Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.564/2006
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{T 1/2}
1P.564/2006 /fun

Urteil vom 1. Februar 2007

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Aeschlimann,
Gerichtsschreiber Kessler Coendet.

Kanton Zürich, Beschwerdeführer, handelnd durch
das Sozialamt des Kantons Zürich,
Schaffhauserstrasse 78, 8090 Zürich, und dieses vertreten durch
Rechtsanwältin Dr. Isabelle Häner,

gegen

Gemeinde Oberembrach, Beschwerdegegnerin, handelnd durch den Gemeinderat,
Pfungenerstrasse 11, 8425 Oberembrach, und dieser vertreten durch
Rechtsanwältin Carmen Walker Späh,
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer,
Militärstrasse 36, Postfach, 8090 Zürich.

Baubewilligung,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, vom 28. Juni 2006.

Sachverhalt:

A.
Der Kanton Zürich ist Eigentümer der Liegenschaft Kat.-Nr. 483 im Weiler
Sonnenbühl, Gemeinde Oberembrach. Auf der Liegenschaft stehen die Gebäude
Nrn. 162 und 158; Nr. 162 liegt in der Landwirtschaftszone und Nr. 158 in der
kommunalen Kernzone B (Weiler). Die beiden Gebäude dienten zusammen bis 2003
als Drogenklinik. Das Sozialamt des Kantons Zürich plant, die seither leer
stehenden Gebäude als Durchgangsheim für Asylsuchende umzunutzen. Es reichte
am 23. Dezember 2004 ein entsprechendes Baugesuch ein.

Die Baudirektion des Kantons Zürich erteilte am 22. März 2005 die
Ausnahmebewilligung im Sinne von Art. 24c RPG (SR 700) für den Projektteil,
der Gebäude Nr. 162 betrifft. Unter gleichzeitiger Eröffnung dieser Verfügung
verweigerte der Gemeinderat Oberembrach am 21. April 2005 dem Bauvorhaben die
Bewilligung.

B.
Mehrere Anwohner rekurrierten gegen die Erteilung der kantonalen
Ausnahmebewilligung; die Bauherrschaft focht ihrerseits die Bauverweigerung
der Gemeinde an. Mit Entscheid vom 9. März 2006 vereinigte die
Baurekurskommission IV des Kantons Zürich die Rechtsmittelverfahren; sie
hiess den Rekurs der Bauherrschaft gut und wies den Rekurs der Anwohner ab,
soweit sie darauf eintrat. Demzufolge lud sie den Gemeinderat zur Erteilung
der Baubewilligung ein.

C.
Die Gemeinde Oberembrach zog den Rekursentscheid an das Verwaltungsgericht
des Kantons Zürich weiter. Mit Entscheid vom 28. Juni 2006 hiess das Gericht
die Beschwerde teilweise gut. Es hob den Rekursentscheid insoweit auf, als
damit die Gemeinde zur Erteilung der Baubewilligung eingeladen wurde, und
wies die Sache zur Neubeurteilung an die Baurekurskommission zurück. Das
Gericht erwog, streitig sei lediglich noch die Bauverweigerung durch den
Gemeinderat. Insofern habe die Baurekurskommission zu Unrecht die
Zonenkonformität des Bauvorhabens in der Weilerkernzone B bejaht. Es stelle
sich jedoch die Frage, ob das Projekt gestützt auf das Bestandesprivileg von
§ 357 des kantonalen Planungs- und Baugesetzes (PBG/ZH) bewilligt werden
könne. Es werde zu prüfen sein, ob bereits die ehemalige Nutzung als
Drogenklinik zonenwidrig gewesen sei und ob auch die weiteren Voraussetzungen
für eine zonenwidrige Umnutzung gegeben seien. Da eine Bewilligung nach § 357
PBG/ZH im bisherigen Verfahren noch nicht thematisiert worden sei, habe die
Baurekurskommission zur Wahrung des rechtlichen Gehörs einen weiteren
Schriftenwechsel durchzuführen.

D.
Mit Eingabe vom 8. September 2006 führt das als Bauherrschaft auftretende
kantonale Sozialamt staatsrechtliche Beschwerde und beantragt die Aufhebung
des Entscheids des Verwaltungsgerichts. Gerügt wird eine Verletzung des
Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV), der Eigentumsgarantie
(Art. 26 BV) und des Willkürverbots (Art. 9 BV).

Der Gemeinderat Oberembrach beantragt, auf die Beschwerde sei nicht
einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen. Das Verwaltungsgericht ersucht
um Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 sind die Bundesgesetze vom 17. Juni 2005 über das
Bundesgericht (BGG) und über das Bundesverwaltungsgericht (VGG) in Kraft
getreten. Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das
Verfahren in Anwendung von Art. 132 Abs. 1 BGG noch nach dem Bundesgesetz
über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 16. Dezember 1943 (OG).

1.1 Gegen den angefochtenen Entscheid kommt - angesichts von Art. 34 Abs. 1
und 3 RPG in der übergangsrechtlich ebenfalls noch anwendbaren bisherigen
Fassung - unbestrittenermassen einzig die staatsrechtliche Beschwerde in
Frage. Dieses Rechtsmittel schützt die Träger verfassungsmässiger Rechte
gegen Übergriffe der Staatsgewalt. Solche Rechte stehen grundsätzlich nur dem
Bürger zu, nicht aber dem Gemeinwesen als Inhaber hoheitlicher Gewalt. Die
Rechtsprechung macht allerdings eine Ausnahme, wenn eine öffentlichrechtliche
Körperschaft - wie hier - als Grundeigentümerin gleich wie eine Privatperson
von einem staatlichen Akt betroffen ist (BGE 132 I 140 E. 1.3.1 S. 143 mit
Hinweisen).

1.2 Die staatsrechtliche Beschwerde ist zulässig gegen Endentscheide;
Zwischenentscheide sind nur ausnahmsweise selbstständig anfechtbar (Art. 87
OG). Der Entscheid des Verwaltungsgerichts bewirkt die Rückweisung der Sache
an eine untere kantonale Instanz. Nach der Rechtsprechung sind
Rückweisungsentscheide grundsätzlich Zwischenentscheide; anders verhält es
sich nur, wenn der unteren Instanz aufgrund des Rückweisungsentscheides kein
Spielraum mehr verbleibt (BGE 129 I 313 E. 3.2 S. 317 mit Hinweisen). In
diesem Sinne gelten Entscheide über Teile eines Bauvorhabens, die gewisse
Fragen noch offen lassen, selbst dann als Zwischenentscheide, wenn darin
bestimmte baurechtliche Fragen endgültig, unter Umständen sogar mit Wirkung
gegenüber Dritten beurteilt werden (vgl. BGE 106 Ia 226 E. 2 S. 228, Urteil
1A.130/2005 vom 11. Oktober 2005, E. 3.2 mit weiteren Hinweisen). Der
angefochtene Entscheid schliesst das Baubewilligungsverfahren nicht ab. Daher
liegt ein Zwischenentscheid im Sinne der dargelegten Rechtsprechung vor.

1.3 Für die Anfechtbarkeit des Zwischenentscheids nach Art. 87 Abs. 2 OG
bedarf es eines nicht wiedergutzumachenden Nachteils rechtlicher Natur; eine
bloss tatsächliche Beeinträchtigung wie beispielsweise die Verlängerung oder
Verteuerung des Verfahrens genügt nicht. Der Nachteil ist nur dann
rechtlicher Natur, wenn er auch durch einen für den Beschwerdeführer
günstigen Endentscheid nicht mehr behoben werden könnte. Dabei ist es nicht
nötig, dass sich der Nachteil schon im kantonalen Verfahren durch einen
günstigen Endentscheid beheben lässt. Es genügt, wenn er in einem
anschliessenden bundesgerichtlichen Verfahren beseitigt werden kann. Diese
Regelung bezweckt, dass sich das Bundesgericht als Staatsgerichtshof mit
einem Prozess in der Regel nur einmal befassen muss, und zwar erst dann, wenn
feststeht, dass der Beschwerdeführer einen endgültigen Nachteil erlitten hat
(BGE 131 III 404 E. 3.3 S. 407; 126 I 97 E. 1b S. 100 f.).
1.4 Der Beschwerdeführer erachtet es als unsicher, ob er die beantragte
Umnutzung im Rahmen des kantonalen Rückweisungsverfahrens überhaupt noch
erlangen könne. Insofern muss es jedoch genügen, dass er eine spätere
endgültige Verweigerung des Vorhabens anfechten kann (vgl. E. 1.3, hiervor).
Nichts anderes kann mit Blick darauf gelten, dass das Projekt schliesslich
gestützt auf § 357 PBG/ZH bewilligt werden könnte. Erst bei Vorliegen eines
entsprechenden Endentscheids wird zu prüfen sein, ob der Beschwerdeführer
dadurch einen Nachteil gegenüber einer ordentlichen Baubewilligung erleidet,
gegen den er sich mit einem Bundesrechtsmittel wehren kann. Es bewirkt keinen
nicht wiedergutzumachenden Rechtsnachteil, wenn der Beschwerdeführer diese
Fragestellung nicht bereits im vorliegenden Verfahrensstadium aufwerfen kann.

2.
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. In Anwendung von
Art. 156 Abs. 2 OG sind dem Beschwerdeführer bei diesem Verfahrensausgang
keine Gerichtskosten aufzuerlegen. Er hat aber der anwaltlich vertretenen
Beschwerdegegnerin eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (vgl.
BGE 125 I 182 E. 7 S. 202).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons
Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 1. Februar 2007

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: