Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.61/2006
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1P.61/2006 /ggs

Urteil vom 25. April 2006

I.  ffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter F raud, Pr sident,
Bundesrichter Nay, Aeschlimann, Reeb, Eusebio,
Gerichtsschreiber St ri.

X. ________, Beschwerdef hrer, vertreten durch Rechtsanwalt Heiner Graf,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Untersuchungsamt Gossau,
Sonnenstrasse 4, 9201 Gossau,
Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer, Klosterhof 1, 9001 St. Gallen.

Strafverfahren; SVG; Beweisw rdigung,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid
des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer,
vom 9. November 2005.
Sachverhalt:

A.
Das Kreisgericht Alttoggenburg-Wil verurteilte X.________ am 24. August 2004
wegen mehrfacher grober Verletzung von Verkehrsregeln, N tigung sowie einer
hier nicht mehr interessierenden Widerhandlung gegen das ANAG zu 6 Monaten
Gef ngnis unbedingt und einer Busse von 150 Franken. Es hielt - im
Wesentlichen auf Grund der Aussagen von zwei im Verfahren als "x1" und "x2"
bezeichneten Zeugen - f r erwiesen, dass X.________ am 22. August 2002 am
Steuer seines "Jaguar Sovereign" auf der A1 von Aarau nach Wil fuhr und dabei
auf der Umfahrung Winterthur Verkehrsregeln in krasser Weise missachtete,
indem er bei Tempo 100 km/h bis auf 2 Meter auf einen vor ihm fahrenden BMW
aufgeschlossen, diesen dann  berholt und ausgebremst habe. Er habe seinen
"Gegner" mit erhobener Faust und einer obsz nen Geste bedroht und ihm durch
das Beifahrerfenster eine PET-Flasche auf den K hler geworfen.

Das Kantonsgericht St. Gallen wies die Berufung von X.________ am 9. November
2005 ab.

B.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 30. Januar 2006 wegen Verletzung von
Art. 9 und Art. 32 Abs. 2 Satz 2 BV sowie von Art. 6 Ziff. 1 i.V.m. Art. 6
Ziff. 3 lit. d EMRK beantragt X.________, diesen kantonsgerichtlichen
Entscheid aufzuheben. Ausserdem ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeist ndung.

Staatsanwaltschaft und Kantonsgericht verzichten auf Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erw gung:

1.
Beim angefochtenen Entscheid des Kantonsgerichts handelt es sich um einen
letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid (Art. 86 Abs. 1 OG). Der
Beschwerdef hrer ist durch die strafrechtliche Verurteilung in seinen
rechtlich gesch tzten Interessen ber hrt (Art. 88 OG), weshalb er befugt ist,
die Verletzung verfassungsm ssiger Rechte zu r gen. Die  brigen
Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, sodass auf die
Beschwerde, unter dem Vorbehalt geh rig begr ndeter R gen (Art. 90 Abs. 1
lit. b OG; BGE 127 I 38 E. 3c; 125 I 492 E. 1b; 122 I 70 E. 1c), einzutreten
ist.

2.
Der Beschwerdef hrer macht geltend, die Beweisw rdigung sei willk rlich und
der Einsatz anonymer Zeugen im Strafverfahren gegen ihn sei unzul ssig
gewesen. Selbst wenn aber dieser gerechtfertigt gewesen w re, so h tte das
Kantonsgericht die Regeln des fair trial nach Art. 6 Ziff. 1 i.V.m. Art. 6
Ziff. 3 lit. d EMRK verletzt, weil es unterlassen habe, die vom Europ ischen
Gerichtshof f r diesen Fall geforderten Massnahmen zur Kompensation der
Einschr nkung der Verteidigungsrechte zu treffen.

Nach den Verfahrensgarantien von Art. 6 Ziff. 1 i.V.m. Art. 6 Ziff. 3 lit. d
EMRK hat der Beschuldigte ein Recht darauf, den Belastungszeugen zu befragen.
Von hier nicht zutreffenden Ausnahmen, in denen eine Konfrontation aus
objektiven, von den Strafverfolgungsbeh rden nicht zu vertretenden Gr nden
nicht m glich war, ist eine belastende Zeugenaussage grunds tzlich nur
verwertbar, wenn der Beschuldigte den Belastungszeugen wenigstens einmal
w hrend des Verfahrens in direkter Konfrontation befragen konnte. Um sein
Fragerecht wirksam aus ben zu k nnen, muss der Beschuldigte in die Lage
versetzt werden, die pers nliche Glaubw rdigkeit des Zeugen zu pr fen und den
Beweiswert seiner Aussagen zu hinterfragen. Ersteres kann der Beschuldigte
nur, wenn er die Identit t des Zeugen kennt; diese ist ihm daher
grunds tzlich offen zu legen.

Dies schliesst allerdings nicht aus, die Identit t des Zeugen ausnahmsweise
geheimzuhalten und von einer direkten Konfrontation des Zeugen mit dem
Beschuldigten abzusehen, wenn dies zur Wahrung schutzw rdiger Interessen
erforderlich ist. Als solche anerkannt sind namentlich die Gew hrleistung der
pers nlichen Sicherheit des Zeugen und, im Falle von verdeckten Ermittlern,
die Wahrung ihrer beruflichen Integrit t, um ihnen die Fortf hrung ihrer
T tigkeit im Dienst der Polizei zu erm glichen. L sst das Gericht zu, dass
ein Zeuge anonym bleibt und bei seiner Befragung sichergestellt wird, dass er
weder optisch noch an seiner Stimme erkannt werden kann (indirekte
Konfrontation), muss es die dadurch bewirkte Einschr nkung der
Verteidigungsrechte m glichst kompensieren (Fall Kok c. Niederlande, Recueil
CourEDH 2000-VI S. 629). Es hat sich namentlich davon zu  berzeugen, dass die
Identit t des Zeugen feststeht und ausgeschlossen werden kann, dass ein
anderer an seiner Stelle Zeugnis ablegt (BGE 125 I 127 E. 6c/ff und d S. 137
ff.; 121 I 306 E. 2b S. 309).

Nach der Rechtsprechung des europ ischen Gerichtshofes ist die Zulassung
anonymer Belastungszeugen mit der Folge, dass dadurch das Recht des
Beschuldigten beschnitten wird, ihm in direkter Konfrontation Fragen zu
stellen, ausgeschlossen, wenn dem streitigen Zeugnis eine ausschlaggebende
Bedeutung zukommt, es mithin den einzigen oder einen wesentlichen Beweis
darstellt (Darstellung der Praxis der Strassburger Organe in BGE 125 I 127 E.
6c). Dies hat dem Gerichtshof die berechtigte Kritik eingetragen, anonyme
Zeugen nur in Verfahren zuzulassen, in denen sie f r die Beweisf hrung
letztlich  berfl ssig sind (Muriel Guerrin, Le t moignage anonyme au regard
de la jurisprudence de la Cour Europ enne des droits de l'homme, Revue
trimestrielle des droits de l'homme, 13/2002, Nr. 49 S. 55; in Verfahren
wegen Kindsmissbrauchs scheint der Gerichtshof diese Einschr nkung f r die
Zeugnisse der Opfer allerdings nicht zu machen, S.N. c. Schweden, Recueil
CourEDH 2002-V S. 169). Entscheidend f r die Zulassung anonymer Zeugen kann
indessen letztlich nicht das formale Kriterium sein, ob dem dadurch erlangten
Beweis eine ausschlaggebende Bedeutung zukommt oder nicht. Vielmehr ist im
Lichte der konventions- und verfassungsm ssigen Verfahrensgarantien in einer
Gesamtw rdigung zu pr fen, ob die durch die Zulassung des anonymen Zeugen
bewirkte Beschneidung der Verteidigungsrechte durch schutzw rdige Interessen
gedeckt ist und, wenn ja, ob sich der Beschuldigte trotzdem wirksam
verteidigen konnte, er mithin einen fairen Prozess hatte.

3.
Die Verurteilung des Beschwerdef hrers beruht im Wesentlichen auf den
Aussagen von "x1" und "x2", welche die Polizei per Natel auf den umstrittenen
Vorfall aufmerksam gemacht hatten.

3.1 "x1" wurde am 26. August 2002 von Untersuchungsrichter Hangartner in
Anwesenheit von Untersuchungsrichter Gemperli als Zeuge einvernommen. Auf
seine Ank ndigung hin, aus Angst vor Racheakten nur anonym aussagen zu
wollen, sicherte ihm der Untersuchungsrichter Hangartner die Wahrung seiner
Anonymit t zu. Dabei sagte der Zeuge u.a. aus, dass er zum fraglichen
Zeitpunkt auf der A1 in Richtung St. Gallen gefahren sei. Bei der mittleren
Ausfahrt Winterthur sei links vor ihm ein grauer BMW gefahren. Der violette
Jaguar des Beschwerdef hrers habe bis auf zwei Meter zum grauen BMW
aufgeschlossen, habe diesen rechts  berholt, sei vor dem BMW wieder
eingebogen und habe fast eine Vollbremsung gemacht. Nach dem Abbremsen auf
ca. 60 - 70 km/h h tten beide Fahrzeuge wieder beschleunigt. Als der BMW fast
die gleiche H he des Jaguars erreicht habe, habe der Jaguarfahrer das
Beifahrerfenster hinuntergelassen, eine PET-Flasche auf den K hler des BMWs
geworfen und anschliessend stark beschleunigt. Auf der H he der Abzweigung
Frauenfeld sei dann der Jaguar gestanden, und dessen Fahrer habe die
Automobilisten - in erster Linie den Fahrer des BMWs - mit der Faust bedroht.

Gem ss Aktennotiz des Untersuchungsrichters Hangartner vom 23. Dezember 2002
wurde er von "x1" wegen der bevorstehenden Konfrontationseinvernahme mit dem
Beschwerdef hrer angerufen. "x1" habe ihn inst ndig darum gebeten, von einer
Konfrontation abzusehen. Er habe Angst vor dem Beschwerdef hrer und glaube
nicht daran, dass bei einer Konfrontation seine Anonymit t gewahrt werden
k nnte. Daraufhin habe er auf eine direkte Konfrontation verzichtet.

3.2 "x2" wurde von Untersuchungsrichter Hangartner in Anwesenheit des
Untersuchungsbeamten Plavec am 2. September 2002 als Zeuge einvernommen. Auch
er erkl rte, auf Grund des  usserst aggressiven Verhaltens des
Beschwerdef hrers sei er nur bereit, anonym auszusagen. Auch ihm wurde die
Wahrung seiner Anonymit t zugesichert. Er sagte aus, er sei zur fraglichen
Zeit auf der A1 in Richtung St. Gallen unterwegs gewesen. Bei der Ausfahrt
Winterthur W lflingen sei er auf der linken Spur unterwegs gewesen, als er im
R ckspiegel einen dunkelroten Jaguar gesehen habe, der mit einem Schwenker
von der  berhol- auf die Mittelspur eingebogen sei. Dann habe er "in einem
Affenzahn" 4 oder 5 Autos rechts  berholt und sei - sehr knapp - zwischen
zwei silbergrauen BMWs wieder in die  berholspur eingebogen; der zweite BMW
habe recht bremsen m ssen. Der Jaguarfahrer habe dann begonnen, mit den BMWs
"ein Spiel" zu treiben, er habe richtiggehend Terror gemacht, indem er
zwischendurch auf die Bremse getreten habe, sich nicht habe  berholen lassen,
langsamer gefahren sei. Er habe dann die Ausfahrt Frauenfeld West genommen.
Dabei sei der Jaguar auf der  berholspur auf gleicher H he gewesen und habe
einen Vollstopp, einen "Schlirggen", gerissen. Es sei nur deshalb nichts
passiert, weil die folgenden Fahrzeuge auf der Hut gewesen seien. Die
Situation sei unglaublich bedrohlich gewesen, der Typ im Jaguar habe
gestikuliert, die Faust geballt und Drohgeb rden gemacht.

Untersuchungsrichter Hangartner f hrte am 14. Februar 2003 auf Verlangen des
Verteidigers des Beschwerdef hrers eine Konfrontationseinvernahme mit dem
Zeugen "x2" durch, zu welcher der Beschwerdef hrer nicht erschien. Dessen
Verteidiger konnte dem Zeugen Erg nzungsfragen stellen.

3.3 Der Pr sident und der Gerichtsschreiber des Kreisgerichts
Alttoggenburg-Wil befragten "x1" am 5. August 2004 als Zeugen zum Vorfall und
legten ihm dabei einen Fragenkatalog des Verteidigers des Beschwerdef hrers
vor. In einer Vorbemerkung gab "x1" folgende Erkl rung zu Protokoll: Er m sse
zun chst etwas loswerden, was ihn ausserordentlich belaste. Als er damals der
Polizei den Vorfall geschildert habe, h tten diese in Bezug auf den
Beschwerdef hrer sinngem ss festgestellt: "Endlich haben wir ihn." Zusammen
mit dem, was er erlebt habe und der sp teren Thematik der Anonymit t h tte
sich in ihm eine derartige Angst aufgebaut, dass er keinen anderen Ausweg
gesehen habe, als das Vorgefallene so zu schildern, wie wenn der
Beschwerdef hrer nicht ihn, sondern einen anderen Fahrer bedr ngt und mit
einer PET-Flasche beworfen habe. In Tat und Wahrheit sei er bedr ngt worden,
nicht ein anderer BMW-Fahrer. Abgesehen von diesem Rollentausch entspreche
seine Schilderung indessen der vollen Wahrheit, und er werde die Fragen des
Verteidigers nach bestem Wissen und Gewissen beantworten.

4.
4.1 Das Kantonsgericht hat im angefochtenen Entscheid (E. 3a S. 4 f.) erwogen,
der Untersuchungsrichter k nne nach Art. 83 Abs. 1 der St. Galler
Strafprozessordnung vom 1. Juli 1999 (StPO) einem Zeugen Anonymit t
zusichern, "wenn wichtige Interessen, insbesondere die k rperliche oder
psychische Integrit t des Zeugen" es erforderten. Mit dieser Regelung sollten
nach den Materialien Zeugen in Verfahren im Bereich der organisierten
Kriminalit t, des Drogenhandels oder der Milieukriminalit t vor Repressalien
aus dem Umfeld des Beschuldigten gesch tzt werden. Nach dem Gesetzeswortlaut
k nne Art. 83 Abs. 1 StPO indessen auch bei weniger schweren Delikten
angewendet werden. Dem Beschwerdef hrer seien mehrfache grobe
Verkehrsregelverletzungen und N tigung, mithin keine Bagatelldelikte,
vorgeworfen worden. Es erscheine daher keineswegs von vornherein
unverh ltnism ssig, den Zeugen Anonymit t zuzusichern. Im Weiteren falle in
Betracht, dass beide Zeugen erkl rt h tten, der Beschwerdef hrer habe sich
beim umstrittenen Vorfall derart aggressiv verhalten, dass sie Angst vor ihm
h tten. Dieser habe sich denn auch bei der polizeilichen Anhaltung sehr
aggressiv verhalten und sei laut Strafregister seit 1993 insgesamt siebenmal
verurteilt worden, unter anderem wegen mehrfacher Gef hrdung des Lebens,
N tigung, mehrfacher Gewalt und Drohung gegen Beamte, schwerer Brandstiftung,
Vergewaltigung, Drohung, Landfriedensbruchs und versuchter K rperverletzung.
Der Therapiebericht vom 11. Dezember 2002 diagnostiziere ihm eine "emotionale
Instabilit t, eine unverh ltnism ssige Impulsivit t und eine mangelhafte
Selbstkontrolle". Auf Grund dieser Umst nde erscheine die Geheimhaltung der
Identit t der Zeugen geboten.

4.2 Der Beschwerdef hrer hat offensichtlich grosse M he, sich zu beherrschen
und an Regeln zu halten. Er kommt deswegen immer wieder mit dem Gesetz in
Konflikt; nach seinen eigenen Angaben verbrachte er die Jahre zwischen 1989
und 2000 zum gr ssten Teil im Strafvollzug. Aus dem Vorstrafenregister und
dem Therapiebericht l sst sich zudem ableiten, dass er schon bei
geringf gigem Anlass zu Gewaltausbr chen neigt. Es ist daher durchaus
nachvollziehbar, dass sich die beiden Zeugen, die gesehen haben, wie der
Beschwerdef hrer am Steuer seines Wagens die Selbstkontrolle verlor und mit
seiner Fahrweise die Verkehrsregeln grob verletzte, die Verkehrssicherheit
massiv gef hrdete und die Verkehrsteilnehmer bedrohte, vor allf lligen
Repressalien f rchten.

Auch wenn der Gesetzgeber den Einsatz anonymer Zeugen nach den Materialien in
erster Linie f r Verfahren gegen Mitglieder krimineller Organisationen und
Terroristen vorgesehen haben mag, aus deren Umfeld regelm ssig eine Gefahr
f r Leib und Leben der Belastungszeugen ausgeht, so schliesst dies nicht aus,
ihn auch in anderen Strafverfahren zuzulassen, in denen die im Wesentlichen
gleiche konkrete Gefahr besteht, dass die Belastungszeugen Racheakten des
Angeschuldigten ausgesetzt sein k nnten. Dies konnten die
Strafverfolgungsbeh rden im vorliegenden Fall ohne Verfassungsverletzung
annehmen. Beim Beschwerdef hrer handelt es sich um einen ungew hnlich
gewaltbereiten Einzelt ter, bei dem auf Grund seiner Vorstrafen und des
Therapieberichtes damit gerechnet werden muss, dass er sich an den beiden
Belastungszeugen, die ihn bei der Polizei "verpfiffen" haben, r chen k nnte.
Es ist daher nicht zu beanstanden, dass ihnen Anonymit t zugesichert wurde.

4.3 Wird in einem Strafverfahren den Zeugen um ihrer Sicherheit Willen
Anonymit t zugesichert, so muss die dadurch bewirkte Einschr nkung der
Verteidigungsrechte so weit wie m glich kompensiert werden (oben E. 2). Dies
kann etwa durch eine indirekte Konfrontation geschehen, wie sie in Bezug auf
"x2" h tte durchgef hrt werden sollen. Der Beschwerdef hrer erschien nicht
zum Termin und liess sich durch seinen Verteidiger vertreten, der "x2"
offenbar direkt befragen konnte. Damit hat der Beschwerdef hrer in Bezug auf
diesen Zeugen sein eigenes Konfrontationsrecht verwirkt, weshalb dessen
Aussagen ohne weiteres verwertet werden durften.

Dem Zeugen "x1" hat der Untersuchungsrichter auf dessen Bitte hin eine (auch
indirekte) Konfrontation mit dem Beschwerdef hrer von vornherein erspart. Der
Verteidiger konnte "x1" zwar durch den Gerichtspr sidenten vorher
eingereichte Fragen stellen lassen, und das Gericht vergewisserte sich in
Bezug auf beide Zeugen, dass diese  ber einen einwandfreien allgemeinen und
automobilistischen Leumund verf gen und den Beschwerdef hrer nicht kennen.
Indessen hatten weder der Beschwerdef hrer noch sein Verteidiger Gelegenheit,
"x1" in einer wenigstens indirekten Konfrontation zu befragen, obwohl der
Beschwerdef hrer bzw. sein Verteidiger dies in rechtsg ltiger Weise
verlangten. Die Verwertung dieser Aussage ist mit den Garantien von Art. 32
Abs. 2 BV i.V. m. Art. 6 Ziff. 1 und Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK nicht
vereinbar, die R ge ist begr ndet.

4.4 Das Kantonsgericht st tzt die Verurteilung des Beschwerdef hrers auf
beide Zeugenaussagen und damit auch auf die unverwertbare von "x1". Die
Beschwerde ist somit gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben.
Das Kantonsgericht wird bei seinem neuen Entscheid zu pr fen haben, ob es die
Verurteilung gest tzt auf die Aussagen von "x2" allein aufrechterhalten kann,
ob es "x1" unter Wahrung seiner Anonymit t mit dem Beschwerdef hrer
konfrontieren will oder letzteren, sofern dies nicht m glich sein sollte,
ganz oder teilweise freisprechen muss.

5.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 156 OG),
und der Kanton St. Gallen hat dem Beschwerdef hrer eine angemessene
Parteientsch digung zu bezahlen (Art. 159 OG). Bei diesem Ausgang des
Verfahrens wird sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verteidigung
gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen und der angefochtene
Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom 9. November 2005
aufgehoben.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Der Kanton St. Gallen hat dem Beschwerdef hrer f r das bundesgerichtliche
Verfahren eine Parteientsch digung von Fr. 1'800.-- zu bezahlen.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdef hrer, der Staatsanwaltschaft,
Untersuchungsamt Gossau, und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. April 2006

Im Namen der I.  ffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Pr sident:  Der Gerichtsschreiber: