Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.461/2006
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2006
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2006


{T 0/2}
1P.461/2006 /ggs

Urteil vom 27. Juli 2006

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Aemisegger, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Reeb, Eusebio,
Gerichtsschreiber Pfäffli.

X. ________, Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl, Stauffacherstrasse 55, Postfach, 8026 Zürich,
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, Postfach, 8090
Zürich.

Strafverfahren; Wiederaufnahme,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Rekursentscheid der
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich vom 21. Juni 2006.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl trat mit Verfügung vom 27. Juni 2005 auf
eine Strafanzeige von X.________ gegen Y.________ wegen Veruntreuung mangels
Vorliegens eines hinreichenden Anfangsverdachts nicht ein. Gegen die
Nichteintretensverfügung erhob X.________ Rekurs, welchen das
Einzelrichteramt für Zivil- und Strafsachen des Bezirkes Zürich mit Verfügung
vom 3. August 2005 abwies.

2.
Mit Schreiben vom 20. März 2006 ersuchte X.________ die Staatsanwaltschaft
Zürich-Sihl um Wiederaufnahme des Verfahrens gegen Y.________ wegen
Veruntreuung. Die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl wies das Gesuch mit
Verfügung vom 4. April 2006 ab. Dagegen erhob X.________ am 20. April 2006
Rekurs, welchen die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich mit Entscheid
vom 21. Juni 2006 abwies, soweit sie darauf eintrat.

3.
X.________ führt mit Eingabe vom 22. Juli 2006 staatsrechtliche Beschwerde
gegen den Entscheid der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich.

Das Bundesgericht verzichtet auf die Einholung von Vernehmlassungen.

4.
Nach der Praxis des Bundesgerichts ist der durch eine angeblich strafbare
Handlung Geschädigte grundsätzlich nicht legitimiert, gegen die
Nichtanhandnahme einer Strafuntersuchung staatsrechtliche Beschwerde zu
erheben. Gleich muss es sich verhalten, wenn der Anzeiger oder Geschädigte
staatsrechtliche Beschwerde gegen ein abgewiesenes Wiederaufnahmegesuch
erhebt, da diesfalls die Legitimation nicht weiter sein kann als gegen die
Nichtanhandnahmeverfügung selbst. Der Strafanspruch, um den es im
Strafverfahren geht, steht ausschliesslich dem Staat zu, und zwar unabhängig
davon, ob der Geschädigte als Privatstrafkläger auftritt oder die eingeklagte
Handlung auf seinen Antrag hin verfolgt wird. Unbekümmert um die fehlende
Legitimation in der Sache selbst ist der Geschädigte aber befugt, mit
staatsrechtlicher Beschwerde die Verletzung von Verfahrensrechten geltend zu
machen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Das
nach Art. 88 OG erforderliche rechtlich geschützte Interesse ergibt sich
diesfalls nicht aus einer Berechtigung in der Sache, sondern aus der
Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen. Ist der Beschwerdeführer in diesem
Sinne nach kantonalem Recht Partei, kann er die Verletzung jener Parteirechte
rügen, die ihm nach dem kantonalen Verfahrensrecht oder unmittelbar aufgrund
der Bundesverfassung zustehen (BGE 128 I 218 E. 1.1).

Der in der Sache selbst nicht Legitimierte kann beispielsweise geltend
machen, auf ein Rechtsmittel sei zu Unrecht nicht eingetreten worden, er sei
nicht angehört worden, habe keine Gelegenheit erhalten, Beweisanträge zu
stellen, oder habe nicht Akteneinsicht nehmen können. Hingegen kann er weder
die Würdigung der beantragten Beweise noch die Tatsache rügen, dass seine
Anträge wegen Unerheblichkeit oder aufgrund antizipierter Beweiswürdigung
abgelehnt wurden. Die Beurteilung dieser Fragen kann von der Prüfung der
materiellen Sache nicht getrennt werden. Auf eine solche hat der in der Sache
selbst nicht Legitimierte jedoch keinen Anspruch (BGE 120 Ia 157 E. 2a/bb mit
Hinweisen).

4.1 Etwas anderes gilt für das Opfer im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OHG. Seine
Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde ist insoweit auf
materiellrechtliche Fragen erweitert. Gemäss Art. 2 Abs. 1 OHG ist Opfer, wer
durch eine Straftat in seiner körperlichen, sexuellen oder psychischen
Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden ist, unabhängig davon, ob der
Täter ermittelt worden ist und ob er sich schuldhaft verhalten hat. Mit der
gesetzlichen Beschränkung auf unmittelbare Eingriffe sollen namentlich reine
Vermögensdelikte von der Opferhilfe ausgenommen werden (BGE 120 Ia 157 E.
2d/aa S. 162). Somit ist bei der vom Beschwerdeführer behaupteten
Veruntreuung die Opferstellung ausgeschlossen. Dem Beschwerdeführer kommt
daher keine Opferstellung im Sinne des OHG zu.

4.2 Somit kann dem Beschwerdeführer keine gegenüber der Praxis zu Art. 88 OG
erweiterte Legitimation zuerkannt werden. Er ist deshalb nach der angeführten
Rechtsprechung in der Sache selbst nicht legitimiert und kann nur die
Verletzung von Verfahrensrechten geltend machen, deren Missachtung eine
formelle Rechtsverweigerung darstellt. Eine Verletzung von Verfahrensrechten
im dargelegten Sinn rügt der Beschwerdeführer nicht - jedenfalls nicht in
einer den Begründungsanforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügenden
Weise -, weshalb auf die vorliegende Beschwerde nicht einzutreten ist.

5.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die bundesgerichtlichen Kosten
dem Beschwerdeführer aufzuerlegen.

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl
und der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. Juli 2006

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied:  Der Gerichtsschreiber: