Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 53/2004
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U 53/04

Urteil vom 4. Mai 2004
IV. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiber
Signorell

La Suisse Unfallversicherungs-Gesellschaft,
av. de Rumine 13, 1005 Lausanne, Beschwerdeführerin,

gegen

O.________, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Louis André
Capt, Bahnhofstrasse 15, 8620 Wetzikon

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Verfügung vom 20. Januar 2004)

Sachverhalt:
Die 1985 geborene O.________ erlitt am 10. August 2003 einen Verkehrsunfall,
welchen sie bei der La Suisse Unfallversicherungs-Gesellschaft (nachfolgend
La Suisse), dem Unfallversicherer ihres Arbeitgebers, anmelden liess. Nachdem
ein Akteneinsichtsgesuch ihres Rechtsvertreters vom 7. Oktober 2003 auch nach
Abmahnungen unbeantwortet blieb, reichte sie am 20. November 2003 beim
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich eine
Rechtsverweigerungsbeschwerde ein.
Nachdem die La Suisse am 6. Januar 2004 die Akteneinsicht gewährt hatte,
schrieb das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Beschwerde mit
Entscheid vom 20. Januar 2004 zufolge Gegenstandslosigkeit ab und
verpflichtete die La Suisse zur Bezahlung einer Parteientschädigung von Fr.
500.-.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die La Suisse, es sei der
kantonale Entscheid aufzuheben und die Beschwerde der O.________
vollumfänglich abzuweisen.

O. ________, das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und das
Bundesamt für Gesundheit verzichten auf Vernehmlassungen.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Der kantonale Richter schrieb das hängige Verfahren zufolge
Gegenstandslosigkeit ab. Es liegt damit ein verfahrensabschliessender
Entscheid vor, der das Verfahren ohne Urteil beendet. Soweit mit der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde die Abweisung der Beschwerde der O.________
verlangt wird, ist darauf nicht einzutreten.

2.
Nach Art. 61 lit. g Satz 1 ATSG in Verbindung mit Art. 2 ATSG und Art. 1 UVG
besteht ein Anspruch der obsiegenden Beschwerde führenden Person auf Ersatz
der Parteikosten. Nach der Rechtsprechung ist diese prozessrechtliche Norm ab
dem Tag dessen Inkrafttretens am 1. Januar 2003 sofort anwendbar geworden
(BGE 130 V 4 Erw. 3.2 mit Hinweisen) § 34 Abs. 1 des Zürcher Gesetzes über
das Sozialversicherungsgericht vom 7. März 1993 (GSVGer; GS 212.81) sieht
vor, dass einer Partei auf Antrag hin eine Parteientschädigung nach Massgabe
ihres Obsiegens zuzusprechen ist. Materiellrechtlich genügt die kantonale
Regelung den bundesrechtlichen Anforderungen des Art. 61 lit. g Satz 1 ATSG.
Der angefochtene Entscheid vom 20. Januar 2004 beruht damit, soweit den hier
strittigen Anspruch auf Parteientschädigung betreffend, auf öffentlichem
Recht des Bundes, weshalb auf die dagegen erhobene
Verwaltungsgerichtsbeschwerde unmittelbar gestützt auf Art. 128 und 97 OG in
Verbindung mit Art. 5 VwVG einzutreten ist.

3.
Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder
Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht
Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b
sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

4.
In ständiger Rechtsprechung (RKUV 2001 Nr. U 411 S. 77 Erw. 4a mit Hinweisen)
hat das Eidgenössischen Versicherungsgericht auch bei Gegenstandslosigkeit
des kantonalen Beschwerdeverfahrens einen bundesrechtlichen
Entschädigungsanspruch der Beschwerde führenden Partei bejaht, wenn es die
Prozessaussichten rechtfertigen, wie sie sich vor Eintritt der
Gegenstandslosigkeit darboten, und diesbezüglich auch das Verursacherprinzip
anerkannt, wonach unnötige Kosten zu bezahlen hat, wer sie verursacht hat.
Dementsprechend kann keine Parteientschädigung beanspruchen, wer zwar im
Prozess obsiegt, sich aber den Vorwurf gefallen lassen muss, er habe es wegen
Verletzung der Mitwirkungspflicht selber zu verantworten, dass ein unnötiger
Prozess geführt worden sei. Diese Einschränkung des Entschädigungsanspruchs
gilt analog auch bei Gegenstandslosigkeit einer erstinstanzlich eingereichten
Beschwerde.

Die im Rahmen von Art. 85 Abs. 2 lit. f AHVG sowie Art. 108 Abs. 1 lit. g UVG
entwickelten Grundsätze zum Anspruch auf Parteientschädigung bei
Gegenstandslosigkeit des kantonalen Verfahrens haben unter der Herrschaft des
ATSG weiterhin Geltung und sind demnach für die Auslegung von Art. 61 lit. g
Satz 1 ATSG massgebend (zum Ganzen: SVR 2004 AlV Nr. 8 S. 22 Erw. 3.1 mit
zahlreichen Hinweisen).

5.
5.1 Hinsichtlich der für die Beurteilung des Entschädigungsanspruchs der
Beschwerdegegnerin massgebenden Prozessaussichten ist der Sachverhalt zu
berücksichtigen, wie er sich bis unmittelbar vor Eintritt der
Gegenstandslosigkeit verwirklicht hat. Diese trat ein, als die
Beschwerdeführerin am 6. Januar 2004 der Versicherten die Akteneinsicht
gewährte. Hätte das kantonale Gericht unmittelbar zuvor über die Beschwerde
materiell zu entscheiden gehabt, wäre diese gutzuheissen gewesen: Der
Vertreter der Beschwerdegegnerin hat die La Suisse am 6. Oktober, 29. Oktober
und 10. November 2003 um Akteneinsicht ersucht. Am 20. November 2003, mithin
45 Tage nach dem ersten Begehren, hat er bei der Vorinstanz Beschwerde
geführt. Der La Suisse wäre es in dieser Zeit zuzumuten gewesen, dem Gesuch
zu entsprechen oder die Gründe für die Verweigerung der Akteneinsicht
darzulegen. Dies gilt umso mehr, als mit der Herausgabe der Akten regelmässig
kein grosser Aufwand verbunden ist. Indem die La Suisse auch auf die dritte
Aufforderung hin nicht reagierte, blieb dem Vertreter nichts anderes als die
Beschwerdeführung bei der Vorinstanz übrig. Dies hat denn auch dazu geführt,
dass dem Gesuch entsprochen wurde.

5.2 Das Verhalten der Versicherten steht einem Entschädigungsanspruch nicht
entgegen, zumal sie ihren Mitwirkungspflichten dadurch, dass sie ihren
Arbeitgeber unverzüglich über das Unfallereignis vom 10. August 2003 in
Kenntnis gesetzt hatte (Art. 45 Abs. 1 UVG), hinreichend nachgekommen ist. Ob
die Beschwerdeführerin die Unfallmeldung erst Anfang Dezember erhalten hat,
spielt im vorliegend zu prüfenden Zusammenhang keine Rolle. Wäre es ihr zum
damaligen Zeitpunkt nicht möglich gewesen, dem Akteneditionsgesuch zu
entsprechen, so wäre es ihre Pflicht gewesen, den Vertreter der
Beschwerdegegnerin umgehend hierüber zu informieren. Es kann diesem
jedenfalls nicht vorgeworfen werden, das Beschwerdeverfahren unnötig
provoziert zu haben.

5.3 Nach dem Gesagten hat die La Suisse für die der Beschwerdegegnerin
entstandenen Parteikosten aufzukommen. Die Höhe der vorinstanzlich
auferlegten Parteientschädigung wird nicht beanstandet. Da nichts für eine
Verletzung der bundesrechtlichen Vorgaben (Art. 61 lit. g Satz 2 ATSG) oder
eine willkürliche Anwendung (vgl. SVR 2001 AHV Nr. 4 S. 11 Erw. 2 mit
Hinweisen) der in § 34 Abs. 1 GSVGer in Verbindung mit § 8 und 9 der
zürcherischen Verordnung über die sozialversicherungsgerichtlichen Gebühren,
Kosten und Entschädigungen vom 6. Oktober 1994 (GS 212.812) statuierten
kantonalen Grundsätze über die Bemessung der Parteientschädigung spricht, hat
es beim vorinstanzlichen Entscheid sein Bewenden.

6.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Dem
Prozessausgang entsprechend gehen die Gerichts- und Parteikosten zu Lasten
der Beschwerdeführerin (Art. 156 und 159 Abs. 1 und 2 OG in Verbindung mit
Art. 135 OG).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der La Suisse
Unfallversicherungs-Gesellschaft auferlegt und mit dem geleisteten
Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Die La Suisse Unfallversicherungs-Gesellschaft hat der Beschwerdegegnerin für
das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine
Parteientschädigung von Fr. 200.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu
bezahlen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zugestellt.

Luzern, 4. Mai 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer:  Der Gerichtsschreiber:
i.V.