Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.628/2006
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{T 0/2}
1P.628/2006 /fun

Urteil vom 22. Februar 2007

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Aemisegger, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Aeschlimann, Fonjallaz,
Gerichtsschreiberin Schoder.

X. ________ AG, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas
Wietlisbach,

gegen

Gemeinderat Rottenschwil, Hauptstrasse 21,
8919 Rottenschwil,
Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 4. Kammer, Obere Vorstadt 40, 5000
Aarau.

Vollstreckungsverfügung,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Aargau, 4. Kammer, vom 17. August 2006.

Sachverhalt:

A.
Das Baukonsortium H.________, bestehend aus A.C________ und B.C.________,
D.________ und E.G________, verpflichtete sich mit Erschliessungsvertrag vom
1. Juli 1991/10. März 1992 gegenüber fünf weiteren Grundeigentümern, darunter
der Einwohnergemeinde Rottenschwil, zur Erschliessung der Wohnüberbauung
"Stilli Rüss" und damit  zur Erstellung der heutigen Käsereistrasse in
Rottenschwil. Am 19. August 1991 erteilte der Gemeinderat Rottenschwil dem
Baukonsortium die Baubewilligung für die Erschliessung der Wohnüberbauung.

Da bei der Erschliessung der oberste Feinbelag nicht eingebaut wurde,
ersuchte der Gemeinderat die Mitglieder bzw. die Rechtsnachfolger des
inzwischen aufgelösten Baukonsortiums um Kostenzusage für die Erstellung
dieser Arbeiten. A.C.________ und B.C.________ sowie D.________ waren zur
Kostenübernahme bereit. F.G.________ als Geschäftsführer der X.________ AG,
welche sämtliche Rechte und Pflichten des inzwischen verstorbenen
E.G.________ im Zusammenhang mit dem Baukonsortium H.________ übernommen
hatte, verweigerte dagegen die Zusage.

Nach erfolgloser Aufforderung setzte der Gemeinderat Rottenschwil dem
Baukonsortium H.________ mit Beschluss vom 26. September 2005 eine letzte
Frist bis am 31. Dezember 2005 für den Einbau des Feinbelags in die
Käsereistrasse. Für den Fall der Nichterfüllung drohte er im Sinne einer
Ersatzvornahme die Beauftragung eines anderen Unternehmens zu Lasten des
Baukonsortiums an.

Die von der X.________ AG erhobene Beschwerde wies der Regierungsrat am 26.
April 2006 ab. Mit Urteil vom 17. August 2006 trat das Verwaltungsgericht des
Kantons Aargau, 4. Kammer, auf die Beschwerde der X.________ AG nicht ein.
Als Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, bei der Verfügung des
Gemeinderats handle es sich um eine Vollstreckungsverfügung, welche beim
Regierungsrat angefochten werden könne. Dagegen beschränke sich die
Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts gemäss § 53 des Gesetzes des Kantons
Aargau vom 9. Juli 1968 über die Verwaltungsrechtspflege
(Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRGP/AG) auf die Prüfung von
Rechtsverweigerung, Rechtsverzögerung, Verletzung der Vorschriften über die
Zuständigkeit, den Ausstand, das rechtliche Gehör und die Akteneinsicht. Die
X.________ AG mache nicht geltend, der Regierungssrat habe einen
Verfahrensfehler im Sinne von § 53 VRPG/AG begangen.

B.
Die X.________ AG hat gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts
staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Willkürverbots (Art. 9), des
Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) und der Rechtsweggarantie
(Art. 6 EMRK) geltend gemacht. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen
Urteils.

C.
Der Gemeinerat Rottenschwil beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit
darauf einzutreten sei, und die Beschwerdeführerin sowie die anderen
Mitglieder des Baukonsortiums seien zu verpflichten, den Einbau des
Feinbelags gemäss Verfügung des Gemeinderats vom 26. September 2005
vorzunehmen. Das Verwaltungsgericht hat auf Stellungnahme verzichtet. Die
Beschwerdeführerin hat repliziert.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das angefochtene Urteil erging am 17. August 2006 und damit vor Inkrafttreten
des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005
(Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110) am 1. Januar 2007. Demzufolge richtet
sich das Beschwerdeverfahren nach dem bisherigen Recht (Art. 84 ff. OG; Art.
132 Abs. 1 BGG, e contrario).

2.
2.1 Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss eine Beschwerde die wesentlichen
Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche
verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch
den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Im Verfahren der
staatsrechtlichen Beschwerde prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert
erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (BGE 131 I 377 E. 4.3 S. 385, mit
Hinweisen).

2.2 Das Verwaltungsgericht begründete seinen Nichteintretensentscheid damit,
dass die Rüge der Verletzung der Begründungspflicht sich fälschlicherweise
gegen den Entscheid des Gemeinderats statt gegen denjenigen des
Regierungsrats richte und die Rüge der verweigerten Akteneinsicht nicht
substantiiert sei. Das Vorbringen, die Vollstreckungsverfügung des
Gemeinderats sei nichtig, erweise sich ebenfalls als unbehelflich, da die
Behauptung der Nichtigkeit eines Entscheids nicht zu einem Rechtsmittel
führen könne. Die Beschwerdeführerin setzt sich mit dieser Urteilsbegründung
nicht rechtsgenüglich auseinander, sondern beschränkt sich darauf, dem
Bundesgericht ihre eigene Auffassung darüber zu unterbreiten, weshalb das
Willkürverbot und der Gehörsanspruch verletzt sein sollen. Damit ist sie
nicht zu hören.

2.3 Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung der Rechtsweggarantie (Art. 6
Ziff. 1 EMRK). Im Wesentlichen bringt sie vor, die Frage der Pflicht zur
Erstellung eines Feinbelags auf der Käsereistrasse ergebe sich aus dem
Erschliessungsvertrag und stelle eine zivilrechtliche Streitigkeit im Sinn
von Art. 6 EMRK dar. Indem das Verwaltungsgericht davon ausgehe, der
Beschluss des Gemeinderats sei eine Vollstreckungsverfügung, die vom
Regierungsrat überprüft werde und gegen die der Rechtsweg ans
Verwaltungsgericht nur im Rahmen von § 53 VRPG/AG möglich sei, werde die
Beurteilung ihrer zivilrechtlichen Ansprüche durch ein unabhängiges und
unparteiisches Gericht gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK vereitelt.

Das Verwaltungsgericht führte in diesem Zusammenhang aus, die
Beschwerdeführerin beschränke sich im Beschwerdeverfahren gegen den Entscheid
des Regierungsrats darauf, die Zuständigkeit des Gemeinderats zum Erlass der
Vollstreckungsverfügung gestützt auf den Erschliessungsvertrag anzufechten.
Sie lege indessen nicht dar, inwiefern der Regierungsrat als Vorinstanz
Zuständigkeitsvorschriften verletzt haben soll.

Vor Bundesgericht zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf, dass sie den
Standpunkt des Regierungsrats, die Vollstreckungsverfügung lasse sich zwar
nicht auf den Erschliessungsvertrag, aber auf die Baubewilligung abstützen,
bereits vor dem Verwaltungsgericht rechtsgenüglich angefochten habe. Die
beschränkte Kognition des Verwaltungsgerichts nach § 53 VRPG/AG ist aber
gerade die Folge dieser Rechtsauffassung des Regierungsrats (vgl. Erwägung 1
des angefochtenen Urteils). Indem die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht in
diesem Zusammenhang eine Verletzung der Rechtsweggarantie rügt, umgeht sie
ihre prozessuale Obliegenheit, sich mit den Erwägungen im angefochtenen
Entscheid auseinander zu setzen. Damit ist sie wiederum ausgeschlossen (Art.
90 Abs. 1 lit. b OG).

3.
Somit ergibt sich, dass auf die staatsrechtliche Beschwerde insgesamt nicht
einzutreten ist. Damit bleibt zum vornherein kein Raum für den in der
Beschwerdeantwort durch die Gemeinde gestellten Antrag, die
Beschwerdeführerin und die übrigen Mitglieder des Baukonsortiums seien durch
das Bundesgericht zum Einbau des Feinbelags zu verpflichten. Dieser Antrag
läge zudem ausserhalb des Streitgegenstands und wäre auch mit der
kassatorischen Natur der staatsrechtlichen Beschwerde unvereinbar.

Bei diesem Prozessergebnis hat die Beschwerdeführerin die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Gemeinderat Rottenschwil und
dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. Februar 2007

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied:  Die Gerichtsschreiberin: