Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.159/2006
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2006
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2006


{T 1/2}
2A.159/2006 /bie

Urteil vom 25. September 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Hungerbühler,
Wurzburger, Müller,
Gerichtsschreiber Häberli.

Schutzgemeinschaft für Milch und Milcherzeugnisse e.V. SMM,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gregor Bühler,

gegen

Verein Emmentaler Switzerland,
Beschwerdegegner,
vertreten durch die Rechtsanwälte Prof.
Dr. Jürg Simon und Céline Schwarzenbach,
Bundesamt für Landwirtschaft,
Mattenhofstrasse 5, 3003 Bern,
Rekurskommission des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements, 3202
Frauenkappelen.

Geschützte Ursprungsbezeichnung für Emmentaler Käse (Beschwerdelegitimation),

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Rekurskommission des
Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements vom 13. Februar 2006.

Sachverhalt:

A.
Am 26. Juli 2002 verfügte das Bundesamt für Landwirtschaft auf Gesuch des
Vereins "Emmentaler Switzerland" hin die Eintragung der Bezeichnung
"Emmentaler" als geschützte Ursprungsbezeichnung in das GUB/GGA-Register
(eidgenössisches Register für geschützte Ursprungsbezeichnungen [GUB] und
geschützte geographische Angaben [GGA]). Hiergegen reichten - nebst vielen
andern - die Association de la Transformation Laitière Française (F-Paris),
die Entremont Fromager (F-Annecy), das Syndicat Interprofessionnel du Gruyère
Français (F-Paris), die UNICOPA Produits Laitiers (F-Guinchamp), der
Milchindustrie-Verband e.V. (D-Bonn), die Schutzgemeinschaft für Milch und
Milcherzeugnisse e.V. SMM (D-Bonn), das Mejeriforeningen Danish Dairy Board
(DK-Arhus) und die Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter (A-Wien)
Einsprachen ein, die vom Bundesamt für Landwirtschaft am 10. September 2004
(in einem alle Verfahren vereinigenden Entscheid) abgewiesen wurden.

B.
Die genannten Einsprecher gelangten in der Folge je an die Rekurskommission
des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements, welche die Verfahren
vereinigte und auf die eingereichten Beschwerden mangels
Beschwerdelegitimation nicht eintrat (Entscheid vom 13. Februar 2006).

C.
Am 17. März 2006 hat die Schutzgemeinschaft für Milch und Milcherzeugnisse
e.V. SMM beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Sie
beantragt, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und die Sache zur
materiellen Behandlung an die Rekurskommission zurückzuweisen.
Der Verein "Emmentaler Switzerland" schliesst auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Landwirtschaft
beantragt, auf die Beschwerde nicht einzutreten. Die Rekurskommission des
Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements hat auf Vernehmlassung
verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Regelung des Schutzes von Ursprungsbezeichnungen für landwirtschaftliche
Produkte gehört zum öffentlichen Recht des Bundes. Da kein Ausschlussgrund
nach Art. 99 ff. OG gegeben ist, unterläge ein von der Rekurskommission des
Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements gefällter Sachentscheid der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht (Art. 97 und Art. 98 lit. e
OG in Verbindung mit Art. 5 VwVG). Damit sind die Beschwerdeführer vorliegend
ohne weiteres befugt, mit diesem Rechtsmittel den ergangenen
Nichteintretensentscheid wegen der behaupteten unrichtigen Handhabung der
bundesrechtlichen Legitimationsregeln anzufechten (vgl. etwa BGE 131 II 497
E. 1 S. 500).

2.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet einzig die Frage, ob die
Rekurskommission des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements Bundesrecht
verletzt hat, indem sie auf die Eingabe der Beschwerdeführerin nicht
eingetreten ist.

2.1 Das Bundesgesetz vom 29. April 1998 über die Landwirtschaft (LwG; SR
910.1) enthält in Art. 14 ff. Vorschriften über die Kennzeichnung von
landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Es sieht die Schaffung eines Registers für
geschützte Ursprungsbezeichnungen und geographische Angaben vor (Art. 16 Abs.
1 LwG), wobei es die Ausgestaltung dieser Einrichtung weitgehend dem
Bundesrat überlässt. Zu den Bereichen, welche Letzterer ausdrücklich näher zu
regeln hat, gehört insbesondere "das Einsprache- und das
Registrierungsverfahren" (Art. 16 Abs. 2 lit. c LwG). Am 28. Mai 1997 hat der
Bundesrat die Verordnung über den Schutz von Ursprungsbezeichnungen und
geographischen Angaben für landwirtschaftliche Erzeugnisse und verarbeitete
landwirtschaftliche Erzeugnisse (GUB/GGA-Verordnung; SR 910.12) erlassen. Dem
Rechtsetzungsauftrag des Gesetzgebers folgend regelt deren Art. 10 Abs. 1 die
Legitimation zur Einsprache gegen Eintragungen in das Register:
Einspracheberechtigt sind insbesondere "Personen, die ein schutzwürdiges
Interesse geltend machen können" (lit. a), wobei die Einsprachefrist drei
Monate beträgt (Art. 10 Abs. 2).

2.2 Eine materielle Beteiligung am Einspracheverfahren bildet in aller Regel
Voraussetzung für die Legitimation zum anschliessenden Beschwerdeverfahren,
reicht hierfür alleine jedoch nicht aus: Zusätzlich erforderlich ist stets,
dass der Betroffene die spezifischen gesetzlichen Anforderungen des zu
ergreifenden Rechtsmittels erfüllt (BGE 131 II 753 E. 4.2 S. 757). Der
Einspracheentscheid des Bundesamts für Landwirtschaft ist bei der
Rekurskommission des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements anfechtbar
(vgl. Art. 166 Abs. 2 LwG), wobei sich die Beschwerdelegitimation für dieses
Rechtsmittel nach Art. 48 lit. a VwVG richtet (vgl. BGE 131 II 753 E. 4.2 S.
755 f.). Die betreffende Bestimmung ist zumindest vom Wortlaut her enger
gefasst als Art. 10 Abs. 1 lit. a GUB/GGA-Verordnung (vgl. E. 3.1), wobei
sich durchaus Gründe dafür erkennen liessen, die Befugnis zur Einsprache und
jene für das anschliessende Rechtsmittelverfahren unterschiedlich zu
umschreiben (vgl. Urteil 2A.335/2005 vom 14. November 2005). Wie es sich
damit im Einzelnen verhält, ist im vorliegenden Zusammenhang jedoch
unerheblich und kann deshalb offen bleiben:

3.
3.1 Gemäss Art. 48 lit. a VwVG ist zur Beschwerde berechtigt, "wer durch die
angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren
Aufhebung oder Änderung hat". Nach ständiger Rechtsprechung kommt dieser
Bestimmung der gleiche Gehalt zu wie Art. 103 lit. a OG, der für die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht massgebend ist (vgl. etwa
BGE 124 II 499 E. 3b S. 504). Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um
einen Zusammenschluss von deutschen Unternehmen aus dem Bereich der
Milchverarbeitung; als privater Verband, der selber weder Käse herstellt noch
solchen in die Schweiz exportiert, ist die Beschwerdeführerin vom
abschlägigen Einspracheentscheid nicht direkt in schutzwürdigen Interessen
betroffen. Praxisgemäss ist sie dennoch zur Beschwerdeführung bei der
Rekurskommission des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements
legitimiert, wenn sie als juristische Person konstituiert ist, nach den
Statuten die in Frage stehenden Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten hat
und die Mehrheit ihrer Mitglieder - oder zumindest eine Grosszahl von ihnen -
selber zur Einreichung einer Beschwerde legitimiert wäre (vgl. BGE 128 II 24
E. 1b S. 26; 127 V 80 E. 3a/aa S. 82 f.).
3.2 Dass diese Voraussetzungen vorliegend erfüllt wären, vermag die
Beschwerdeführerin nicht darzutun: Eigenen Angaben gemäss hat sie 26
Mitglieder, von denen lediglich acht Emmentaler herstellen, was kaum eine
"Grosszahl" im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sein dürfte. Wie
es sich damit verhält, kann indessen offen bleiben, zumal es der
Beschwerdeführerin weder im vorinstanzlichen Verfahren noch vor Bundesgericht
möglich war, anzugeben, wieviele dieser acht Mitglieder tatsächlich
Emmentaler Käse in die Schweiz importieren. Mithin bleibt unklar, ob und
inwiefern überhaupt Mitglieder der Beschwerdeführerin selber zur
Beschwerdeführung legitimiert wären. Unter diesen Umständen braucht nicht
näher untersucht zu werden, ob eine Intervention in der Schweiz durch die
Zweckbestimmung der Beschwerdeführerin gedeckt wäre; rein nach dem Wortlaut
der einschlägigen Satzungsbestimmung hat die Beschwerdeführerin die
Interessen ihrer Mitglieder nämlich lediglich in europarechtlichen Verfahren
(die EG-VO 2081/92 betreffend) zu wahren.

3.3 Schliesslich würde es den Mitgliedern der Beschwerdeführerin aber ohnehin
an einem schutzwürdigen Interesse an der Anfechtung des abschlägigen
Einspracheentscheids fehlen, weil ihre Rechte und Pflichten von der
Eintragung der Bezeichnung "Emmentaler" ins GUB/ GGA-Register nicht tangiert
werden: Die Schweizerische Eidgenossenschaft hat sich in mehreren
Staatsverträgen dazu verpflichtet, die Verwendung der Bezeichnung
"Emmentaler" auch für im Ausland hergestellten Käse zuzulassen, sofern dieser
ein Hinweis auf das Fabrikationsland in nach Schriftart, Grösse und Farbe
gleichen Buchstaben beigefügt wird. Entsprechende Zugeständnisse hat sie auch
gegenüber Deutschland gemacht (vgl. den Vertrag vom 7. März 1967 zwischen der
Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über den
Schutz von Herkunftsangaben und anderen geographischen Bezeichnungen [SR
0.232.111.191.36], insb. Ziff. 7 des Protokolls; vgl. Art. 4 Abs. 3 des
Internationalen Abkommens vom 1. Juni/18. Juli 1951 über den Gebrauch der
Ursprungsbezeichnungen und der Benennungen für Käse [Stresa Abkommen;
SR 0.817.142.1], dem die Vereinbarung von 1967 nachgebildet ist). Diese
völkerrechtliche Verpflichtung geht einer anderslautenden Regelung im
nationalen Recht ohne weiteres vor. Die Mitglieder der Beschwerdeführerin
dürfen deshalb ihren Käse unverändert als "Deutschen" bzw. "Allgäuer"
Emmentaler bezeichnen und in der Schweiz zum Verkauf anbieten, auch wenn
ihnen dies an sich durch Art. 17 Abs. 1 und Abs. 2 lit. d GUB/GGA-Verordnung
untersagt wäre; das wird auch vom Bundesamt für Landwirtschaft ausdrücklich
anerkannt (vgl. die Vernehmlassung vom 15. März 2005 im vorinstanzlichen
Verfahren, Ziff. II/2.3.1 f.). Angesichts der geschilderten
staatsvertraglichen Regelung war es schon bisher unzulässig, in Deutschland
hergestellten Käse einfach als "Emmentaler" (in Alleinstellung) zu
bezeichnen, ohne mit einer Ergänzung klar und deutlich auf seine
nichtschweizerische Herkunft hinzuweisen. Aus der Eintragung der Bezeichnung
"Emmentaler" ins schweizerische GUB/GGA-Register ergibt sich insoweit für die
Beschwerdeführerin bzw. deren Mitglieder keine Änderung der Rechtslage. Die
abstrakte Möglichkeit einer Kündigung der geltenden Vereinbarungen durch die
Schweiz stellt diese Beurteilung nicht in Frage.

4.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Bei diesem
Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 156 Abs.
1 in Verbindung mit Art. 153 und Art. 153a OG). Sie hat überdies den
Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu
entschädigen (vgl. Art. 159 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Für das bundesgerichtliche Verfahren hat die Beschwerdeführerin den
Beschwerdegegner mit Fr. 6'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesamt für Landwirtschaft und der
Rekurskommission des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 25. September 2006

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: