Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.689/2006
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{T 0/2}
1P.689/2006 /ggs

Urteil vom 29. Januar 2007

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aeschlimann, Reeb,
Gerichtsschreiber Steinmann.

X. ________,
Y.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt X.________,

gegen

Psychiatriezentrum Rheinau, Beschwerdegegner,
Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich, Obstgartenstrasse 21, 8090 Zürich,
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer,
Militärstrasse 36, Postfach, 8090 Zürich.

Verweigerung des Telefonverkehrs,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid
des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, vom 24.
August 2006.
Sachverhalt:

A.
Y. ________ hielt sich im Jahr 2005 im Rahmen einer strafrechtlichen
Massnahme im Psychiatriezentrum Rheinau auf. Am 22. November 2005 rief
Rechtsanwalt X.________ um ca. 10.00 Uhr an und ersuchte darum, mit
Y.________ verbunden zu werden. Der Stationspfleger erklärte ihm, Y.________
sei momentan in der Arbeitstherapie und aus diesem Grunde erst ab 11.15 Uhr
telefonisch zu sprechen. X.________ beharrte darauf, mit Y.________ verbunden
zu werden, was der Stationspfleger ablehnte. Nach dem Ende der
Arbeitstherapie rief Y.________ X.________ um ca. 11.15 Uhr an.

X. ________ erhob gleichentags Beschwerde an die Gesundheitsdirektion des
Kantons Zürich mit dem Antrag, es sei eine Verletzung von Art. 10 EMRK
festzustellen. Diese ging in der Folge gestützt auf eine nachträgliche
Vollmacht davon aus, dass auch Y.________ Beschwerde erhoben hatte. Mit
Verfügung vom 25. April 2006 trat sie auf den Rekurs von Y.________ nicht
ein; sie erwog, dass in dessen Name erst am 1. Januar 2006 und damit
verspätet rekurriert worden sei. Den Rekurs von X.________ wies sie ab; sie
führte aus, dass der Eingriff in das von Art. 10 Ziff. 1 EMRK garantierte
Recht durch die Verzögerung um 11/4 Stunden - soweit es sich überhaupt um
einen eigentlichen Eingriff handle - durch die Hausordnung abgedeckt sei, im
öffentlichen Interesse an der ungehinderten Durchführung der Therapie liege
und sich als verhältnismässig erweise.

Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich wies die im Namen von X.________
und Y.________ erhobene Beschwerde am 24. August 2006 ab. Es bestätigte
hinsichtlich von Y.________ das Nichteintreten wegen Verspätung und die
Abweisung in Bezug auf X.________.

B.
Gegen diesen Entscheid haben X.________ und Y.________ beim Bundesgericht
staatsrechtliche Beschwerde erhoben (Datierung vom 19. September 2006,
Postaufgabe am 12. Oktober 2006). Sie beantragen die Aufhebung des
verwaltungsgerichtlichen Entscheides und die Feststellung, "dass die Anstalt
Rheinau ein Verbrechen gegen unser Menschenrecht auf freie Kommunikation im
Sinne von Art. 10 EMRK verübt hat". Weiter ersuchen sie um Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege. Auf die Begründung ist in den Erwägungen
einzugehen.

Das Psychiatriezentrum Rheinau verzichtet auf eine Vernehmlassung. Die
Gesundheitsdirektion und das Verwaltungsgericht beschränken sich auf die
Feststellung, dass es im Rekursverfahren keine Gerichtsferien gibt,
verzichten im Übrigen auf eine Stellungnahme und beantragen die Abweisung der
Beschwerde.

Die Beschwerdeführer äusserten sich zu den Eingaben von Gesundheitsdirektion
und Verwaltungsgericht.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der Beschwerdeführer 1 hatte am 22. November 2005 "in eigener Sache"
Beschwerde bei der Gesundheitsdirektion erhoben. Dementsprechend ging das
Verwaltungsgericht davon aus, dass die beiden Beschwerdeführer einzeln bei
der Gesundheitsdirektion rekurriert hatten, und beurteilte die bei ihm
erhobene Beschwerde in Bezug auf die Beschwerdeführer 1 und 2 getrennt
voneinander. Auch im bundesgerichtlichen Verfahren ist dies auseinander zu
halten.

2.
Die Gesundheitsdirektion war auf die Beschwerde von Beschwerdeführer 2 nicht
eingetreten und das Verwaltungsgericht hat diesen Entscheid bestätigt. Damit
ist vorliegend einzig zu prüfen, ob das Nichteintreten eine formelle
Rechtsverweigerung darstellt.

Nach § 22 Abs. 1 des zürcherischen Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRG) ist
der Rekurs innert 30 Tagen zu erheben. Ein Friststillstand über die
Weihnachtstage besteht für das Rekursverfahren nicht (vgl.
Kölz/Bosshart/Röhl, Kommentar zum VRG, 2. Aufl. 1999, § 11 Rz. 13, mit
Hinweisen auf die Praxis). Ausgehend vom streitigen Vorfall am 22. November
2005 durfte die Beschwerde des Beschwerdeführers 2 vom 1. Januar 2006 ohne
Willkür als versptätet bezeichnet werden. Die Rüge der formellen
Rechtsverweigerung ist daher unbegründet.

3.
Der Beschwerdeführer 1 beanstandet, dass er am 22. November 2005 nicht
unmittelbar mit dem Beschwerdeführer 2 verbunden worden war und bis zur
Kontaktaufnahme mit letzterem rund 11/4 Stunden zuwarten musste. Vorliegend
steht einzig dieser Vorfall in Frage. Indessen bilden der Freiheitsentzug des
Beschwerdeführers 2 als solcher, Sinn und Zweck der Arbeitstherapie, das
Regime bei fürsorgerischer Freiheitsentziehung im Allgemeinen und die
Tragweite von Art. 312 StGB im vorliegenden Fall nicht Gegenstand der
Beschwerde.

Der Beschwerdeführer 1 ruft eine ganze Reihe von Freiheitsrechten gemäss
Bundesverfassung und Menschenrechtskonvention an. Die Zuordnung zu einzelnen
dieser Garantien kann vorliegend offen gelassen werden.

Der mit der blossen Verzögerung bewirkte Eingriff beruht auf der Hausordnung
der Anstalt, wonach Dispensationen von der Arbeitstherapie nur aus
medizinischen Gründen möglich sind und diese jeweils von 08.45 bis 11.30 Uhr
bzw. 13.30 bis 16.30 Uhr stattfinden. Es liegt im öffentlichen Interesse,
dass die Arbeitstherapie ordnungsgemäss durchgeführt und nicht unnötig
unterbrochen wird. Schliesslich erweist sich die Verzögerung der
Kontaktaufnahme des Beschwerdeführers 1 mit dem Beschwerdeführer 2 um blosse
11/4 Stunden angesichts des Umstandes, dass ersterer nicht in einer engeren
(z.B. verwandtschaftlichen) Beziehung zu zweiterem steht und bisher auch
nicht als Rechtsvertreter in Erscheinung getreten war, als verhältnismässig.
Anzufügen bleibt, dass der Beschwerdeführer 2 nach Abschluss der Therapie am
22. November 2005 ohne Verzug und Einschränkung mit dem Beschwerdeführer 2
telefonischen Kontakt aufnehmen konnte.

Damit erweist sich die Beschwerde in dieser Hinsicht als unbegründet, ohne
dass auf die weitern, ausschweifigen Ausführungen in der Beschwerdeschrift
näher einzugehen ist.

4.

Demnach ist die Beschwerde abzuweisen. Die Beschwerdeführer ersuchen um
Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Dieses Ersuchen ist wegen
offensichtlicher Unbegründetheit der Beschwerde abzuweisen.

Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird den Beschwerdeführern in
solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Psychiatriezentrum Rheinau sowie der
Gesundheitsdirektion und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3.
Abteilung, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. Januar 2007

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: