Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.312/2006
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2006
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2006


{T 0/2}
1P.312/2006 /scd

Urteil vom 7. November 2006

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aeschlimann, Reeb,
Gerichtsschreiberin Schoder.

Ehepaar X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Stefan
Keiser,

gegen

Y.________ AG, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Josef
Nigg,
Einwohnergemeinde Alpnach, 6055 Alpnach Dorf,
vertreten durch den Einwohnergemeinderat Alpnach, 6055 Alpnach Dorf,
Regierungsrat des Kantons Obwalden,Rathaus, Postfach, 6061 Sarnen,
Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden,
Poststrasse 6, Postfach 1260, 6061 Sarnen.

Quartierplan Hostett; Kehrichtplatz,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid
des Verwaltungsgerichts des Kantons Obwalden
vom 20. April 2006.

Sachverhalt:

A.
Im Juni 2002 wurden das im Gebiet Hostett/Schoried in der Gemeinde Alpnach
gelegene Grundstück des Ehepaars X.________ sowie weitere dort gelegene, der
Y.________ AG gehörende Grundstücke in eine Wohnzone 2 mit
Quartierplanpflicht umgezont. Am 30. Juli 2002 reichten das Ehepaar
X.________ und die Y.________ AG beim Einwohnergemeinderat Alpnach den
Quartierplan "Hostett" mit Teilinhalt Hostett/Schoried ein. Im
Mitwirkungsverfahren sprach sich das Ehepaar X.________ gegen den bei der
Einmündung der Quartierstrasse Schönenbüel in die Sagengasse in den
Quartierplan aufgenommenen Standort für einen Kehrichtplatz aus. Da mit dem
Einwohnergemeinderat diesbezüglich keine Einigung erzielt werden konnte,
erhob das Ehepaar X.________ während der Planauflage am 12. November 2002
Einsprache beim Einwohnergemeinderat Alpnach. Dieser wies die Einsprache mit
Beschluss vom 24. Februar 2003 ab.

Das Ehepaar X.________ beschwerte sich am 25. März 2003 gegen den Beschluss
des Einwohnergemeinderates Alpnach beim Regierungsrat des Kantons Obwalden.
Mit Beschluss vom 12. Mai 2003 genehmigte der Einwohnergemeinderat Alpnach
den Quartierplan Hostett mit Teilinhalt. In Dispositiv-Ziffer III wurde
festgehalten, der Einwohnergemeinderat melde den Beschwerdeentscheid
betreffend Kehrichtsammelstelle als Nachtrag bei den beteiligten Parzellen
zur Eintragung im Grundbuch an. Der Beschluss erwuchs, abgesehen von der
Frage des Standorts des Kehrichtsammelplatzes, unangefochten in Rechtskraft.
Mit Beschluss vom 17. Februar 2004 wies der Regierungsrat die gegen die
Festlegung des Kehrichtsammelplatzes erhobene Beschwerde des Ehepaars
X.________ ab.

Dagegen erhob das Ehepaar X.________ Beschwerde beim Verwaltungsgericht des
Kantons Obwalden mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen seien
aufzuheben, der Kehrichtsammelplatz an der Einmündung der Quartierstrasse in
die Sagengasse aus dem Quartierplan und aus den besonderen Bauvorschriften zu
streichen und der provisorische Kehrichtplatz an der Einmündung in die
Sagengasse zu entfernen. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde mit
Urteil vom 20. April 2006 ab. Zur Begründung führte das Gericht Folgendes
aus: Der Einwand der Beschwerdeführer, der Einwohnergemeinderat Alpnach sei
für die Bestimmung des Kehrichtsammelplatzes nicht zuständig, treffe nicht
zu. Gemäss Obwaldner Baugesetz sei es zulässig, im Rahmen eines
Quartierplanverfahrens einen Kehrichtsammelplatz als Entsorgungsanlage
festzulegen. Ebenso ergebe sich hierfür aus der baugesetzlichen Ordnung die
Zuständigkeit des Einwohnergemeinderats. Diese kantonalrechtliche
Zuständigkeitsordnung gehe den kommunalen Vorschriften, d.h. den Abfuhr- und
Kehrichtreglementen der Gemeinden und dem Abfallreglement des
Entsorgungszweckverbandes Obwalden vor (Begründung 1). Hinzu komme zum einen,
dass der Entsorgungszweckverband die Route und die Form der Kehrichtsammlung
für das Quartier Hostett/Schoried nicht festgelegt habe. Deshalb erscheine es
sachgerecht, wenn die im Zweckverband zusammengeschlossenen Gemeinden an
dessen Stelle tätig werden. Zum andern sei der Zweckverband in Abweichung
seiner Statuten und Reglemente mit den Gemeinden überein gekommen, dass die
Gemeinden im Rahmen der Quartierplanung weiterhin für die Bestimmung der
Kehrichtsammelstellen zuständig seien. Auch aus dieser Vereinbarung ergebe
sich die Zuständigkeit der Einwohnergemeinde Alpnach, im
Quartierplanverfahren einen Kehrichtplatz festzulegen (Begründung 2). Zur
Frage des für die Festlegung des Kehrichtplatzes massgeblichen Rechts führte
das Verwaltungsgericht aus, es mache im Ergebnis keinen Unterschied, dass die
Festsetzung des Kehrichtplatzes sich auf die falsche Rechtsgrundlage, nämlich
das Abfuhr- und Kehrichtreglement der Gemeinde Alpnach aus dem Jahr 1984
stütze. Gemäss dem Abfallreglement des Entsorgungszweckverbandes Obwalden vom
1. Januar 2001, welches nach zutreffender Auffassung der Beschwerdeführer
angewendet werden müsse, sei es jedenfalls zulässig, einen Kehrichtplatz
eingangs der Sagengasse im Sinne eines Abfallsammelpunktes anzulegen.
Bezüglich des von den Beschwerdeführern angerufenen Grundsatzes des
Vertrauensschutzes vertritt das Verwaltungsgericht den Standpunkt, die
Einführung des Kehrichtsammelplatzes anstelle des alten Strassensammelsystems
beruhe auf einer Gesetzesänderung, weshalb die Beschwerdeführer nichts zu
ihren Gunsten ableiten könnten. Auch ein Anspruch auf Gleichbehandlung im
Unrecht komme nicht in Betracht, da das Strassensammelsystem in der Gemeinde
Alpnach nicht ausschliesslichen Charakter habe und im Übrigen nicht erwiesen
sei, dass der Einwohnergemeinderat es ablehnen würde, vom bisherigen
Strassensammelsystem zugunsten von Kehrichtsammelpunkten abzuweichen, was
Voraussetzung für eine Gleichbehandlung im Unrecht wäre. Ausserdem würden die
Beschwerdeführer rein faktisch gar nicht rechtsungleich behandelt, da der
Kehrichtsammelplatz 35 bis 40 Meter vom Wohnhaus der Beschwerdeführer auf der
gegenüber liegenden Strassenseite entfernt liege und die Beschwerdeführer,
statt ihren Kehricht am Strassenrand zu deponieren, diesen lediglich einige
Meter weiter zum Kehrichtplatz bringen müssen. Dieser geringfügige
Mehraufwand bei der Kehrichtentsorgung sei nicht derart wesentlich, dass er
als Rechtsungleichheit zu betrachten wäre. Das Verwaltungsgericht vertritt
ferner die Auffassung, dass die Wahl des konkreten Standortes des
Kehrichtplatzes im Rahmen des Quartierplanverfahrens unter dem Blickwinkel
der Verkehrssicherheit, der Wohnhygiene und des Denkmalschutzes nicht zu
beanstanden sei.

B.
Das Ehepaar X.________ hat gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts
staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Sie beantragen die Aufhebung des
angefochtenen Urteils und die Rückweisung der Streitsache zu neuer
Beurteilung an das Verwaltungsgericht. Ferner ersuchen sie um aufschiebende
Wirkung der staatsrechtlichen Beschwerde.

C.
Das Verwaltungsgericht, der Einwohnergemeinderat Alpnach und die Y.________
AG als private Beschwerdegegnerin beantragen die Beschwerdeabweisung. Der
Regierungsrat des Kantons Obwalden, vertreten durch das Bau- und
Raumentwicklungsdepartement, hat auf Stellungnahme verzichtet. Die
Beschwerdeführer haben repliziert.

D.
Mit Verfügung vom 27. Juni 2006 hat der Präsident der I.
öffentlichrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der staatsrechtlichen
Beschwerde aufschiebende Wirkung erteilt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Zur staatsrechtlichen Beschwerde ist legitimiert, wer durch den
angefochtenen kantonalen Hoheitsakt in seinen rechtlich geschützten eigenen
Interessen betroffen ist (Art. 88 OG; BGE 129 I 113 E. 1.2 S. 117; 129 II 297
E. 2.1 S. 300, je mit Hinweisen). Eigentümer benachbarter Grundstücke sind im
Rahmen von Art. 88 OG befugt, eine baurechtliche Anordnung mit
staatsrechtlicher Beschwerde anzufechten, soweit sie die Verletzung
baugesetzlicher Vorschriften rügen, die ausser den Interessen der
Allgemeinheit auch oder in erster Linie dem Schutz des Nachbarn dienen. Zudem
müssen sie dartun, dass sie sich im Schutzbereich der Vorschriften befinden
und durch die behauptete widerrechtliche Auswirkung der Bauten betroffen sind
(BGE 118 Ia 232 E. 1a S. 234; 116 Ia 177 E. 3a S. 179 f.; Urteil 1P.123/2000
vom 9. Juni 2000, E. 2a, publ. in ZBl 102/2001 S. 444). Nicht erforderlich
ist, dass die Grundstücke der Beschwerdeführer in unmittelbarer Nachbarschaft
des von der baurechtlichen Anordnung betroffenen Grundstücks liegt (vgl. BGE
107 Ia 72 E. 2b S. 74). Unbekümmert um die Legitimation in der Sache selbst
können die Beschwerdeführer eine Verletzung von sich aus dem kantonalen Recht
oder unmittelbar aus der Verfassung ergebenden Verfahrensrechten geltend
machen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Das
rechtlich geschützte Interesse ergibt sich diesfalls aus der Berechtigung, am
Verfahren teilzunehmen (BGE 114 Ia 307 E. 3c S. 312 f.).
1.2 Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss die Beschwerdeschrift die wesentlichen
Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche
verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern die durch
den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Im staatsrechtlichen
Beschwerdeverfahren prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene
Rügen. Auf unbegründete Rügen und rein appellatorische Kritik am
angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 129 I 185 E. 1.6 S. 189; 125
I 492 E. 1b S. 495). Beruht der angefochtene Entscheid auf zwei oder mehreren
selbständigen Begründungen, muss bezüglich jeder hinreichend dargetan werden,
dass der Entscheid verfassungswidrig ist. Eine Beschwerdeschrift, die diese
Voraussetzungen nicht erfüllt, ist nicht geeignet, die Verfassungswidrigkeit
des angefochtenen Entscheids darzutun. Sie erfüllt die Anforderungen von Art.
90 Abs. 1 lit. b OG nicht, und das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde
nicht ein (Urteil 5P.64/2002 vom 13. März 2002 E. 2b, publ. in Pra 2002 Nr.
113 S. 647 ff., mit Hinweisen).

1.3 Die Beschwerdeführer sind Eigentümer einer vom Quartierplangebiet Hostett
umfassten Parzelle. Als erstes rügen sie willkürliche tatsächliche
Feststellungen und eine willkürliche Anwendung von Art. 66 des Gesetzes des
Kantons Obwalden über die Gerichtsorganisation vom 22. September 1996 im
Zusammenhang mit der Frage, ob der Entsorgungszweckverband Obwalden im
Bereich der Abfallentsorgung operativ tätig geworden und zwischen diesem und
der Einwohnergemeinde Alpnach eine Vereinbarung darüber getroffen worden sei.
Beide Punkte betreffen die Frage, welche Körperschaft - die Einwohnergemeinde
Alpnach, vertreten durch den Gemeinderat, oder der Entsorgungszweckverband
Obwalden - zur Festlegung des Kehrichtplatzes zuständig ist. Die
Beschwerdeführer lassen unberücksichtigt, dass das Verwaltungsgericht die
Zuständigkeit der Einwohnergemeinde auf zwei selbständige Begründungen
stützte. Das Gericht bejahte die Zuständigkeit des Einwohnergemeinderats zur
Festlegung des Kehrichtplatzes nicht nur deswegen, weil der
Entsorgungszweckverband untätig geblieben sei und eine entsprechende
Vereinbarung mit dem Gemeinderat abgeschlossen habe (Begründung 2), sondern
in erster Linie deshalb, weil der Einwohnergemeinderat gemäss kantonalem
Baugesetz, welches dem kommunalen Recht vorgehe, zuständig sei (Begründung
1). Die Beschwerdeführer hätten sich mit dieser ersten Begründung des
Verwaltungsgerichts ebenfalls auseinander setzen müssen, um den Anforderungen
an die Beschwerdeschrift zu genügen. Dass das kantonale Baugesetz willkürlich
angewendet worden wäre, ist nicht ersichtlich. Da die Beschwerdeführer nur
die zweite, nicht aber die erste Begründung beanstandet haben, ist auch auf
die formellen Rügen der Verletzung von Art. 29 Abs. 1 und 2 BV, die sich
wiederum nur gegen die zweite Begründung richten, nicht einzutreten.

1.4 Des Weitern beanstanden die Beschwerdeführer, dass der
Entsorgungszweckverband entgegen Art. 6 des von ihm erlassenen
Abfallreglementes, wonach die Sammeltage, Routen und Abfuhrzeiten nach
Absprache mit den Verbandsgemeinden und dem Transporteur durch den
Entsorgungszweckverband Obwalden festgelegt würden, im Gebiet Schönenbüel
keine solche Route festgelegt habe und zu dieser Frage nie angehört worden
sei. In diesem Punkt ist nicht ersichtlich, inwiefern die genannte Vorschrift
das Interesse der Beschwerdeführer an der Beibehaltung des
Strassensammelsystems anstelle des Kehrichtplatzes überhaupt tangiert, das
heisst für die vorliegend streitige Planungsfrage einschlägig ist. Auf die
Willkürrüge und auf die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge der
Rechtsverweigerung ist mangels Beschwerdelegitimation wiederum nicht
einzutreten.

1.5 Schliesslich beanstanden die Beschwerdeführer, es treffe nicht zu, dass
in der Gemeinde Alpnach das Strassensammelsystem nicht ausschliesslichen
Charakter habe, weshalb das Gleichbehandlungsgebot (Art. 8 BV) und der
Grundsatz des Vertrauensschutzes (Art. 9 BV)  verletzt seien. Die
Beschwerdeführer beschränken sich in ihrer Beschwerdeschrift indessen darauf,
ihre Auffassung derjenigen des Verwaltungsgerichts entgegen zu setzen, ohne
sich hinreichend mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils auseinander zu
setzen und ihre Rügen zu belegen. Sie zeigen insbesondere nicht auf, welche
Beweise betreffend den Ausschliesslichkeitscharakter des
Strassensammelsystems nicht abgenommen und weshalb die Voraussetzungen des
Vertrauensschutzes entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts erfüllt
sein sollen. Auf appellatorische Kritik und unbegründete Rügen tritt das
Bundesgericht aber nicht ein.

2.
Somit ergibt sich, dass auf die staatsrechtliche Beschwerde gesamthaft nicht
einzutreten ist. Ausgangsgemäss haben die Beschwerdeführer die Gerichtskosten
zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG) und der privaten Beschwerdegegnerin eine
angemessene Prozessentschädigung zu bezahlen (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird den Beschwerdeführern auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführer haben die private Beschwerdegegnerin für das
bundesgerichtliche Verfahren mit insgesamt Fr. 1'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Einwohnergemeinde Alpnach, dem
Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 7. November 2006

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: