Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.527/2006
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{T 0/2}
1P.527/2006 /ggs

Urteil vom 4. Dezember 2006

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Fonjallaz,
Gerichtsschreiber Pfäffli.

X. ________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Marcel
Buttliger,

gegen

1.A.________, vertreten durch Rechtsanwalt
Bernhard Gehrig,
2.B.________+, vertreten durch Rechtsanwalt
Bernhard Rüdy,
3.C.________, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Christoph Hohler,
Beschwerdegegner,
Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich, Zweierstrasse 25, Postfach 9780,
8036 Zürich,
Bezirksgericht Zürich, Einzelrichteramt für Zivil- und Strafsachen,
Wengistrasse 28, Postfach, 8026 Zürich.

Strafverfahren; Einstellungsverfügung,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen die Verfügung des Bezirksgerichts Zürich,
Einzelrichteramt für Zivil- und Strafsachen, vom 30. Mai 2006.
Sachverhalt:

A.
X. ________ erstatte zwischen dem 15. Juni 2001 und dem 5. Dezember 2003 bei
den Untersuchungsbehörden in Lausanne und Zürich mehrere Strafanzeigen gegen
A.________, B.________ und C.________ wegen Unterdrückung von Urkunden,
ungetreuer Geschäftsbesorgung und Veruntreuung bzw. Anstiftung dazu,
Urkundenfälschung sowie Anstiftung zu falschem Zeugnis. Die Strafanzeigen
stehen im Zusammenhang mit dem Nachlass von D.________, der Verwaltung des
Vermögens der verstorbenen E.________ bzw. deren Angehörigen sowie den
Zahlungen aus der Familienstiftung F.________ an C.________. Die diversen
Verfahren wurden schliesslich gerichtsstandsmässig in Zürich angesiedelt und
vereinigt.

Die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich stellte mit Verfügung vom 17.
Oktober 2005 die Untersuchung gegen die Angezeigten ein. X.________ erhob mit
Eingabe vom 29. November 2005 Rekurs gegen die Einstellungsverfügung. Der
Einzelrichter des Einzelrichteramtes für Zivil- und Strafsachen des
Bezirksgerichts Zürich trat mit Verfügung vom 30. Mai 2006 auf den Rekurs
betreffend den verstorbenen B.________ nicht ein und wies den Rekurs im
Übrigen ab. Im Weiteren hob er die am 21. November 2002 bei der Bank
G.________ und der Bank H.________ erfolgten Kontosperren sowie die von der
Bezirksanwaltschaft Zürich verfügte Aufbewahrungspflicht für Akten und die
Beschränkung der Auszahlung von Zinsen und Dividenden der F.________
Familienstiftung an C.________ auf. Der Einzelrichter führte zusammenfassend
aus, dass kein rechtsgenügender Nachweis für ein strafrechtlich relevantes
Verhalten von A.________ und C.________ zu finden sei. Bezüglich der Vorwürfe
gegen B.________ sei festzuhalten, dass dieser im Verlaufe der
Strafuntersuchung verstorben sei. Deshalb liege ein definitives
Prozesshindernis vor, weshalb es mit der erfolgten Verfahrenseinstellung
durch die Staatsanwaltschaft I sein Bewenden haben müsse.

B.
X.________ erhob gegen die Verfügung des Einzelrichters des
Einzelrichteramtes für Zivil- und Strafsachen des Bezirksgerichts Zürich mit
Eingaben vom 23. und 28. August 2006 staatsrechtliche Beschwerde.

Mit Formularverfügung vom 13. September 2006 hat der Präsident der I.
öffentlichrechtlichen Abteilung bis zum Entscheid über das von X.________
gestellte Gesuch um aufschiebende Wirkung superprovisorisch alle
Vollziehungsvorkehrungen untersagt.
Die Verfahrensbeteiligten haben auf eine Stellungnahme zur staatsrechtlichen
Beschwerde verzichtet bzw. haben sich nicht vernehmen lassen. C.________
beantragt jedoch Abweisung des Gesuchs um aufschiebende Wirkung. Die übrigen
privaten Beschwerdegegner stimmen jenen Ausführungen zu, ohne selbst einen
Antrag zu stellen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
In formeller Hinsicht macht der Beschwerdeführer geltend, zur Vorbereitung
seiner staatsrechtlichen Beschwerde habe er Akteneinsicht verlangt und dabei
festgestellt, dass sich die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich zu seinem
Rekurs vom 29. November 2005 vernehmen liess. Sein Anspruch auf rechtliches
Gehör sei verletzt worden, da er sich zu dieser 13-seitigen Vernehmlassung
nicht habe äussern können.

1.1 Auf Seite 3 der angefochtenen Verfügung wird zwar ausgeführt, dass die
Staatsanwaltschaft I sich zum Rekurs nicht habe vernehmen lassen. Aus den
bezirkgerichtlichen Akten (act. 20) ergibt sich indessen, dass die
Staatsanwaltschaft I mit Eingabe vom 10. Januar 2006 eine Vernehmlassung zum
Rekurs gegen die Einstellungsverfügung eingereicht hat.

1.2 Nach der bereits unter der Herrschaft von Art. 4 aBV entwickelten
Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Anspruch auf rechtliches Gehör ergibt
sich, unter Vorbehalt von hier nicht in Betracht fallenden Ausnahmen zum
Schutz von überwiegenden Geheimhaltungsinteressen, aus Art. 29 Abs. 2 BV der
Anspruch der Verfahrenspartei, in alle für den Entscheid wesentlichen Akten
Einsicht zu nehmen und sich dazu zu äussern (BGE 129 I 85 E. 4.1; 121 I 225
E. 2a; 119 Ib 12 E. 6b).

1.3 Die Staatsanwaltschaft I nahm in ihrer Vernehmlassung vom 10. Januar 2006
substanziell Stellung zum Rekurs des Beschwerdeführers. Eine solche Eingabe,
die ohne weiteres geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens zu beeinflussen,
hätte der Einzelrichter des Einzelrichteramtes für Zivil- und Strafsachen des
Bezirksgerichts Zürich dem Beschwerdeführer vor seinem Entscheid zumindest
zur Kenntnisnahme vorlegen müssen. Dass solches geschehen ist, wird von
keiner Seite behauptet und lässt sich auch den Akten nicht entnehmen. Somit
hat der Einzelrichter, indem er entschied, ohne dem Beschwerdeführer die
Möglichkeit einzuräumen, sich zur Stellungnahme der Staatsanwaltschaft I zu
äussern, Art. 29 Abs. 2 BV verletzt.

2.
Damit ist der angefochtene Entscheid aufzuheben, ohne dass die weiteren Rügen
zu prüfen wären. Kosten sind bei diesem Ausgang des Verfahrens keine zu
erheben (Art. 156 OG). Hingegen hat der Kanton Zürich dem obsiegenden
Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine angemessene
Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG).

Mit dem Entscheid in der Sache erweist sich das Gesuch um aufschiebende
Wirkung als gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen und die angefochtene
Verfügung des Einzelrichters des Einzelrichteramtes für Zivil- und
Strafsachen des Bezirksgerichts Zürich vom 30. Mai 2006 aufgehoben.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Der Kanton Zürich hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 1'500.-- zu bezahlen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich
und dem Bezirksgericht Zürich, Einzelrichteramt für Zivil- und Strafsachen,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 4. Dezember 2006

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: