Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.707/2006
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{T 0/2}
1P.707/2006 /fun

Urteil vom 19. Dezember 2006

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Eusebio,
Gerichtsschreiberin Schilling.

X. ________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Hans Hagmann,

gegen

Gemeinde Sils i.E./Segl, 7514 Sils Maria, vertreten durch Rechtsanwalt Dr.
Otmar Bänziger,
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden,
4. Kammer, Obere Plessurstrasse 1, 7001 Chur.

Baugesuch,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Graubünden,

4. Kammer, vom 28. Juni 2006.

Sachverhalt:

A.
Anfangs 2003 erteilte die Gemeinde Sils i.E./Segl X.________ die Bewilligung
für den Bau eines Einfamilienhauses auf einer in der allgemeinen Zone für
Wohnquartiere liegenden Parzelle. In der Folge stellte der Bauherr wiederholt
Fristerstreckungs- und Projektänderungsgesuche. Die Gemeinde bewilligte am 5.
August 2005 ein Gesuch, das unter anderem eine Neueinteilung des Estrichs
vorsah. Anlässlich einer Baukontrolle im Oktober 2005 wurden mehrere
Abweichungen von den bewilligten Plänen festgestellt. Die Gemeinde erliess
hierauf mit Verfügung vom 28. Oktober 2005 einen sofortigen Baustopp. Sie
führte in ihrer Verfügung aus, dass die Ausgestaltung des Dachgeschosses
nicht den Plänen entspreche, welche Dachsparren in Abständen von 90 cm
(Achsmass) und von 40 cm Tiefe vorsähen. Ohne diese Dachsparren übersteige
die Höhe des Dachgeschosses die bewilligten 1,6 m, was zur Folge hätte, dass
dieses Geschoss ausnützungsmässig anrechenbar wäre und die zulässige
Ausnützung von 0.15 überschritten würde. Ausserdem sei festgestellt worden,
dass planwidrig Leitungen für sanitäre Einrichtungen ins Dachgeschoss
hochgezogen worden seien, ein grosses statt zwei kleine Fenster erstellt
sowie eine nicht vorgesehene betonierte Treppe gebaut worden sei.
Mit weiterer Verfügung vom 15. November 2005 hob die Gemeinde den Baustopp
unter gewissen Bedingungen teilweise auf. Sie ordnete gegenüber dem Bauherrn
Folgendes an:
"1. Die Bauarbeiten für die Erstellung des Dachstuhles Ihres EFH auf
Parzelle 2931 dürfen wieder aufgenommen werden.

2.  Verbindliche Grundlage für die Konstruktion des Daches bilden:
Der beiliegende, von der Gemeinde unterzeichnete Plan mit Schnitt durch die
Dachkonstruktion. Darin festgehalten sind: Raumhöhe UK Sparren 160 cm, Einbau
der Sparren als mittragende Elemente des Daches
Das ebenfalls von der Gemeinde visierte Schreiben der A.________ AG vom
10.11.2005 mit der detaillierten Beschreibung und statischen Angaben zur
Dachkonstruktion
Es werden keine Abweichungen von diesen beiden Vorgaben toleriert.

3.  Die Sparren sind festverbaut, der Sparrenabstand ist maximal 100 cm.

4.  Nach Einbau der Sparren und vor Eindecken des Daches muss den Organen der
Gemeinde die Möglichkeit zur Kontrolle der tragenden Dachkonstruktion gegeben
werden.

5.  Der Gemeindebehörde muss auch längerfristig die Möglichkeit gegeben
werden, gegen Voranmeldung, die Raumhöhe im Dachgeschoss des EFH zu
überprüfen.
..."
Am 16. November und 8. Dezember 2005 reichte X.________ überarbeitete
Baupläne bei der Gemeinde ein. Diese verweigerte mit Baubescheid vom 30.
Januar 2006 die nachträgliche Bewilligung, weil die vorgeschriebene
Ausnützungsziffer nicht eingehalten sei. Insbesondere müsse auch die Fläche
der Mansarde im Dachgeschoss in die Berechnung einbezogen werden, soweit die
Raumhöhe bis zur Dachuntersicht 1,6 m überschreite. Die nachträglich
eingefügten Dachsparren vermöchten die Raumhöhe nicht wirklich zu vermindern,
da sie keinerlei tragende Funktion aufwiesen und sich nachträglich ohne
grösseren Aufwand wieder beseitigen liessen.
Am 27. Februar 2006 legte X.________ erneut ein Abänderungsgesuch vor, das
eine Neuaufteilung von Räumen im Erdgeschoss vorsah. Mit Baubescheid vom 6.
März 2006 lehnte die Gemeinde auch dieses Gesuch ab.

B.
Gegen die Bauentscheide der Gemeinde Sils i.E. vom 30. Januar 2006 und 6.
März 2006 erhob X.________ beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden
jeweils Rekurs. Dieses wies die Rekurse nach Durchführung eines Augenscheins
mit Urteil vom 28. Juni 2006 ab.
Das Verwaltungsgericht hielt in seinen Erwägungen zur Anrechenbarkeit der
Mansarde im Dachgeschoss im Wesentlichen fest, es sei aufgrund des
Augenscheins zur Überzeugung gelangt, dass den im Giebelbereich montierten
(eingemörtelten/verschraubten) Dachsparren bzw. Kreuzholzsparren
offensichtlich keine tragende Funktion zukomme, wie dies in der
Gemeindeverfügung vom 15. November 2005 verlangt worden sei. Die betreffenden
Querelemente könnten mit geringem Aufwand, ohne dass dies äusserlich
erkennbar wäre, später d.h. nach der Bauabnahme wieder entfernt werden. Die
Gemeinde sei daher berechtigt gewesen, die fragliche Raumfläche im
Dachgeschoss als anrechenbar zu qualifizieren.

C.
X.________ hat gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons
Graubünden staatsrechtliche Beschwerde eingereicht.
Die Gemeinde Sils i.E. und das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden
beantragen Abweisung der Beschwerde, soweit auf diese einzutreten sei.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der Beschwerdeführer ficht das Urteil des Bündner Verwaltungsgerichts nur
insofern an, als dieses festgestellt hat, dass die Dachsparren im Hause des
Beschwerdeführers entgegen der Auflage in der kommunalen Verfügung vom 15.
November 2005 keine tragende Funktion hätten. In der staatsrechtlichen
Beschwerde wird geltend gemacht, die auszuführende Dachkonstruktion sei mit
Plan und Schreiben der A.________ AG vom 10. November 2005 verbindlich
festgelegt worden. Aus dem Schreiben ergebe sich, dass den Dachsparren eine
Aussteifungsfunktion gegen die Verformung des Daches zukomme. Ohne die - mit
dem Beton und den Dachelementen zu verbindenden - Sparren sei die
Formstabilität der Dachelemente im Firstbereich auf Dauer nicht
gewährleistet. Darin liege die mittragende Funktion der Sparren. Dass das
Verwaltungsgericht den Begriff der "mittragenden Elemente des Daches" anders
verstehen wolle und an die tragende Funktion der Sparren weitere
Anforderungen stelle, sei willkürlich und verstosse gegen den Grundsatz von
Treu und Glauben.
Dieser Vorwurf ist offensichtlich unbegründet. Es trifft nicht zu, dass sich
die Gemeinde in der Verfügung vom 15. November 2005 damit begnügt hätte, dass
die einzubauenden Dachsparren (lediglich) eine versteifende Wirkung für den
Dachfirst hätten. Zwar ist von dieser Wirkung im Schreiben der A.________ AG
vom 10. November 2005  ebenfalls die Rede, doch hat die Gemeinde in ihrer
Verfügung klar verlangt, dass die Sparren (mit)tragende Elemente des Daches
und fest verbaut sein müssten. Aus dem zur Verfügung gehörenden Plan geht
denn auch hervor, dass die Sparren auf die Seitenmauern abgestützt werden
müssen und so ihre Funktion als Träger zu erfüllen haben. Die Auslegung des
Verwaltungsgerichtes ist weder willkürlich noch treuwidrig, sondern
zutreffend.

2.
Die staatsrechtliche Beschwerde ist als offensichtlich unbegründet
abzuweisen.
Die bundesgerichtlichen Kosten sind dem Ausgang des Verfahrens entsprechend
dem Beschwerdeführer zu überbinden (Art. 156 Abs. 1 OG). Dieser hat gemäss
bundesgerichtlicher Praxis der Gemeinde Sils i.E. als Gemeinde mit weniger
als 10'000 Einwohnern für das bundesgerichtliche Verfahren eine
Parteientschädigung zu entrichten.

Demnach erkennt das Bundesgericht im Verfahren

nach Art. 36a OG:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Der Beschwerdeführer hat die Gemeinde Sils i.E./Segl für das
bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Gemeinde Sils i.E./Segl und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. Dezember 2006

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: