Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.810/2006
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1P.810/2006 /zga

Urteil vom 2. Juli 2007

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aeschlimann, Fonjallaz,
Gerichtsschreiberin Schoder.

1. X.________,
2.Y.________,
Beschwerdeführer, beide vertreten durch Fürsprecher Sascha Schürch,

gegen

Z.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch Fürsprecher
Alfred Haldimann,
Obergericht des Kantons Bern, 2. Strafkammer, Hochschulstrasse 17,
Postfach 7475, 3001 Bern.

Strafverfahren,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons
Bern, 2. Strafkammer,
vom 21. Juli 2006.

Sachverhalt:

A.
A.a X.________ und Y.________ waren Pächter des im Eigentum von Z.________
stehenden Hotels und Restaurants "Berghaus A.________" im ...tal. Nachdem die
Pächter gewisse Auflagen der Betriebsbewilligung missachtet hatten, verfügte
der Regierungsstatthalter von Frutigen die Schliessung des Hotel- und
Restaurantbetriebs und, da dennoch Gäste bewirtet wurden, die Versiegelung.

Z. ________ kündigte das Pachtverhältnis am 15. Mai 2003 fristlos. X.________
und Y.________ leiteten in der Folge beim Mietamt Frutigen ein
Schlichtungsverfahren ein. Z.________ seinerseits beantragte beim
Gerichtskreis XII Frutigen-Niedersimmental ein Exmissionsverfahren. Am 2.
Juli 2003 erliess der Gerichtspräsident 1 des Gerichtskreises XII
Frutigen-Niedersimmental eine superprovisorische Exmissionsverfügung mit der
Aufforderung an X.________ und Y.________, die Liegenschaft "Berghaus
A.________" innert einem Tag seit Erhalt der Verfügung bis 18.00 Uhr zu
verlassen und in besenreinem und geräumtem Zustand an Z.________ zu
übergeben, unter Androhung der Ersatzvornahme auf Kosten von X.________ und
Y.________ sowie unter Androhung der Strafen gemäss Art. 404 Abs. 4 i.V.m
Art. 403 des Gesetzes des Kantons Bern vom 7. Juli 1918 über die
Zivilprozessordnung [ZPO/BE] im Falle der Widerhandlung gegen den
Räumungsbefehl.

A.b Am 20. Oktober 2005 verurteilte der Gerichtspräsident 1 des
Gerichtskreises XII Frutigen-Niedersimmental X.________ wegen Ungehorsams
gegen eine amtliche Verfügung, begangen am 7. Juli 2003 auf der ...alp zum
Nachteil von Z.________, zu einer Busse von Fr. 800.--, bedingt löschbar im
Strafregister nach Ablauf einer einjährigen Probezeit. Vom Vorwurf der
Beschimpfung wurde X.________ freigesprochen. Y.________ wurde ebenfalls
wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung, begangen am 7. Juli 2003 auf
der ...alp zum Nachteil von Z.________ gebüsst. Im Zivilpunkt wurden
X.________ und Y.________ unter solidarischer Haftbarkeit zur Bezahlung von
Fr. 3'736.-- zuzüglich Zins an Z.________ verurteilt. Im darüber hinaus
gehenden Betrag wies der Gerichtspräsident die Klage von Z.________ ab.

Z. ________ seinerseits wurde in demselben Urteil von den Anschuldigungen der
Tätlichkeiten, der Anstiftung zu Nötigung und zu Hausfriedensbruch, angeblich
zum Nachteil von X.________, freigesprochen. Wegen Beschimpfung zum Nachteil
von X.________ wurde er zwar schuldig erklärt, jedoch von Strafe befreit. Die
von X.________ erhobene Zivilklage wurde zurückgewiesen.

X. ________ und Y.________ erhoben gegen das Urteil des Gerichtspräsidenten
Appellation, welche sie auf die Verurteilung wegen Ungehorsams gegen eine
amtliche Verfügung, die teilweise Gutheissung der Zivilklage von Z.________
sowie den Freispruch von Z.________ von den Anschuldigungen der Tätlichkeiten
und der Anstiftung zu Nötigung und Hausfriedensbruch beschränkten.

Mit Urteil vom 21. Juli 2006 sprach das Obergericht des Kantons Bern, 2.
Strafkammer, X.________ und Y.________ der böswilligen Nichtvornahme einer
richterlich auferlegten Handlung (Art. 404 ZPO/BE) schuldig und verurteilte
sie zu einer Busse von Fr. 800.-- resp. Fr. 400.--, beide vorzeitig löschbar
im Strafregister nach Ablauf einer einjährigen Probezeit. Zudem verpflichtete
das Obergericht X.________ und Y.________ zur Bezahlung von Schadenersatz an
Z.________ in der Höhe von Fr. 1'868.-- zuzüglich Zins unter solidarischer
Haftbarkeit. Im darüber hinausgehenden Betrag wies es die Zivilklage von
Z.________ ab.

Z. ________ wurde in demselben Urteil von der Anschuldigung der Tätlichkeiten
freigesprochen, der Anstiftung zu Nötigung und Hausfriedensbruch schuldig
befunden und zu einer Busse von Fr. 3'000.--, vorzeitig löschbar nach Ablauf
einer zweijährigen Probezeit, verurteilt.

In den übrigen Punkten stellte das Obergericht den Eintritt der Rechtskraft
des erstinstanzlichen Urteils fest.

B.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde beantragen X.________ und Y.________, das
Urteil des Obergerichts sei aufzuheben, und der Beschwerde sei die
aufschiebende Wirkung zu erteilen.

C.
Das Obergericht verzichtet auf Vernehmlassung. Z.________ als privater
Beschwerdegegner (nachfolgend Beschwerdegegner) beantragt
Beschwerdeabweisung. Die Beschwerdeführer ihrerseits verzichten auf eine
Vernehmlassung zur Stellungnahme des Beschwerdegegners.

D.
Mit Verfügung vom 24. Januar 2007 hat der Präsident der I.
öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde
aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das angefochtene Urteil erging am 21. Juli 2006 und damit vor Inkrafttreten
des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005
(Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110) am 1. Januar 2007. Demzufolge richtet
sich das Beschwerdeverfahren nach dem bisherigen Recht (Art. 84 ff. OG; Art.
132 Abs. 1 BGG, e contrario).

2.
2.1 Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss die Beschwerdeschrift die wesentlichen
Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche
verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze inwiefern durch den
angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Im staatsrechtlichen
Beschwerdeverfahren prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene
Rügen. Auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am
angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f.,
mit Hinweisen).

2.2 Zum einen rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung ihres
Gehörsanspruchs, da das Obergericht es abgelehnt habe, die schriftlichen
Stellungnahmen von nicht einvernommenen Zeugen zu den Akten zu nehmen. Der
Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) ist verletzt, wenn einem
Beweismittel zum vornherein jede Erheblichkeit abgesprochen wird, ohne dass
hierfür sachliche Gründe angegeben werden können (BGE 114 II 289 E. 2a S.
291). Vorliegend legen die Beschwerdeführer indessen nicht rechtsgenüglich
dar, inwiefern und bezüglich welcher Sachverhaltselemente die Stellungnahmen
der Zeugen beweiserheblich gewesen wären, sondern sie verweisen pauschal auf
einige Aktenstücke, aus denen sich die Beweiserheblichkeit ergeben soll. In
diesem Punkt ist die Beschwerde ungenügend begründet und ist darauf nicht
einzutreten.

2.3 Im Zusammenhang mit dem Vorwurf der böswilligen Nichtvornahme einer
richterlich auferlegten Handlung machen die Beschwerdeführer zum anderen eine
Verletzung des Willkürverbots bei der Sachverhaltsermittlung und der
Beweiswürdigung geltend .
Das Obergericht schützte das Ergebnis der Sachverhaltsermittlung der
Vorinstanz, wonach der Beschwerdegegner entgegen den Behauptungen der
Beschwerdeführer nicht bereits am 7. Juli 2003, sondern erst am 8. Juli 2003,
d.h. am Tag nach Ablauf der Exmissionsfrist, mit der ersatzweise
vorgenommenen Räumung der Liegenschaft "Berghaus A.________" begonnen hatte.
Die Vorinstanz habe zu Recht auf den Bericht der Kantonspolizei Bern und
denjenigen der Gemeinde Reichenbach abgestellt. Das Obergericht führte weiter
aus, dass die Beschwerdeführer weder aus diesen Berichten noch aus den
Zeugenaussagen etwas zu ihren Gunsten ableiten könnten. Gleich verhalte es
sich mit einer Rechnung, in der das Lieferdatum von Schlosszylindern
angegeben worden sei. Auch treffe nicht zu, dass die Exmissionsfrist zu kurz
bemessen worden sei. Erstens hätten die Beschwerdeführer die Liegenschaft
"Berghaus A.________" bereits am 30. Juni 2003 verlassen müssen und zweitens
hätten sie selbst ihre für den Umzug aufgebotenen Helfer erst auf den
Nachmittag des 7. Juli 2003 bestellt, was reichlich spät sei und ihre Haltung
gezeigt habe, "es darauf ankommen zu lassen". Auch habe der Beschwerdeführer
1 in der rogatorischen Einvernahme vor dem Bezirksamt Bremgarten nicht
erwähnt, dass es zu einem Zwischenfall mit dem Beschwerdegegner gekommen wäre
bzw. der Versuch, die Räume der Liegenschaft "Berghaus A.________" in
sauberem Zustand zu verlassen, von der Ersatzvornahme des Beschwerdegegners
torpediert worden wäre.

Die Beschwerdeführer zeigen in ihrer Beschwerde nicht rechtsgenüglich auf,
inwiefern die beweismässigen Schlüsse des Obergerichts unhaltbar sein sollen.
Sie beschränken sich über weite Strecken darauf, ihre eigene Auffassung
derjenigen des Obergerichts entgegenzusetzen und pauschal auf kantonale
Aktenstücke (Parteivortrag, Zeugenaussagen) hinzuweisen. Dies gilt
insbesondere für ihre Vorbringen, aus den Berichten der Kantonspolizei und
der Gemeinde könne sehr wohl etwas zu ihren Gunsten abgeleitet werden, der
Rückschluss des Obergerichts aufgrund der Aussagen des Beschwerdeführers 1 in
der rogatorischen Einvernahme sei falsch, und sie hätten nicht genügend Zeit
gehabt, um mit den Behörden wegen der Versiegelung gewisser Räume Kontakt
aufzunehmen. Damit sind die Beschwerdeführer nicht zu hören.

2.4 Nichts anderes gilt bezüglich der Rüge der Verletzung der
Unschuldsvermutung ("in dubio pro reo", Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Abs. 2
EMRK). Die Beschwerdeführer zeigen nicht auf, inwiefern erhebliche und nicht
zu unterdrückende Zweifel daran bestehen, ob sich der den Anschuldigungen
zugrunde liegende Sachverhalt so zugetragen hat. Auch in diesem Punkt kann
auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.

3.
Dem Gesagten zufolge ist die staatsrechtliche Beschwerde insgesamt ungenügend
begründet und ist demzufolge darauf nicht einzutreten. Ausgangsgemäss haben
die Beschwerdeführer unter solidarischer Haftbarkeit die Gerichtskosten zu
tragen (Art. 156 Abs. 1 und 7 OG) und den privaten Beschwerdegegner
angemessen zu entschädigen (Art. 159 Abs. 1, 2 und 5 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird den Beschwerdeführern auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführer haben den privaten Beschwerdegegner für das
bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 2.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 2. Juli 2007

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: