Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.276/2006
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{T 0/2}
1P.276/2006 /scd

Urteil vom 8. September 2006

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Nay, Reeb,
Gerichtsschreiber Pfäffli.

X. ________, Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, Postfach, 8090
Zürich,
Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, Hirschengraben 15, Postfach,
8023 Zürich.

Nichteröffnung einer Strafuntersuchung,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons
Zürich, II. Zivilkammer, vom 22. März 2006.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
X. ________ verdächtigt Ärzte und Pflegepersonen der Psychiatrischen
Universitätsklinik Zürich, sich ihm gegenüber anlässlich seines
fürsorgerischen Freiheitsentzugs zwischen dem 24. November und 21. Dezember
2004, insbesondere am 8. Dezember 2004, verschiedener Delikte, wie der
schweren Körperverletzung, schuldig gemacht zu haben. Am 31. Dezember 2004
erstattete er deswegen bei der Stadtpolizei Zürich mündlich und am 9. März
2005 bei der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat schriftlich Strafanzeige.

Ausgangspunkt der Strafanzeigen ist ein Vorfall vom 8. Dezember 2004. Nach
Darstellung des Anzeigers habe er sich an jenem Nachmittag unter der Dusche
befunden, als er vom Angezeigten Y.________, welcher die Nasszellen
desinfizieren sollte, aufgefordert wurde, die Dusche zu verlassen. Weil er
diese Anweisungen nicht sofort befolgt habe, habe ihm der Angezeigte viermal
in rascher Folge das Desinfektionsmittel direkt ins Gesicht gesprüht, wobei
insbesondere das linke Auge getroffen worden sei. Er sei erst am 11. Dezember
2004 in der Augenklinik untersucht worden, obschon dies sofort hätte
geschehen müssen. Die Augenärzte hätten eine Rötung und Reizung der
Augenbindehaut sowie Nervenschäden in der Bindehaut festgestellt. Ihm sei die
nötige Hilfe, insbesondere die sofortige Hospitalisierung, verweigert worden,
was die Schädigung des Auges möglicherweise vergrössert habe.
Am 9. Mai 2005 überwies die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat die Akten an die
Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Zürich mit dem Antrag, auf die
Anzeige sei nicht einzutreten, da nach summarischer Prüfung der vorhandenen
Akten kein deliktsrelevanter Verdacht vorliege.

2.
Mit Beschluss vom 23. Mai 2005 trat die Anklagekammer des Obergerichts des
Kantons Zürich auf die Strafanzeige nicht ein, weil kein hinreichender
Anfangsverdacht auf ein unrechtmässiges Verhalten der Angezeigten vorliege.
Sie führte u.a. aus, dass sämtliche den Anzeiger untersuchenden Augenärzte
(Universitätsspital Zürich Augenklinik vom 11. bis 15. Dezember 2004, Praxis
"Permanence Hauptbahnhof Zürich" vom 18. Dezember 2004 bis 6. Januar 2005,
Universitätsaugenklinik Basel am 14. Januar 2005) reizfreie vordere
Augenabschnitte festgestellt, wobei die "Permanence" von einem
"Augenverletzungs-Wahn" und die Basler Klinik von einer psychiatrischen
Erkrankung gesprochen hätten. Bei der "Permanence" habe der Anzeiger erklärt,
man wolle ihn in der Augenklinik nicht mehr behandeln. Die Baar-Klinik für
Psychosomatik und Verhaltensmedizin in Donaueschingen (3. - 12. Januar 2005)
sowie der Hausarzt seien zu einer ähnlichen Diagnose gelangt.

3. Gegen den Beschluss der Anklagekammer erhob X.________ Rekurs. Die II.
Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich wies den Rekurs mit Beschluss
vom 22. März 2006 ab.

4.
Gegen den Beschluss der II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich
erhob X.________ mit Eingabe vom 4. Mai 2006 (Postaufgabe 8. Mai 2006)
staatsrechtliche Beschwerde. Da er in der gleichen Angelegenheit auch eine
kantonale Nichtigkeitsbeschwerde eingereicht hatte, wurde mit Verfügung vom
22. Mai 2006 das bundesgerichtliche Verfahren bis zum Entscheid des
Kassationsgerichts des Kantons Zürich über die bei ihm hängige
Nichtigkeitsbeschwerde ausgesetzt.

5. Mit Zirkulationsbeschluss vom 17. Mai 2006 trat das Kassationsgericht des
Kantons Zürich wegen Unzulässigkeit auf die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde
nicht ein. Das bundesgerichtliche Verfahren ist deshalb wieder aufzunehmen.

6. Das Bundesgericht verzichtet auf die Einholung von Vernehmlassungen.

7.
Der Beschwerdeführer macht Willkür (Art. 9 BV) sowie eine Verletzung seines
Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV ) geltend.

7.1 Die II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich kam aufgrund
ihrer Beweiswürdigung zum Schluss, dass gemäss den ärztlichen Berichten keine
wesentlichen Anzeichen für eine allfällige Augenverletzung vorliegen würden,
welche in objektiver Hinsicht den Straftatbestand einer Körperverletzung
erfüllen könnte. Somit könne höchstens eine Tätlichkeit vorliegen, falls der
Angezeigte Y.________ mit Vorsatz gehandelt hätte. Der Anzeiger erbringe
jedoch für seine Version, der Angezeigte Y.________ hätte sich plötzlich
umgedreht und ihm mit Absicht mehrmals direkt ins Gesicht gesprüht, keinen
hinreichenden Beweis. Es wäre deshalb in diesem Fall mit grösster
Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass die Strafuntersuchung wegen
Tätlichkeit mangels eines beweisbaren Vorsatzes eingestellt werden müsste.
Auf diese Ausführungen im angefochtenen Beschluss kann gemäss Art. 36a Abs. 3
OG verwiesen werden. Der Beschwerdeführer bringt nichts vor, was diese
Ausführungen der II. Zivilkammer des Obergerichts als willkürlich erscheinen
liesse. Die Beschwerde ist daher abzuweisen, soweit der Beschwerdeführer die
obergerichtliche Beweiswürdigung als willkürlich beanstandet.

7.2 Der Beschwerdeführer rügt ein Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches
Gehör. Dabei beanstandet er mit dieser Rüge hauptsächlich die vom Obergericht
vorgenommene Beweiswürdigung. Dies ist indessen eine Frage der
Beweiswürdigung und hat keine Verletzung des rechtlichen Gehörs zur Folge.
Insoweit kann auf die Ausführungen unter Ziffer 4.1 verwiesen werden.

Soweit der Beschwerdeführer mit seiner Gehörsrüge beanstandet, dass das
Obergericht seinen Antrag auf Nachstellung der Tat am Originalschauplatz
nicht nachgekommen ist, erweist sich die Rüge als unbegründet. Das
Obergericht hat diesen Antrag nicht einfach übergangen, sondern ist aufgrund
einer antizipierten Beweiswürdigung zum Schluss gekommen, dass weitere
Untersuchungen an seinem Beweisergebnis nichts ändern würden. Inwiefern diese
Beweiswürdigung willkürlich sein soll, legt der Beschwerdeführer nicht in
einer den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügenden Weise dar,
weshalb in diesem Punkt auf die Beschwerde nicht einzutreten ist.

8.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit
darauf eingetreten werden kann.

Angesichts der offensichtlichen Aussichtslosigkeit der vorliegenden
Beschwerde kann dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege nicht entsprochen
werden (Art. 152 OG). Ausnahmsweise kann jedoch von der Erhebung von
Verfahrenskosten abgesehen werden.

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Oberstaatsanwaltschaft  und dem
Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 8. September 2006

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: