Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.388/2006
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2006
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2006


{T 0/2}
1P.388/2006 /ggs

Urteil vom 6. November 2006

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Nay, Eusebio,
Gerichtsschreiber Störi.

X. ________, Beschwerdeführer,

gegen

Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, Hirschengraben 13,
Postfach, 8023 Zürich.

Strafverfahren,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss
des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 20. Mai 2006.

Sachverhalt:

A.
Die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich trat am 5. Januar 2005 auf die
Strafanzeige von X.________ gegen den Polizeibeamten Y.________ nicht ein und
auferlegte die Verfahrenskosten dem Anzeigeerstatter.

X. ________ rekurrierte gegen diese Nichtanhandnahmeverfügung mit dem Antrag,
das Verfahren anhand und die Kosten auf die Staatskasse zu nehmen.

Das Bezirksgericht Winterthur trat am 11. April 2005 auf den Rekurs, soweit
er sich gegen die Nichtanhandnahme der Strafuntersuchung richtete, nicht ein.
In Bezug auf die Kostenauflage hielt es fest, diese werde in einem zweiten
Verfahren beurteilt.

Mit Beschluss vom 20. Mai 2006 trat das Obergericht des Kantons Zürich auf
den Rekurs von X.________ gegen die bezirksgerichtliche Verfügung mangels
Zuständigkeit nicht ein.

B.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 26. Juni 2006 beantragt X.________, es
sei ihm die Frist zur Anfechtung der bezirksgerichtlichen Verfügung vom 11.
April 2005 nach Art. 35 OG wiederherzustellen. Diese Verfügung sei
aufzuheben. Der Obergerichtsentscheid vom 20. Mai 2006 sei ebenfalls
aufzuheben, zumindest soweit ihm Kosten auferlegt worden seien. Das
Bezirksgericht Winterthur sei anzuweisen, die Verfügung der
Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich vom 5. Januar 2005 aufzuheben, soweit
sie ihn betreffe. Zudem sei es anzuweisen, ihn von den Verfahrenskosten
gänzlich zu befreien und ihn angemessen zu entschädigen. Ausserdem ersucht
X.________ um unentgeltliche Rechtspflege.

Das Obergericht verzichtet auf Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Obergericht ist auf den Rekurs des Beschwerdeführers gegen die
bezirksgerichtliche Verfügung mit der Begründung nicht eingetreten, diese sei
kantonal letztinstanzlich. Auf eine Weiterleitung des Rekurses ans
Bundesgericht zur allfälligen Behandlung als staatsrechtliche Beschwerde hat
es verzichtet, da eine solche Weiterleitung an die zuständige Instanz nur
innerkantonal vorzunehmen sei.

1.1 Die bezirksgerichtliche Verfügung vom 11. April 2005 war nach Auffassung
des Gerichts offensichtlich kantonal letztinstanzlich, was sich daraus
ergibt, dass sie keine Rechtsmittelbelehrung enthält. Sie wäre damit einzig
mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte
anfechtbar gewesen. Der Beschwerdeführer hat eine solche innert Frist nicht
erhoben, und er tut auch nicht dar, inwiefern er durch ein unverschuldetes
Hindernis - zu denken wäre etwa an einen schweren Unfall oder eine schwere
Krankheit - von der Erhebung einer solchen abgehalten worden wäre; eine
Wiederherstellung der Beschwerdefrist nach Art. 35 OG ist daher von
vornherein ausgeschlossen. Eine allfällige Unsicherheit des Beschwerdeführers
über das zu ergreifende Rechtsmittel ist kein Hindernis im Sinne dieser
Bestimmung.

1.2 Hingegen hat der Beschwerdeführer innert 30 Tagen ans Obergericht
rekurriert. Es fragt sich daher, ob dieses verpflichtet gewesen wäre, den
Rekurs dem Bundesgericht zur Behandlung als staatsrechtliche Beschwerde zu
überweisen und ob die Beschwerdefrist von Art. 89 Abs. 1 OG durch die
irrtümliche Eingabe an die falsche Instanz gewahrt gewesen wäre.

Dies kann indessen offen bleiben. Der Beschwerdeführer behauptet selber, er
könne nicht als Strafanzeigeerstatter betrachtet werden: Unter diesen
Umständen fehlt ihm von vornherein jedes Rechtsschutzinteresse im Sinne von
Art. 88 OG, die Einstellung des Strafverfahrens mit staatsrechtlicher
Beschwerde anzufechten. Ob ihm als Strafanzeigeerstatter Kosten auferlegt
werden, ist offen: Darüber wird das Bezirksgericht Winterthur erst noch zu
befinden haben. Kosten auferlegt wurden ihm dagegen für das
bezirksgerichtliche Verfahren, da er dabei unterlegen ist. Er legt nicht in
einer den gesetzlichen Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügenden
Weise (BGE 127 I 38 E. 3c; 125 I 492 E. 1b; 122 I 70 E. 1c) dar, inwiefern
diese dem Unterliegerprinzip entsprechende Kostenauflage verfassungswidrig
sein könnte. Selbst wenn das Obergericht den "Rekurs" dem Bundesgericht zur
Behandlung als staatsrechtliche Beschwerde hätte überweisen müssen, wäre
darauf - in der Sache mangels rechtlich geschütztem Interesse im Sinne von
Art. 88 OG, im Kostenpunkt mangels einer den gesetzlichen Anforderungen
entsprechenden Begründung - nicht einzutreten gewesen.

1.3 Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, dass das Obergericht im
angefochtenen Entscheid auf seinen Rekurs hätte eintreten müssen, sondern
einzig, dass es die Kosten nicht ihm, sondern dem Kanton Zürich hätte
auferlegen müssen. Diesen Antrag begründet er indessen nicht bzw. jedenfalls
nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Weise, weshalb
darauf nicht einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um Wiederherstellung der Frist ist somit abzuweisen, und auf die
Beschwerde ist nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der
Beschwerdeführer die Kosten (Art. 156 OG). Er hat zwar ein Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege gestellt, welches indessen abzuweisen ist, da die
Beschwerde aussichtslos war (Art. 152 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Das Gesuch um Wiederherstellung der Frist zur Anfechtung der Verfügung des
Bezirksgerichts Winterthur vom 11. April 2005 wird abgewiesen.

2.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.

3.
3.1 Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.2 Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Obergericht des Kantons
Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 6. November 2006

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: