Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.487/2006
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{T 0/2}
1P.487/2006 /fun

Urteil vom 16. Februar 2007

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aeschlimann, Fonjallaz,
Gerichtsschreiber Thönen.

A. X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno
Häfliger,

gegen

B.X.________, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwältin Christine
Zemp Gsponer,
Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Zentralstrasse 28, 6002 Luzern,
Obergericht des Kantons Luzern, II. Kammer, Hirschengraben 16, 6002 Luzern.

Strafverfahren,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil
des Obergerichts des Kantons Luzern, II. Kammer,
vom 21. Juni 2006.

Sachverhalt:

A.
Das Kriminalgericht des Kantons Luzern verurteilte A.X.________ (geb. 1956)
am 17. Februar 2005 wegen mehrfacher Vergewaltigung, mehrfacher sexueller
Nötigung und mehrfacher sexueller Handlungen mit einem Kind, begangen an
seiner Tochter B.X.________ (geb. 1985), zu vier Jahren Zuchthaus und zur
Zahlung einer Genugtuung von Fr. 40'000.-- nebst Zins zu 5% seit dem 1. April
1999. Es verpflichtete ihn dem Grundsatz nach, seiner Tochter den
verursachten Schaden zu 100% zu ersetzen, soweit die Forderung gemäss ATSG
nicht auf den Versicherungsträger übergegangen ist oder noch übergehen wird;
wobei B.X.________ für die Festsetzung der massgeblichen Schadenshöhe an den
Zivilrichter verwiesen wurde.

Auf Appellation von A.X.________bestätigte das Obergericht des Kantons Luzern
am 21. Juni 2006 das erstinstanzliche Urteil und auferlegte A.X.________die
Gerichts- und Parteikosten von insgesamt Fr. 35'163.35.

B.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 7. August 2006 beantragt A.X.________,
das Urteil des Obergerichts vom 21. Juni 2006 sei aufzuheben, er sei von
Schuld und Strafe freizusprechen, eventuell sei die Sache zur weiteren
Sachverhaltsabklärung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ausserdem ersucht er
um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.

Mit Präsidialverfügung vom 8. September 2006 wurde der staatsrechtlichen
Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt.

C.
In der Vernehmlassung beantragen das Obergericht, die Staatsanwaltschaft des
Kantons Luzern und B.X.________, die Beschwerde sei abzuweisen. Am 9. Oktober
2006 hat A.X.________eine Replik eingereicht.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das
Bundesgericht (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten. Weil der angefochtene
Entscheid vor dem 1. Januar 2007 erging, bleibt auf das bundesgerichtliche
Beschwerdeverfahren das frühere Recht anwendbar (Art. 132 Abs. 1 BGG).

1.2 Der Beschwerdeführer ist als strafrechtlich Verurteilter grundsätzlich
zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen den letztinstanzlichen kantonalen
Endentscheid des Obergerichts befugt (Art. 86 Abs. 1, Art. 88 OG).

1.3 Die staatsrechtliche Beschwerde ist, von hier nicht gegebenen Ausnahmen
abgesehen, rein kassatorischer Natur. Es kann mit ihr nur die Aufhebung des
angefochtenen Entscheids verlangt werden (BGE 131 I 137 E. 1.2; 124 I 327 E.
4, mit Hinweisen). Soweit der Beschwerdeführer mehr als die Aufhebung
verlangt, kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.

1.4 Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen
Anlass.

2.
Dem Beschwerdeführer wird vorgeworfen, er habe seine Tochter B.X.________ im
Zeitraum von Anfang 1996 bis Mitte Juni 2002 regelmässig sexuell missbraucht,
sie an den Brüsten und im Intimbereich betastet, die Finger in ihre Scheide
eingeführt, sich von ihr manuell und oral befriedigen lassen und mehrfach mit
ihr Geschlechtsverkehr gehabt. Der Sachverhalt stützt sich im Wesentlichen
auf Aussagen von B.X.________ und des Beschwerdeführers. Ferner wurden
Aussagen der Schwester von B.X.________ bzw. Tochter des Beschwerdeführers,
C.X.________ (polizeiliche Befragung vom 30. Juni 2002), und der
Erziehungsbeiständin von B.X.________, F.________ (Amtsvormundschaft),
berücksichtigt (polizeiliche Einvernahme vom 27. Juni 2002). Letztere hatte
die Polizei benachrichtigt.

2.1 B.X.________ wurde am 28. Juni 2002 von einer Polizeibeamtin und am 14.
März 2006 von einer Oberrichterin befragt. Beide Einvernahmen wurden auf
Video aufgezeichnet, bei der zweiten waren der Beschwerdeführer und sein
Rechtsvertreter im Nebenraum anwesend und konnten Ergänzungsfragen stellen.

2.2 Der Beschwerdeführer befand sich vom 28. Juni 2002 bis 9. Juli 2002 in
Untersuchungshaft. Nach anfänglichem Bestreiten legte er am 1. Juli 2002 vor
der Polizei ein Geständnis ab, das er am Folgetag, ebenfalls vor der Polizei,
bestätigte. Damals sagte er aus, er habe beide Töchter, B.X.________ und
C.X.________, sexuell missbraucht. In der Einvernahme vor dem
Untersuchungsrichter (Amtsstatthalter Luzern) vom 3. Juli 2002 wollte er das
Geständnis zunächst widerrufen, bestätigte danach aber, B.X.________
missbraucht zu haben. Hingegen widerrief er sein Geständnis betreffend
C.X.________.

Am 31. Juli 2002 erhielt der Beschwerdeführer einen amtlichen Verteidiger.
Rund anderthalb Jahre später, anlässlich der Einvernahme vor dem
Untersuchungsrichter vom 28. Januar 2004, widerrief der Beschwerdeführer das
Geständnis auch bezüglich des Missbrauchs von B.X.________. Er habe gelogen,
damit er aus dem Gefängnis komme. Mit Entscheid vom 10. Februar 2004 schloss
der Amtsstatthalter die Untersuchung ab und überwies die Sache an das
Kriminalgericht.

2.3 Nach der übereinstimmenden Würdigung der kantonalen Gerichte wirken die
Schilderungen der "geistig leicht retardierten" B.X.________ authentisch und
ihrer persönlichen und intellektuellen Situation angepasst. Sie habe der
Leiterin des Heimes G.________, wo sie unter der Woche wohnte, bereits im
Jahr 2001 von den sexuellen Übergriffen erzählt. Nach Aussagen ihrer Mutter,
deren Ehe mit dem Beschwerdeführer im Jahr 1994 geschieden wurde, habe
B.X.________ ihr etwa 1998 von sexuellen Übergriffen berichtet. Die Aussage
betreffend mehrfachen Geschlechtsverkehrs werde durch ein gynäkologisches
Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin in Bern bestätigt.

Die Begründung, der Beschwerdeführer habe mit dem Geständnis bezweckt, aus
der Untersuchungshaft entlassen zu werden, vermöge in keiner Weise zu
überzeugen. Seine Aussagen stimmten im Kerngehalt mit jenen von B.X.________
überein. Bei der polizeilichen Befragung sei darauf geachtet worden, dass der
Beschwerdeführer keine Einzelheiten aus ihren Aussagen erfuhr. Er habe zudem
bestätigt, dass es früher zu einer Besprechung mit der Leitung des Heimes
G.________ gekommen war, bei der er aufgefordert wurde, die Finger von
B.X.________ zu lassen. Sein Motiv sei auch aufgrund der Chronologie
unglaubwürdig: Am 3. Juli 2002 habe er vor dem Untersuchungsrichter das
Geständnis bezüglich der einen Tochter (C.X.________) widerrufen, jenes
bezüglich der anderen (B.X.________) aber aufrecht erhalten und erst im
Schlussverhör vom 28. Januar 2004 widerrufen. Trotz vereinzelter Widersprüche
zwischen den Aussagen des Beschwerdeführers und jenen von B.X.________ könne
auf das Geständnis abgestellt werden.
Aufgrund der Darstellung von B.X.________ stehe sicher fest, dass der
Beschwerdeführer sie gegen ihr Einverständnis jedes Wochenende ca. zweimal,
in den Ferien täglich in irgendeiner Form sexuell missbrauchte. Ausnahmen
habe es nur gegeben, wenn eine Kollegin dabeigewesen sei. Weil die Aussagen
zum Teil sehr detailliert seien und das Opfer auch eigene Gefühle für den
Zeitpunkt der Tatbegehung geäussert habe, seien die Aussagen glaubwürdig und
erlebnisbegründet.

Das Verschulden des Beschwerdeführers wiege sehr schwer. Er habe seiner
Tochter grossen körperlichen und seelischen Schaden zugefügt.

3.
Der Beschwerdeführer macht geltend, sein Geständnis sei nicht verwertbar. Er
begründet dies mit folgenden Verfassungsrügen.

3.1 Er rügt eine Verletzung des Willkürverbots, indem ihm im
Untersuchungsverfahren von Amtes wegen kein Verteidiger beigegeben wurde. Das
kantonale Strafprozessrecht (§ 33 Abs. 3 Ziff. 3 i.V.m. Ziff. 5 und § 34 Abs.
1 StPO/LU) garantiere eine notwendige Verteidigung im Untersuchungsverfahren.

Gemäss Art. 9 BV hat jede Person Anspruch darauf, von den staatliche Organen
ohne Willkür behandelt zu werden. Nach der Praxis des Bundesgerichts liegt
Willkür in der Rechtsanwendung vor, wenn der angefochtene kantonale Entscheid
offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem
Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass
verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft
(BGE 131 I 467 E. 3.1 S. 473 f.).

Gemäss § 33 Abs. 3 StPO/LU muss der Angeschuldigte im Gerichtsverfahren in
Kriminalstrafsachen durch einen Verteidiger verbeiständet sein (Ziff. 3),
ebenso in anderen Fällen, in denen der Amtsstatthalter oder der
Gerichtspräsident dies als notwendig erachtet (Ziff. 5). Bestellt der
Angeschuldigte in diesen Fällen den Verteidiger nicht selber, gibt ihm der
Amtsstatthalter oder der Gerichtspräsident einen amtlichen Verteidiger bei (§
34 Abs. 1 StPO/LU).

Nach Ansicht des Obergerichts ist es nicht sachgerecht, die Regelung der
Verbeiständung im "Gerichtsverfahren" auf das "Strafverfahren" zu übertragen.
Auch habe der Amtsstatthalter nicht von Amtes wegen eine Verbeiständung
anordnen müssen, weil der belastende Sachverhalt nicht besonders komplex
gewesen sei und der Angeklagte die Situation klar habe überblicken können.

Diese Auffassung hält vor dem Willkürverbot stand. Das Luzerner Recht
gewährleistet keine lückenlose notwendige Verteidigung im
Untersuchungsverfahren, und es ist haltbar, den Begriff des
Gerichtsverfahrens im Sinne der zitierten Bestimmung nicht für das gesamte
Strafverfahren zu verwenden. Ob der Amtsstatthalter eine Verbeiständung im
Lichte besonderer Verfassungsgarantien hätte als notwendig erachten müssen,
ist sogleich zu behandeln (Erwägung 3.2).

Die Rüge der Verletzung des Willkürverbots ist unbegründet.

3.2 Nach Ansicht des Beschwerdeführers ergibt sich ein Anspruch auf
obligatorische Vertretung im Untersuchungsverfahren aus Bundesverfassungs-
und Konventionsrecht (Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 31 Abs. 2 und Art. 32 Abs.
2 BV). Die Behörde habe den Beschwerdeführer ungenügend über seine
Verteidigungsrechte aufgeklärt und hätte aufgrund ihrer Fürsorge- und
Aufklärungspflicht von Amtes wegen einen Rechtsvertreter bestellen müssen.
Der Beschwerdeführer habe um jeden Preis aus der Untersuchungshaft entlassen
werden wollen und habe beliebig, zufällig und verworren ausgesagt. So habe er
intimen Kontakt mit der Tochter C.X.________ gestanden und kurz danach wieder
dementiert. Er habe "vor lauter Drang, aus dem 'Loch' herauszukommen", die
Tragweite seiner Aussagen nicht zu sehen vermocht.

Art. 6 Ziff. 1 EMRK garantiert ein faires Verfahren im Falle einer
strafrechtlichen Anklage. Der für Freiheitsentzüge einschlägige Art. 31 Abs.
2 BV bezieht sich auf die Unterrichtung über Rechte, die der betroffenen
Person nach der Bundesverfassung, den internationalen Abkommen und der
eidgenössischen und kantonalen Gesetzgebung zustehen (Urteil 8G.55/2000 vom
14. März 2001, E. 3b/bb, publiziert in: Praxis 2001 Nr. 94, S. 553/554).
Dieser Informationsanspruch vermittelt jedoch kein Recht auf sofortigen
Beizug eines Verteidigers im Sinne eines Anwalts der ersten Stunde
(unveröffentlichtes Urteil 1P.97/2004 vom 3. Juni 2004, E. 3.2.2;
Jean-François Aubert, Petit commentaire de la Constitution fédérale de la
Confédération suisse du 18 avril 1999, Zürich 2003, Rz. 6 zu Art. 31; René
Rhinow, Grundzüge des Schweizerischen Verfassungsrechts, Basel 2003, Rz.
2785). Später hat das Bundesgericht in einem Obiter dictum ausgeführt, aus
dem Anspruch auf ein faires Verfahren fliesse die Pflicht, rechtsungewohnte,
nicht anwaltlich vertretene Verfahrensbeteiligte über ihre prozessualen
Rechte im Allgemeinen aufzuklären und sie insbesondere frühzeitig auf ihr
Recht hinzuweisen, jederzeit einen Verteidiger beiziehen zu können (BGE 131 I
350 E. 4.1). Aufgrund der Fürsorge- und Aufklärungspflicht hätten die
Behörden allenfalls auch ohne entsprechendes Zutun des Betroffenen für eine
hinreichende Rechtsvertretung zu sorgen. Dies könne es gebieten, dass einem
Beschuldigten aufgrund der Verfassung auch ohne entsprechendes Ersuchen von
Amtes wegen ein Rechtsvertreter beigegeben werde (a.a.O., E. 4.2).

Gemäss zutreffendem Hinweis von Staatsanwaltschaft und Obergericht in der
Vernehmlassung haben die Behörden den Beschwerdeführer mehrmals über seine
Verteidigungsrechte orientiert. Der Beschwerdeführer hat jeweils geantwortet,
er habe den Hinweis zur Kenntnis genommen und brauche keinen Anwalt
(Einvernahmeprotokolle vom 28. Juni 2002 [Hafteröffnung] und vom 3. Juli 2002
[Untersuchungsrichter]). Bei der ersten polizeilichen Befragung vom 28. Juni
2002 unterzeichnete er eine Erklärung betreffend Recht zur Beschwerde,
Aussageverweigerung, Kontaktnahme mit einem Verteidiger und Benachrichtigung
der Angehörigen. Der Beschwerdeführer erachtet diese Erklärung als ungenügend
wegen des im Text enthaltenen Vorbehalts, wonach das Recht der Kontaktnahme
mit einem Verteidiger nicht das Recht auf Anwesenheit des Anwaltes bei der
polizeilichen Befragung begründe.

Wie es sich mit diesem Vorbehalt verhält, kann offen bleiben. Der
Beschwerdeführer ist wiederholt über seine Rechte aufgeklärt worden. Er hat
auf den Beizug eines Anwalts verzichtet und ausgesagt. Rund drei Wochen nach
seiner Haftentlassung erhielt er einen amtlichen Verteidiger, der ihn während
der weiteren Dauer des Untersuchungsverfahrens von rund anderthalb Jahren und
im anschliessenden Gerichtsverfahren vertreten hat. Das Obergericht, das
einen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer gewinnen konnte, traut ihm
eine wirksame und ausreichende Wahrnehmung seiner Interessen zu. Bei dieser
Sachlage ist das Verteidigungsrecht gewahrt. Die Behörde war aus
verfassungsrechtlicher Sicht nicht verpflichtet, dem Beschwerdeführer im
damaligen Zeitpunkt von Amtes wegen und gegen seinen Willen einen Verteidiger
zu bestellen. Die Rüge ist unbegründet.

3.3 Der Beschwerdeführer begründet das Verwertungsverbot des Geständnisses
ferner damit, dass wesentliche Teile der polizeilichen Befragung nicht oder
unvollständig protokolliert worden seien. Er rügt eine Verletzung der Rechts
auf ein faires Verfahren, des Anspruchs auf rechtliches Gehör und des
Willkürverbots (Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 29 Abs. 1 und 2, Art. 9 BV). Als
Beleg für informelle Gespräche nennt er die Depositionen Nrn. 30 und 84.

Der Beschwerdeführer beanstandet damit die Protokollierung polizeilicher
Einvernahmen vom 30. Juni 2002 und vom 1. Juli 2002. Es fragt sich, ob die
vom Kantonsgericht nicht beurteilten Einwände im Verfahren der
staatsrechtlichen Beschwerde überhaupt zulässig sind. Mit staatsrechtlicher
Beschwerde können grundsätzlich keine Vorbringen genannt werden, die nicht
bereits im kantonalen Verfahren geltend gemacht wurden (Walter Kälin, Das
Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Auflage, Bern 1994, S. 369
f.). Dass eine Ausnahme vom Novenverbot vorläge, ist nicht ersichtlich, kann
aber offen bleiben, da sich das Vorbringen in der Sache als unbegründet
erweist.

Der Beschwerdeführer wurde mehrmals befragt. In den Protokollen wurden die
wesentlichen Aussagen des Beschwerdeführers festgehalten. Die kantonalen
Gerichte stellen auf die protokollierten, in den Akten dokumentierten
Aussagen ab. Aus den vom Beschwerdeführer bezeichneten Stellen ergibt sich,
dass sich der einvernehmende Beamte mit dem Beschwerdeführer ca. 30 Minuten
mündlich zur Sache unterhalten hat, bevor er mit der Protokollierung der
Befragung fortfuhr (Einvernahme vom 30. Juni 2002) und dass der Beamte eine
protokollierte Befragung durchführte, nachdem der Beschwerdeführer nach ihm
verlangt und ihm in der Zelle unten gesagt hatte, dass er mit beiden
Töchtern, C.X.________ und B.X.________, Geschlechtsverkehr gehabt hätte
(Einvernahme vom 1. Juli 2002). Die informellen Aussagen sind während einer
förmlichen Einvernahme wiederholt, protokolliert und vom Beschwerdeführer
unterzeichnet worden. Der Beschwerdeführer macht nicht substanziiert geltend,
dass wesentliche Umstände nicht protokolliert oder dass unzulässige
Verhörmethoden angewandt worden wären. Aus verfassungsrechtlicher Sicht führt
dies nicht zu einem Verwertungsverbot.

3.4 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV), indem das Obergericht folgende Beweisanträge nicht
abgenommen hat: Befragung von D.________ und E.________ als Zeugen, Edition
der Personalakten durch das Heim G.________ und durch die Kantonspolizei
Aargau, Befragung von C.X.________, Durchführung eines Augenscheins auf dem
Balkon und Einholen eines Glaubhaftigkeitsgutachtens betreffend die Aussagen
von B.X.________.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst als Mitwirkungsrecht unter anderem
das Recht, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden, an der Erhebung
wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum
Beweisergebnis zu äussern, und die entsprechende Pflicht der Behörde, die
Argumente und Verfahrensanträge der Partei entgegenzunehmen, zu prüfen und
die ihr rechtzeitig und formrichtig angebotenen Beweismittel abzunehmen (BGE
117 Ia 262 E. 4b). Das Gericht hat nur solche Beweisbegehren, zu
berücksichtigen und zuzulassen, die nach seiner Würdigung rechts- und
entscheidungserheblich sind. Es kann somit Beweisbegehren abweisen, wenn sie
eine nicht erhebliche Tatsache betreffen oder offensichtlich untauglich sind,
über die streitige Tatsache Beweis zu erbringen, oder wenn es aufgrund
bereits abgenommener Beweise seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür
in vorweggenommener Beweiswürdigung annehmen kann, dass seine Überzeugung
durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert würde (Urteil 6P.20/2006 vom
15. Mai 2006 E. 4.1; BGE 115 Ia 97 E. 5b; 124 I 208 E. 4a).

Das Obergericht hat die Beweisanträge mit folgender Begründung abgewiesen:
Die Einvernahmen von D.________ und E.________ und der Augenschein auf dem
Balkon seien angesichts des schlüssigen Beweisergebnisses entbehrlich.
B.X.________ habe sich über den Geschlechtsverkehr nur zurückhaltend
gegenüber Dritten geäussert, weshalb aus den Personalakten des Heimes
G.________ und den Akten der Polizei keine Schlüsse gezogen werden könnten.
Aus der Befragung der Schwester seien kaum neue Erkenntnisse zu gewinnen, das
Beweisthema beziehe sich auf einen einzigen Vorfall. Sie habe dazu bereits
bei der Polizei am 30. Juni 2002 ausgesagt, die Belastung des
Beschwerdeführers, ihres Vaters, aber später widerrufen.

Das Obergericht hat sich somit zu den Beweisanträgen des Beschwerdeführers
geäussert und sie mit schlüssigen Argumenten abgewiesen. Die Abweisung des
Beweisanträge verletzt kein Verfassungsrecht. Die Rüge der Gehörsverletzung
erweist sich als unbegründet.

4.
Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig
(Art. 156 OG). Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
Da er zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, konnte er sich
zur Beschwerde veranlasst sehen. Bei den vor Bundesgericht geltend gemachten
wirtschaftlichen Verhältnissen kann das Gesuch bewilligt werden (Art. 152
OG).
Die Beschwerdegegnerin hat unter Verweis auf das angefochtene Urteil die
Abweisung der Beschwerde beantragt, im Übrigen aber keine Ausführungen
gemacht. Es ist ihr keine Parteienschädigung auszurichten (Art. 159 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt:
2.1 Es werden keine Kosten erhoben.

2.2 Rechtsanwalt Dr. Bruno Häfliger wird als unentgeltlicher Rechtsvertreter
ernannt und für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse
mit einem Honorar von Fr. 2'000.-- entschädigt.

3.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft und dem Obergericht
des Kantons Luzern, II. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. Februar 2007

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: