Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.714/2006
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{T 0/2}
1P.714/2006 /fun

Urteil vom 13. März 2007

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Fonjallaz,
Gerichtsschreiber Härri.

A. ________, B.________, C.________ und D.________, Beschwerdeführer, alle
vertreten durch Rechtsanwältin Andrea Metzler,

gegen

X.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Luc Humbel,
Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 12, 5001 Aarau,
Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen,
Obere Vorstadt 38, 5000 Aarau.

Einstellung des Strafverfahrens,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons
Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 17. August 2006.

Sachverhalt:

A.
Am 27. Mai 2005, um ca. 16.15 Uhr, fuhr der damals 82-jährige X.________ mit
seinem Personenwagen "Mercedes-Benz" in Brugg von der Aarauerstrasse kommend
stadteinwärts durch die Badstrasse. Auf der Höhe der Kanalstrasse verlor er
die Herrschaft über sein Fahrzeug und verursachte eine leichte
Streifkollision mit Sachschaden mit dem korrekt entgegenkommenden
Personenwagen von E.________. X.________ setzte die Fahrt fort und geriet auf
die linke Fahrspur. Dort stiess er mit dem ebenfalls korrekt
entgegenkommenden Personenwagen von F.________ zusammen; dessen Fahrzeug
wurde dabei erheblich beschädigt. Der F.________ nachfolgende Motorradfahrer
G.________ wurde wegen der Kollision zu einem unvermittelten Brems- und
Ausweichmanöver gezwungen. G.________ stürzte, blieb aber unverletzt; am
Motorrad entstand Sachschaden. X.________ setzte die Fahrt mit seinem durch
die beiden Kollisionen beschädigten und nicht mehr betriebssicheren Wagen
wiederum fort; dies auf der Badstrasse und der Schöneggstrasse in Richtung
Stadtkern. Beim Restaurant "Schönegg" schnitt er der korrekt aus Richtung
Stadt kommenden 15-jährigen Radfahrerin Y.________, welche
vortrittsberechtigt war, den Weg ab und erfasste sie in schneller Fahrt
seitlich-frontal. Er fuhr sodann über das Trottoir und das Rasenfeld links
der Strasse auf die Freudensteinstrasse. Nach ungefähr 70 Metern wurde
Y.________ vom Fahrzeug abgeworfen. Sie erlitt schwerste Verletzungen, denen
sie trotz sofort eingeleiteter Rettungsmassnahmen noch am Unfallort erlag.
Der Personenwagen von X.________ kam nach kurzer Fortsetzung der Fahrt auf
der Freudensteinstrasse wegen Totalschadens zum Stillstand.

B.
X.________ ist wegen eines Berufsunfalles im Jahre 1942 auf dem linken Auge
vollständig blind. Seit 1984 leidet er unter Diabetes mellitus
(Zuckerkrankheit) und benötigt zwei Spritzen Insulin pro Tag.

Noch am Unfalltag untersuchte der Bezirksarzt-Stellvertreter, Dr. med.
H.________, X.________. Der Arzt kam dabei zu folgender Beurteilung: In den
letzten Wochen sei es bei X.________ zu plötzlichen Bewusstseinsverlusten
gekommen und er schildere ein wechselndes geistiges Befinden und
intermittierende Gedächtnisstörungen. X.________ sage, diese Probleme seit
einem Sturz mit Kopfaufschlag zu haben. Es seien bei X.________
offensichtlich Lücken über das Unfallgeschehen und Wahrnehmungsstörungen
vorhanden. Eine relevante gesundheitliche Störung mit Beeinträchtigung der
Hirnleistung liege vor. Aus medizinischer Sicht müsse eine weitere Abklärung
erfolgen. Eine Hirnstörung liege mit grosser Sicherheit vor. Es müssten ein
Subduralhämatom und Hinweise für Durchblutungsstörungen oder Hirnschwund
gesucht werden. X.________ sei aktuell bei klarem Bewusstsein. Das wechselnde
geistige Befinden lasse eine Demenz in Erwägung ziehen.

Am 27. Juni 2005 erstattete Dr. med. H.________ dem Bezirksamt Brugg einen
Fachbericht gestützt auf eine weitere Untersuchung von X.________ am 6. Juni
2005. Dr. H.________ führt darin aus, das wechselnde geistige Befinden von
X.________ lasse eine unterliegende vaskuläre oder degenerative Demenz
vermuten. Für eine genauere Differenzierung sei eine fachspezifische
Untersuchung erforderlich. X.________ sei am Unfalltag nicht fahrfähig
gewesen. Die minutenlange Bewusstseinsstörung zwischen den Unfällen könne die
Folge einer temporären Störung des Blutzuckerpsiegels sein.

Am 15. Juli 2005 erlitt X.________ einen Schwächeanfall mit Zusammenbruch.
Mit Verfügung vom 18. Juli 2005 betreffend fürsorgerische Freiheitsentziehung
wies der Bezirksarzt-Stellvertreter X.________ gestützt auf Art. 397a ff. ZGB
wegen "Geisteskrankheit im Sinne des Gesetzes, nämlich Demenz und Verlust der
Selbständigkeit" in die gerontopsychiatrische Abteilung der Psychiatrischen
Klinik Königsfelden ein.

Am 27. Januar 2006 erstatteten Dr. med. I.________ und Dr. med J.________
über X.________ ein psychiatrisches Gutachten. Sie kommen zum Schluss,
X.________ leide an einer schweren gemischten (kortikalen und subkortikalen)
vaskulären Demenz mit Frontalhirnbeteiligung (ICD-10 F01.342), was vom
Ausmass her einer Geisteskrankheit im Sinne des Gesetzes entspreche.
Demzufolge sei X.________ unfähig zur Einsicht in das Unrecht der Tat (Führen
eines Motorfahrzeuges in fahrunfähigem Zustand) und zum Handeln gemäss
allenfalls noch vorhandener Resteinsichtsfähigkeit gewesen. Die durch den
Diabetes mellitus verursachte Sehschwäche im noch vorhandenen rechten Auge in
Kombination mit der Demenz (allgemeine Verlangsamung, erschwerte
Umstellungsfähigkeit auf veränderte Situationen, Selbstüberschätzung mit
Nicht-Wahrhaben-Wollen der Sehschwäche) sei zu einem kleinen Teil
mitursächlich für den Unfallverlauf gewesen. Symptome einer Unter- bzw.
Überzuckerung seien in den Untersuchungsberichten nicht beschrieben worden.
Dennoch könne wegen fehlender Blutzuckermessung nach dem Unfall und nicht
zuverlässiger Angabe über Nahrungseinnahme und Insulininjektion des
Exploranden weder eine Unter- noch eine Überzuckerung ausgeschlossen werden.
Beides sei jedoch wenig wahrscheinlich, da das Verhalten des Exploranden kurz
nach dem Unfall wie auch in der Folgezeit vergleichbar gewesen sei. Der
Explorand sei zum Unfallzeitpunkt weder fähig gewesen, seine
Blutzuckerkrankheit zu begreifen, noch selber unter Kontrolle zu halten. Die
verminderte Oberflächen- und Tiefensensibilität an den Füssen, welche wegen
des langjährigen Diabetes mellitus des Exploranden vorhanden sei, dürfte auch
eine Rolle gespielt haben, insbesondere was das Drücken und Verwechseln des
Gaspedals betreffe. Alle diese Faktoren könnten sich in Kombination mit der
Demenz - d.h. bei fehlender Einsicht, Verlangsamung und Schwierigkeit, sich
anzupassen - fatal auswirken. Als Hauptursache des Unfalles sei aber die
schwere Demenz zu nennen. Die Demenz wie auch der Diabetes mellitus mit
seinen Folgen würden weiter progredient verlaufen. Der Explorand sei jetzt
schon hochgradig pflegebedürftig. Dies werde weiter zunehmen. Seine
Lebenserwartung sei kurz.

C.
Die Eltern und Brüder des Opfers reichten am 18. April 2006 Strafanzeige
wegen fahrlässiger Tötung gegen den Hausarzt von X.________, Dr. med.
K.________, gegen die Augenärztin von X.________, Dr. med. L.________, und
gegen die Verantwortlichen des Strassenverkehrsamts ein; dies weil der
Hausarzt X.________ nach der letzten verkehrsmedizinischen Untersuchung vom
28. Februar 2003 mit der Auflage einer Brillenpflicht fahrtauglich erklärt,
die Augenärztin im Zusammenhang mit dieser Untersuchung eine sorgfältige
augenärztliche Anamnese auch bezüglich Zuckerkrankheit unterlassen und das
Strassenverkehrsamt danach X.________ den Führerausweis belassen habe.

D.
Mit Verfügung vom 16. Juni 2006 stellte die Staatsanwaltschaft des Kantons
Aargau das Strafverfahren gegen X.________ unter Hinweis auf die Begründung
im Schlussbericht des Bezirksamts Brugg ein. Dieses führte aus, nach den
Gutachtern sei X.________ unzurechnungsfähig gewesen. Damit liege ein
Schuldausschliessungsgrund vor. Die Staatsanwaltschaft ergänzte den
Schlussbericht mit folgender Bemerkung: Angesichts des Alters und des
Gesundheitszustandes von X.________ sowie der Tatsache, dass ihm der
Führerausweis entzogen worden sei und er sich im Zentrum für Pflege und
Betreuung "M.________" aufhalte, sei nicht davon auszugehen, dass er erneut
durch das Lenken eines Personenwagen eine Gefahr schaffen werde. Demzufolge
könne auf die Anordnung einer Massnahme verzichtet werden.

E.
Die von den Eltern und Brüdern des Opfers gegen die Einstellungsverfügung
erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Aargau am 17. August
2006 ab. Es kam zum Schluss, X.________ sei wegen geisteskrankheitsbedingter
Unzurechnungsfähigkeit für seine Tat - Führen eines Motorfahrzeuges in
fahrunfähigem Zustand und dadurch verursachte Kollision mit tödlichem Ausgang
für die Radfahrerin - nicht strafbar (Art. 10 aStGB). Seine Verurteilung sei
daher ausgeschlossen und das Verfahren einzustellen (§ 136 Abs. 3 StPO/AG).

Die Minderheit des Obergerichts hätte die Beschwerde gutgeheissen.

F.
Die Eltern und Brüder des Opfers führen staatsrechtliche Beschwerde mit dem
Antrag, den Entscheid des Obergerichtes aufzuheben.

G.
Das Obergericht, die Staatsanwaltschaft und der Anwalt von X.________ in
dessen Namen haben auf Vernehmlassung verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht
(Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft
getreten. Die Beschwerdeführer haben das bundesgerichtliche Verfahren vor
Inkrafttreten des Bundesgerichtsgesetzes eingeleitet. Gemäss Art. 132 Abs. 1
BGG ist hier daher das bisherige Recht anwendbar.

1.2 Der angefochtene Entscheid bestätigt die Einstellung des Strafverfahrens
gegen den Beschwerdegegner. Es handelt sich um einen Endentscheid. Ein
kantonales Rechtsmittel dagegen steht nicht zur Verfügung. Die
staatsrechtliche Beschwerde ist daher nach Art. 86 in Verbindung mit Art. 87
OG gegeben.

Die Beschwerdeführer rügen die Verletzung verfassungsmässiger Rechte. Dies
ist nach Art. 84 Abs. 1 lit. a OG zulässig.

Y. ________ ist Opfer im Sinne von Art. 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 4.
Oktober 1991 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG;
SR 312.5). Die Eltern sowie andere Personen, die dem Opfer in ähnlicher Weise
nahestehen, werden dem Opfer nach Art. 2 Abs. 2 OHG unter anderem
gleichgestellt bei der Geltendmachung von Verfahrensrechten (lit. b). Gemäss
Art. 8 Abs. 1 OHG kann das Opfer insbesondere den Entscheid eines Gerichts
verlangen, wenn das Verfahren eingestellt wird (lit. b), und den
Gerichtsentscheid mit den gleichen Rechtsmitteln anfechten wie der
Beschuldigte, wenn es sich bereits vorher am Verfahren beteiligt hat und
soweit der Entscheid seine Zivilansprüche betrifft oder sich auf deren
Beurteilung auswirken kann (lit. c).

Die Beschwerdeführer sind im Sinne von Art. 2 Abs. 2 OHG dem Opfer
gleichgestellt. Sie haben sich am obergerichtlichen Verfahren beteiligt und
dessen Entscheid kann sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche
auswirken. Die Beschwerdeführer sind daher - auch in der Sache - zur
Beschwerde befugt (BGE 131 I 455 E. 1.2.1, mit Hinweisen).

Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass.
Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.
2.1 Die Beschwerdeführer bringen vor, das Obergericht erachte es als zulässig,
dass die psychiatrischen Sachverständigen im Gutachten vom 27. Januar 2006
über die medizinische Vorgeschichte des Beschwerdegegners lediglich
telefonische Auskünfte eingeholt hätten. Um diese Auskünfte zu überprüfen,
hätten die Beschwerdeführer den Beizug der vollständigen Krankengeschichte
beantragt. Diesen Antrag hätten sowohl das Bezirksamt als auch das
Obergericht abgewiesen. Damit hätten sie den Anspruch der Beschwerdeführer
auf rechtliches Gehör verletzt (Art. 29 Abs. 2 BV). Diese müssten die
Möglichkeit haben, die Annahmen, auf denen das psychiatrische Gutachten
beruhe, zu überprüfen. Sie könnten daher den Beizug der Arztberichte bzw. der
Krankengeschichte verlangen, um deren Verlässlichkeit zu prüfen und
gegebenenfalls bestreiten zu können. Sie hätten Anspruch auf Einsichtnahme in
die Arztberichte selbst und müssten sich nicht mit der Zusammenfassung im
psychiatrischen Gutachten begnügen.

2.2 Das rechtliche Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV dient einerseits der
Sachaufklärung, andererseits stellt es ein persönlichkeitsbezogenes
Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheides dar, welcher in die
Rechtsstellung des Einzelnen eingreift. Dazu gehört insbesondere das Recht
des Betroffenen, sich vor Erlass eines solchen Entscheides zur Sache zu
äussern, erhebliche Beweise beizubringen, Einsicht in die Akten zu nehmen,
mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung
wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum
Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu
beeinflussen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst als Mitwirkungsrecht
somit alle Befugnisse, die einer Partei einzuräumen sind, damit sie in einem
Verfahren ihren Standpunkt wirksam zur Geltung bringen kann (BGE 132 II 485
E. 3.2 S. 494; 127 I 54 E. 2b S. 56; 117 Ia 262 E. 4b S. 268, mit Hinweisen).

Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist formeller Natur. Seine Verletzung
führt ungeachtet der Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Sache selbst zur
Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Es kommt mit anderen Worten nicht
darauf an, ob die Anhörung im konkreten Fall für den Ausgang der materiellen
Streitentscheidung von Bedeutung ist, d.h. die Behörde zu einer Änderung
ihres Entscheides veranlasst wird oder nicht (BGE 127 V 431 E. 3d/aa S. 437;
125 I 113 E. 3 S. 118).

Im Fall, der dem Urteil 1P.191/2003 vom 22. August 2003 zugrunde lag, ging es
um eine Frau, die erstinstanzlich wegen Körperverletzung verurteilt worden
war. Sie hatte im Appellationsverfahren geltend gemacht, auf das Gutachten
des Instituts für Rechtsmedizin über die Verletzungsfolgen der Geschädigten
dürfe nicht abgestellt werden, weil die dem Gutachten zugrunde liegenden
Arztberichte nicht bei den Akten lägen und der Antrag auf Beizug dieser
Berichte in erster Instanz abgelehnt worden sei; die Verurteilte habe somit
keine Möglichkeit gehabt, sich zu diesen Berichten zu äussern, womit ihr
Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sei. Das Bundesgericht
beurteilte die Rüge als begründet. Es erwog, das Gutachten des Instituts für
Rechtsmedizin sei ein reines Aktengutachten, d.h. die begutachtende Ärztin
habe die Geschädigte nicht selbst untersucht, sondern stütze sich auf die
Berichte von zwei Ärzten. Die Schlussfolgerungen des Gutachtens beruhten
somit auf fremden Untersuchungsergebnissen. Die Beschuldigte und ihr
Verteidiger müssten die Möglichkeit haben, die Prämissen, auf denen das
Gutachten basiere, zu überprüfen. Sie könnten deshalb den Beizug der
Arztberichte verlangen, um deren Verlässlichkeit prüfen und gegebenenfalls
bestreiten zu können. Dabei hätten sie Anspruch auf Einsichtnahme in die
Arztberichte selbst und müssten sich nicht mit der Zusammenfassung im
Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin begnügen. Die Ablehnung des Antrags
auf Beizug der Arztberichte verletze das rechtliche Gehör (E. 3.3 f.).
2.3 Das psychiatrische Gutachten vom 27. Januar 2006 über den
Beschwerdegegner (act. 330 ff.) stützt sich unter anderem auf dessen
Untersuchungen durch die Gutachter vom 6. Dezember 2005 und 13. Januar 2006
sowie auf ein Telefonat vom 7. Dezember 2005 mit dem Hausarzt des
Beschwerdegegners, Dr. med. K.________. Die Gutachter fassen die Auskünfte
von Dr. K.________ (S. 16 f.) auf gut einer Seite zusammen. Sie legen
insbesondere dar, Dr. K.________ sei vom 8. Mai 1996 bis zum 10. August 2004
Hausarzt des Beschwerdegegners gewesen. Er habe den Beschwerdegegner
letztmals am 10. August 2004 gesehen. Die Gutachter führen sodann (S. 31) im
Rahmen der Beurteilung aus, der Zustand des Beschwerdegegners im Tatzeitpunkt
müsse retrospektiv anhand der Aussagen bei den Einvernahmen, der damaligen
ärztlichen Untersuchungen und von Angaben von Drittpersonen über früheres
Verhalten rekonstruiert werden. In der Folge nehmen die Gutachter
verschiedentlich Bezug auf Auskünfte von Dr. K.________. So führen sie aus,
HbA1c-Werte ab Juli 2004 seien um 9,5 %, was für einen völlig ungenügend
eingestellten Diabetes mellitus spreche. Vor September 2003 sei der
HbA1c-Wert um 7 % gewesen, was für einen ausgezeichneten Umgang mit Insulin
spreche (S. 33). Offenbar müsse beim Beschwerdegegner zwischen September 2003
und Juli 2004 eine psychische Veränderung bzw. Beeinträchtigung stattgefunden
haben. Zumindest das vorgängig zuverlässige selbständige Insulinspritzen habe
nicht mehr funktioniert und der Beschwerdegegner sei nicht mehr fähig
gewesen, Hilfe in Anspruch zu nehmen (S. 33). Mangels Fähigkeit zur
Krankheitseinsicht und massiver Selbstüberschätzung mit euphorischen Gefühlen
(Frontalhirnsyndrom) habe der Beschwerdegegner vermutlich gegen Ende 2003
keine Medikamente mehr eingenommen und sich das Insulin nicht mehr
regelmässig gespritzt. Dies habe auch zum Nicht-Wahrhaben-Wollen von
Gefahren, eigenen Schwächen, Fehlern und Krankheiten geführt. Deshalb habe
sich der Beschwerdegegner der ärztlichen Betreuung entzogen und sei nicht
fähig gewesen, seine Fahrunfähigkeit zu erkennen (S. 34 f.). Der
wahrscheinlich seit Ende 2003 unbehandelte Diabetes mellitus könnte im
Unfallzeitpunkt auch eine Rolle gespielt haben. Gemäss Hausarzt solle vor der
letzten Konsultation im Sommer 2004 weder je eine symptomatische Unter- noch
eine symptomatische Überzuckerung aufgetreten sein (S. 35).

Die Auskünfte des Hausarztes haben somit für die Beurteilung der Gutachter
eine Rolle gespielt. Im Lichte der angeführten Rechtsprechung mussten sich
die Beschwerdeführer daher nicht mit einer Zusammenfassung mündlicher
Auskünfte des Hausarztes im Gutachten vom 27. Januar 2006 begnügen. Sie
hatten vielmehr Anspruch auf Beizug der schriftlichen Krankengeschichte des
Hausarztes, um unter Rückgriff darauf die Annahmen, auf denen das Gutachten
beruht, zu überprüfen und gegebenenfalls zu bestreiten.

Das Obergericht verweist (S. 9 E. 4.3.1) auf den Bericht des
Bezirksarzt-Stellvertreters vom 27. Juni 2005 (act. 35 ff.). Diesem lag die
Krankengeschichte des Hausarztes vor. Der Bericht des
Bezirksarzt-Stellvertreters enthält jedoch ebenfalls keine vollständige
Wiedergabe der Krankengeschichte, sondern lediglich Zitate daraus. Er erlaubt
es den Beschwerdeführern deshalb nicht, die Annahmen, auf denen das Gutachten
beruht, umfassend zu überprüfen.

Der Beizug der vollständigen Krankengeschichte und die Gewährung der Einsicht
der Beschwerdeführer darin drängt sich umso mehr auf, als der Hausarzt im
Zeitpunkt, als die Gutachter mit ihm telefonisch Rücksprache nahmen, damit
rechnen musste, gegebenenfalls selbst der fahrlässigen Tötung angeschuldigt
zu werden. Letzteres ist inzwischen auch geschehen. In Anbetracht dessen
haben die Beschwerdeführer erst recht ein berechtigtes Interesse, die
mündlichen Angaben des Hausarztes anhand der schriftlichen Krankengeschichte
zu überprüfen.

2.4 Das Obergericht hat demnach den Anspruch der Beschwerdeführer auf
rechtliches Gehör verletzt, wenn es den Beizug der vollständigen
Krankengeschichte des Hausarztes und die Einsicht der Beschwerdeführer darin
abgelehnt hat. Die Beschwerde ist im vorliegenden Punkt begründet.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Obergericht aufgrund der Äusserung der
Beschwerdeführer zur Sache in Kenntnis der vollständigen Krankengeschichte zu
einer abweichenden Beurteilung gelangen wird. Damit erübrigt sich die
Stellungnahme zu den weiteren in der staatsrechtlichen Beschwerde erhobenen
Rügen.

3.
Die Beschwerde ist gutzuheissen.

Die Beschwerdeführer tragen keine Kosten (Art. 156 Abs. 1 OG). Sie haben
Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG).

Der private Beschwerdegegner hat es nicht zu verantworten, dass das
Obergericht auf den Beizug der Krankengeschichte verzichtet hat. Es werden
ihm deshalb ebenfalls keine Kosten auferlegt. Ebenso wenig hat er die
Parteientschädigung zu tragen. Diese hat der Kanton Aargau zu bezahlen (Art.
159 Abs. 1 und 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des
Obergerichts des Kantons Aargau vom 17. August 2006 aufgehoben.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Der Kanton Aargau hat den Beschwerdeführern eine Parteientschädigung von je
Fr. 500.--, insgesamt Fr. 2'000.--, zu bezahlen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft und dem Obergericht
des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. März 2007

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: