Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 438/2004
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U 438/04

Urteil vom 3. März 2005
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Lustenberger;
Gerichtsschreiber Ackermann

D.________, 1967, Beschwerdeführerin,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Beschwerdegegnerin

Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau

(Entscheid vom 11. November 2004)

Sachverhalt:

A.
D. ________, geboren 1967, arbeitete ab Oktober 1995 als Raumpflegerin für
die Firma B.________ und war bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) unfallversichert. Am 16. Juli 2002 stürzte
sie während der Ferien in Serbien und fiel auf das Gesicht, wobei sie sich
eine dislozierte Nasenbeinfraktur zuzog. Die SUVA holte mehrere Arztberichte
ein (unter anderem je einen Bericht des Dr. med. M.________, Neurologie FMH,
vom 4. November 2002, des Dr. med. P.________, Spezialarzt FMH für Ohren-,
Nasen-, Halskrankheiten, Hals- und Gesichtschirurgie, vom 29. Januar 2003
sowie der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, Hals- und
Gesichtschirurgie des Spitals X.________ vom 14. Februar 2003). Weiter
veranlasste die Verwaltung eine psychiatrische Untersuchung durch Dr. med.
K.________, Leitender Arzt der psychosomatischen Abteilung der
Rehabilitationsklinik Y.________ (Bericht vom 17. Januar 2003). Mit Verfügung
vom 6. Juni 2003 stellte die SUVA ihre Taggeldleistungen per 11. Juni 2003
ein und verneinte einen Anspruch auf Invalidenrente und
Integritätsentschädigung, da keine organischen Unfallfolgen mehr vorlägen und
die geklagten psychischen Beschwerden keine adäquat kausalen Unfallfolgen
seien. Im anschliessenden Einspracheverfahren nahm die SUVA den Bericht des
Dr. med. U.________, Spezialarzt für Neurologie FMH, vom 29. Dezember 2003 zu
den Akten; mit Einspracheentscheid vom 13. Mai 2004 bestätigte sie ihre
Verfügung von Juni 2003.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
Aargau mit Entscheid vom 11. November 2004 ab.

C.
D.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, unter
Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und des Einspracheentscheides
seien ihr die gesetzlichen Leistungen der Unfallversicherung zuzusprechen.
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während
das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung verzichtet.

D.
Abschliessend lässt sich D.________ nochmals vernehmen.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Zutreffend sind die Erwägungen der Vorinstanz über die Rechtsprechung zu dem
für die Leistungspflicht des Unfallversicherers vorausgesetzten natürlichen
(BGE 129 V 181 Erw. 3.1 mit Hinweisen) und adäquaten Kausalzusammenhang (BGE
123 III 112 Erw. 3a, 123 V 103 Erw. 3d, 139 Erw. 3c, 122 V 416 Erw. 2a)
zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden (Krankheit,
Invalidität, Tod), insbesondere auch zur Adäquanzbeurteilung bei Unfällen und
der in der Folge eingetretenen psychischen Fehlentwicklung mit Einschränkung
der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit (BGE 115 V 133). Darauf wird verwiesen.

2.
Streitig ist der Anspruch auf Leistungen der Unfallversicherung. Das
kantonale Gericht stellt auf die in den Akten liegenden Arztberichte ab und
geht davon aus, dass keine objektivierbaren organischen Unfallfolgen mehr
vorliegen, während die geklagten psychischen Beschwerden nicht adäquat kausal
auf den Unfall von Juli 2002 zurückzuführen seien.

2.1 Die Beschwerdeführerin bringt vor, die behandelnden Fachärzte in ihrer
Heimat hätten ihr erzählt, beim Sturz im Juli 2002 sei die Tränendrüse
verletzt worden, was zu sehr schweren Komplikationen und allenfalls sogar zu
einer Schädigung des Gehirns führen könne. Diese Verletzung könne durch die
Röntgenbilder nachgewiesen werden, jedoch seien diese Bilder heute
verschwunden; die Praxis ihres verstorbenen Hausarztes habe sie aber an die
SUVA geschickt.
Es ist festzuhalten, dass die Versicherte durch Dr. med. M.________ (Bericht
vom 4. November 2002), Dr. med. P.________ (Bericht vom 29. Januar 2003)
sowie die Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten; Hals- und
Gesichtschirurgie des Spitals X.________ (Bericht vom 14. Februar 2003)
jeweils in fachärztlicher Hinsicht abgeklärt worden ist. Diese Ärzte haben
keine Verletzung der Tränendrüse oder allfällige Folgen (auch nicht im
Gehirn) festgestellt; so finden sich insbesondere im Bericht des Dr. med.
P.________ vom 29. Januar 2003 keine entsprechenden Ausführungen, obwohl sich
dieser Arzt auf zwei MRI-Abklärungen des Gehirns vom 29. Oktober 2002 und 20.
Januar 2003 stützt. Dies deckt sich mit den weiteren in den Akten liegenden
Arztberichten, welche ebenfalls keine derartigen Gesundheitsschäden -
insbesondere keine Verletzung der Tränendrüse oder des Gehirns - erwähnen; so
hat denn insbesondere auch Dr. med. U.________ in seinem Bericht vom 29.
Dezember 2003 zwar festgehalten, dass die Versicherte beim Sturz
"möglicherweise" eine milde traumatische Gehirnverletzung erlitten habe,
jedoch führt der Arzt weiter aus, dass "sich keine sicheren organischen
Unfallfolgen abgrenzen" und allfällige Folgen sich "allerhöchstens
möglicherweise" dem Unfall zuordnen liessen (was für den Nachweis der
natürlichen Kausalität nicht ausreicht, vgl. BGE 129 V 181 Erw. 3.1 mit
Hinweisen). Wenn die von der Beschwerdeführerin erwähnten (schwerwiegenden)
Leiden an Tränendrüse und/oder Gehirn tatsächlich bestehen würden, wären sie
im Rahmen der umfangreichen und umfassenden spezialärztlichen Abklärungen
entdeckt worden. Daran ändert nichts, dass die Röntgenbilder heute nicht mehr
auffindbar sind; der Sachverhalt ist auch ohne Beizug dieser Beweismittel
genügend abgeklärt.
Gestützt auf die in den Akten liegenden übereinstimmenden Arztberichte ist
deshalb davon auszugehen, dass in organischer Hinsicht keine Unfallfolgen
mehr vorliegen.

2.2 Die Unfallversicherung hat für allfällige psychische Leiden nur bei
Vorliegen eines adäquaten Kausalzusammenhanges zum Unfall von Juli 2002
einzustehen.
Die Adäquanz dieser geklagten psychischen Beschwerden ist nach der Praxis
gemäss BGE 115 V 133 zu beurteilen. Die Vorinstanz ist dabei zu Recht von
einem mittelschweren Unfall im Grenzbereich zu den leichten Fällen
ausgegangen (entgegen der Annahme in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde hat
das kantonale Gericht also gerade keinen leichten und banalen Unfall
angenommen). Bei psychischen Beeinträchtigungen nach einem mittleren Unfall
sind gemäss Rechtsprechung weitere objektiv erfassbare Kriterien notwendig,
um den adäquaten Kausalzusammenhang bejahen zu können (BGE 115 V 140 Erw.
6c). Das Vorliegen dieser Kriterien hat die Vorinstanz mit ausführlicher und
überzeugender Begründung verneint. Es ist insbesondere darauf hinzuweisen,
dass sich die Eindrücklichkeit des Unfalls - als eines der nach der
Rechtsprechung notwendigen Kriterien zur Bejahung der Adäquanz - nach einem
objektiven Massstab zu richten hat (BGE 115 V 140 Erw. 6c/aa) und mithin dem
subjektiven Erleben durch die Versicherte in dieser Hinsicht keine Bedeutung
zukommt. Da die gemäss Rechtsprechung bei einem mittleren Unfall notwendigen
objektiven Kriterien weder gehäuft vorliegen, noch eines davon besonders
ausgeprägt ist (BGE 115 V 140 Erw. 6c/bb), muss der adäquate
Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall von Juli 2002 und den geklagten
psychischen Beschwerden verneint werden. Dies hat zur Folge, dass der Unfall
zwar unter Umständen eine natürlich kausale (Teil-)Ursache der psychischen
Beschwerden darstellt, diese ihm aber rechtlich nicht zugerechnet werden
können. Wenn in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebracht wird, die
psychischen Probleme seien Folgen der Schmerzen und der Unmöglichkeit, eine
Tätigkeit auszuüben, resp. vor dem Unfall hätten keinerlei Beschwerden
bestanden, betrifft dies allein den natürlichen Kausalzusammenhang zwischen
dem Unfall und den geklagten psychischen Beschwerden; diese natürliche
Kausalität braucht jedoch mangels (zusätzlich notwendiger) Adäquanz nicht
weiter geprüft zu werden.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.
Luzern, 3. März 2005

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Der Gerichtsschreiber:

i.V.