Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.805/2006
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1P.805/2006 /daa

Urteil vom 14. September 2007

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Fonjallaz,
Gerichtsschreiber Forster.

X. ________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Beat Rohrer,

gegen

Amtsstatthalteramt Sursee, Centralstrasse 24,
6210 Sursee,
Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Zentralstrasse 28, 6002 Luzern,
Obergericht des Kantons Luzern, Kriminal- und Anklagekommission,
Hirschengraben 16, 6002 Luzern.

Strafverfahren SVG; Kostenauflage an Nichtverurteilten,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons
Luzern, Kriminal- und Anklagekommission, vom 13. September 2006.

Sachverhalt:

A.
Am 22. Dezember 2005 ereignete sich ein Verkehrsunfall, an dem X.________
beteiligt war. Das Amtsstatthalteramt Sursee erliess am 21. Februar 2006 eine
Strafverfügung gegen X.________ und büsste ihn mit Fr. 150.-- wegen
mangelnder Aufmerksamkeit im Strassenverkehr (Art. 32 Abs. 1 i.V.m. Art. 90
Ziff. 1 SVG und Art. 4 Abs. 1 VRV). Ausserdem wurden ihm amtliche Kosten von
Fr. 112.50 auferlegt. Auf Einsprache des Angeschuldigten hin ergänzte das
Amtsstatthalteramt die Strafuntersuchung. Mit Verfügung vom 2. Juni 2006
stellte das Amtsstatthalteramt das Strafverfahren ein. Der strafrechtliche
Vorwurf wurde fallen gelassen, und die Untersuchungskosten wurden zulasten
des Staates abgeschrieben. Eine Anwaltskostenentschädigung wurde dem
Angeschuldigten nicht zugesprochen. Einen gegen die Verweigerung der
Parteientschädigung (in der Höhe von Fr. 1'359.20) erhobenen Rekurs wies das
Obergericht, Kriminal- und Anklagekommission, mit Entscheid vom 13. September
2006 ab.

B.
Gegen den Entscheid des Obergerichtes gelangte X.________ mit
staatsrechtlicher Beschwerde vom 5. Dezember 2006 an das Bundesgericht. Er
rügt eine Verletzung von Art. 32 Abs. 1 BV sowie Art. 6 Ziff. 2 EMRK und
beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides.

Die Staatsanwaltschaft und das Obergericht beantragen je die Abweisung der
Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist, während vom Amtsstatthalteramt
keine Stellungnahme eingegangen ist. Der Beschwerdeführer erhielt Gelegenheit
zur Replik, machte davon aber keinen Gebrauch.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der angefochtene Entscheid datiert vom 13. September 2006. Damit sind hier in
prozessualer Hinsicht die altrechtlichen Verfahrensvorschriften des OG
anwendbar (Art. 132 Abs. 1 BGG). Die erhobene staatsrechtliche Beschwerde
erweist sich im Lichte von Art. 84 ff. OG als zulässig.

2.
Im angefochtenen Entscheid wird die Verweigerung der Parteientschädigung an
den Nichtverurteilten im wesentlichen wie folgt begründet: Dass ein
Angeschuldigter sich im Strafverfahren durch einen Verteidiger verbeiständen
lassen kann, gehöre zwar zu den verfassungsmässig geschützten Garantien
unseres Rechtsstaates. Es bestehe jedoch dann keine staatliche
Entschädigungspflicht für Anwaltskosten, wenn der Angeschuldigte zum
vornherein ohne weiteres in der Lage war, seine Rechte selber wahrzunehmen.
Die Schwelle zum entschädigungspflichtigen Fall sei "nicht besonders hoch"
anzusetzen. Auch bei blossen Übertretungen seien die Anwaltskosten zu
vergüten, wenn der Fall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht
Schwierigkeiten bietet. Falls ein Übertretungsstraffall gerichtlich beurteilt
wird, seien die Anwaltskosten bei Freispruch oder Verfahrenseinstellung
regelmässig zu vergüten. "Fiskalische Überlegungen" dürften in diesem
Zusammenhang nicht massgebend sein. Bei der Bemessung der Höhe der
Parteientschädigung sei im übrigen dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit
Rechnung zu tragen.

Bei offensichtlichen Bagatelldelikten, bei denen nur eine Busse oder eine
geringfügige Freiheitsstrafe in Frage kommt, verneine die Praxis des
Bundesgerichtes zur unentgeltlichen Rechtspflege jeglichen
verfassungsmässigen Anspruch auf Parteientschädigung. An der grosszügigeren
bisherigen kantonalen Praxis (LGVE 1984 I Nr. 53) könne nicht festgehalten
werden. Im hier zu beurteilenden Fall hätten weder hinsichtlich des
Sachverhaltes, noch hinsichtlich des Tatvorwurfes und dessen Schwere
besondere Schwierigkeiten bestanden. Der Sachverhalt sei "von Anfang an
einfach überblickbar" gewesen. Der Beschwerdeführer persönlich sei denn auch
in der Lage gewesen, in seiner Einsprache Beweismittel zu nennen, das
Spurenbild zu interpretieren und die massgeblichen Fragen aufzuwerfen. Die
Tatsache, dass anschliessend weitere Untersuchungshandlungen erforderlich
wurden, ändere daran nichts. Der Beizug des Verteidigers, der seine
prozessualen Bemühungen darauf beschränkt habe, an den
untersuchungsrichterlichen Befragungen teilzunehmen, sei sachlich nicht
geboten gewesen, weshalb keine Parteientschädigung zu entrichten sei.

3.
Der Beschwerdeführer wendet dagegen (kurz zusammengefasst) ein, dass hier
keineswegs ein liquider Bagatellfall vorgelegen habe. Das Amtsstatthalteramt
selbst habe die Sach- und Rechtslage zunächst falsch eingeschätzt und ihn zu
Unrecht gebüsst sowie mit Verfahrenskosten belegt. Dagegen habe er - noch
ohne Einschaltung eines Anwaltes - eine begründete Einsprache erheben müssen.
Trotz dieser Bemühungen sei ihm, dem Beschwerdeführer, vom
Untersuchungsrichter keine baldige Einstellung des Strafverfahrens in
Aussicht gestellt worden. Erst als sich das Untersuchungsverfahren zunehmend
kompliziert habe, diverse Beweismassnahmen angeordnet und insbesondere seine
Ehefrau als Zeugin vorgeladen worden seien, habe er den Verteidiger mit der
Wahrung seiner Interessen beauftragt. Mehrere Monate nach Erlass der
Strafverfügung und nach Durchführung relativ aufwändiger
Untersuchungshandlungen sei das Strafverfahren gegen ihn schliesslich
eingestellt worden. Dass die kantonalen Behörden sich dennoch weigerten, ihn
für die im Untersuchungsverfahren entstandenen privaten Anwaltskosten zu
entschädigen, sei willkürlich, komme einer unzulässigen Verdachtsstrafe
gleich und verletze seine von Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK
gewährleisteten Grundrechte.

4.
4.1 Gemäss Luzerner Strafprozessordnung kann sich der Angeschuldigte im
Strafverfahren durch einen Verteidiger verbeiständen lassen (§ 33 StPO/LU).
Wird der Angeschuldigte freigesprochen oder wird das Verfahren eingestellt,
kann ihm auf Antrag eine angemessene Entschädigung und eine Genugtuungssumme
zu Lasten des Staates zugesprochen werden (§ 280 Abs. 1 StPO/LU). Ein
Entschädigungsanspruch entfällt ganz oder teilweise, soweit der
Angeschuldigte das Verfahren durch eine schuldhafte und erhebliche Verletzung
von Rechtspflichten verursacht hat (§ 280 Abs. 3 StPO/LU).

4.2 Nach der Praxis des Bundesgerichtes ist es mit dem verfassungsmässigen
Grundsatz der Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV) nicht vereinbar, einem
nicht verurteilten Angeschuldigten Verfahrenskosten aufzuerlegen oder ihm
eine Parteientschädigung zu verweigern, gestützt auf den - direkten oder
indirekten - Vorwurf, er habe sich strafbar gemacht bzw. es treffe ihn ein
strafrechtliches Verschulden. Dagegen ist es zulässig, dem Betroffenen die
Kosten dann zu überbinden, wenn er in zivilrechtlich vorwerfbarer Weise (d.h.
im Sinne einer analogen Anwendung der sich aus Art. 41 OR ergebenden
Grundsätze) gegen eine geschriebene oder ungeschriebene Verhaltensnorm, die
aus der gesamten schweizerischen Rechtsordnung stammen kann, klar verstossen
und dadurch das Strafverfahren veranlasst oder dessen Durchführung erschwert
hat (BGE 120 Ia 147 E. 3b S. 155; 119 Ia 332 E. 1b S. 334; 116 Ia 162 E. 2e
S. 175; 115 Ia 309 E. 1a S. 310, je mit Hinweisen). Widerrechtlich im Sinne
von Art. 41 Abs. 1 OR ist ein Verhalten dann, wenn es gegen Normen verstösst,
die direkt oder indirekt Schädigungen untersagen bzw. ein Schädigungen
vermeidendes Verhalten vorschreiben (BGE 119 Ia 332 E. 1b S. 334; vgl. zu
dieser Praxis auch Marc Forster, "Kurzer Prozess". Die Unschuldsvermutung bei
Kostenauflagen an Nichtverurteilte, in: Donatsch/Forster/Schwarzenegger
[Hrsg.], Festschrift für Stefan Trechsel, Zürich 2002, S. 693 f.; François
Jomini, La condamnation aux frais de justice du prévenu mis au bénéfice d'un
non-lieu ou de l'accusé acquitté, ZStrR 107 [1990] 346 ff.; Esther Tophinke,
Das Grundrecht der Unschuldsvermutung, Diss. BE 2000, S. 442 ff.; Ruth
Wallimann Baur, Entschädigung und Genugtuung durch den Staat an unschuldig
Verfolgte im ordentlichen zürcherischen Untersuchungsverfahren, Diss. ZH
1998, S. 60 ff.).
4.2.1 Wird eine Kostenauflage oder die Verweigerung einer Parteientschädigung
wegen Verletzung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung mit staatsrechtlicher
Beschwerde angefochten, so prüft das Bundesgericht frei, ob sich aus dem
Dispositiv oder aus den Erwägungen des Kostenentscheides ein direkter oder
indirekter Vorwurf einer strafrechtlichen Schuld ableiten lässt (BGE 116 Ia
162 E. 2f S. 175; 115 Ia 309 E. 1b S. 310 f.; 112 Ia 371 E. 2b S. 374). Die
Beweiswürdigung und die Anwendung des kantonalen Strafverfahrensrechtes durch
die kantonalen Behörden prüft das Bundesgericht jedoch nur unter
Willkürkognition (BGE 116 Ia 162 E. 2f S. 175 f.).
4.2.2 Zulässig kann die Kostenauflage an einen Nichtverurteilten auch bei so
genanntem "prozessualem Verschulden" im engeren Sinne sein. Ein solches ist
namentlich gegeben, wenn der Angeschuldigte die Untersuchung durch
wahrheitswidrige Angaben auf eine falsche Fährte führt oder das Verfahren
erschwert oder verlängert, indem er z.B. nicht zu Verhandlungen erscheint.
Soweit dadurch (zusätzliche) Kosten kausal verursacht werden, können diese
dem Verursacher auferlegt werden. Das blosse Wahrnehmen verfahrensmässiger
Rechte (etwa des Schweigerechtes des Angeschuldigten) genügt für eine
Kostenauflage hingegen nicht. Viel mehr müsste der Angeschuldigte in einem
solchen Fall ein hinterhältiges, gemeines oder krass wahrheitswidriges
Benehmen an den Tag gelegt haben, das gegen prozessuale Verhaltensnormen klar
verstösst (BGE 116 Ia 162 E. 2d/aa S. 172, E. 2d/bb S. 174 f. mit Hinweisen;
vgl. Forster, a.a.O., S. 694; Thomas Hansjakob, Kostenarten, Kostenträger und
Kostenhöhe im Strafprozess, Diss. SG 1988, S. 252 f.; Tophinke, a.a.O., S.
439 ff.; Wallimann Baur, a.a.O., S. 56 f.).
4.2.3 Liegt ein Bagatellstraffall vor, der von den polizeilichen Behörden
ohne Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Natur untersucht und in
der Folge eingestellt werden kann, gebieten Verfassung und EMRK nicht, dass
die Öffentlichkeit die Kosten anwaltlicher Bemühungen trägt. Hingegen sind
dem obsiegenden Angeschuldigten die Verteidigungskosten zu ersetzen, wenn er
nach den Umständen objektiv begründeten Anlass hatte, einen Anwalt
beizuziehen. Dabei ist namentlich der Schwere des Tatvorwurfes, dem Grad der
Komplexität des Sachverhaltes, dem prozessualen Verhalten der
Untersuchungsbehörde und der Parteien, den persönlichen Verhältnissen des
Angeschuldigten und dem Verfahrensausgang Rechnung zu tragen. Damit ein
Entschädigungsanspruch gegenüber dem Staat besteht, muss die Einschaltung
eines Anwaltes in diesem Sinne sachlich geboten gewesen sein (vgl. nicht
amtlich publizierte Urteile 1P.341/2004 vom 27. Juli 2004, E. 3.3, und
1P.482/1996 vom 11. November 1996, je mit Hinweisen auf BGE 110 Ia 156 E. 1b
S. 160).

Dem zitierten Urteil vom 27. Juli 2004 lag ein Fall zugrunde, bei dem ein
Fahrzeuglenker wegen Widerhandlung gegen das SVG mit Fr. 80.-- gebüsst worden
war. Schon für die Einsprache gegen die betreffende Strafverfügung zog der
Betroffene einen Anwalt bei. In der Einsprache legte der Rechtsvertreter den
Sachverhalt dar und verlangte die Aufhebung der Bussenverfügung unter
Entschädigungs- und Kostenfolgen. Daraufhin stellte der Untersuchungsrichter
das Verfahren ohne weitere Beweiserhebungen ein. Das Bundesgericht entschied,
in solchen liquiden Bagatellfällen bestehe von Verfassungs wegen kein
Entschädigungsanspruch gegenüber dem Staat für entstandene Anwaltskosten.

4.2.4 Gemäss der amtlich publizierten Luzerner Gerichtspraxis kommt ein
Abweichen vom Grundsatz, dass eine Anwaltsentschädigung an den obsiegenden
Angeschuldigten zu entrichten sei, nur in Frage, wenn "der Angeschuldigte in
klaren, eindeutigen Bagatellstrafsachen (Übertretungen) ohne zureichende
objektive Gründe, beispielsweise aus Überängstlichkeit, einen Anwalt
beizieht, obwohl er ohne weiteres in der Lage wäre, seine Rechte selber
wahrzunehmen" (LGVE 2003 I Nr. 73, S. 146 E. 4.3, mit Hinweis auf BGE 110 Ia
159 f. und die kantonale Praxis). "Kein ganz einfacher" (und damit ein
entschädigungspflichtiger) Straffall liegt nach dieser Rechtsprechung
grundsätzlich vor, wenn nach Einsprache gegen eine Strafverfügung weitere
Untersuchungshandlungen, insbesondere eine Zeugenbefragung, notwendig werden
(LGVE 2003 I Nr. 73, S. 146 E. 4.3, mit Hinweis auf LGVE 1984 I Nr. 53 und
weitere kantonale Entscheide). Nach der älteren Luzerner Praxis wurde die
Entschädigungspflicht sogar schon dann regelmässig bejaht, wenn gegen die
Strafverfügung Einsprache erhoben wurde. Die Einschränkung bei Bagatellfällen
gelte nur "für das eigentliche Mandatsverfahren, d.h. bis und mit Erlass
einer Strafverfügung" (LGVE 1984 I Nr. 53 mit Hinweis auf LGVE 1983 I Nr.
69).

4.2.5 Die im angefochtenen Entscheid erwähnte (strengere)
Bundesgerichtspraxis zur unentgeltlichen Rechtsverbeiständung ist
demgegenüber nicht einschlägig. Bei der Frage, ob und wie hoch der
Offizialverteidiger eines finanziell bedürftigen Angeschuldigten (gestützt
auf Art. 29 Abs. 3 BV) aus der Staatskasse zu entschädigen sei, geht es um
Fälle von Verurteilungen; obsiegende Rechtsuchende benötigen gar keine
unentgeltliche Rechtspflege im engeren Sinne. Wenn ein finanziell Bedürftiger
in einem reinen Bagatellstraffall zu einer geringen Busse verurteilt wird,
verneint die Praxis eine staatliche Entschädigungs- bzw.
Bevorschussungspflicht gestützt auf Art. 29 Abs. 3 BV. Im vorliegenden Fall
geht es jedoch um die Frage, ob und inwiefern einem Freigesprochenen bzw.
Nichtverurteilten die privaten Parteikosten auferlegt werden dürfen. Im
Lichte von Art. 32 Abs. 1 BV drängen sich hier andere Kriterien auf als bei
der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung von Verurteilten, zumal
Nichtverurteilte für ungerechtfertigte Anschuldigungen und deren Kostenfolgen
nur unter eingeschränkten Voraussetzungen (im Sinne der oben dargelegten
Praxis) haftbar gemacht werden dürfen. Darüber hinaus gelten auch für die
Bemessung von Offizialverteidigerhonoraren andere Mindestgrundsätze als für
die Entschädigung von Privatmandaten.

5.
Wie sich aus den vorliegenden Akten ergibt, erstellte die Kantonspolizei
Luzern einen ausführlichen Rapport über den Verkehrsunfall vom 22. Dezember
2005. Dieser enthielt unter anderem eine Unfallskizze, eine photographische
Dokumentation der Unfallstelle sowie Protokolle der polizeilichen Befragungen
der Unfallbeteiligten. Der Unfallbericht wurde am 10. Januar 2006 dem
Amtsstatthalteramt zugestellt. Am 24. Januar 2006 erkundigte sich der
Beschwerdeführer schriftlich beim Amtsstatthalteramt nach dem Stand des
Verfahrens. Mit Schreiben vom 27. Januar 2006 teilte das Amtsstatthalteramt
dem Beschwerdeführer mit, dass "wie üblich eine Untersuchung" durchgeführt
werde und die "Schuldfrage noch nicht geklärt" sei. Am 21. Februar 2006
erliess das Amtsstatthalteramt eine Strafverfügung gegen den
Beschwerdeführer. Danach hätte dieser mit Fr. 150.-- gebüsst werden sollen;
zusätzlich wurden ihm amtliche Kosten von Fr. 112.50 auferlegt. Auf
Einsprache des Beschwerdeführers vom 22. Februar 2006 hin wurde die
Strafuntersuchung (gestützt auf § 133ter Abs. 1 StPO/LU) im ordentlichen
Verfahren ergänzt. Zwischen 6. März und 5. Mai 2006 verfügte das
Amtsstatthalteramt die Durchführung diverser Untersuchungsmassnahmen. Anfang
Mai 2006 schaltete der Beschwerdeführer seinen privaten Verteidiger ein. Mit
Verfügung vom 2. Juni 2006 stellte das Amtsstatthalteramt schliesslich das
Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer ein. Der strafrechtliche Vorwurf
der mangelnden Aufmerksamkeit im Strassenverkehr wurde vom Amtsstatthalteramt
fallen gelassen, und die Untersuchungskosten wurden zulasten des Staates
abgeschrieben. Der Unfallgegner wurde hingegen wegen Widerhandlung gegen das
SVG rechtskräftig gebüsst (nachdem die gegen ihn separat erlassene
Strafverfügung in Rechtskraft erwachsen war).

5.1 Bei dieser Sachlage hatte der Beschwerdeführer jedenfalls objektiv
begründeten Anlass, die Strafverfügung vom 21. Februar 2006 mit Einsprache
anzufechten. Es stellt sich die Frage, ob und inwieweit es darüber hinaus
auch sachlich geboten erschien, zur Wahrung der Interessen des
Angeschuldigten im Strafuntersuchungsverfahren einen Anwalt beizuziehen.

5.2 Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer zunächst persönlich
Einsprache gegen die Strafverfügung erhoben und seine Laieneingabe vom 22.
Februar 2006 ausführlich begründet. In diesem frühen Verfahrensstadium
verzichtete der Angeschuldigte noch auf den Beizug eines privaten
Verteidigers. Konsequenterweise wurden dafür auch keine anwaltlichen
Bemühungen in Rechnung gestellt. In der Folge verfügte das Amtsstatthalteramt
die Ergänzung der Strafuntersuchung im ordentlichen Verfahren und ordnete
diverse Beweiserhebungen an.

5.3 Am 6. März 2006 beauftrage der Untersuchungsrichter die Kantonspolizei
mit Ergänzungen des Polizeirapports (Erstellung einer Handskizze mit
Vermassung sowie Schadenaufnahmen an den unfallbeteiligten Fahrzeugen). Am
10. März 2006 wurde der detaillierte Ergänzungsbericht eingereicht. Am
12. April 2006 erliess der Untersuchungsrichter in der Strafsache gegen den
Beschwerdeführer eine Vorladung an diesen selbst (als Angeschuldigter) auf
den 4. Mai 2006. Zwei weitere Vorladungen gingen am 5. Mai 2006 an dessen
Ehefrau (als Zeugin) sowie an den Unfallgegner (als Auskunftsperson), je auf
den 16. Mai 2006.

5.4 Erst nach Eingang der Vorladungen an seine Ehefrau und an den
Unfallgegner (Anfang Mai 2006) schaltete der Beschwerdeführer seinen Anwalt
ein. Mit Schreiben vom 12. Mai 2006 teilte der privat mandatierte Verteidiger
dem Untersuchungsrichter mit, dass er den Angeschuldigten ab sofort
anwaltlich vertrete.

5.5 Am 4. bzw. 16. Mai 2006 erfolgten die untersuchungsrichterlichen
Befragungen der genannten drei Personen. Insbesondere wurde die Ehefrau des
Beschwerdeführers am 16. Mai 2006 unter Strafandrohung (nach Art. 307 StGB)
als Zeugin einvernommen. Der Verteidiger des Beschwerdeführers (bzw. sein
Substitut) nahm an den beiden Einvernahmen vom 16. Mai 2006 teil und stellte
diverse Ergänzungsfragen. Am 1. Juni 2006 stellte der Verteidiger für seine
Bemühungen im Strafuntersuchungsverfahren Rechnung über insgesamt Fr.
1'359.20. Am 2. Juni 2006 erliess das Amtsstatthalteramt die
Einstellungsverfügung, laut der es die Anwaltskostenentschädigung
verweigerte.

5.6 Die genannten Beweiserhebungen im ordentlichen Untersuchungsverfahren
(Ergänzungen des Polizeirapportes inkl. Skizzen und Photodokumentation sowie
untersuchungsrichterliche Befragungen einer Zeugin, einer unfallbeteiligten
Auskunftsperson sowie des Angeschuldigten) führten einige Monate nach Erlass
der Strafverfügung zur Einstellung des Strafverfahrens. Insofern findet die
Ansicht des Obergerichtes, der Sachverhalt sei "von Anfang an einfach
überblickbar" gewesen, in den Akten keine Stütze.

5.7 Nach dem Gesagten ist es nicht dem Beschwerdeführer anzulasten, wenn zur
Abklärung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe private Verteidigungskosten
angefallen sind. Der mit Strafverfügung vom 21. Februar 2006 erhobene
Schuldvorwurf hat sich als unbegründet erwiesen. Bei Verfahrenseinstellung
sieht das luzernische Strafprozessrecht eine Kürzung (oder gar die
Verwirkung) von Entschädigungsansprüchen nur vor, wenn der Angeschuldigte das
Verfahren durch eine schuldhafte und erhebliche Verletzung von
Rechtspflichten verursacht hat (§ 280 Abs. 3 StPO/LU). Eine schuldhafte und
erhebliche Verletzung von Rechtspflichten wird dem Beschwerdeführer weder im
angefochtenen Entscheid noch in der Einstellungsverfügung des
Amtsstatthalteramtes angelastet. Ein klarer Verstoss gegen rechtliche
Verhaltensnormen oder ein trölerisches prozessuales Vorgehen im Sinne der
dargelegten Praxis, welches eine teilweise oder vollständige Kostenauflage an
den Nichtverurteilten hätte rechtfertigen können, ist nicht ersichtlich.

5.8 Die kantonalen Behörden behaupten nicht, dass dem Angeschuldigten nach
Eröffnung der Strafuntersuchung eine baldige folgenlose Einstellung des
Strafverfahrens in Aussicht gestellt worden wäre. Solches ergibt sich auch
nicht aus den Akten. Der Beschwerdeführer macht im Gegenteil glaubhaft
geltend, der Untersuchungsrichter habe ihm anlässlich der Befragung vom 4.
Mai 2006 zu verstehen gegeben, es sei kaum eine Verfahrenseinstellung sondern
eher eine Anklageerhebung vor Gericht zu erwarten, wenn seine Ehefrau als
Zeugin vorgeladen werde. Das Amtsstatthalteramt bestreitet diese Darstellung
nicht. Wie dargelegt, zog der Beschwerdeführer seinen Anwalt erst bei,
nachdem er bereits persönlich Einsprache gegen die Strafverfügung erhoben und
nachdem der Untersuchungsrichter die Ehefrau des Beschwerdeführers sowie den
Unfallgegner (als Zeugin bzw. als Auskunftsperson) förmlich vorgeladen hatte.
In der Folge wurden diverse Beweisabklärungen durchgeführt, deren Ergebnisse
einige Monate nach Erlass der Strafverfügung zu deren Aufhebung und zur
Einstellung des Verfahrens führten.

5.9 Bei dieser Sachlage lag entgegen der Ansicht der kantonalen Behörden kein
liquider, leicht zu beurteilender Bagatellfall vor. Ebenso wenig erschien es
hier überflüssig oder übertrieben, wenn der Beschwerdeführer zur Wahrung
seiner Interessen im Strafuntersuchungsverfahren vorsichtshalber einen Anwalt
beizog. Dafür bestanden im Sinne der oben dargelegten Bundesgerichtspraxis
zureichende objektive Gründe. Die Verantwortung für die entstanden
Untersuchungs- und Parteikosten liegt im vorliegenden Fall primär bei den
kantonalen Behörden sowie beim Verhalten des (wegen SVG-Widerhandlung
rechtskräftig gebüssten) Unfallgegners.

6.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gutzuheissen und der angefochtene
Entscheid aufzuheben.

Bei diesem Verfahrensausgang rechtfertigt es sich, keine Gerichtskos ten zu
erheben (Art. 156 Abs. 2 OG). Dem anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer ist
hingegen eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 159 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen, und der Entscheid des
Obergerichts des Kantons Luzern, Kriminal- und Anklagekommission, vom 13.
September 2006 wird aufgehoben.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Der Kanton Luzern hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor
Bundesgericht eine Parteientschädigung von Fr. 1'500.-- zu entrichten.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Amtsstatthalteramt Sursee sowie
der Staatsanwaltschaft und dem Obergericht, Kriminal- und Anklagekommission,
des Kantons Luzern schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. September 2007

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: