Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.470/2006
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{T 0/2}
1P.470/2006 /scd

Urteil vom 21.September 2006

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Nay, Aeschlimann,
Gerichtsschreiber Störi.

Ehepaar X.________, Beschwerdeführer,

gegen

Andreas Gerber, Bezirksgericht Affoltern, Im Grund 15,
8910 Affoltern am Albis, Beschwerdegegner,
Obergericht des Kantons Zürich, Verwaltungskommission, Hirschengraben 13,
Postfach, 8023 Zürich,
Kassationsgericht des Kantons Zürich, Grossmünsterplatz 1, Postfach, 8022
Zürich.

Ausstand,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des Kassationsgerichts des
Kantons Zürich vom 7. Juli 2006.

Sachverhalt:

A.
Im beim Bezirksgericht hängigen Verfahren betreffend Vollstreckung zwischen
AX.________ und Y.________ sowie 75 Mitbeteiligten fand am 16. März 2006 die
Hauptverhandlung statt. Mit Eingabe vom 21. März 2006 verlangte AX.________
den Ausstand des zuständigen Bezirksgerichtspräsidenten Dr. Andreas Gerber.

Bezirksgerichtspräsident Gerber gab mit Schreiben vom 27. März 2006 die
gewissenhafte Erklärung im Sinne von § 100 Abs. 1 des
Geschäftsverkehrsgesetzes vom 13. Juni 1976 (GVG) ab, er fühle sich in diesem
Verfahren nicht befangen.

Die Verwaltungskommission des Obergerichts wies das Ablehnungsbegehren am 9.
Mai 2006 ab.

Das Kassationsgericht des Kantons Zürich wies die Nichtigkeitsbeschwerde
AX.________ am 7. Juli 2006 ab, soweit es darauf eintrat.

B.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 27. Juli 2006 wegen Verletzung des
rechtlichen Gehörs und seines Anspruchs auf einen unabhängigen Richter sowie
Willkür beantragt AX.________, stellvertretend auch für seine Ehefrau, diesen
Entscheid des Kassationsgerichts aufzuheben und dieses anzuweisen, "das ganze
Befangenheitsverfahren inklusive Verfahren vor der Rekurskommission neu
anzusetzen", wobei auch abzuklären sei, inwieweit sich die Vorinstanzen
selber als befangen erwiesen oder sich gar strafbar gemacht hätten. Eventuell
sei das Kassationsgericht anzuweisen, "durch Überweisung von A. Gerber an ein
Strafgericht, das Verfahren wegen gravierenden Verhaltensmängeln des A.
Gerber abzuschliessen."

Das Bezirkgsgericht Affoltern, das Obergericht und das Kassationsgericht
verzichten auf Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Der angefochtene Entscheid des Kassationsgerichts, mit welchem es die
Nichtigkeitsbeschwerde gegen die Abweisung des Ablehnungsbegehrens des
Beschwerdeführers abwies, schliesst das Vollstreckungsverfahren nicht ab,
sondern lässt im Gegenteil dessen Fortführung zu. Es handelt sich um einen
Zwischenentscheid im Sinne von Art. 87 Abs. 1 OG, gegen den die
staatsrechtliche Beschwerde zulässig ist. Der Beschwerdeführer ist nach Art.
88 OG befugt, sich gegen die Abweisung seiner Befangenheitsrüge zur Wehr zu
setzen.

1.2 Der Beschwerdeführer erhebt Beschwerde für sich und seine Ehefrau.
Letztere war indessen am Verfahren vor Kassationsgericht nicht als Partei
beteiligt und ist damit von vornherein nicht beschwerdebefugt. Es erübrigt
sich daher, vom Beschwerdeführer eine entsprechende Vollmacht seiner Ehefrau
anzufordern.

1.3 Anfechtbar ist einzig der Entscheid des Kassationsgerichts (Art. 86 Abs.
1 OG); soweit der Beschwerdeführer den Entscheid der Verwaltungskommission
des Obergerichts rügt, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Dies trifft
insbesondere auf die Rüge zu, die Verwaltungskommission habe seinen Anspruch
auf rechtliches Gehör verletzt, indem sie es abgelehnt habe, Frau Z.________
als Zeugin einzuvernehmen.

1.4 Die staatsrechtliche Beschwerde ist kassatorischer Natur. Auf die
Beschwerde ist insoweit nicht einzutreten, als der Beschwerdeführer mehr
verlangt als die Aufhebung des angefochtenen Entscheids.

1.5 Die staatsrechtliche Beschwerde ermöglicht keine Fortsetzung des
kantonalen Verfahrens. Das Bundesgericht prüft in diesem Verfahren nur in der
Beschwerdeschrift erhobene, detailliert begründete und soweit möglich belegte
Rügen. Der Beschwerdeführer muss den wesentlichen Sachverhalt darlegen, die
als verletzt gerügten Verfassungsbestimmungen nennen und überdies dartun,
inwiefern diese verletzt sein sollen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 127 I 38
E. 3c; 125 I 492 E. 1b; 122 I 70 E. 1c).

Soweit im Folgenden auf Ausführungen in der Beschwerde nicht eingegangen
wird, genügen sie - was über weite Strecken der Fall ist - den
Begründungsanforderungen nicht. So stellen beispielsweise "Kommentare zum
Kassationsbeschluss" (Beschwerde S. 3 f.) oder (an Trölerei grenzende)
Unterstellungen - die Verwaltungskommission sei der Meinung, ein Zürcher
Richter dürfe zu kriminellem Handeln aufrufen (Beschwerde S. 5) -
offensichtlich keine zulässigen Verfassungsrügen dar. Darauf ist nicht
einzutreten.

2.
2.1 Für den Beschwerdeführer ist Gerichtspräsident Gerber unter anderem
deshalb befangen, weil er an der Hauptverhandlung die Parteien wiederholt auf
das Kostenrisiko hingewiesen habe. Er wirft dem Kassationsgericht Willkür
vor, da es seinen Antrag auf Einvernahme von Frau Z.________, welche dies
bezeugen könne, unter Berufung auf das im Verfahren der
Nichtigkeitsbeschwerde geltende Novenverbot abgelehnt habe. Falls die
Vorinstanz, wie in seinem Fall, schwere Verfahrensfehler begangen habe, sei
das Kassationsgericht ungeachtet dessen verpflichtet, Beweise abzunehmen oder
abnehmen zu lassen. Es treffe auch nicht zu, dass er nicht belegt habe, "dass
bzw. wo er vor Vorinstanz die Einvernahme einer unabhängigen Sachzeugin zu
welchen Behauptungen beantragt" habe.

2.2 Willkürlich ist ein Entscheid, der mit der tatsächlichen Situation in
klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz
krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken
zuwiderläuft. Dabei genügt es nicht, dass die Begründung unhaltbar ist, der
Entscheid muss sich vielmehr im Ergebnis als willkürlich erweisen (BGE 125 I
166 E. 2a; 125 II 10 E. 3a; 129 E. 5b; 122 I 61 E. 3a, je mit Hinweisen).

2.3 Es kann offen bleiben, ob das Kassationsgericht verfassungsrechtlich
verpflichtet ist, bei schweren Verfahrensfehlern der Vorinstanz selber
Beweismittel abzunehmen, da keine Rede davon sein kann, dass die
Verwaltungskommission das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers verletzte.
Dieser wollte mit der Zeugin Z.________ erklärtermassen beweisen, dass
Gerichtspräsident Gerber an der Hauptverhandlung die Parteien mehrmals auf
die möglichen Kostenfolgen hingewiesen hatte. Dies hielt die
Verwaltungskommission indessen ohnehin bereits auf Grund der Darstellung
Gerbers für erwiesen, so dass nicht ersichtlich ist und vom Beschwerdeführer
auch nicht schlüssig dargetan wird, inwiefern sie sein rechtliches Gehör
verletzt haben könnte, indem sie es ablehnte, die Zeugin Z.________
anzuhören. Das Kassationsgericht war somit verfassungsrechtlich keineswegs
verpflichtet, Frau Z.________ als Zeugin anzuhören oder durch die
Verwaltungskommission anhören zu lassen. Unter diesen Umständen kann auch
offen bleiben, ob der Beschwerdeführer die angebliche Gehörsverweigerung in
seiner Nichtigkeitsbeschwerde in einer den gesetzlichen Anforderungen
entsprechenden Weise rügte, was das Kassationsgericht ebenfalls verneinte.

3.
Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei
diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art.
156 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien sowie dem Obergericht, Verwaltungskommission
und dem Kassationsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. September 2006

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: