Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 444/2004
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U 444/04

Urteil vom 15. März 2005
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Ferrari und Rüedi; Gerichtsschreiber
Attinger

P.________, 1961, Gesuchsteller, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Domenico
Acocella, Herrengasse 3, 6430 Schwyz,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Gesuchsgegnerin

(Urteil vom 11. September 2003)

Sachverhalt:

A.
Das Eidgenössische Versicherungsgericht hiess mit Urteil vom 11. September
2003 die von P.________ erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde teilweise gut,
hob den angefochtenen Entscheid des Obergerichts des Kantons Uri vom 14. Juli
2000 und den Einspracheentscheid der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) vom 26. März 1998, soweit sie einen
Invalidenrentenanspruch verneinten, auf und stellte fest, dass dem
Beschwerdeführer ab 1. Dezember 1997 eine Invalidenrente von 16 % zusteht. Im
Übrigen (namentlich mit Bezug auf die beantragte Erhöhung der zugesprochenen
10%igen Integritätsentschädigung) wurde die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
abgewiesen.

B.
P.________ ersucht unter Hinweis auf ein Gutachten der MEDAS Y.________ vom
9. August 2004 um Revision des genannten Urteils und Zusprechung einer
Invalidenrente von mindestens 50 % sowie einer Integritätsentschädigung von
mindestens 50 %. Eventuell "sei die Sache zur weiteren Abklärung an die SUVA
zurückzuweisen".

Während Letztere auf Abweisung des Revisionsgesuchs schliesst, verzichtet das
Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Der Gesuchsteller ruft den Revisionsgrund gemäss Art. 137 lit. b OG (neue
erhebliche Tatsachen oder Beweismittel) an. Das Revisionsgesuch ist nach
Massgabe von Art. 140 OG genügend substanziiert und rechtzeitig eingereicht
worden (Art. 141 Abs. 1 lit. b OG), weshalb darauf einzutreten ist. Nicht
einzutreten ist einzig auf den unbegründet gebliebenen Eventualantrag.

2.
Nach Art. 137 lit. b in Verbindung mit Art. 135 OG ist die Revision eines
Urteils des Eidgenössischen Versicherungsgerichts u.a. zulässig, wenn der
Gesuchsteller nachträglich neue erhebliche Tatsachen erfährt oder
entscheidende Beweismittel auffindet, die er im früheren Verfahren nicht
beibringen konnte.
Als "neu" gelten Tatsachen, welche sich bis zum Zeitpunkt, da im
Hauptverfahren noch tatsächliche Vorbringen prozessual zulässig waren,
verwirklicht haben, jedoch der um Revision ersuchenden Person trotz
hinreichender Sorgfalt nicht bekannt waren. Die neuen Tatsachen müssen ferner
erheblich sein, d.h. sie müssen geeignet sein, die tatbeständliche Grundlage
des angefochtenen Urteils zu verändern und bei zutreffender rechtlicher
Würdigung zu einer andern Entscheidung zu führen. Beweismittel haben entweder
dem Beweis der die Revision begründenden neuen erheblichen Tatsachen oder dem
Beweis von Tatsachen zu dienen, die zwar im früheren Verfahren bekannt
gewesen, aber zum Nachteil der gesuchstellenden Person unbewiesen geblieben
sind. Sollen bereits vorgebrachte Tatsachen mit den neuen Mitteln bewiesen
werden, so hat die Person auch darzutun, dass sie die Beweismittel im
früheren Verfahren nicht beibringen konnte. Entscheidend ist ein
Beweismittel, wenn angenommen werden muss, es hätte zu einem andern Urteil
geführt, falls das Gericht im Hauptverfahren hievon Kenntnis gehabt hätte.
Ausschlaggebend ist, dass das Beweismittel nicht bloss der
Sachverhaltswürdigung, sondern der Sachverhaltsermittlung dient. Es genügt
daher beispielsweise nicht, dass ein neues Gutachten den Sachverhalt anders
bewertet; vielmehr bedarf es neuer Elemente tatsächlicher Natur, welche die
Entscheidungsgrundlagen als objektiv mangelhaft erscheinen lassen. Für die
Revision eines Entscheides genügt es nicht, dass die Gutachterin oder der
Gutachter aus den im Zeitpunkt des Haupturteils bekannten Tatsachen
nachträglich andere Schlussfolgerungen zieht als das Gericht. Auch ist ein
Revisionsgrund nicht schon gegeben, wenn das Gericht bereits im
Hauptverfahren bekannte Tatsachen möglicherweise unrichtig gewürdigt hat.
Notwendig ist vielmehr, dass die unrichtige Würdigung erfolgte, weil für den
Entscheid wesentliche Tatsachen nicht bekannt waren oder unbewiesen blieben
(BGE 127 V 358 Erw. 5b, 110 V 141 Erw. 2, 293 Erw. 2a, 108 V 171 Erw. 1; vgl.
auch BGE 118 II 205).

3.
Dem Urteil vom 11. September 2003 lässt sich entnehmen, dass sich das
Eidgenössische Versicherungsgericht im Hauptverfahren - wie bereits die
Vorinstanz - insbesondere auf den Austrittsbericht der Klinik X.________ vom
1. April 1997 sowie den Bericht des Dr. B.________ über die kreisärztliche
Abschlussuntersuchung vom 11. September 1997 stützte, gemäss denen der
Versicherte wegen der verbliebenen schmerzhaften Bewegungseinschränkung im
Bereich der rechten Schulter und der Herabsetzung der groben Kraft im
(dominanten) rechten Arm seinen bisherigen Beruf als Bauarbeiter nicht mehr
ausüben, hingegen einer leidensangepassten Erwerbstätigkeit (kein Arbeiten
über Kopf, kein Tragen schwerer Lasten über 25 kg, keine häufige
Schultergelenksrotationen) uneingeschränkt ganztags nachgehen könne.
Abgestellt wurde u.a. auch ausdrücklich auf die in den genannten Berichten
angeführten Diagnosen einer (am 30. August 1996 erlittenen) rechtsseitigen
Schulterluxation und eines Status nach (am 10. September 1996 durchgeführter)
Schraubenosteosynthese des ossären Glenoidabrisses, Refixation der
nichtossären Bankartläsion und Kapselraffung sowie die vom Kreisarzt
erhobenen Befunde, wonach die Elevation des rechten Armes nach vorne um 50°
und zur Seite um 70° eingeschränkt sei und ferner eine Einschränkung der
Aussen- und Innenrotation sowie der groben Kraft vorliege.

4.
4.1 Wenn der Gesuchsteller unter Hinweis auf das zuhanden der IV-Stelle des
Kantons Uri verfasste Gutachten der MEDAS Y.________ vom 9. August 2004
geltend macht, "neue medizinische Befunde" (rechtsseitige Frozen shoulder,
deutliche tendomyotische Verspannung im Bereich des Trapezius rechts,
Nackengriff rechts nicht möglich) würden "für sich bereits eine Revision
begründen", übersieht er, dass es bei der Revision von Urteilen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts nach Art. 137 lit. b in Verbindung mit
Art. 135 OG nicht um die Anpassung einer ursprünglichen Leistungsverfügung an
geänderte tatsächliche Verhältnisse im Sinne einer sog. materiellen Revision
geht. Dass im genannten, beinahe sieben Jahre nach dem hievor erwähnten
kreisärztlichen Abschlussbericht verfassten MEDAS-Gutachten (nach
zwischenzeitlich erfolgten weiteren Schulteroperationen) nunmehr von einer
sekundären rechtsseitigen Frozen shoulder und einer tendomyotischen
Verspannung die Rede ist, bleibt für das vorliegende Verfahren ebenso
bedeutungslos wie der Umstand, dass heute mit der rechten Hand ein
Nackengriff nicht mehr möglich ist, während der Kreisarzt seinerzeit noch die
Ausführung eines solchen "bis zur Ohrmuschel" beobachten konnte. Dieselben
Überlegungen gelten für die im Revisionsgesuch geltend gemachten (gegenüber
den Abklärungen der SUVA-Ärzte) "abweichenden rheumatologischen Befunde"
einer "Bewegungseinschränkung (der rechten oberen Extremität) zur Hälfte bis
2/3, akzentuiert über Schulterhöhe sowie bei Aussenrotation", wobei hier
offen gelassen werden kann, ob diese im Fachgutachten des MEDAS-Rheumatologen
Dr. G.________ enthaltenen Angaben tatsächlich von den unter Erw. 3 in fine
hievor angeführten, von Kreisarzt Dr. B.________ erhobenen Befunden
wesentlich abweichen. Anzumerken ist immerhin, dass - entgegen der Auffassung
des Gesuchstellers - nach der Aktenlage in keiner Weise von einem "völlig
anderen Ausmass der Schmerzen" gegenüber den früher erhobenen gesprochen
werden kann: Während der Versicherte seinerzeit im Rahmen der
Schmerz-Selbstbeurteilung in der Klinik X.________ angegeben hatte, in den
letzten 7 Tagen habe der stärkste Schmerz auf der 10er-Skala den Wert 8
erreicht, bezifferte er das entsprechende Schmerzmaximum gegenüber Dr.
G.________ auf 8,5.

4.2 Soweit im Revisionsgesuch unter Verweisung auf die Schlussfolgerungen der
MEDAS-Experten vorgebracht wird, der Versicherte leide bereits seit dem
Unfallereignis vom 30. August 1996 an einer weitgehenden Gebrauchsunfähigkeit
der rechten Schulter und schmerzbedingt auch der übrigen rechten (dominanten)
oberen Extremität und erreiche deshalb bei einer nicht bloss einarmig zu
verrichtenden körperlich leichten bis mittelschweren Tätigkeit eine
Arbeitsfähigkeit von 50 % (80 % bei einer nur mit dem linken Arm
auszuführenden Arbeit), verkennt der Gesuchsteller, dass es nach der
dargelegten Rechtsprechung (Erw. 2 hievor) nicht genügt, dass ein neues
Gutachten den Sachverhalt anders bewertet. Dem streitigen MEDAS-Gutachten vom
9. August 2004 sind jedenfalls keinerlei neue medizinischen Fakten zu
entnehmen, welche mit Bezug auf den hier relevanten Zeitpunkt des
Einspracheentscheids vom 26. März 1998 die Entscheidungsgrundlagen des
Haupturteils als objektiv mangelhaft erscheinen liessen.

5.
Die hievor dargelegte Betrachtungsweise gilt gleichermassen für den
Rentenanspruch wie für denjenigen auf eine Integritätsentschädigung.

6.
Das Revisionsgesuch wird einstimmig als unbegründet bzw. unzulässig befunden,
weshalb es ohne öffentliche Beratung erledigt wird (Art. 143 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 135 OG).

7.
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens hat der Gesuchsteller die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 134 OG e contrario; Art. 156 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 135 OG).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Gesuchsteller auferlegt und mit
dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Uri,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG)
zugestellt.

Luzern, 15. März 2005
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: