Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.523/2006
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1P.523/2006 /fun

Beschluss vom 21. Mai 2007

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Eusebio,
Gerichtsschreiber Pfäffli.

Familie X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Markus
Leimbacher,

gegen

Einwohnergemeinde Möhlin, vertreten durch den Gemeinderat, Hauptstrasse 36,
Postfach 128,
4313 Möhlin,
Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau, Justizabteilung,
Bleichemattstrasse 1, Postfach 2254, 5001 Aarau.

Einbürgerung,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid der Einwohnergemeinde Möhlin
vom 22. Juni 2006.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Einwohnergemeindeversammlung Möhlin lehnte am 22. Juni 2006 das Gesuch
von A.X.________ und B.X.________ und deren Kinder C.X.________, D.X.________
und E.X.________ um Zusicherung des Gemeindebürgerrechts trotz positivem
Antrag des Gemeinderates ab. Eine Begründung für die Abweisung des
Einbürgerungsgesuchs wurde von der Einwohnergemeindeversammlung nicht
angebracht. Gegen den Gemeindeversammlungsbeschluss erhob Familie X.________
mit Eingabe vom 24. August 2006 staatsrechtliche Beschwerde.

Mit Schreiben vom 11. September 2006 ersuchte der Gemeinderat Möhlin um
Sistierung des bundesgerichtlichen Verfahrens, da er an der
Einwohnergemeindeversammlung vom 7. Dezember 2006 abermals die Zusicherung
des Gemeindebürgerrechts für die abgewiesenen Bürgerrechtsbewerber beantragen
werde. Daraufhin setzte das Bundesgericht mit Präsidialverfügung vom 27.
September 2006 das bundesgerichtliche Verfahren "bis zum Vorliegen des neuen,
auf den 7. Dezember 2006 angesetzten Einbürgerungsentscheids der
Einwohnergemeindeversammlung Möhlin" aus.

2.
Die Einwohnergemeindeversammlung Möhlin lehnte am 7. Dezember 2006 das Gesuch
von Familie X.________ um Zusicherung des Gemeindebürgerrechts trotz
positivem Antrag des Gemeinderates erneut ab. Den Voten der Versammlung zu
schliessen ist der Familie X.________ die Zusicherung des
Gemeindebürgerrechts verweigert worden, weil sie nicht auf ihre angestammte
Staatsbürgerschaft verzichten wollten.

3.
Mit Präsidialverfügung vom 15. März 2007 wurde das bundesgerichtliche
Verfahren wieder aufgenommen. Gleichzeitig teilte das Bundesgericht den
Beschwerdeführern mit, dass das Verfahren mit dem
Gemeindeversammlungsbeschluss vom 7. Dezember 2006 wohl gegenstandslos
geworden ist; es gab ihnen gemäss Art. 40 OG in Verbindung mit Art. 72 BZP
Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Beschwerdeführer widersetzen sich einer
Verfahrensabschreibung infolge Gegenstandslosigkeit.

4.
Nach ständiger Rechtsprechung setzt die staatsrechtliche Beschwerde ein
aktuelles praktisches Interesse an der Beurteilung der Eingabe voraus (Art.
88 OG; BGE 128 I 136 E. 1.3). Fällt das schutzwürdige Interesse im Verlaufe
des Verfahrens dahin, wird die Sache als erledigt erklärt (vgl. Art. 40 OG in
Verbindung mit Art. 72 BZP).

4.1 Nachdem die Einwohnergemeindeversammlung Möhlin das Gesuch um Zusicherung
des Gemeindebürgerrechts am 7. Dezember 2006 behandelt und abermals abgelehnt
hat, haben die Beschwerdeführer an einer verfassungsrichterlichen Überprüfung
des angefochtenen Beschlusses der Einwohnergemeindeversammlung Möhlin vom 22.
Juni 2006 kein aktuelles praktisches Interesse mehr. Die vorliegende
Beschwerde erweist sich damit als gegenstandslos.

4.2 Die Voraussetzungen, unter denen das Bundesgericht ausnahmsweise trotz
Fehlen eines aktuellen Interesses auf eine staatsrechtliche Beschwerde
eintritt (vgl. BGE 127 I 164 E. 1a), sind hier nicht gegeben.

4.3 Wird ein Rechtsstreit gegenstandslos oder fällt er mangels rechtlichen
Interesses dahin, entscheidet das Bundesgericht mit summarischer Begründung
über die Prozesskosten aufgrund der Sachlage vor Eintritt des
Erledigungsgrunds (Art. 40 OG in Verbindung mit Art. 72 BZP). Dabei geht es
nicht darum, die Prozessaussichten im Einzelnen zu prüfen und dadurch weitere
Umtriebe zu verursachen; vielmehr muss es bei einer knappen Beurteilung der
Aktenlage sein Bewenden haben. Auf dem Weg über den Kostenentscheid soll
nicht ein materielles Urteil gefällt und unter Umständen der Entscheid in
einer heiklen Rechtsfrage vorweggenommen werden (vgl. BGE 118 Ia 488 E. 4a).

4.4 Die Beschwerdeführer machen geltend, die Einwohnergemeindeversammlung
Möhlin vom 22. Juni 2006 habe es unterlassen, ihren abweisenden Entscheid zu
begründen. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung unterliegen ablehnende
Einbürgerungsentscheide jedoch der Begründungspflicht (BGE 131 I 18 E. 3.1
mit weiteren Hinweisen). Insofern kann aufgrund einer summarischen Prüfung
angenommen werden, dass die Beschwerde wahrscheinlich erfolgreich gewesen
wäre. Die Einwohnergemeinde Möhlin hat somit den Beschwerdeführern eine
Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 159 Abs. 2 OG). Auf die Erhebung einer
Gerichtsgebühr ist in Anwendung von Art. 156 Abs. 2 OG zu verzichten.

Demnach beschliesst das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde im Verfahren 1P.523/2006 wird als gegenstandslos geworden
abgeschrieben.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Die Einwohnergemeinde Möhlin hat den Beschwerdeführern für das
bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von insgesamt Fr.
800.-- zu bezahlen.

4.
Dieser Beschluss wird den Beschwerdeführern, der Einwohnergemeinde Möhlin und
dem Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau,
Justizabteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. Mai 2007

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: