Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.88/2006
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1P.88/2006 /gij

Urteil vom 5. April 2006

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Fonjallaz,
Gerichtsschreiber Haag.

X. ________, Beschwerdeführer,

gegen

Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Bäumleingasse 1, 4051 Basel.

Strafverfahren,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen die Verfügung des Appellationsgerichts des
Kantons Basel-Stadt vom 19. Januar 2006.

Sachverhalt:

A.
Der Strafbefehlsrichter des Kantons Basel-Stadt auferlegte X.________ mit
Strafbefehl vom 29. März 2005 eine Busse von Fr. 100.- und eine Urteilsgebühr
von Fr. 30.-, weil der Gebüsste am 20. Oktober 2004 seinen Personenwagen an
der Theodor Herzl-Strasse in Basel in 2. Position auf der Fahrbahn mit
Behinderung der übrigen Verkehrsteilnehmer abgestellt habe. X.________ erhob
gegen den Strafbefehl Einsprache. Er erschien jedoch nicht zur Verhandlung
vor dem Strafgerichtspräsidenten vom 7. November 2005, weshalb dieser die
Einsprache mit Verfügung vom 30. November 2005 als zurückgezogen abschrieb (§
139 der Strafprozessordnung des Kantons Basel-Stadt, StPO).

Mit Schreiben an den Strafgerichtspräsidenten vom 20. Dezember 2005 erklärte
X.________, er habe von der Verhandlung vom 7. November 2005 keine Kenntnis
gehabt, wahrscheinlich weil ihm die Vorladung während seiner
Auslandabwesenheit zwischen dem 20. September und Ende Oktober 2005
zugestellt worden sei. Der Strafgerichtspräsident nahm das Schreiben als
Wiedereinsetzungsgesuch entgegen und wies das Gesuch mit Verfügung vom 27.
Dezember 2005 ab. Zur Begründung führte er aus, wer Einsprache erhebe, habe
dafür zu sorgen, dass er für das Gericht jederzeit erreichbar sei. Er müsse
insbesondere eingeschriebene Sendungen beachten und sie nicht einfach wieder
zurückgehen lassen. Bei Abwesenheit habe er seine Postannahme
sicherzustellen, allenfalls mittels Stellvertreter.

Gegen diese Verfügung erhob X.________ am 15. Januar 2006 Beschwerde beim
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt und stellte verscheidene Gesuche
um prozessleitende Anordnungen. Mit Verfügung vom 19. Januar 2006 wies der
Appellationsgerichtspräsident die Gesuche um Kostenerlass und um
aufschiebende Wirkung ab. Nicht eingetreten ist er auf ein Gesuch um
Erstreckung der Begründungsfrist. Gleichzeitig setzte er eine Frist zur
Bezahlung eines Kostenvorschusses an, widrigenfalls die Beschwerde
dahinfalle. Mit Schreiben vom 6. Februar 2006 an den
Appellationsgerichtspräsidenten beantragt X.________ die Aufhebung der
Verfügung vom 19. Januar 2006 bzw. die Weiterleitung der Eingabe an die
zuständige Beschwerdeinstanz.

B.
Das Appellationsgericht hat die Eingabe vom 6. Februar 2006 unter Beilage der
Verfahrensakten an das Bundesgericht als allfällige Beschwerdeinstanz
weitergeleitet.

Es beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden
kann. Der Beschwerdeführer hat sich mit Eingabe vom 16. März 2006 zur
Stellungnahme des Appellationsgerichtspräsidenten geäussert.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Gegen den angefochtenen Entscheid steht kein anderes Rechtsmittel als die
staatsrechtliche Beschwerde zur Verfügung (Art. 84 ff. OG). Diese ist unter
dem Vorbehalt gehörig begründeter Rügen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 131 I
377 E. 4.3 S. 385; 129 I 281 E. 1.1 und 2 S. 284, je mit Hinweisen)
grundsätzlich zulässig.

2.
Der angefochtene Entscheid wird damit begründet, dass Beschwerden an das
Appellationsgericht innert der gesetzlichen Frist von 10 Tagen einzureichen
und zu begründen seien (§187 StPO). Diese Frist könne nicht erstreckt werden.
Die vorliegende, am letzten Tag der Frist der Post übergebene Beschwerde sei
nicht begründet. Das Appellationsgericht werde darauf nicht eintreten können.
Die Beschwerde erweise sich bereits aus diesem Grund als aussichtslos. Für
aussichtslose Rechtsmittel könne der Kostenerlass nicht gewährt werden. Einer
aussichtslosen Beschwerde könne auch nicht die aufschiebende Wirkung
zuerkannt werden.

Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe in seiner Beschwerde kurz
begründet, dass ihm durch die Verfügungen des Strafgerichts nicht wieder
gutzumachende Nachteile entstehen. Eine ausführliche Begründung sei ihm nicht
möglich gewesen. Nach § 169 Abs. 3 StPO sei eine Fristerstreckung für die
Begründung des Rechtsmittels möglich. Deren Verweigerung sei willkürlich.

Der vom Beschwerdeführer genannte § 169 Abs. 3 StPO betrifft nicht die
Beschwerde an das Appellationsgericht (§§ 184 ff. StPO), sondern die
Einsprache und den Rekurs im Sinne der §§ 166 ff. StPO. Bei diesen
Rechtsmitteln kann ausnahmsweise eine Nachfrist für die Begründung eingeräumt
werden, wenn besondere Gründe dies rechtfertigen. Diese Möglichkeit besteht
nach § 187 StPO bei den Beschwerden an das Appellationsgericht nicht. Der
Beschwerdeführer macht denn auch nicht geltend, es bestehe eine kantonale
Praxis, welche die Einräumung einer Nachfrist zur Begründung auch bei
Beschwerden an das Appellationsgericht erlaube. Der Entscheid des
Appellationsgerichtspräsidenten hält diesbezüglich jedenfalls vor dem
Willkürverbot (Art. 9 BV) stand. Auch die Auffassung des
Appellationsgerichtspräsidenten, die Eingabe des Beschwerdeführers vom 15.
Januar 2006 sei nicht begründet und somit aussichtslos, ist nicht zu
beanstanden. Somit erweist sich die Verweigerung des Kostenerlasses und der
aufschiebenden Wirkung ebenfalls nicht als unhaltbar.

3.
Die vorliegende Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf eingetreten
werden kann. Auf die Erhebung einer Gerichtsgebühr kann unter Beachtung der
Umstände der vorliegenden Angelegenheit ausnahmsweise verzichtet werden (Art.
156 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Appellationsgericht des
Kantons Basel-Stadt schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. April 2006

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: