten Transaktionen zu w rdigen.

2.3.2 Soweit die Beschwerdef hrer einwenden, die entsprechenden Informationen
d rften wegen des  bermassverbots rechtshilferechtlich nicht  bermittelt
werden (BGE 115 Ib 373 ff.), verkennen sie, dass das Verfahren der Amtshilfe
eigenen Regeln folgt (BGE 125 II 65 E. 7 S. 74 f.; 126 II 409 E. 6c/aa S.
421). Im  brigen kennt auch das Rechtshilferecht heute unter gewissen
Kautelen die M glichkeit der spontanen  bermittlung von Informationen (Art.
67a IRSG [SR 351.1]; BGE 125 II 356 E. 12a u. b S. 366 f.; 129 II 544 E. 3.1
u. 3.2 S. 546 f.; 130 II 236 E. 6.1 S. 244 f.). Rechtlich steht der Leistung
der Amtshilfe, ob mit oder ohne Ersuchen, die Bindung an das Amtsgeheimnis
entgegen; dieses tritt zur ck, wenn die Voraussetzungen f r die Gew hrung der
Amtshilfe erf llt sind (BGE 125 II 65 E. 7 S. 75). Da die Bankenkommission,
soweit es sich um kundenbezogene Angaben handelt,  ber die von ihr spontan
gew hrte Amtshilfe im Rahmen von Art. 38 Abs. 3 BEHG (in der Fassung vom 7.
Oktober 2005) verf gen muss, bleibt der Rechtsschutz gewahrt und besteht
keine Gefahr, dass die amtshilferechtlichen Regeln umgangen werden k nnten
(vgl. Annette Althaus, Amtshilfe und Vor-Ort-Kontrolle, 2. Aufl., Bern 2001,
S. 148 ff.). Die Tatsache, dass f r die Amtshilfe ein "Anfangsverdacht"
erforderlich ist, r ckt diese nicht in die N he der Rechtshilfe: Es
entspricht einer sinnvollen Aufgabenteilung zwischen den sachn heren
Aufsichtsorganen und den Strafverfolgungsbeh rden, dass im Vorfeld
strafrechtlicher Ahndung zun chst aufsichtsrechtliche Abkl rungen getroffen
werden, um zu pr fen, ob  berhaupt ein strafrechtlich relevanter Verdacht
besteht (BGE 125 II 65 E. 5b S. 73); ist dies nicht der Fall, bleibt das
Amtshilfeverfahren f r den Betroffenen ohne Konsequenzen (vgl. 2A.50/2005 vom
16. M rz 2005, E. 2.3).

3.
Die Beschwerde ist unbegr ndet und deshalb abzuweisen. Dem Verfahrensausgang
entsprechend werden die unterliegenden Beschwerdef hrer kostenpflichtig (Art.
156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 und Art. 153a OG).
Parteientsch digungen sind nicht geschuldet (vgl. Art. 159 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgeb hr von Fr. 3'000.-- wird den Beschwerdef hrern unter
solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Beschwerdef hrern und der Eidgen ssischen
Bankenkommission schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 8. Mai 2006

Im Namen der II.  ffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Pr sident:  Der Gerichtsschreiber: