Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.728/2006
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{T 0/2}
1P.728/2006 /fun

Urteil vom 16. Februar 2007

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Fonjallaz,
Gerichtsschreiber Haag.

A. X.________,
B.X.________,
Beschwerdeführer, beide vertreten durch Rechtsanwalt Hans Bertschinger,

gegen

Stadt Winterthur, 8400 Winterthur, vertreten durch Fridolin Störi, Neumarkt
4, Postfach, 8402 Winterthur,
Baurekurskommission IV des Kantons Zürich, Selnaustrasse 32, 8001 Zürich,
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer,
Militärstrasse 36, Postfach, 8090 Zürich.

Wiederherstellungsbefehl,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, vom 30. August 2006.
Sachverhalt:

A.
Der Bauausschuss der Stadt Winterthur erteilte A.X.________ und B.X.________
am 17. November 1999 die baurechtliche Bewilligung unter anderem für einen
Wintergarten- und Pergolaanbau auf der bestehenden Terrasse im 1.
Obergeschoss ihres Wohnhauses auf dem Grundstück Kat.-Nr. 5/3300 an der
Wolfensburgerstrasse 46a in Winterthur-Veltheim. Die Bewilligung der
Detailgestaltung wurde vorbehalten.

Im Rahmen der gegen diese Bewilligung erhobenen Nachbarrekurse führte die
Baurekurskommission IV des Kantons Zürich am 10. März 2003 einen Augenschein
durch. Die Rekursgegnerschaft störte sich namentlich am bestehenden
Holzterrassengeländer, welches auf der Süd- und Ostseite des Gebäudes in
Erscheinung tritt. Anlässlich des Augenscheins konnte keine Einigung erzielt
werden. Die Nachbarn zogen schliesslich ihre Rekurse zurück, worauf das
Rekursverfahren am 22. Juni 2000 als durch Rückzug des Rekurses erledigt
abgeschrieben wurde. Der Abschreibungsbeschluss erwuchs in Rechtskraft. Die
Bewilligung der Detailgestaltung erfolgte am 21. Mai 2003 im Anzeigeverfahren
und wurde ebenfalls rechtskräftig.

Im Nachgang zu den erteilten Bewilligungen forderte das Baupolizeiamt der
Stadt Winterthur A.X.________ und B.X.________ mehrmals erfolglos auf, eine
Anpassung des Holzterrassengeländers vorzunehmen. Schliesslich erliess der
Bauausschuss der Stadt Winterthur am 16. August 2005 einen
Wiederherstellungsbefehl, in dem er die baurechtliche Bewilligung für das
bestehende Holzterrassengeländer beim Wintergarten- und Pergolaanbau
verweigerte sowie A.X.________ und B.X.________ dazu aufforderte, den
rechtmässigen Zustand wiederherzustellen, namentlich ein nachträgliches,
bewilligungsfähiges Baugesuch einzureichen, nach erteilter Bewilligung das
bestehende Holzgeländer zu entfernen und gleichzeitig ein neues Geländer
gemäss bewilligtem Projekt zu erstellen, dies alles unter Androhung der
Ersatzvornahme durch das Gemeinwesen im Unterlassungsfall.

B.
Den gegen diesen Beschluss von A.X.________ und B.X.________ erhobenen Rekurs
wies die Baurekurskommission IV mit Entscheid vom 26. Januar 2006 ab und
bestätigte den Wiederherstellungsbefehl des Bauausschusses der Stadt
Winterthur.

A. X.________ und B.X.________ zogen diesen Entscheid der Baurekurskommission
IV an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich weiter, welches die
Beschwerde am 30. August 2006 abwies. Es ordnete zudem an, die in
Dispositiv-Ziff. II des Entscheids der Baurekurskommission angesetzten
Fristen liefen ab Eröffnung des Verwaltungsgerichtsurteils.

C.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 30. Oktober 2006 beantragen A.X.________
und B.X.________ die Aufhebung des Entscheids des Verwaltungsgerichts vom 30.
August 2006. Zudem verlangen sie, der Entscheid der Baurekurskommission IV
vom 26. Januar 2006 sowie der Wiederherstellungsbefehl des Bauausschusses der
Stadt Winterthur vom 16. August 2005 seien ebenfalls aufzuheben.

D.
Das Verwaltungsgericht und die Baurekurskommission IV beantragen die
Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Stadt
Winterthur stellt den Antrag, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten;
eventuell sei sie abzuweisen.

E.
Mit Präsidialverfügung vom 24. November 2006 wurde der Beschwerde
aufschiebende Wirkung beigelegt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob und
inwieweit auf ein Rechtsmittel einzutreten ist (BGE 131 II 58 E. 1 S. 60; 130
I 312 E. 1 S. 317; 130 II 65 E. 1 S. 67, je mit Hinweisen).

Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts stellt einen
letztinstanzlichen kantonalen Entscheid dar, gegen den auf Bundesebene einzig
die staatsrechtliche Beschwerde als Rechtsmittel zur Verfügung steht (Art. 84
ff. OG, Art. 34 Abs. 1 und 3 RPG). Die Beschwerdeführer sind durch den
angefochtenen Entscheid in ihren rechtlich geschützten Interessen betroffen
und daher legitimiert, dessen Aufhebung oder Änderung zu verlangen (Art. 88
OG).
Nach Art. 86 OG ist die staatsrechtliche Beschwerde nur gegen
letztinstanzliche kantonale Entscheide zulässig. Der Entscheid der
Baurekurskommission IV des Kantons Zürich vom 26. Januar 2006 und der
Wiederherstellungsbefehl des Bauausschusses der Stadt Winterthur vom 16.
August 2005 stellen keine solchen Erkenntnisse dar. Soweit mit der
staatsrechtlichen Beschwerde deren Aufhebung verlangt wird, kann deshalb
nicht darauf eingetreten werden.
Im Übrigen sind die Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt, und es ist insoweit
auf die staatsrechtliche Beschwerde einzutreten.

2.
In erster Linie ist streitig, ob das umstrittene Holzterrassengeländer
bereits rechtskräftig bewilligt ist.

2.1 Die Beschwerdeführer machen geltend, das Geländer sei mit der
Baubewilligung vom 31. Januar 1986 bewilligt worden. Mit einer zweiten
Baubewilligung vom 23. Dezember 1986 sei dies bestätigt worden. Aufgrund
dieser beiden Baubewilligungen sei das Holzterrassengeländer im Jahre 1987
erstellt und durch die Baubehörden abgenommen worden. Mit der Baubewilligung
vom 17. November 1999 sei den Beschwerdeführern unter anderem bewilligt
worden, auf der Osthälfte der vom Holzterrassengeländer umfassten Terrasse
einen Wintergarten und auf der Westhälfte eine offene Pergola zu errichten.
Diese Bewilligung sei nach dem Rückzug der dagegen erhobenen Nachbarrekurse
rechtskräftig geworden. Das Holzterrassengeländer sei somit rechtskräftig
bewilligt worden. Die gegenteilige Ansicht des Verwaltungsgerichts sei
willkürlich.

2.2 Im angefochtenen Entscheid führt das Verwaltungsgericht aus, das
Holzterrassengeländer sei in den Projekteingabeplänen für die
Stammbewilligung vom 17. November 1999 teils rot (für neu), teils aber auch
schwarz (für bestehend) gekennzeichnet. Die Projekteingabepläne der
Detailgestaltungsbewilligung enthielten sodann nur Pläne, welche den
Wintergarten- und Pergolaanbau als solchen beträfen. Das bestehende
Holzterrassengeländer sei davon nicht erfasst worden. Aufgrund der
Projekteingabepläne und damit auch der erteilten Bewilligungen sei daher
nicht eindeutig, inwieweit das bestehende Geländer Inhalt der Stamm- und der
Detailgestaltungsbewilligung sei. Zudem entspreche das in den
Projekteingabeplänen eingezeichnete Geländer dem tatsächlichen Zustand nicht
und sei in dieser Form auch früher nie bewilligt worden. Das in den
Projekteingabeplänen eingezeichnete Geländer weise drei Bretterreihen auf und
die Zwischenräume seien etwa gleich gross dargestellt wie die einzelnen
Holzbretter. Tatsächlich bestehe das Geländer aber aus vier Bretterreihen und
die Abstände dazwischen seien wesentlich schmaler als auf den Plänen
dargestellt. Unklarheiten dieser Art habe gewöhnlich der Baugesuchsteller zu
vertreten. Sie wirkten sich zu seinem Nachteil aus. Das Geländer sei nicht
isoliert, sondern im Zusammenhang mit dem Wintergarten- und Pergolaanbau zu
betrachten. Nur bei dieser Gesamtbetrachtung sei die Einhaltung der
materiellen Bauvorschriften, namentlich hinsichtlich des Einordnungsgebotes
im Sinne von § 238 des Planungs- und Baugesetzes des Kantons Zürich vom 7.
September 1975 (PBG) möglich. Das Geländer sei somit weder als solches noch
im Zusammenhang mit dem Wintergarten- und Pergolaanbau je rechtskräftig
bewilligt worden und deshalb formell baurechtswidrig.

Die genaue Prüfung der Akten zeigt, dass dieser Standpunkt des
Verwaltungsgerichts nicht als willkürlich bezeichnet werden kann. Das
Baupolizeiamt der Stadt Winterthur hätte allerdings grössere Klarheit
schaffen können, indem es einen ausdrücklichen Vorbehalt bezüglich des
Geländers in seinem Protokoll vom 21. Mai 2003 betreffend die Bewilligung der
Detailgestaltung im Anzeigeverfahren angebracht hätte. Ein solcher Vorbehalt
wäre auch in Bezug auf die Baubewilligung vom 17. November 1999 vorteilhaft
gewesen. Damit hätten nachträgliche Unklarheiten vermieden werden können.
Diese Unterlassung vermag jedoch den angefochtenen Entscheid des
Verwaltungsgerichts vor dem Hintergrund der gesamten Baupolizeiakten dennoch
nicht als geradezu willkürlich erscheinen zu lassen. Seine Sichtweise, das
umstrittene Holzterrassengeländer sei nie rechtskräftig bewilligt worden,
hält vor der Verfassung stand. Was die Beschwerdeführer dagegen vorbringen,
vermag nicht zu überzeugen.

So ändert die Mitteilung der Beschwerdeführer an den Bauausschuss der Stadt
Winterthur und die Baurekurskommission IV, sie würden das bestehende Geländer
stehen lassen, nichts an deren Pflicht zur Einhaltung der
Aesthetikvorschriften des PBG. Die Beschwerdeführer halten sodann die
Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu den in den Projekteingabeplänen
dargestellten Bretterreihen für überspitzt formalistisch, handle es sich
dabei doch offensichtlich um eine schematische Darstellung. Dem ist
entgegenzuhalten, dass in Projekteingabeplänen der hier zur Diskussion
stehenden Art schematische Darstellungen fehl am Platz sind. Die
Bauherrschaft muss sich bei ihrer Darstellung behaften lassen und trägt die
Folgen unklarer Planinhalte. Das gilt auch für die von den Beschwerdeführern
gerügten Ausführungen zu den Erwägungen des Verwaltungsgerichts hinsichtlich
der als rot bzw. schwarz gekennzeichneten Planinhalte. Auch in dieser
Beziehung sind die Pläne zumindest mit erheblichen Unklarheiten behaftet,
welche die Beschwerdeführer zu vertreten haben. Die von den Beschwerdeführern
dazu gegebene Interpretation der Pläne mag für sie zutreffen. Die
Plandarstellung erweist sich jedoch auch unter diesem Gesichtspunkt für den
unbefangenen Betrachter als unklar und zumindest missverständlich.

Nach den vorstehenden Erwägungen ist das Verwaltungsgericht in sachlich
vertretbarer Weise davon ausgegangen, die Frage der Gestaltung und Einordnung
des Holzterrassengeländers sei noch nicht rechtskräftig beurteilt worden.
Deshalb erweisen sich seine diesbezüglichen Ausführungen auch nicht als
Ermessensüberschreitung.

3.
Nach dem Gesagten ist die staatsrechtliche Beschwerde abzuweisen, soweit
darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Verfahrensausgang tragen die
Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 156 Abs.
1 und 7 OG). Parteientschädigungen sind keine auszurichten (Art. 159 Abs. 2
OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten
wird.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird den Beschwerdeführern zu gleichen
Teilen unter Solidarhaft auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Stadt Winterthur, der
Baurekurskommission IV und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1.
Abteilung, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. Februar 2007

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: