Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.130/2006
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2A.130/2006 /vje

Urteil vom 11. April 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Hungerbühler,
Gerichtsschreiberin Dubs.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin
Ida Salvetti,

gegen

Departement des Innern des Kantons Solothurn,
4500 Solothurn, vertreten durch das Amt für öffentliche Sicherheit des
Kantons Solothurn, Ambassadorenhof, 4509 Solothurn,
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn,
Postfach 157, 4502 Solothurn.

Widerruf der Niederlassungsbewilligung / Verweigerung des Familiennachzuges,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil
des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn
vom 27. Januar 2006.

Sachverhalt:

A.
Der aus Serbien-Montenegro (Kosovo) stammende X.________ (geb. 1966) hielt
sich vom April 1990 bis im Dezember 1996 jeweils als Saisonnier und vom 12.
Dezember 1996 bis zum 31. Oktober 1997 als Asylbewerber in der Schweiz auf.
Seit 1992 war er mit einer Landsfrau verheiratet und zeugte mit dieser zwei
am 1. Januar 1993 bzw. am 15. Mai 1995 geborene Kinder.

Am 30. Juni 1997 liess er sich von seiner Ehefrau scheiden und heiratete am
31. Oktober 1997 eine Schweizer Bürgerin. Aufgrund dieser Heirat wurde
X.________ eine Aufenthaltsbewilligung erteilt. Anfangs 1999 besuchte er
seine frühere Ehefrau. Diese gebar am 22. September 1999 Zwillinge. Am 16.
September 2002 wurde X.________ die Niederlassungsbewilligung erteilt.

Im September 2003 trennten sich die Ehegatten und am 27. April 2004 wurde die
Ehe geschieden.

B.
Ein am 29. Dezember 2004 im Heimatland durchgeführter Vaterschaftstest ergab,
dass X.________ der Vater der 1999 geborenen Zwillinge war. Am 6. Januar 2005
heiratete X.________ erneut seine erste Ehefrau und Mutter seiner inzwischen
vier Kinder. Am 27. Mai 2005 reichte er ein Familiennachzugsgesuch für seine
Ehefrau und seine vier Kinder ein.

C.
Am 22. November 2005 verfügte das Departement des Innern des Kantons
Solothurn den Widerruf der Niederlassungsbewilligung sowie die Wegweisung von
X.________ und trat auf das Familiennachzugsgesuch nicht ein.

Dagegen beschwerte sich X.________ erfolglos beim Verwaltungsgericht des
Kantons Solothurn.

D.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 3. März 2006 beantragt X.________, das
Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 27. Januar 2006
sowie die Verfügung des Departements des Innern vom 22. November 2005
aufzuheben, die Niederlassungsbewilligung nicht zu widerrufen und den
Familiennachzug zu bewilligen, eventualiter die Angelegenheit an die
Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem stellt er das Begehren, der Beschwerde
aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Das Bundesgericht hat die Akten des Verwaltungsgerichts beigezogen, jedoch
keine Vernehmlassungen eingeholt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Der Widerruf einer Niederlassungsbewilligung fällt nicht unter den
Ausschlussgrund gemäss Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG (vgl. auch Art. 101
lit. d OG). Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher zulässig und der
Beschwerdeführer hierzu legitimiert (Art. 103 lit. a OG).

1.2 Anfechtungsobjekt ist allerdings einzig das Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 27. Januar 2006. Soweit sich
die Eingabe des Beschwerdeführers auch gegen die Verfügung des Departements
des Innern richtet und deren Aufhebung verlangt, kann darauf nicht
eingetreten werden.

1.3 Das Bundesgericht ist nach Art. 105 Abs. 2 OG an die
Sachverhaltsfeststellung des angefochtenen Entscheides gebunden, wenn wie
vorliegend eine richterliche Behörde als Vorinstanz den Sachverhalt nicht
offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher
Verfahrensbestimmungen ermittelt hat. Damit ist die Möglichkeit, vor
Bundesgericht neue Tatsachen vorzubringen und Beweismittel einzureichen,
weitgehend eingeschränkt. Das Bundesgericht lässt nur solche Tatsachen und
Beweismittel neu zu, welche die Vorinstanz von Amtes wegen hätte
berücksichtigen müssen und deren Nichtbeachtung eine Verletzung wesentlicher
Verfahrensvorschriften darstellt (BGE 128 II 145 E. 1.2.1 S. 150 mit
Hinweisen). Die verschiedenen am 6. Februar 2006 erstellten Bescheinigungen
sind daher unbeachtlich. Sie wären ohnehin nicht geeignet, am Ausgang des
Verfahrens etwas zu ändern.

2.
2.1 Nach Art. 9 Abs. 4 lit. a des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über
Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) kann eine
Niederlassungsbewilligung widerrufen werden, wenn der Ausländer sie durch
falsche Angaben oder wissentliches Verschweigen wesentlicher Tatsachen
erschlichen hat. Der Widerruf setzt voraus, dass der Betroffene wissentlich
falsche Angaben gemacht oder wesentliche Tatsachen verschwiegen hat, in der
Absicht, gestützt darauf den Aufenthalt oder die Niederlassung bewilligt zu
erhalten (Urteil 2A.551/2003 vom 21. November 2003 E. 2; BGE 112 Ib 473 E. 3b
S. 475 f.). Nach Art. 3 Abs. 2 ANAG ist der Ausländer verpflichtet, der
Behörde über alles, was für den Bewilligungsentscheid massgebend sein kann,
wahrheitsgetreu Auskunft zu geben. Wesentlich sind dabei nicht nur Umstände,
nach denen die Fremdenpolizei ausdrücklich fragt, sondern auch solche, von
denen der Gesuchsteller wissen muss, dass sie für den Bewilligungsentscheid
relevant sind (Urteile 2A.374/ 2001 vom 10. Januar 2002 E. 3 und 2A.366/1999
vom 16. März 2000 E. 3a, mit weiteren Hinweisen). Dazu gehören etwa die
Absicht der Nichtfortsetzung der bisherigen bzw. der Begründung einer neuen
Ehe (vgl. letzterwähntes Urteil E. 3c) oder die Tatsache, dass der Betroffene
aussereheliche Kinder hat (Urteil 2A.511/2001 vom 10. Juni 2002 E. 3.3-3.5,
veröffentlicht in: Pra 2002 Nr. 163; Urteil 2A.432/2002 vom 5. Februar 2003,
E. 3.4.3 in fine). Im Übrigen ist nicht erforderlich, dass die Bewilligung
bei richtigen und vollständigen Angaben notwendigerweise zu verweigern
gewesen wäre (Urteil 2A.551/2003 vom 21. November 2003 E. 2.1, mit
Hinweisen).

2.2 Das Verwaltungsgericht geht in seinem Urteil von der dargestellten
Rechtsprechung aus und hat diese im konkreten Fall korrekt angewandt. Während
der Beschwerdeführer mit einer Schweizer Bürgerin verheiratet war, pflegte er
eine Beziehung zu seiner früheren Ehefrau im Heimatland und zeugte mit dieser
Zwillinge. Anlässlich der Erteilung der Niederlassungsbewilligung hat er die
Existenz der Zwillinge bewusst verschwiegen. Schon ein Hinweis auf die
während der Ehe mit der schweizerischen Ehefrau geborenen Kinder hätte die
Fremdenpolizeibehörde zu Fragen über die Beziehung des Beschwerdeführers zu
deren Mutter veranlasst. Die pflichtgemässe Offenlegung der effektiven
familiären Verhältnisse wäre der Erteilung der Niederlassungsbewilligung
zweifellos entgegengestanden. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, er habe
nur einen einmaligen sexuellen Kontakt zu seiner heutigen Ehefrau gepflegt,
er habe gutgläubig davon ausgehen können, nicht der Vater der Zwillinge zu
sein, und er habe sich von der schweizerischen Ehefrau nur unter Druck seiner
Familie scheiden lassen und im Interesse der Kinder die frühere Ehefrau
wieder geheiratet, sind unglaubwürdig. Als er sich 1997 entschied, eine
Schweizer Bürgerin zu heiraten, vermochten ihn offensichtlich weder sein
Verantwortungsbewusstsein für die beiden damals bereits geborenen Kinder noch
seine Familie daran zu hindern, sich von der ersten Ehefrau scheiden zu
lassen und diese mit den beiden Kindern im Heimatland zurückzulassen. Zudem
fällt auf, dass der Beschwerdeführer während der gesamten Dauer der Ehe in
der Schweiz seine Ferien jeweils ohne seine schweizerische Ehefrau im
Heimatland verbrachte, wo seine beiden älteren Kinder nach seinen eigenen
Angaben nur wenige Kilometer vom Wohnort ihrer Mutter entfernt lebten.
Nachdem der Beschwerdeführer die Niederlassungsbewilligung erhalten hatte,
teilte er seiner schweizerischen Ehefrau unvermittelt mit, dass er sich von
ihr scheiden lassen wolle. Wenn seine Familie in der Lage war, nach Erhalt
der Niederlassungsbewilligung auf ihn Druck auszuüben, so muss während all
den Jahren ein enger Kontakt zwischen seiner heutigen Ehefrau (und ihren
Kindern) und seiner Familie bestanden haben. Dies lässt jedoch die
Darstellung des Beschwerdeführers, es habe sich um einen einmaligen sexuellen
Kontakt gehandelt und er habe davon ausgehen dürfen, dass er nicht der Vater
der Zwillinge sei, als unwahrscheinlich erscheinen. Ein nicht im Zusammenhang
mit der Anwesenheitsberechtigung in der Schweiz stehender einleuchtender
Grund, den Vaterschaftstest erst nach Erhalt der Niederlassungsbewilligung
durchzuführen, ist im Übrigen nicht ersichtlich. Aufgrund der gesamten
Umstände ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer durch planmässige
Vorkehren (Scheidung von der ersten Ehefrau, Heirat mit einer Schweizer
Bürgerin und Scheidung von dieser nach Erhalt der Niederlassungsbewilligung,
erneute Heirat mit der früheren Ehefrau) und wissentliches Verschweigen
wesentlicher Tatsachen die Erteilung der Niederlassungsbewilligung
erschlichen hat mit dem Ziel, seiner im Heimatland zurückgebliebenen Familie
eine Anwesenheitsberechtigung in der Schweiz zu verschaffen. Die
Voraussetzungen für den Widerruf der Niederlassungsbewilligung gemäss Art. 9
Abs. 4 lit. a ANAG sind somit erfüllt.

2.3 Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung erweist sich im vorliegenden
Fall auch als verhältnismässig. Der Beschwerdeführer ist im ehemaligen
Jugoslawien aufgewachsen und im Alter von knapp 24 Jahren erstmals in die
Schweiz gekommen. Während der ersten sechs Jahre, bis Ende 1996, weilte er
nur als Saisonnier hier und vom Dezember 1996 bis zu seiner Heirat mit der
schweizerischen Ehefrau hielt er sich als Asylbewerber in der Schweiz auf.
Über eine Ganzjahresaufenthaltsbewilligung verfügte er bis zum Widerruf
während acht Jahren. Offenbar hat er sich hier beruflich eingelebt und zu
keinen Klagen Anlass gegeben. Seine Integration hält sich aber im Rahmen des
Normalen. Ins Gewicht fällt sodann, dass seine heutige Ehefrau sowie die vier
gemeinsamen Kinder im Heimatland leben und dass der Beschwerdeführer mit den
dortigen kulturellen und gesellschaftlichen Gepflogenheiten nach wie vor
bestens vertraut ist. Hinweise darauf, dass diese Feststellungen
offensichtlich unrichtig wären, sind nicht ersichtlich und gehen namentlich
auch nicht aus den Vorbringen des Beschwerdeführers hervor. Dem
Beschwerdeführer ist daher zuzumuten, in sein Heimatland zurückzukehren.
Unter diesen Umständen fällt der Nachzug der Familie ausser Betracht, weshalb
die Vorinstanz auf das entsprechende Gesuch zu Recht nicht eingetreten ist.

3.
3.1 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich somit als offensichtlich
unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Zur
Begründung kann ergänzend auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid
verwiesen werden (Art. 36a Abs. 3 OG). Mit dem Entscheid in der Sache wird
das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. Es ist Aufgabe der
kantonalen Fremdenpolizeibehörden, dem Beschwerdeführer eine angemessene
Ausreisefrist anzusetzen.

3.2 Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer
kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 und Art. 153a
OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Departement des Innern und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn sowie dem Bundesamt für Migration
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. April 2006

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: