Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.601/2006
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{T 0/2}
1P.601/2006 /fun

Urteil vom 16. Februar 2007

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Reeb,
Gerichtsschreiber Haag.

X. ________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Camil
Chioralia,

gegen

1.A.Y.________,
2.B.Y.________,
Nr. 1 und 2 vertreten durch Fürsprecher Patrick Lafranchi,
3.C.________,
Beschwerdegegner,
Untersuchungsrichter 1 des Untersuchungsrichteramtes III Bern-Mittelland,
Hodlerstrasse 7, 3011 Bern,
Staatsanwaltschaft III Bern-Mittelland,
Hodlerstrasse 7, 3011 Bern,
Generalprokuratur des Kantons Bern, Hochschulstrasse 17, 3012 Bern,
Obergericht des Kantons Bern, Anklagekammer, Hochschulstrasse 17, Postfach
7475, 3001 Bern.

Strafverfahren,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss
des Obergerichts des Kantons Bern, Anklagekammer, vom 13. Juli 2006.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Auf Antrag des Untersuchungsrichters 1 des Untersuchungsrichteramts III
Bern-Mittelland vom 15. April 2003/26. August 2005 und mit Zustimmung der
Staatsanwaltschaft vom 6. September 2005 wurde beschlossen, die
Strafverfolgung gegen A.Y.________ und B.Y.________ sowie C.________ wegen
Betrugs und Wuchers aufzuheben. Gegen diesen Beschluss beschwerte sich
X.________ am 24. September 2005 beim Obergericht des Kantons Bern. Sie
beantragte im Wesentlichen den Ausstand des Untersuchungsrichters 1 des
Untersuchungsrichteramts III Bern-Mittelland und die Aufhebung der
Einstellung der Strafverfolgung gegen A.Y.________ und B.Y.________ sowie
C.________. Die Anklagekammer des Obergerichts trat mit Beschluss vom 13.
Juli 2006 auf das Ausstandsgesuch nicht ein und wies den Rekurs im Übrigen
ab, soweit sie darauf eintreten konnte.

Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 14. September 2006 beantragt X.________
insbesondere die Aufhebung des Entscheids der Anklagekammer des Obergerichts
vom 13. Juli 2006 und eventualiter "acheminer la recourante si besoin par
toutes voies de droit à prouver les faits qu'elle allègue dans la présente
écriture". Sie rügt eine Verletzung verschiedener Bestimmungen des kantonalen
Verfassungsrechts, der Art. 5, 7, 9, 29 und 30 BV sowie des Art. 6 Ziff. 1
EMRK.

Das Obergericht schliesst auf Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde. Die
Staatsanwaltschaft des Kantons Bern beantragt, auf die Beschwerde sei nicht
einzutreten. Die übrigen Verfahrensbeteiligten haben auf Äusserungen zur
Beschwerde verzichtet.

2.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das
Bundesgericht (BGG, SR 173.110) in Kraft getreten. Dieses Gesetz ist auf ein
Beschwerdeverfahren nur anwendbar, wenn der angefochtene Entscheid nach dem
1. Januar 2007 ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). Diese Voraussetzung ist
vorliegend nicht erfüllt, weshalb die Beschwerde nach den Bestimmungen des OG
zu beurteilen ist.

3.
Der angefochtene Entscheid ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid im
Sinn von Art. 86 Abs. 1 OG, gegen den die staatsrechtliche Beschwerde
grundsätzlich zur Verfügung steht (Art. 84 Abs. 2 OG). Das Bundesgericht
prüft die Zulässigkeit eines Rechtsmittels von Amtes wegen und mit freier
Kognition (BGE 129 I 173 E. 1 S. 174; 128 I 46 E. 1a S. 48, je mit
Hinweisen).

3.1 Die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde setzt die persönliche
Betroffenheit des Beschwerdeführers in eigenen rechtlich geschützten
Interessen voraus (Art. 88 OG).

Nach der Praxis des Bundesgerichts ist der durch eine angeblich strafbare
Handlung Geschädigte grundsätzlich nicht legitimiert, gegen die Einstellung
eines Strafverfahrens oder gegen ein freisprechendes Urteil staatsrechtliche
Beschwerde zu erheben. Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache
selbst ist der Geschädigte, der im kantonalen Verfahren Parteistellung hatte,
aber befugt, mit staatsrechtlicher Beschwerde die Verletzung von
Verfahrensrechten geltend zu machen, deren Missachtung eine formelle
Rechtsverweigerung darstellt (BGE 131 I 455 E. 1.2.1 S. 458 f.; 128 I 218 E.
1.1 S. 219 f.).

Etwas anderes gilt für das Opfer im Sinne von Art. 2 Abs. 1 des
Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über die Hilfe an Opfer von Straftaten
(Opferhilfegesetz, OHG, SR 312). Gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. b OHG kann das
Opfer den Entscheid eines Gerichts verlangen, wenn das Verfahren eingestellt
wird. Nach Art. 2 Abs. 1 OHG ist Opfer, wer durch eine Straftat in seiner
körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität unmittelbar
beeinträchtigt worden ist, unabhängig davon, ob der Täter ermittelt worden
ist und ob er sich schuldhaft verhalten hat. Nach der Rechtsprechung muss die
Beeinträchtigung von einem gewissen Gewicht sein (BGE 131 I 455 E. 1.2.1 und
1.2.2 S. 459 f.; 128 I 218 E. 1.2 S. 220 f. mit Hinweisen). Betrug und Wucher
vermögen die Opferstellung in der Regel nicht zu begründen (vgl. BGE 120
Ia 157 E. 2d S. 162 ff. mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall legt die
Beschwerdeführerin nicht hinreichend dar, dass die für die Bejahung der
Opferstellung im Sinne des OHG erforderliche Schwere der Beeinträchtigung
erreicht wäre.

3.2 Auf die vorliegende Beschwerde könnte somit nur insoweit eingetreten
werden, als die Beschwerdeführerin die Verletzung von Verfahrensrechten
geltend macht, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt.
Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ist in der staatsrechtlichen Beschwerde
darzulegen, welche verfassungsmässigen Rechte als verletzt erachtet werden
und inwiefern dies der Fall sei. Das Bundesgericht prüft lediglich
rechtsgenügend vorgebrachte und klare Rügen (BGE 131 I 377 E. 4.3 S. 385).
Auf appellatorische Kritik tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 131 I 291
E. 1.5 S. 297 mit Hinweisen).

Soweit die Beschwerdeführerin die Verweigerung der aufschiebenden Wirkung
durch das Obergericht kritisiert, wird nicht dargelegt und ist auch nicht
ersichtlich, inwiefern ihr dadurch ein Nachteil entstanden sein soll. Zur
Wahrung öffentlicher Interessen durch Private ist die staatsrechtliche
Beschwerde jedoch nicht gegeben.

Weiter ist das Obergericht auf das Ausstandsbegehren der Beschwerdeführerin
gegen den abgelehnten Untersuchungsrichter nicht eingetreten. Die
Beschwerdeführerin setzt sich jedoch mit der Begründung des angefochtenen
Entscheids nicht im Einzelnen auseinander und zeigt nicht auf, inwiefern die
obergerichtlichen Erwägungen verfassungsmässige Rechte missachten sollen.
Soweit sie vorbringt, sie habe die Verletzung gewisser Parteirechte durch den
Untersuchungsrichter erst nach der Mitteilung des Einstellungsbeschlusses
erkannt, unterlässt sie es darzulegen, um welche Sachverhalte es sich dabei
handelt. Diese Art der Beschwerdeführung genügt den Anforderungen von Art. 90
Abs. 1 lit. b OG nicht.

Auch soweit die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit den übrigen Rügen die
Missachtung von Parteirechten geltend machen will, kann darauf mangels
rechtsgenügender Begründung nicht eingetreten werden.

4.
Es ergibt sich somit, dass auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht
eingetreten werden kann. Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind
der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Untersuchungsrichteramt III
Bern-Mittelland, der Staatsanwaltschaft III Bern-Mittelland, der
Generalprokuratur und dem Obergericht des Kantons Bern, Anklagekammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. Februar 2007

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: