Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.126/2006
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2A.126/2006 /vje

Urteil vom 1. Juni 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Georg Sutter,

gegen

Regierungsrat des Kantons Zürich,
Kaspar Escher-Haus, 8090 Zürich,
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, 4. Kammer,
Militärstrasse 36, Postfach, 8090 Zürich.

Ausweisung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich vom

25. Januar 2006.

Sachverhalt:

A.
Der mazedonische Staatsangehörige X.________ (geb. 1968) erhielt - nach
mehreren Saisonbewilligungen ab der zweiten Hälfte der achtziger Jahre - 1993
erstmals eine Aufenthaltsbewilligung. Seit 1999 ist er im Besitz der
Niederlassungsbewilligung.

1988 hatte X.________ in der Heimat eine Landsfrau geheiratet. Aus dieser Ehe
stammen die drei Kinder A.________ (geb. 1989), B.________ (geb. 1990) und
C.________ (geb. 1994). Die Ehefrau, welche über eine Aufenthaltsbewilligung
verfügt, sowie die heute hier niederlassungsberechtigten Kinder reisten 1998
im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz ein.

B.
Am 12. Mai 2004 verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich X.________ in
zweiter Instanz wegen mehrfacher Widerhandlung gegen das
Betäubungsmittelgesetz, mehrfacher Geldwäscherei sowie wegen Widerhandlung
gegen das Waffengesetz zu acht Jahren und drei Monaten Zuchthaus. Zudem
sprach das Obergericht gegen X.________ eine Landesverweisung von zehn Jahren
aus. Der Vollzug dieser Nebenstrafe wurde unter Ansetzung einer Probezeit von
vier Jahren jedoch bedingt aufgeschoben. X.________ befand sich seit dem 10.
April 2001 im vorzeitigen Strafvollzug. Mit Verfügung vom 29. August 2005
wurde er auf den 2. November 2005 bedingt aus dem Strafvollzug entlassen.

C.
Mit Beschluss vom 20. Juli 2005 wies der Regierungsrat des Kantons Zürich
X.________ für die Dauer von zehn Jahren aus der Schweiz aus. Eine gegen
diesen Beschluss erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Zürich mit Entscheid vom 25. Januar 2006 ab.

D.
Mit Eingabe vom 1. März 2006 führt X.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde
beim Bundesgericht mit den Anträgen, das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich vom 25. Januar 2006 sowie den Entscheid des Regierungsrates
des Kantons Zürich vom 20. Juli 2005 aufzuheben und die Direktion für
Soziales und Sicherheit anzuweisen, dem Beschwerdeführer die
Niederlassungsbewilligung zu belassen.
Die Direktion für Soziales und Sicherheit des Kantons Zürich beantragt - für
den Regierungsrat - Abweisung der Beschwerde. Das Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten sei. Das Bundesamt für Migration beantragt, die Beschwerde
abzuweisen.

E.
Mit Verfügung vom 23. März 2006 hat der Abteilungspräsident der Beschwerde -
antragsgemäss - aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Gegen die sich auf Art. 10 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über
Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) stützende
Ausweisungsverfügung ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (Art. 100
Abs. 1 lit. b Ziff. 4 e contrario; BGE 114 Ib E. 1a S. 2), und der
Beschwerdeführer ist hierzu legitimiert (Art. 103 lit. a OG).
Anfechtungsgegenstand bildet dabei aber einzig das verwaltungsgerichtliche
Urteil (vgl. Art. 98 lit. g i.V.m. Art. 98a OG). Soweit der Beschwerdeführer
auch die Aufhebung des regierungsrätlichen Beschlusses verlangt, ist auf sein
Begehren nicht einzutreten (vgl. BGE 125 II 29 E. 1c S. 33; 117 Ib 414 E. 1d
S. 417).

1.2 Das Bundesgericht wendet auf Verwaltungsgerichtsbeschwerde hin das
Bundesrecht von Amtes wegen an; es ist an die von den Parteien vorgebrachten
Begründungen nicht gebunden und kann die Eingabe auch aus anderen als den
geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen (Art. 114 Abs. 1 OG; BGE
128 II 145 E. 1.2.2 S. 150 f.). Hat - wie hier - eine richterliche Behörde
als Vorinstanz entschieden, so ist deren Sachverhaltsfeststellung
verbindlich, sofern diese nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder
unter Verletzung wesentlicher Verfahrensgarantien erfolgt ist (Art. 105 Abs.
2 OG).

2.
2.1 Die Niederlassungsbewilligung erlischt u.a. mit der Ausweisung (Art. 9
Abs. 3 lit. b ANAG). Gemäss Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG kann ein Ausländer aus
der Schweiz ausgewiesen werden, wenn er wegen eines Verbrechens oder
Vergehens gerichtlich bestraft wurde. Die Ausweisung soll jedoch nur
ausgesprochen werden, wenn sie nach den gesamten Umständen angemessen
erscheint (Art. 11 Abs. 3 ANAG). Hierbei sind vor allem die Schwere des
Verschuldens des Ausländers, die Dauer seiner Anwesenheit in der Schweiz und
die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen (Art. 16
Abs. 3 der Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949 zum Bundesgesetz über
Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer, ANAV; SR 142.201). Ob eine
Ausweisung im Sinne der Art. 11 Abs. 3 ANAG und Art. 16 Abs. 3 ANAV
"angemessen", d.h. verhältnismässig sei, ist eine Rechtsfrage, die vom
Bundesgericht im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde frei geprüft
wird (Art. 104 lit. a OG). Dem Bundesgericht ist es jedoch verwehrt, sein
eigenes Ermessen - im Sinne einer Überprüfung der Zweckmässigkeit
(Opportunität; vgl. 116 Ib 353 E. 2b) der Ausweisung - an die Stelle
desjenigen der zuständigen kantonalen Behörde zu setzen (BGE 125 II 105 E. 2a
S. 107, mit Hinweisen).

Die Prüfung der entscheidenden Frage der Verhältnismässigkeit ist gestützt
auf die gesamten wesentlichen Umstände des Einzelfalles vorzunehmen (BGE 125
II 521 E. 2b S. 523 f. mit Hinweisen).

2.2 Sodann ist das in Art. 8 EMRK garantierte Recht auf Achtung des
Familienlebens zu berücksichtigen: Hat ein Ausländer - wie hier - nahe
Verwandte mit gefestigtem Anwesenheitsrecht in der Schweiz und ist diese
familiäre Beziehung intakt und wird sie tatsächlich gelebt, dann kann es das
in Art. 8 Ziff. 1 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV garantierte Recht auf Achtung
des Familienlebens verletzen, wenn ihm die Anwesenheit in der Schweiz
untersagt wird (BGE 129 II 193 E. 5.3.1). Nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK darf eine
Behörde in die Ausübung des Rechts nach Ziff. 1 dieser Bestimmung nur
eingreifen, wenn der Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und in einer
demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche
Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung
der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder
Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.

2.3 Die formellen Voraussetzungen für eine Ausweisung des Beschwerdeführers
sind aufgrund der ergangenen strafrechtlichen Verurteilung gegeben. Er wurde
wegen gravierender Drogendelinquenz mit einer langjährigen Zuchthausstrafe
belegt. Unter diesen Umständen besteht ein gewichtiges öffentliches Interesse
an seiner Entfernung und Fernhaltung aus der Schweiz (vgl. zur strengen
Praxis des Bundesgerichts bei Drogendelikten BGE 125 II 521 E. 4a S. 527, mit
Hinweisen).
Die kantonalen Behörden haben sodann die für die Beurteilung der
Verhältnismässigkeit der Ausweisung zu berücksichtigenden Kriterien
zutreffend dargelegt. Sie haben zu Recht grosses Gewicht auf die begangenen
Straftaten gelegt und das Verschulden in Berücksichtigung der Ausführungen im
rechtskräftigen Strafurteil vom 12. Mai 2004 als schwer qualifiziert. Der
Beschwerdeführer hatte mit einer Menge in der Grössenordnung von 40 kg
Heroingemisch delinquiert, wobei von einem Reinheitsgrad von bis zu 65 %
auszugehen war (Strafurteil S. 6/7). Zwar gehörte der Beschwerdeführer nicht
zur Spitze der Drogenhandels-Hierarchie, er hatte aber als "Drehscheibe" auf
"mindestens mittlerem Niveau fungiert" (Strafurteil S. 7). Das Mass seines
Verschuldens, welches Ausgangspunkt der für den Ausweisungsentscheid
vorzunehmenden Interessenabwägung bildet, kommt in der verhängten
Freiheitsstrafe von acht Jahren und drei Monaten zum Ausdruck. Dabei kann der
Beschwerdeführer aus dem Umstand, dass der Strafrichter für die angeordnete
Landesverweisung den bedingten Strafvollzug gewährt hat, entgegen seiner
Auffassung nichts zu seinen Gunsten ableiten (BGE 129 II 215 E. 3.2 S. 216).

2.4 Der Beschwerdeführer wendet weiter ein, das Verwaltungsgericht habe in
rechtsverletzender Weise dem Resozialisierungsgedanken nicht Rechnung
getragen. Das Obergericht habe im Strafurteil erkannt, dass der
Beschwerdeführer glaubhaft Reue und Einsicht gezeigt habe. Die
fremdenpolizeilichen Vorinstanzen hätten sich zu Unrecht von rein
generalpräventiven Überlegungen leiten lassen.

Diesem Einwand ist entgegenzuhalten, dass das Bundesgericht in der
Interessenabwägung nach Art. 11 Abs 3 ANAG bzw. bei Art. 8 EMRK neben der
Schwere der begangenen Delikte zwar regelmässig auch die Rückfallgefahr und
den Resozialisierungsgedanken einbezieht. Die Prognose über das künftige
Wohlverhalten gibt in dieser Abwägung aber nicht den Ausschlag (BGE 130 II
176 E. 4.2 S. 185 mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer kann sich nicht auf
die in Art. 5 Anhang I zum Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der
Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen
Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit
(Freizügigkeitsabkommen, FZA; SR 0.142.112.681) enthaltene Sonderregelung
berufen, wonach nur eine effektiv weiterhin drohende schwere Gefährdung der
öffentlichen Ordnung oder Sicherheit eine Ausweisung zu rechtfertigen vermag
(vgl. BGE 130 II 176 E. 4.2 S. 185).

2.5 Auch die übrigen objektiven Sachumstände rechtfertigen die ergangene
Ausweisung. Zwar dürfte es dem Beschwerdeführer aufgrund der langen
Aufenthaltsdauer in der Schweiz (bald 20 Jahre) nicht leicht fallen, nach
Mazedonien zurückzukehren. Andererseits hat er die prägenden Jugendjahre in
der Heimat verbracht, und auch seine Ehefrau stammt von dort. Er liess sich
in der Schweiz zum Maurer und Kranführer ausbilden (angefochtenes Urteil S.
6/7) und hat gewisse Chancen, sich in der Heimat eine neue Existenz
aufzubauen, zumal er von seinen verstorbenen Eltern im Heimatland auch noch
ein Haus mit fünf Zimmern geerbt hat. Die privaten Interessen des
Beschwerdeführers am Verbleiben in der Schweiz vermögen das öffentliche
Interesse an seiner Fernhaltung daher nicht zu überwiegen.

2.6 Wohl fallen die gegenläufigen Interessen seiner Ehefrau, die eine
Aufenthaltsbewilligung besitzt, sowie diejenigen seiner drei
niederlassungsberechtigten Kinder ins Gewicht. Die Schwere der hier
begangenen Delikte lässt eine besondere Rücksichtnahme indessen nicht zu
(vgl. Urteile 2A.427/2005 vom 3. Januar 2006, E. 2.4, und 2A.364/2001 vom 18.
Oktober 2001, E. 3b/cc); jedenfalls wiegt das Verschulden des
Beschwerdeführers derart schwer, dass seine Ausweisung trotz der
einschneidenden Auswirkungen auf seine Familie bzw. auf die Beziehungen zu
seiner Familie als verhältnismässig erscheint und vor Art. 8 EMRK standhält.

3.
Nach dem Gesagten ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde als unbegründet
abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art.
156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG). Eine Parteientschädigung ist
nicht geschuldet (Art. 159 Abs. 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Regierungsrat und dem
Verwaltungsgericht (4. Abteilung, 4. Kammer) des Kantons Zürich sowie dem
Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 1. Juni 2006

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: