Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 352/2004
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U 352/04

Urteil vom 14. Oktober 2004
IV. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichter Ursprung und nebenamtlicher Richter Bühler;
Gerichtsschreiber Hochuli

U.________, Rechtsanwalt, Beschwerdeführer,

gegen

Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Kollegiumstrasse 28, 6430 Schwyz,
Beschwerdegegner

(Entscheid vom 14. Januar 2004)

Sachverhalt:

A.
Mit Entscheid vom 14. Januar 2004 wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Schwyz die Beschwerde der C.________ gegen den Einspracheentscheid der
Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft, Zürich, vom 31. Juli 2003, soweit
es darauf eintrat, ab, bestellte unter Gewährung der unentgeltlichen
Verbeiständung Rechtsanwalt U.________ als unentgeltlicher Rechtsbeistand der
Beschwerdeführerin und setzte das Honorar des unentgeltlichen Rechtsbeistands
(einschliesslich Auslagen und Mehrwertsteuer) für das kantonale
Gerichtsverfahren auf Fr. 1400.- fest (Dispositiv-Ziffer 3).

B.
Rechtsanwalt U.________ führt in eigenem Namen Verwaltungsgerichtsbeschwerde
mit dem Antrag, in Bezug auf die unentgeltliche Verbeiständung sei die Sache
zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er rügt, sein
Gehörsanspruch sei verletzt worden, weil das kantonale Gericht ihm keine
Gelegenheit gegeben habe, seinen Aufwand zu beziffern. Dieser habe 14,6
Stunden betragen und sei zu einem Ansatz von Fr. 220.- zu entschädigen.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz nimmt mit Eingabe vom 9. März 2004
zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde Stellung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Rechtsanwalt U.________ ist legitimiert, in eigenem Namen
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den vorinstanzlichen Entscheid über die
Höhe seiner Entschädigung als unentgeltlicher Rechtsbeistand zu führen (BGE
110 V 363 Erw. 2 mit Hinweisen; SVR 2003 IV Nr. 32 S. 98 Erw. 2 in fine).

1.2 Da es beim Streit über die Höhe der Entschädigung des unentgeltlichen
Rechtsbeistandes für das kantonale Beschwerdeverfahren nicht um
Versicherungsleistungen, sondern um eine ausschliesslich verfahrensrechtliche
Frage geht, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob die
Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder
Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt
offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher
Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit
Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

2.
Gemäss Art. 61 Ingress Satz 1 des am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen
Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
vom 6. Oktober 2000 richtet sich das Verfahren vor dem kantonalen
Versicherungsgericht unter Vorbehalt von Art. 1 Abs. 3 VwVG nach kantonalem
Recht, welches bestimmten bundesrechtlichen Anforderungen zu genügen hat. So
sieht Art. 61 lit. f ATSG vor, dass das Recht, sich verbeiständen zu lassen,
gewährleistet sein muss (Satz 1). Wo die Verhältnisse es rechtfertigen, wird
der Beschwerde führenden Person ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt
(Satz 2). Mit Inkraftsetzung des neuen Rechts ist der - abgesehen von zwei
redaktionellen Änderungen - gleich lautende Art. 108 lit. f UVG aufgehoben
worden. Nach dem Willen des Gesetzgebers hat sich inhaltlich nichts geändert,
sodass die bisherige Rechtsprechung zur unentgeltlichen Verbeiständung und
zur Bemessung der Entschädigung weiterhin anwendbar ist (Urteil A. vom 11.
März 2004, Erw. 1 mit Hinweisen, U 349/03).

3.
3.1 Wesentlicher Bestandteil des in Art. 29 Abs. 2 BV verankerten Anspruchs
auf rechtliches Gehör ist die Pflicht der Behörden, ihre Entscheide zu
begründen. Die Begründungspflicht soll verhindern, dass sich eine Behörde von
unsachlichen Motiven leiten lässt, und dem Betroffenen ermöglichen, einen
Entscheid gegebenenfalls sachgerecht anzufechten. Dies ist nur möglich, wenn
sowohl er wie auch die Rechtsmittelinstanz sich über die Tragweite des
Entscheides ein Bild machen können. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz
die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde leiten liess und
auf welche sich ihr Entscheid stützt. Das bedeutet indessen nicht, dass sie
sich ausdrücklich mit jeder tatbeständlichen Behauptung und jedem rechtlichen
Einwand auseinandersetzen muss. Vielmehr kann sie sich auf die für den
Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken (BGE 126 I 102 f. Erw. 2b,
124 V 181 Erw. 1a, je mit Hinweisen).

3.2 Nach der Rechtsprechung (SVR 2000 IV Nr. 11 S. 32 Erw. 3b) muss der
Entscheid über die zu entrichtende Parteientschädigung in der Regel nicht
begründet werden. Um dem Betroffenen aber überhaupt eine sachgerechte
Anfechtung zu ermöglichen, wird eine Begründungspflicht angenommen, wenn sich
ein Gericht nicht an vorgegebene Tarife oder gesetzliche Regelungen hält,
wenn von einer Partei aussergewöhnliche Umstände geltend gemacht werden (BGE
111 Ia 1; ZAK 1986 S. 134 Erw. 2a) oder wenn das Gericht den Rechtsvertreter
zur Einreichung einer Kostennote auffordert und die Parteientschädigung
abweichend davon auf einen bestimmten, nicht der üblichen, praxisgemäss
gewährten Entschädigung entsprechenden Betrag festsetzt (SVR 2002 ALV Nr. 3
S. 5 Erw. 3a mit Hinweis).

3.3 Im vorliegenden Fall hat die Vorinstanz den unentgeltlichen
Rechtsbeistand der Beschwerdeführerin nicht zur Substanziierung seines
Aufwandes mittels Kostennote aufgefordert und dementsprechend seinen Aufwand
auch nicht nach einem gesetzlich festgelegten Vergütungsansatz ohne Abstriche
genehmigt. Ebenso wenig wurde im angefochtenen Entscheid auf einen
vorgegebenen Tarif, eine gesetzliche Entschädigungsregelung oder auf
allgemein bekannte Erfahrungswerte für die Entschädigungsbemessung verwiesen.
Das kantonale Gericht hat daher in keiner Weise erkennen lassen, nach welchen
Kriterien es die streitige Entschädigung festsetzte. Demgemäss war
Rechtsanwalt U.________ eine sachgerechte Anfechtung der
Entschädigungsbemessung nicht möglich und es liegt eine Verletzung der
Begründungspflicht vor. Diese Gehörsverletzung ist auch durch den von der
Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde
nachgeschobenen Hinweis auf den kantonalen Gebührentarif für Rechtsanwälte
nicht geheilt worden, da der Beschwerde führende Rechtsanwalt dazu nicht mehr
Stellung nehmen konnte.

3.4 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde von Rechtsanwalt U.________ ist aus
diesen Gründen gutzuheissen. Der vorinstanzliche Entscheid betreffend
Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes ist aufzuheben und die
Sache zur diesbezüglich neuen Entscheidung an das kantonale Gericht
zurückzuweisen. Aus prozessökonomischen Gründen - Vermeidung einer erneuten
Anfechtung des kantonalen Entscheides - erscheint es angezeigt, bereits im
vorliegenden Verfahren auf Folgendes hinzuweisen:
3.4.1Die Bemessung der Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes für
das erstinstanzliche sozialversicherungsrechtliche Beschwerdeverfahren ist
mangels bundesrechtlicher Regelung dem kantonalen Recht überlassen, mit
welchem sich das Eidgenössische Versicherungsgericht grundsätzlich nicht zu
befassen hat (Art. 128 OG in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1 OG und Art. 5 Abs.
1 VwVG). Es darf die Höhe der Entschädigung nur darauf hin überprüfen, ob die
Anwendung der für ihre Bemessung einschlägigen kantonalen Bestimmungen, sei
es bereits wegen ihrer Ausgestaltung oder aber auf Grund des Ergebnisses im
konkreten Fall, zu einer Verletzung von Bundesrecht geführt hat (Art. 104
lit. a OG in Verbindung mit Art. 132 OG). Dabei fällt praktisch nur das
Willkürverbot von Art. 9 BV in Betracht (BGE 125 V 408 f. Erw. 3a mit
Hinweisen).

3.4.2 Dem erstinstanzlichen Richter steht bei der Bemessung der Entschädigung
des unentgeltlichen Rechtsbeistandes ein weiter Ermessensspielraum zu. Ein
Ermessensmissbrauch (Art. 104 lit. a OG) liegt erst vor, wenn das Gericht
zwar im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens bleibt, sich aber von
unsachlichen, dem Zweck der massgebenden Vorschriften fremden Erwägungen
leiten lässt oder allgemeine Rechtsprinzipien, wie das Verbot der Willkür
oder rechtsungleichen Behandlung, das Gebot von Treu und Glauben oder den
Grundsatz der Verhältnismässigkeit verletzt (BGE 123 V 152 Erw. 2, SVR 2002
ALV Nr. 3 Erw. 4b S. 6, je mit Hinweisen; Rhinow/Krähenmann, Schweizerische
Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband zur 6. Auflage, Basel/Frankfurt
a.M. 1990, Nr. 67 B II/a, S. 211).
Im Rahmen seines Ermessens hat das erstinstanzliche Gericht für die
Bestimmung der Höhe der Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes
die Wichtigkeit und Schwierigkeit der Streitsache, den Umfang der
Arbeitsleistung und den Zeitaufwand des unentgeltlichen Rechtsbeistandes zu
berücksichtigen (vgl. BGE 114 V 87 Erw. 4b; SVR 2002 ALV Nr. 3 Erw. 4b S. 6).

3.4.3 Die Notwendigkeit und Angemessenheit des von Rechtsanwalt U.________ im
vorliegenden Fall für das erstinstanzliche Beschwerdeverfahren geltend
gemachten Zeitaufwandes von 14,6 Stunden wird die Vorinstanz zu prüfen haben.

4.
Streitigkeiten im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Rechtspflege
unterliegen grundsätzlich nicht der Kostenpflicht, weshalb keine
Gerichtskosten zu erheben sind (SVR 1994 IV Nr. 29 S. 76 Erw. 4). Sodann hat
der in eigener Sache prozessierende Rechtsanwalt nach der Rechtsprechung nur
in Ausnahmefällen Anspruch auf eine Parteientschädigung (BGE 129 V 116 Erw.
4.1, 110 V 132; AHI 2000 S. 330 Erw. 5). Diese Voraussetzungen sind hier
nicht erfüllt.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass
Dispositiv-Ziffer 3 des Entscheides des Verwaltungsgerichts des Kantons
Schwyz vom 14. Januar 2004 aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz
zurückgewiesen wird, damit sie im Sinne der Erwägungen über den Anspruch auf
unentgeltliche Verbeiständung neu entscheide.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG)
zugestellt.
Luzern, 14. Oktober 2004

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: