Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.824/2006
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2006
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2006


{T 0/2}
1P.824/2006 /ggs

Urteil vom 16. April 2007

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aeschlimann, Fonjallaz,
Gerichtsschreiber Steinmann.

Z. ________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Marie-Christine
Müller Leu,

gegen

Einwohnergemeinde Teufenthal, 5723 Teufenthal, vertreten durch den
Gemeinderat, Gemeindekanzlei, 5723 Teufenthal,

Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau, Justizabteilung,
Sektion Bürgerrecht und Personenstand, Bleichemattstrasse 1, Postfach 2254,
5001 Aarau.

Einbürgerung, Art. 29 Abs. 2 BV,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss der Gemeindeversammlung
Teufenthal vom 24. November 2006.
Sachverhalt:

A.
Der Gemeinderat von Teufenthal unterbreitete der Einwohner- und
Ortsbürger-Gemeindeversammlung vom 24. November 2006 den Antrag auf
Einbürgerung von Z.________, bosnisch-montenegrinischer Staatsbürger, geboren
1971, und dessen Tochter A.________, geboren 2005.

Nach unbenützter Diskussion lehnte die Gemeindeversammlung das
Einbürgerungsgesuch in offener Abstimmung mit 36 Nein gegen 24 Ja ab. Dieser
Entscheid ist dem Gesuchsteller am 28. November 2006 mitgeteilt worden.

B.
Gegen diesen Entscheid hat Z.________ beim Bundesgericht am 15. Dezember 2006
staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Er rügt eine Verletzung von Art. 29 Abs.
2 BV mangels Begründung des negativen Einbürgerungsentscheides.

Der Gemeinderat Teufenthal beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das
Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau hat auf
Vernehmlassung verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Der angefochtene Beschluss und die staatsrechtliche Beschwerde stammen
aus dem Jahre 2006. Demnach ist nach Art. 132 Abs. 1 des
Bundesgerichtsgesetzes noch das Bundesgesetz über die Organisation der
Bundesrechtspflege (OG) anwendbar.

Der angefochtene Beschluss kann mit keinem kantonalen Rechtsmittel
angefochten werden, stellt einen kantonal letztinstanzlichen Entscheid gemäss
Art. 86 Abs. 1 OG dar und unterliegt somit direkt der staatsrechtlichen
Beschwerde (vgl. § 16 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über das Kantons- und
Gemeindebürgerrecht [KBüG]; nicht publizierte E. 1.1 von BGE 131 I 18; nicht
publizierte E. 1 von BGE 132 I 196).

1.2 Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, dass er nach dem kantonalen
Bürgerrechtsgesetz einen Anspruch auf Einbürgerung habe. Für die Bejahung
seiner Legitimation gemäss Art. 88 OG muss er daher in unmittelbar durch die
Bundesverfassung geschützten Interessen betroffen sein.
Als Partei im kantonalen Verfahren kann der Beschwerdeführer die Verletzung
von bundesverfassungsrechtlichen Verfahrensgarantien rügen, deren Missachtung
eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Das gilt für Rügen der Verletzung
des rechtlichen Gehörs gemäss Art. 29 Abs. 2 BV und trifft namentlich zu,
wenn das gänzliche Fehlen einer Begründung des angefochtenen Entscheides
beanstandet wird (BGE 129 I 217 E. 1.4 S. 222).

1.3 Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.
2.1 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung unterliegen ablehnende
Einbürgerungsentscheide der Begründungspflicht im Sinne von Art. 29 Abs. 2
BV. Es besteht keine feste Praxis, wie den verfassungsrechtlichen
Anforderungen im Einzelnen nachzukommen ist. Verweigert eine
Gemeindeversammlung entgegen dem Antrag des Gemeinderates eine Einbürgerung,
wird sich die Begründung hierfür in erster Linie aus den Wortmeldungen
ergeben müssen. Findet keine Diskussion statt, so fehlt es an einer
Begründung, und es kann eine solche in aller Regel auch im Nachhinein nicht
erstellt werden (BGE 132 I 196 E. 3.1 S. 197, mit Hinweisen).

2.2 Im vorliegenden Fall hat der Gemeinderat die Gründe für die Einbürgerung
des Beschwerdeführers zuhanden der Gemeindeversammlung sehr ausführlich
dargelegt. Anlässlich der Gemeindeversammlung hat der Gemeindeammann darauf
hingewiesen, dass ein abschlägiger Bescheid begründet werden müsste.

In der Gemeindeversammlung wurde das Wort nicht ergriffen und es fand
keinerlei Diskussion statt. Bei dieser Sachlage fehlt die von Art. 29 Abs. 2
BV geforderte Begründung. Die Beschwerde erweist sich daher als begründet.

3.

Demnach ist die Beschwerde gutzuheissen und der Beschluss der
Gemeindeversammlung Teufenthal vom 24. November 2006 aufzuheben. Die
Gemeindeversammlung wird einen neuen, den verfassungsrechtlichen
Anforderungen genügenden Entscheid zu treffen haben.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 156 OG).
Die Gemeinde Teufenthal hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren zu entschädigen.

Die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers hat eine Kostennote eingereicht.
In Anbetracht der gesamten Umstände rechtfertigt es sich, die
Parteientschädigung gestützt auf den Tarif über die Entschädigungen an die
Gegenpartei für das Verfahren vor dem Bundesgericht (SR 173.119.1) auf Fr.
2'200.-- festzusetzen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen und der Beschluss der
Gemeindeversammlung Teufenthal vom 24. November 2006 aufgehoben.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Die Gemeinde Teufenthal hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'200.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und der Einwohnergemeinde Teufenthal
sowie dem Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau,
Justizabteilung, Sektion Bürgerrecht und Personenstand, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 16. April 2007

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: