Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.134/2006
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{T 0/2}
2A.134/2006 /leb

Urteil vom 29. Juni 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Müller,
Gerichtsschreiber Uebersax.

Kanton Appenzell I.Rh., 9050 Appenzell,
Beschwerdeführer, vertreten durch das Gesundheits- und Sozialdepartement des
Kantons Appenzell Innerrhoden, Marktgasse 10d, 9050 Appenzell,

gegen

Kanton Appenzell A.Rh., 9100 Herisau, Beschwerdegegner, vertreten durch das
Departement Inneres und Kultur des
Kantons Appenzell Ausserrhoden, Regierungsgebäude,
9102 Herisau,
Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement, Bundeshaus West, 3003 Bern.

Kostenersatz in der Unterstützungsangelegenheit X.________,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Eidgenössischen Justiz-
und Polizeidepartements vom 3. Februar 2006.

Sachverhalt:

A.
Der am 8. August 1987 geborene X.________ verfügt über das Bürgerrecht des
Kantons Appenzell Innerrhoden. Er lebte bis zum April 2002 in Gossau im
Kanton St. Gallen bei seiner Mutter, die damals die elterliche Sorge
innehatte. Im Frühjahr 2002 zog er zu seinem in Speicher im Kanton Appenzell
Ausserrhoden ansässigen Vater. Mit Beschluss vom 4. Juli 2002 übertrug die
Vormundschaftsbehörde Gossau die alleinige elterliche Sorge dem Vater. In der
Folge traten zwischen Vater und Sohn Beziehungsprobleme auf. Am 20. Januar
2003 erteilte die Fürsorge- und Vormundschaftskommission Speicher die
Kostengutsprache für eine Fremdplatzierung von X.________ im Lehrlingsheim
Varnbüel in St. Gallen unter gleichzeitiger Integration in die berufliche
Ausbildung im Rahmen des so genannten Projekts "Die Chance". Am 30. Mai 2003
brach X.________ seinen Aufenthalt im Lehrlingsheim Varnbüel bereits wieder
ab, woraufhin er zeitweilig als verschwunden galt. Am 12. Juni 2003 wurde
sein Austritt aus dem Heim beschlossen. Seit dem 17. Juni 2003 wohnte er
wieder bei seinem Vater.

B.
Mit Unterstützungsanzeige vom 3./21. Februar 2003 machte die Direktion des
Innern des Kantons Appenzell Ausserrhoden beim Heimatkanton Appenzell
Innerrhoden die Erstattung der vorderhand auf ein Jahr befristeten
Unterstützung von X.________ sowie der damit verbundenen Aufwendungen des
Projekts "Die Chance" geltend. Am 24. Mai 2004 wies die Direktion des Innern
des Kantons Appenzell Ausserrhoden eine dagegen erhobene Einsprache des
Kantons Appenzell Innerrhoden ab. Mit Entscheid vom 3. Februar 2006 wies in
der Folge auch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement eine dagegen
vom Kanton Appenzell Innerrhoden eingereichte Beschwerde ab.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 6. März 2006 an das Bundesgericht
beantragt der Kanton Appenzell Innerrhoden, den Entscheid des Eidgenössischen
Justiz- und Polizeidepartements vom 3. Februar 2006 aufzuheben und zu
erkennen, dass der Heimatkanton Appenzell Innerrhoden in der
Unterstützungsangelegenheit von X.________ gegenüber dem Wohnkanton Appenzell
Ausserrhoden nicht kostenersatzpflichtig sei.
Der Kanton Appenzell Ausserrhoden sowie das Eidgenössische Justiz- und
Polizeidepartement schliessen auf Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Nach Art. 34 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 24. Juni 1977 über die
Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger (Zuständigkeitsgesetz, ZUG;
SR 851.1) unterliegt der angefochtene Beschwerdeentscheid des Departements
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Die betroffenen
Kantone sind unter den allgemeinen Voraussetzungen zur
Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert (vgl. Art. 103 OG sowie das Urteil
des Bundesgerichts 2A.253/2003 vom 23. September 2003, E. 1.1). Auf die
frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde des im Verfahren vor dem
Departement unterlegenen Kantons Appenzell Innerrhoden ist deshalb
einzutreten.

1.2 Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet die
Kostenersatzpflicht des Heimatkantons Appenzell Innerrhoden für die Kosten
des Aufenthalts von X.________ im Lehrlingsheim Varnbüel in St. Gallen vom 5.
Februar 2003 bis zum 12. Juni 2003. Es geht somit einzig darum,
festzustellen, ob der Kanton Appenzell Innerrhoden für die entsprechenden
Kosten aufzukommen hat.

1.3 Der beschwerdeführende Kanton kann mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
eine Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder
Missbrauch des Ermessens, sowie die unrichtige oder unvollständige
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts rügen (Art. 104 lit. a und b
OG). Im vorliegenden Fall kann das Bundesgericht, da als Vorinstanz nicht
eine richterliche Behörde entschieden hat, auch die Feststellung des
Sachverhalts von Amtes wegen überprüfen (Art. 105 OG).

2.
2.1 Bedürftige werden von ihrem Wohnkanton unterstützt (Art. 115 erster Satz
BV). Der Bund regelt die Ausnahmen und Zuständigkeiten (Art. 115 zweiter Satz
BV). Dabei kann er insbesondere den Rückgriff auf einen früheren Wohnkanton
oder den Heimatkanton regeln (so noch ausdrücklich Art. 48 Abs. 2 aBV).

Das Zuständigkeitsgesetz präzisiert in dem durch die Verfassung vorgegebenen
Rahmen, welcher Kanton für die Fürsorge zuständig ist, und es regelt den
Ersatz von Unterstützungskosten unter den Kantonen (vgl. Art. 1 Abs. 1 und 2
ZUG). Danach obliegt die Unterstützung eines Schweizer Bürgers grundsätzlich
dem Wohnkanton (Art. 12 Abs. 1 ZUG). Der Wohnkanton unterliegt gegenüber dem
Aufenthaltskanton einer gewissen Ersatzpflicht (vgl. Art. 14 ZUG). Bei
bestimmten Ausnahmetatbeständen besteht sodann eine Ersatzpflicht des
Heimatkantons gegenüber dem Wohnkanton. So erstattet der Heimatkanton
insbesondere dem Wohnkanton die Kosten der Unterstützung, wenn der
Unterstützte noch nicht zwei Jahre lang ununterbrochen in einem anderen
Kanton Wohnsitz hat (Art. 16 ZUG). Die Begriffe des Aufenthalts-, Wohn- und
Heimatkantons sind solche des Bundesrechts (Urteil des Bundesgerichts
2A.253/2003 vom 23. September 2003, E. 2.1).
2.2 Das unmündige Kind teilt, unabhängig von seinem Aufenthaltsort, den
Unterstützungswohnsitz der Eltern oder jenes Elternteils, unter dessen Gewalt
es steht (Art. 7 Abs. 1 ZUG). Wenn die Eltern keinen gemeinsamen
zivilrechtlichen Wohnsitz haben, teilt es den Unterstützungswohnsitz jenes
Elternteils, bei dem es wohnt (Art. 7 Abs. 2 ZUG). Es hat in Ausnahmefällen
einen eigenen Unterstützungswohnsitz, so namentlich wenn es dauernd nicht bei
den Eltern oder einem Elternteil wohnt (Art. 7 Abs. 3 lit. a und c ZUG).

3.
3.1 Der beschwerdeführende Kanton trägt vor Bundesgericht erstmals vor, beim
Lehrlingsheim Varnbüel in St. Gallen handle es sich um eine stationäre
Einrichtung für die sozialpädagogische Betreuung von Jugendlichen im Sinne
der interkantonalen Heimvereinbarung (Interkantonale Vereinbarung vom 2.
Februar 1984 über Vergütungen an Betriebsdefizite und die Zusammenarbeit
zugunsten von Kinder- und Jugenheimen sowie von Behinderteneinrichtungen;
IHV). Das fragliche Heim sei im hier massgeblichen Zeitraum auch auf der
entsprechenden Heimliste aufgeführt gewesen. Nach der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung haben entsprechende Beiträge Subventionscharakter, weshalb sie
nicht als Unterstützungen im Sinne des Zuständigkeitsgesetzes gelten (vgl.
Art. 3 Abs. 2 lit. a ZUG sowie das Urteil des Bundesgerichts 1P.481/1998 vom
11. März 1999, E. 2). Art. 3 Abs. 3 IHV sieht denn auch vor, dass die
Vereinbarungskantone im Rahmen der Anwendbarkeit des Konkordats darauf
verzichten, die bei der Unterbringung von Kantonseinwohnern in einer
ausserkantonalen Institution zu vergütenden Heimdefizite nach dem
Zuständigkeitsgesetz zurückzufordern. Für solche Heimdefizitbeiträge sind
damit die Kantone des zivilrechtlichen Wohnsitzes der untergebrachten Person
- und nicht des Unterstützungswohnsitzes - zuständig. Im vorliegenden
Zusammenhang befindet sich der zivilrechtliche Wohnsitz unabhängig vom
tatsächlichen Aufenthaltsort des Kindes am zivilrechtlichen Wohnsitz des
alleinigen Inhabers der elterlichen Sorge, also des Vaters, d.h. im Kanton
Appenzell Ausserrhoden.

3.2 Der Kanton Appenzell Ausserrhoden wendet dagegen ein, die Anwendung der
Heimvereinbarung sei nie zur Diskussion gestanden und diese sei im
vorliegenden Fall auch nicht massgeblich. Das Eidgenössische Justiz- und
Polizeidepartement schliesst die Anwendbarkeit der Heimvereinbarung in seiner
Vernehmlassung an das Bundesgericht demgegenüber nicht aus. Es hält jedoch
fest, erfasst würden davon lediglich die Heimdefizitbeiträge, nicht aber das
Kostgeld und die anfallenden Nebenkosten. Dafür bleibe die
Kostenersatzpflicht des Kantons Appenzell Innerrhoden bestehen. Nachdem der
Betrag der Erstattungspflicht noch nicht festgelegt worden sei, ändere sich
am Ergebnis des vorliegenden Streitfalles grundsätzlich nichts.

3.3 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann die Anwendbarkeit der
Heimvereinbarung in einem Verfahren nach dem Zuständigkeitsgesetz
vorfrageweise geprüft werden (vgl. das Urteil des Bundesgerichts 2A.504/1999
vom 9. März 2000, E. 1e und f). Obwohl die Argumentation des Eidgenössischen
Justiz- und Polizeidepartements grundsätzlich zutrifft, ist nicht zu
übersehen, dass die Heimdefizitbeiträge einen erheblichen, wenn nicht sogar
den hauptsächlichen Teil der strittigen Kosten ausmachen dürften. Die Frage
der Anwendbarkeit der Heimvereinbarung spielt daher im vorliegenden
Streitfall eine massgebliche Rolle sowohl im Hinblick auf die Grundlage als
auch die Bemessung der Erstattungspflicht. Selbst wenn eine Ersatzpflicht
nach dem Zuständigkeitsgesetz vorläge, würde es sich daher nicht
rechtfertigen, den Gesichtspunkt der Anwendbarkeit der Heimvereinbarung
auszuklammern und auf das allfällige spätere Verfahrensstadium der
betragsmässigen Festsetzung der zu erstattenden Summe zu verweisen, wie die
Vorinstanz anregt. Überdies verneint der Kanton Appenzell Ausserrhoden die
Anwendbarkeit der Heimvereinbarung ausdrücklich.

3.4 Da es sich bei der Vorinstanz nicht um ein Gericht handelt, ist das neue
Vorbringen des beschwerdeführenden Kantons im bundesgerichtlichen Verfahren
an sich zulässig (vgl. Art. 105 OG). Die Frage der Anwendbarkeit der
Heimvereinbarung bzw. der Abgrenzung derselben vom Zuständigkeitsgesetz
erscheint im vorliegenden Verfahren jedoch nur dann wesentlich, wenn
überhaupt eine Rückerstattungspflicht aufgrund des Zuständigkeitsgesetzes
besteht. Trifft dies nicht zu, entfallen eine Ersatzpflicht des
beschwerdeführenden Heimatkantons und damit auch die Frage der Abgrenzung von
Heimvereinbarung und Zuständigkeitsgesetz vollständig. Über die
grundsätzliche Ersatzpflicht des beschwerdeführenden Heimatkantons nach dem
Zuständigkeitsgesetz ist daher vorweg zu entscheiden.

4.
4.1 Der Unterstützungswohnsitz nach dem Zuständigkeitsgesetz ist nicht
zwingend identisch mit dem zivilrechtlichen Wohnsitz (BBl 1976 III 1204).
Vorliegend ist allerdings unbestritten, dass mit der Übertragung der
alleinigen elterlichen Sorge betreffend X.________ an dessen Vater auch der
abgeleitete Unterstützungswohnsitz des Kindes gemäss Art. 7 Abs. 1 ZUG an den
Kanton Appenzell Ausserrhoden überging und jedenfalls bis zum Eintritt ins
Lehrlingsheim dort verblieb. Nachdem X.________ am 12. Juni 2003 aus dem
Lehrlingsheim Varnbüel ausgetreten und am 17. Juni 2003 wieder zu seinem
Vater gezogen war, lebte der abgeleitete Unterstützungswohnsitz wieder auf,
falls er vorher untergegangen sein sollte, oder bestand weiter, so er nie
aufgehoben worden wäre. Die Frage, welche Auswirkung der Eintritt in das
Lehrlingsheim in St. Gallen auf die Unterstützungspflicht zeitigte bzw.
welche Unterstützungsregelung während des Heimaufenthalts vom 5. Februar 2003
bis zum 12. Juni 2003 galt, ist jedoch unter den Verfahrensbeteiligten
strittig.

4.2 Da der Aufenthalt in einem Heim oder in einer ähnlichen Anstalt gemäss
Art. 5 ZUG keinen Unterstützungswohnsitz begründet, steht eine Kostenpflicht
des Kantons St. Gallen als tatsächlichem Aufenthaltskanton von vornherein
nicht zur Diskussion. Etwas anderes wird denn auch von keiner Seite geltend
gemacht. Der Streit besteht zwischen dem Appenzell Innerrhoden als
Heimatkanton von X.________ und Appenzell Ausserrhoden als Aufenthaltskanton
des Vaters von X._________.

4.3 Massgeblich für den Entscheid über die Kostentragungspflicht ist, ob der
Heimeintritt von X.________ dazu geführt hat, dass dieser im Sinne von Art. 7
Abs. 3 lit. c ZUG einen eigenen Unterstützungswohnsitz erworben hat, weil er
dauernd nicht bei seinem sorgeberechtigten Vater wohnte. Ist dieser
Ausnahmetatbestand gegeben, dann unterliegt der beschwerdeführende
Heimatkanton Appenzell Innerrhoden grundsätzlich der Ersatzpflicht. Sind die
Voraussetzungen von Art. 7 Abs. 3 lit. c ZUG hingegen nicht erfüllt, bleibt
der abgeleitete Unterstützungswohnsitz nach Art. 7 Abs. 1 ZUG bestehen.
Diesfalls wäre für die Frage, ob der Kanton Appenzell Ausserrhoden als
Wohnkanton des Vaters von X.________ die Unterstützungskosten zu tragen hätte
oder ob er insoweit auf den Heimatkanton zurückgreifen könnte, wesentlich,
welche Bedeutung der Zweijahresfrist nach Art. 16 ZUG zukäme. Vorweg ist aber
das Vorliegen des Ausnahmetatbestands von Art. 7 Abs. 3 lit. c ZUG zu prüfen.

4.3.1 Von dieser Bestimmung werden freiwillige oder behördliche
Fremdplatzierungen von unmündigen, unter elterlicher Sorge stehenden und
wirtschaftlich unselbständigen Kindern ohne Entzug der elterlichen Sorge
erfasst (vgl. Werner Thomet, Kommentar zum Bundesgesetz über die
Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger [ZUG], 2. Aufl., Zürich 1994,
Rz. 125). Als lediglich vorübergehend gelten Fremdaufenthalte in auswärtigen
Institutionen, die entweder nur von kurzer Dauer sind oder bei denen ein
enger Kontakt zwischen Kindern und Eltern aufrecht erhalten wird und die
Absicht besteht, dass die Kinder nach einer bestimmten Zeit wieder zu den
Eltern ziehen. Kümmern sich die Eltern hingegen nicht ernstlich um ihre
Kinder bzw. nehmen sie ihre elterliche Sorge nicht wahr und erfolgt die
Fremdplatzierung auf unbestimmte Zeit oder für mehr als sechs Monate, spricht
dies in der Regel für die Dauerhaftigkeit des Fremdaufenthaltes (vgl. Thomet,
a.a.O., Rz. 132). Ob dabei die elterliche Sorge entzogen wird oder
entsprechende Bestrebungen bestehen, ist nicht massgeblich. Genauso wenig
kommt es auf die tatsächliche Dauer des Fremdaufenthaltes an. Entscheidend
ist einzig, ob bei Beginn der Fremdplatzierung von Dauerhaftigkeit auszugehen
war oder lediglich eine vorübergehende Lösung angestrebt wurde. Andernfalls
könnte immer erst nach einer bestimmten Dauer des Fremdaufenthalts darüber
entschieden werden, welcher Kanton letztlich die Kosten zu tragen hat, was
nicht dem Sinn des Gesetzes entsprechen kann, will dieses doch gerade für
klare Verhältnisse bei der interkantonalen Zuständigkeitsausscheidung sorgen
(vgl. Art. 1 Abs. 1 ZUG und BBl 1976 III 1201).

4.3.2 Ab dem Winter 2002/2003 sah sich der Vater von X.________ mit seinen
Erziehungsaufgaben überfordert. Als Alternative zum Eintritt ins
Lehrlingsheim Varnbüel prüften die Behörden denn auch die Platzierung des
Kindes in einer Pflegefamilie. In der Unterstützungsanzeige vom 3./21.
Februar 2003 wurde die Kostengutsprache für den Heimaufenthalt und die damit
verbundene Ausbildung vorerst für ein Jahr beantragt. Aus diesen
aktenkundigen und grundsätzlich nicht bestrittenen Umständen lässt sich
folgern, dass die Unterbringung von X.________ im Lehrlingsheim Varnbüel
ursprünglich auf längere Dauer, im Idealfall bis zum Abschluss der
Ausbildung, ausgerichtet war. Dass der Aufenthalt in der Folge nicht sechs
Monate dauerte, ändert daran nichts. Nicht belegt ist sodann, dass der
Kontakt zwischen dem Kind und dem Vater während des Heimaufenthalts weiter
bestand und gepflegt wurde. Selbst nachdem X.________ das Lehrlingsheim
verlassen hatte, kehrte er nicht unmittelbar, sondern erst nach und nach zu
seinem Vater zurück. Auch am formellen Austrittsentscheid war der Vater
offenbar nicht direkt beteiligt. Mit der Vorinstanz lässt sich daher
schliessen, dass klare Indizien für eine Fremdplatzierung auf unbestimmte
Zeit vorliegen. Daraus ist zu folgern, X.________ habe im hier massgeblichen
Zeitraum einen eigenen Unterstützungswohnsitz nach Art. 7 Abs. 3 lit. c ZUG
gehabt.

4.4 Nach Art. 16 ZUG erlischt die Ersatzpflicht des Heimatkantons allerdings
nach zweijährigem Wohnsitz der unterstützten Person in einem anderen Kanton.

4.4.1 Gemäss Art. 8 lit. c ZUG wird einem unmündigen Kind, das einen eigenen
Unterstützungswohnsitz erhält, die bisherige Wohnsitzdauer angerechnet, wenn
es den Wohnkanton nicht verlässt (vgl. dazu Thomet, a.a.O., Rz. 138 ff.).
Nicht erforderlich ist, dass bei einem Kantonswechsel ein eigener
Unterstützungswohnsitz im neuen Kanton erworben wird. Bei ausserkantonalen
Fremdplatzierungen nach Art. 7 Abs. 3 lit. c ZUG wäre dies ohnehin nicht
möglich, da sich der eigene Unterstützungswohnsitz des Kindes am letzten von
den Eltern bzw. vom sorgeberechtigten Elternteil abgeleiteten Ort befindet.
Verweilt das Kind dabei weiterhin tatsächlich im Kantonsgebiet, ist ihm die
vorherige Wohnsitzdauer anzurechnen. Verlässt es jedoch den bisherigen
Kanton, ist eine solche Anrechnung auch dann ausgeschlossen, wenn der eigene
Unterstützungswohnsitz - wie in der vorliegenden Konstellation - beim
früheren Wohnkanton verbleibt.

4.4.2 X.________ verliess beim Eintritt ins Lehrlingsheim Varnbüel den Kanton
Appenzell Ausserrhoden und lebte, solange er über einen eigenen
Unterstützungswohnsitz verfügte, ausserhalb dieses Kantons. Da während dieser
Dauer kein abgeleiteter Unterstützungswohnsitz bestand und er den (früheren)
Wohnkanton auf Dauer tatsächlich verlassen hatte, ist der Tatbestand von Art.
8 lit. c ZUG nicht erfüllt und ist ihm die vorherige Wohnsitzdauer im Kanton
Appenzell Ausserrhoden nicht anzurechnen. Weil mit dem Eintritt ins
Lehrlingsheim ein Kantonswechsel und die Begründung eines eigenen
Unterstützungswohnsitzes verbunden war, entstand die Ersatzpflicht des
Heimatkantons. Diese blieb bis zur Rückkehr des Kindes zum Vater und der
damit verbundenen Wiederentstehung eines abgeleiteten
Unterstützungswohnsitzes bestehen.

4.5 Der Kanton Appenzell Innerrhoden unterliegt somit gegenüber dem Kanton
Appenzell Ausserrhoden einer Ersatzpflicht, soweit das Zuständigkeitsgesetz
anwendbar ist.

5.
5.1 Damit bleiben die Frage der Tragweite der Ersatzpflicht bzw. diejenige der
ergänzenden Anwendbarkeit der Heimvereinbarung wesentlich (vgl. E. 3). Das
Lehrlingsheim Varnbüel steht offenbar heute auf der entsprechenden Liste. Es
ist indessen nicht belegt, dass das Heim auch bereits im massgebenden
Zeitpunkt der Heimvereinbarung unterstand. Zwar könnte das Bundesgericht den
Sachverhalt entsprechend ergänzen (vgl. Art. 105 Abs. 1 OG und E. 1.3). Ein
solches Vorgehen rechtfertigt sich vorliegend jedoch nicht. Das Departement
verfügt über einen direkteren Zugang zu den erforderlichen Informationen als
das Bundesgericht. Es wird daher Sache der Vorinstanz sein (vgl. Art. 114
Abs. 2 OG), unter Einbezug der Parteien und insbesondere unter Gewährung der
entsprechenden Verfahrensrechte die notwendigen Abklärungen vorzunehmen und
den angefochtenen Entscheid entsprechend zu ergänzen. Dabei wird das
Departement zwar noch nicht zwingend bereits den Umfang einer allfälligen
Ersatzpflicht bzw. den zu erstattenden Betrag festzusetzen haben. Es wird
aber zu entscheiden sein, wieweit im vorliegenden Fall die Heimvereinbarung
anwendbar ist bzw. welcher Anwendungsbereich dem Zuständigkeitsgesetz
verbleibt.

Demnach ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde teilweise gutzuheissen, der
angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz
zurückzuweisen zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen. Im Übrigen muss
die Beschwerde abgewiesen werden.

5.2 Im vorliegenden Fall geht es um Vermögensinteressen der beteiligten
Kantone, weshalb die Auferlegung von Gerichtskosten nicht ausgeschlossen ist
(Art. 156 Abs. 2 OG). Dass die Vorinstanz die Frage der Anwendbarkeit der
Heimvereinbarung nicht geprüft hat und die Beschwerde nunmehr aus diesem
Grunde teilweise gutzuheissen ist, hat der beschwerdeführende und in der
Sache insoweit obsiegende Kanton Appenzell Innerrhoden selbst zu
verantworten, hat er doch erst vor Bundesgericht geltend gemacht, es liege
ein Anwendungsfall der Heimvereinbarung vor. Unter diesen Umständen
rechtfertigt es sich, die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens trotz des
teilweisen Obsiegens vollständig dem Kanton Appenzell Innerrhoden
aufzuerlegen (vgl. Art. 156 Abs. 1, 3 und 6 sowie Art. 153 und 153a OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird teilweise gutgeheissen, und der
Entscheid des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vom 3. Februar
2006 wird aufgehoben. Die Sache wird an die Vorinstanz zurückgewiesen zu
neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen. Im Übrigen wird die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem beschwerdeführenden Kanton
Appenzell Innerrhoden auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Kantonen Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden sowie
dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. Juni 2006

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: