Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.167/2006
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2A.167/2006 /leb

Urteil vom 28. März 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Müller,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

X. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

Regierungsstatthalteramt Saanen,
Amthaus, 3792 Saanen,
Haftgericht III Bern-Mittelland,
Amthaus, Hodlerstrasse 7, 3011 Bern.

Verlängerung der Ausschaffungshaft
(Art. 13b Abs. 2 ANAG),

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Haftgerichts III
Bern-Mittelland vom 16./17. März 2006.

Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erwägung:

1.
1.1 X.________ (geb. 1986) will nach eigenen Angaben aus Liberia stammen, ist
jedoch am 24. November 2005 durch eine Expertendelegation als nigerianischer
Staatsbürger anerkannt worden. Auf seine vorzeitige Entlassung aus dem
Strafvollzug am 20. Dezember 2005 hin nahm ihn der Regierungsstatthalter von
Saanen am 16. Dezember 2005 zur Sicherung des Vollzugs der gegen ihn
ausgesprochenen Landesverweisung in Ausschaffungshaft. Der Haftrichter 4 am
Haftgericht III Bern-Mittelland prüfte und bestätigte diese am 20. Dezember
2005. Das Bundesgericht wies am 10. Februar 2006 eine von X.________
hiergegen gerichtete Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab, soweit es darauf
eintrat (2A.78/2006).

1.2 Am 16./17. März 2006 verlängerte der Haftrichter die Ausschaffungshaft
von X.________ bis zum 19. Juli 2006. Hiergegen gelangte dieser in zwei
Schreiben vom 17. und 20. März 2006 mit dem sinngemässen Antrag an das
Haftgericht, ihn freizulassen bzw. ihm die Möglichkeit einzuräumen, einen
Anwalt zu kontaktieren. Die beiden Schreiben wurden unter Beilage der Akten
zuständigkeitshalber an das Bundesgericht weitergeleitet (Eingang am 24. bzw.
27. März 2006).

2.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist - soweit sich der Beschwerdeführer in
seinen Eingaben sachbezogen mit dem angefochtenen Entscheid auseinandersetzt
(Art. 108 Abs. 2 OG; BGE 118 Ib 134 ff.) - offensichtlich unbegründet und
kann ohne Weiterungen im vereinfachten Verfahren nach Art. 36a OG erledigt
werden:
2.1
2.1.1 Das Bundesgericht hat am 10. Februar 2006 entschieden, dass der
Beschwerdeführer die Voraussetzungen für eine Ausschaffungshaft erfüllt
(Untertauchensgefahr [Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG; SR 142.20]; Gefährdung von
Personen an Leib und Leben wegen Drogenhandels [Art. 13a lit. e i.V.m. Art.
13b Abs. 1 lit. b ANAG]; Verletzung einer Ausgrenzung [Art. 13a lit. b i.V.m.
Art. 13b Abs. 1 lit. b ANAG]). Er bringt nichts vor, was dies heute in Frage
stellen würde; es kann deshalb grundsätzlich auf die damaligen Ausführungen
verwiesen werden.

2.1.2 Zwar soll die Ausschaffungshaft in der Regel höchstens drei Monate
dauern, doch kann sie mit Zustimmung der richterlichen Behörde um maximal
sechs Monate verlängert werden, wenn dem Vollzug der Weg- oder Ausweisung
besondere Hindernisse entgegenstehen (Art. 13b Abs. 2 ANAG). Hierzu gehören
nach der Rechtsprechung auch Probleme bei der Papierbeschaffung, wie sie hier
aufgetreten sind (BBl 1994 I 305 ff., S. 316; BGE 130 II 56 E. 4.1.2 u.
4.1.3; 127 II 168 E. 2c S. 172 mit Hinweisen): Der Beschwerdeführer ist am
24. November 2005 durch eine Expertendelegation als nigerianischer
Staatsangehöriger anerkannt worden; es darf gestützt hierauf damit gerechnet
werden, dass ihm in absehbarer Zeit ein entsprechendes Reisepapier
ausgestellt werden wird, obwohl er nach wie vor behauptet, aus Liberia zu
stammen.

2.1.3 Das Bundesamt für Migration hat die nigerianischen Behörden in diesem
Zusammenhang inzwischen wiederholt kontaktiert; in einem Schreiben vom 7.
März 2006 geht es davon aus, dass mit der Ausstellung des Reisedokuments in
den nächsten Wochen gerechnet werden kann; sowohl die schweizerische
Botschaft in Abuja wie die nigerianische in Bern seien mehrfach gebeten
worden, die Übermittlung der offiziellen Resultate zu beschleunigen. Dass
eine Ausreise nur schwer organisiert werden kann, lässt die Ausschaffung
praxisgemäss nicht bereits als undurchführbar (vgl. Art. 13c Abs. 5 lit. a
ANAG) und eine Haftverlängerung deshalb als unverhältnismässig erscheinen
(vgl. BGE 130 II 56 E. 4.1.2 u. 4.1.3; 125 II 217 E. 2 S. 220). Es kann nicht
gesagt werden, dass mit dem Vollzug der Landesverweisung des
Beschwerdeführers nicht in absehbarer Zeit zu rechnen ist; nur in diesem Fall
wäre seine Haft, weil unverhältnismässig, zu beenden gewesen.

2.1.4 Sollten die weiteren Bemühungen innert vernünftiger Frist zu keinen
greifbaren Resultaten bzw. keiner Kooperation der nigerianischen Behörden
führen, müsste die Situation durch die kantonalen Behörden allenfalls von
Amtes wegen (vgl. BGE 124 II 1 E. 3a S. 5 f.) oder im Rahmen eines
Haftentlassungsgesuchs überdacht werden. Anhaltspunkt dafür, dass sie sich
bis dahin nicht weiterhin im Rahmen ihrer Möglichkeiten mit dem nötigen
Nachdruck um die Papierbeschaffung bemühen würden, bestehen nicht (zum
Beschleunigungsgebot [Art. 13b Abs. 3 ANAG]: BGE 124 II 49 ff.).
2.2 Der Beschwerdeführer macht neu geltend, einen Anwalt kontaktieren zu
wollen ("So contact a lawyer to defend me, please. And I gonna pay the
Bill"). Die kantonalen Behörden haben ihm dies zu ermöglichen und ihm hierzu
allenfalls eine Liste von Namen und Telefonnummern zur Verfügung zu stellen
(vgl. Art. 13d Abs. 1 ANAG). Dass er bisher nicht anwaltlich vertreten war,
lässt den angefochtenen Entscheid indessen nicht bundesrechtswidrig
erscheinen: Einem bedürftigen Häftling darf im Haftverlängerungsverfahren
nach drei Monaten der unentgeltliche Rechtsbeistand grundsätzlich zwar nicht
(mehr) verweigert werden (BGE 122 I 49 E. 2c/cc S. 53), doch hat der
Beschwerdeführer vor dem Haftrichter um keinen solchen ersucht, obwohl er bei
der erstmaligen Haftprüfung auf seine Rechte aufmerksam gemacht worden war.
In einem solchen Fall kann der Betroffene den haftrichterlichen Entscheid
praxisgemäss nicht nachträglich mit der Begründung in Frage stellen, er sei
bei der Haftprüfung nicht vertreten gewesen; eine notwendige Verbeiständung
war im Hinblick auf die klare Ausgangslage nicht erforderlich (vgl. die
Urteile 2A.211/2003 vom 5. Juni 2003, E. 1.2 - 1.5; 2P.66/1997 vom 15. Mai
1997, E. 2; 2A.148/ 1997 vom 6. Mai 1997, E. 4; vgl. Hugi Yar,
Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, in: Uebersax/Münch/Geiser/Arnold,
Ausländerrecht, Basel/Genf/München 2002, Rz. 7.30 ff.). Es erübrigt sich
unter diesen Umständen ebenfalls, dem Beschwerdeführer für das
bundesgerichtliche Verfahren einen Rechtsbeistand beizugeben; seine Eingabe
hat als zum Vornherein aussichtslos zu gelten (vgl. Art. 152 OG). Sollte er
für ein künftiges Haftentlassungsgesuch im Kanton um einen unentgeltlichen
Beistand ersuchen, könnte ihm bei Bedürftigkeit ein solcher indessen nicht
(mehr) verweigert werden. Für alles Weitere wird auf die zutreffenden
Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen (Art. 36a Abs. 3 OG).

3.
Dem Verfahrensausgang entsprechend würde der unterliegende Beschwerdeführer
kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Es rechtfertigt sich indessen,
praxisgemäss von der Erhebung einer Gerichtsgebühr abzusehen (vgl. Art. 153a
OG; Urteil 2A.86/2001 vom 6. März 2001, E. 3). Der Ausländer- und
Bürgerrechtsdienst des Kantons Bern wird ersucht, dafür besorgt zu sein, dass
der vorliegende Entscheid dem Beschwerdeführer korrekt eröffnet und
nötigenfalls verständlich gemacht wird.

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Statthalteramt Saanen und dem
Haftgericht III Bern-Mittelland sowie dem Bundesamt für Migration und (unter
Hinweis auf E. 2.2 zur Information) dem Ausländer- und Bürgerrechtsdienst der
Kantonspolizei Bern schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 28. März 2006

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: