Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 448/2004
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U 448/04

Urteil vom 28. September 2005
IV. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiberin
Weber Peter

I.________, 1949, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ludwig
Raymann, Witikonerstrasse 15, 8032 Zürich,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 27. Oktober 2004)

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 20. März 1995, bestätigt durch den Einspracheentscheid vom
31. Januar 1996, lehnte die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA),
bei welcher der 1949 geborene I.________ gegen die Folgen von Unfällen
versichert war, einen Anspruch auf Versicherungsleistungen ab, da die geltend
gemachten Handgelenksbeschwerden nicht auf die berufliche Tätigkeit
zurückgeführt werden könnten. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich ab (Entscheid vom 11. März
1999). Mit Urteil vom 27. Juli 2000 hiess das Eidgenössische
Versicherungsgericht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde in dem Sinne gut, dass
der kantonale Gerichtsentscheid aufgehoben und die Sache an die SUVA
zurückgewiesen wurde, damit sie prüfe, ob die Beschwerden an der rechten Hand
auf den erstmals im letztinstanzlichen Verfahren geltend gemachten Sturz vom
30. Juni 1992 zurückzuführen seien. Im Übrigen verneinte es das Vorliegen
eines Unfallereignisses am 15. Juni 1994, einer unfallähnlichen
Körperschädigung und einer Berufskrankheit.

Nach Einholung eines Gutachtens des Prof. Dr. med. S.________, Leitender Arzt
der Abteilung für Hand- und Mikrochirurgie, Spital X.________ (vom 7.
November 2001), und einer kreisärztlichen Stellungnahme des Dr. med.
V.________, Spezialarzt FMH für Chirurgie, Ärzteteam Unfallmedizin der SUVA
(vom 21. November 2000), sowie weiterer Berichte des behandelnden Arztes Dr.
med. R.________ verneinte die SUVA mit Verfügung vom 11. Juli 2003 und
Einspracheentscheid vom 27. Januar 2004 ihre Leistungspflicht, da ein
ursächlicher Zusammenhang zwischen den Handgelenksbeschwerden und dem
Unfallereignis vom 30. Juni 1992 nicht mit der mindestens erforderlichen
Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden könne.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 27. Oktober 2004 ab.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt der Versicherte beantragen, in
Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides sei die SUVA zu verpflichten,
für die Beschwerden am rechten Handgelenk die gesetzlichen Leistungen zu
erbringen.
Während die SUVA auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst,
verzichtet das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf eine Vernehnmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Das kantonale Gericht hat die gesetzliche Bestimmung über den Anspruch
auf Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung (Art. 6 UVG) sowie die
Rechtsprechung zu dem für die Leistungspflicht des Unfallversicherers
vorausgesetzten natürlichen (BGE 129 V 181 Erw. 3.1, 406 Erw. 4.3.1, 119 V
337 Erw. 1, 118 V 289 Erw. 1b, je mit Hinweisen) und adäquaten
Kausalzusammenhang (BGE 129 V 181 Erw. 3.2, 405 Erw. 2.2, 125 V 461 Erw. 5a
mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Gleiches gilt mit
Bezug auf die vorinstanzlichen Erwägungen zum Beweiswert und zur Würdigung
medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 125 V 352 Erw. 3a, 122 V 160 Erw.
1c) sowie zum im Sozialversicherungsrecht üblichen Beweisgrad der
überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 129 V 181 Erw. 3.1, 126 V 360 Erw. 5b,
125 V 195 Erw. 2, je mit Hinweisen).

Das Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG), welches mit Bezug auf den Zeitraum von
seinem Inkrafttreten am 1. Januar 2003 bis zum Erlass des
Einspracheentscheids (BGE 121 V 366 Erw. 1b, 116 V 248 Erw. 1a) anwendbar ist
(BGE 130 V 445 Erw. 1), hat zu keiner Änderung dieser Rechtslage geführt.

1.2 Zu betonen bleibt, dass nach der Rechtsprechung die Beweislast in Bezug
auf das Unfallereignis als solches (RKUV 2002 Nr. U 469 S. 528 Erw. 3a, 1996
Nr. U 247 S. 171 Erw. 2a) wie auch hinsichtlich der natürlichen
Unfallkausalität des Gesundheitsschadens (RKUV 1994 Nr. U 206 S. 328 Erw. 3b)
in dem Sinne die versicherte Person trifft, als der Entscheid bei
Beweislosigkeit zu ihren Ungunsten ausfallen muss.

2.
Streitig und zu prüfen ist, ob die geltend gemachten Handgelenksbeschwerden
mit überwiegender Wahrscheilichkeit auf das Unfallereignis vom 30. Juni 1992
zurückzuführen sind, was die Leistungspflicht der SUVA begründen würde.

3.
3.1 In Nachachtung des Urteils des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom
27. Juli 2000 hatte die SUVA zur Beantwortung der strittigen Kausalitätsfrage
ein Gutachten des Handchirurgen Prof. Dr. med. S.________ (vom 7. November
2001) eingeholt. Diese Expertise beruht auf ergänzenden eigenen
Untersuchungen, berücksichtigt die geklagten Beschwerden und ist in Kenntnis
der Vorakten abgegeben worden. Sie erfüllt alle rechtsprechungsgemäss
erforderlichen Kriterien (BGE 125 V 352 Erw. 3 mit Hinweisen) für eine
beweiskräftige medizinische Entscheidgrundlage (Beweiseignung) und überzeugt
zum andern auch inhaltlich (Beweiskraft). Die Ausführungen in der Beurteilung
der medizinischen Zusammenhänge sind einleuchtend und die Schlussfolgerung
ist begründet. Dieser Expertise kommt mithin voller Beweiswert zu, zumal
keine konkreten Indizien gegen deren Zuverlässigkeit sprechen (BGE 125 V 353
Erw. 3b/bb). Der Gutachter gelangt darin zum Schluss, dass lediglich davon
ausgegangen werden könne, dass ein heftiges Trauma stattgefunden habe und
entsprechende Beschwerden die Patientin bereits vor 1994 hätten zum Arzt
führen sollen, was aber nicht geschehen sei. Das Ereignis 1992 beurteilte er
daher eher als nicht wahrscheinlich für die aktuellen Beschwerden. Inwiefern
diesem Gutachten ein grosser Mangel anhaftet, indem es den Schaden am
Handgelenk nicht mit dem gesamten Unfall in Zusammenhang bringt, wie die
Beschwerdeführerin einwendet, ist nicht nachvollziehbar, hat doch Prof Dr.
med. S.________ seine Beurteilung in Kenntnis des Unfallereignisses
abgegeben. Auch aus den übrigen medizinischen Unterlagen insbesondere der
detaillierten Zusammenstellung der Krankengeschichte durch den behandelnden
Arzt Dr. med. R.________ (vom 29. Mai 2003) ergibt sich kein
rechtsgenüglicher Nachweis für das Bestehen eines Kausalzusammenhangs
zwischen den Handgelenksbeschwerden und dem Ereignis vom 30. Juni 1992. Zudem
sind von weiteren medizinischen Abklärungen keine neuen Erkenntnisse zu
erwarten, weshalb sich solche erübrigen (antizipierte Beweiswürdigung; BGE
124 V 94 Erw. 4b; SVR 2001 IV Nr. 10 S. 28 Erw. 4b). Mit Blick auf diese
Ausgangslage hat die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid zu Recht erkannt,
dass nicht mit dem im Sozialversicherungsrecht üblichen Beweisgrad der
überwiegenden Wahrscheinlichkeit ein Kausalzusammenhang zwischen den geltend
gemachten Handgelenksbeschwerden und dem Unfallereignis vom 30.  Juni 1992
erstellt ist. Die Beschwerdeführerin, die aus dem unbewiesen gebliebenen
Sachverhalt Rechte ableiten wollte, hat die Folgen der Beweislosigkeit zu
tragen hat. Entgegen der Vorinstanz kommt jedoch dem Bericht des SUVA-Arztes
Dr. med. V.________ vom 21. November 2000 nicht voller Beweiswert im Sinne
der Rechtsprechung (BGE 125 352 Erw. 3a) zu, so handelt es sich dabei, wie
die Versicherte zu Recht vorbringt und Dr. med. V.________ selbst anführte,
lediglich um Bemerkungen zum vorgesehenen handchirurgischen Gutachten aus
versicherungsmedizinischer Sicht. Am Ergebnis ändert dies jedoch nichts.

3.2 Auch die weitern Einwendungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
vermögen zu keiner andern Beurteilung zu führen. Insbesondere geht aus den
verschiedenen in der Zusammenstellung der Krankengeschichte des Dr. med.
R.________ vom 29. Mai 2003 aufgeführten Arztberichten nicht eindeutig
hervor, dass die Schmerzen im rechten Handgelenk schon relativ kurz nach dem
Sturz vom 30. Juni 1992 aufgetreten sind. Vielmehr ist mit der Vorinstanz
aufgrund der vervollständigten medizinischen Akten festzustellen, dass die
diesbezüglichen Angaben der Ärzte erheblich divergieren und gestützt darauf
der Schluss des Bestehens der Handgelenksbeschwerden seit Sommer 1992 oder
kurz danach nicht gezogen werden kann. Zudem lässt sich aus dem Umstand, dass
Dr. med. R.________, wie er im Schreiben vom 12. August 2003 festhält, der
alleinige Hausarzt der Versicherten seit 1975 ist, zudem seit 1975 kein
derartiges Trauma in Behandlung stand und nach 1992 bis zum Auftreten der
Beschwerden ebenfalls kein adäquates Trauma vorlag, nicht zwingend folgern,
dass das Ereignis vom 30. Juni 1992 das für die Beschwerden verantwortliche
heftige Trauma darstellt. Laut Bericht des Dr. med. R.________ vom 29. Mai
2003 ist die Versicherte offensichtlich gewohnt, leichtere bis mittlere
Beschwerden einfach zu bagatellisieren. Er bezeichnete sie als indolent
(Schreiben vom 12. August 2003). Mithin wäre es ebenso wahrscheinlich, dass
sie ein anderes Trauma in dieser Zeit, woraus die Handgelenksbeschwerden
herrühren könnten, nicht gemeldet hatte. Schliesslich vermag die Versicherte
aus der Feststellung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts im Urteil vom
27. Juli 2000, wonach es unwahrscheinlich sei, dass das in Frage stehende
Unfallereignis ohne Handbeteiligung der Betroffenen abgelaufen sei, ebenfalls
nichts zu ihren Gunsten abzuleiten. Vielmehr war dies mit ein Grund zur
Rückweisung der Sache an die Verwaltung zur ergänzenden Abklärung. Diese
haben nunmehr aber ergeben, dass die vermutete Handbeteiligung (reflexartiges
Auffangen mit der rechten Hand) nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in
Zusammenhang mit den geltend gemachten Beschwerden gebracht werden kann. Im
Übrigen kann auf die zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid
verwiesen werden.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.

Luzern, 28. September 2005
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
i.V.