Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.435/2006
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{T 1/2}
1P.435/2006 /ggs

Beschluss vom 14. Dezember 2006

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Aeschlimann,
Gerichtsschreiber Steinmann.

Gemeinde Embrach, 8424 Embrach,
Beschwerdeführerin, handelnd durch die Gemeinderat, Dorfstrasse 9, 8424
Embrach, und dieser vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Isabelle Häner,

gegen

1.Nikolaus Schudel,
2.Hans Peter Stutz,
Beschwerdegegner,
Regierungsrat des Kantons Zürich, vertreten durch die Direktion der Justiz
und des Innern des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, Postfach, 8090 Zürich.

Konstituierung des Gemeinderates, Verletzung der Gemeindeautonomie,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des Regierungsrats des
Kantons Zürich vom 20. Juni 2006.
Sachverhalt:

A.
Nach den Erneuerungswahlen für den Gemeinderat von Embrach vom 19. März 2006
konstituierte sich der Gemeinderat am 29. März 2006 und bestätigte diesen
Entscheid mit Beschluss vom 12. April 2006. Daraus ergibt sich, dass der neu
zum Primarschulpflegepräsidenten gewählte Peter Tschudi sofort als Mitglied
des Gemeinderates in diesem Einsitz nimmt und für den Rest der laufenden
Amtsperiode als Abgeordneter des Gemeinderates in der Primarschulpflege
amtet.

Gegen diese Beschlüsse erhoben einerseits der bisherige bzw. noch amtierende
Primarschulpflegepräsident Nikolaus Schudel und anderseits Hans Peter Stutz
Stimmrechtsrekurs und ersuchten um Anordnung vorsorglicher Massnahmen.

Der Bezirksrat Bülach vereinigte die beiden Verfahren, wies die
Stimmrechtsrekurse am 13. April 2006 ab und entzog einem allfälligen Rekurs
die aufschiebende Wirkung.

B.
Nikolaus Schudel und Hans Peter Stutz gelangten mit separaten Eingaben an den
Regierungsrat des Kantons Zürich. Dieser hiess die vereinigten
Stimmrechtsrekurse mit Entscheid vom 20. Juni 2006 gut, hob den Beschluss des
Bezirksrates vom 13. April 2006 sowie den zugrunde liegenden
Konstituierungsbeschluss des Gemeinderates Embrach vom 12. April 2006 auf und
verpflichtete diesen, die Konstituierung im Sinne der Erwägungen vorzunehmen.

C.
Gegen diesen Entscheid des Regierungsrates führt die Gemeinde Embrach beim
Bundesgericht am 13. Juli 2006 staatsrechtliche Beschwerde und verlangt die
Aufhebung des Regierungsratsentscheides. Sie weist in formeller Hinsicht
darauf hin, dass die aufgeworfenen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung seien
und trotz allfälligen Hinfalls des aktuellen Interesses zu behandeln seien.
In der Sache selbst rügt sie Verletzungen ihrer Autonomie sowie von Art. 29
Abs. 1, Art. 34 und Art. 9 BV.

Die Beschwerdegegner Nikolaus Schudel und Hans Peter Stutz sowie die
Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich für den Regierungsrat
beantragen die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden
könne.

Mit Verfügung vom 4. August 2006 ist das Gesuch der Beschwerdeführerin um
Gewährung der aufschiebenden Wirkung abgewiesen worden.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Mit dem Beginn der neuen Amtsperiode der Schulpflege und der neuen Regelung
der Gemeindeordnung von Embrach ist das aktuelle Interesse an der Behandlung
der Beschwerde dahingefallen. Die Beschwerdeführerin weist bereits in ihrer
Beschwerde auf diesen möglichen Umstand hin, hält indes dafür, dass die
aufgeworfenen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung seien und dass an deren
Beantwortung ein öffentliches Interesse bestehe. Die Beschwerdegegner und der
Regierungsrat hatten Gelegenheit, in ihren Vernehmlassungen dazu Stellung zu
nehmen. Deshalb erübrigt es sich, zur Frage der Gegenstandslosigkeit einen
weiteren Schriftenwechsel gemäss Art. 72 BZP durchzuführen.

2.
Das Bundesgericht sieht vom Erfordernis des aktuellen Interesses ab, wenn
sich die mit der Beschwerde aufgeworfene Frage jederzeit und unter gleichen
oder ähnlichen Umständen wieder stellen könnte, an ihrer Beantwortung wegen
ihrer grundsätzlichen Bedeutung ein hinreichendes öffentliches Interesse
besteht und eine rechtzeitige verfassungsgerichtliche Überprüfung im
Einzelfall kaum je möglich wäre (vgl. BGE 127 I 164 E. 1a S. 166, 131 II 670
E. 1.2 S. 674).

In Anbetracht der neuen Gemeindeordnung von Embrach wird sich die von der
Gemeinde Embrach aufgeworfene Frage für sie nicht mehr stellen. § 81 des
Gemeindegesetzes überlässt den Gemeinden unterschiedliche Möglichkeiten, wie
die personelle Verbindung zwischen Gemeinderat und Schulpflege zu
verwirklichen ist. Es ist ihnen zudem überlassen, in welcher Art und mit
welcher Übergangsregelung sie einen Systemwechsel vollziehen. Es kann daher
nicht ohne weiteres gesagt werden, die Frage der Amtsdauer bisheriger
Mitglieder der Schulpflege und deren Mitwirkung im Gemeinderat könne sich
unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen. Ein öffentliches
Interesse an der Klärung ist trotz der Hinweise der Beschwerdeführerin, dass
noch eine grössere Anzahl von Zürcher Gemeinden den Systemwechsel nicht
vorgenommen hat, zu verneinen. Schliesslich kann nicht von vornherein
ausgeschlossen werden, dass das Bundesgericht rechtzeitig eine
verfassungsrechtliche Überprüfung vornimmt.

Demnach ist die Sache gemäss Art. 72 BZP als erledigt abzuschreiben.

3.
Nach Art. 72 BZP entscheidet das Bundesgericht mit summarischer Begründung
über die Prozesskosten aufgrund der Sachlage vor Eintritt des
Erledigungsgrundes. Es beschränkt sich dabei auf eine knappe Beurteilung der
gesamten Umstände.

Hierfür fällt insbesondere in Betracht, dass der Beschwerdegegner Nikolaus
Schudel als bisheriger Primarschulpflegepräsident grundsätzlich noch im Amt
war und der zum neuen Primarschulpflegepräsidenten gewählte Peter Tschudi
sein Amt grundsätzlich erst mit dem Beginn des neuen Schuljahres antritt. Vor
diesem Hintergrund erscheint der angefochtene Regierungsratsentscheid nicht
von vornherein als willkürlich. Die Erfolgsaussichten der Beschwerdeführerin
können daher nicht als erheblich bezeichnet werden.

Der Beschwerdeführerin ist nach Art. 156 Abs. 2 OG keine Gerichtsgebühr
aufzuerlegen. Eine Parteientschädigung entfällt. Den nicht anwaltlich
vertretenen Beschwerdegegnern ist keine Parteientschädigung zuzusprechen.
Demnach beschliesst das Bundesgericht:

1.
Der Rechtsstreit wird als erledigt erklärt und vom Geschäftsverzeichnis
abgeschrieben.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

4.
Dieser Beschluss wird den Parteien und dem Regierungsrat des Kantons Zürich
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. Dezember 2006

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: