Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 345/2004
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U 345/04

Urteil vom 18. Oktober 2005
IV. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiber
Nussbaumer

B.________, 1978, Beschwerdeführerin, vertreten durch den Procap,
Schweizerischer Invaliden-Verband, Froburgstrasse 4, 4600 Olten,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, Basel

(Entscheid vom 23. Juni 2004)

Sachverhalt:

A.
B. ________ (geboren 1978) begann im August 1995 eine Lehre als Laborantin in
der Firma N.________ und war dadurch bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen
versichert. Am 22. Juli 1997 stürzte sie beim Inlineskaten und schlug dabei
den Kopf an. Am 24. Juli 1997 begab sie sich in ärztliche Behandlung. Die
SUVA erbrachte in der Folge die gesetzlichen Leistungen. Nach eingehenden
Abklärungen in ärztlicher und arbeitsmedizinischer Hinsicht holte die SUVA
schliesslich beim Zentrum E.________ ein medizinisches Gutachten vom 30.
Januar 2003 ein. Gestützt darauf stellte die SUVA mit Verfügung vom 1. April
2003, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 1. Juli 2003, die
Heilbehandlungs- und Taggeldleistungen auf den 31. März 2003 ein, weil keine
objektiven medizinischen Befunde mehr vorlägen, welche die Beschwerden mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis vom 22. Juli 1997
zurückführen liessen.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht
Basel-Stadt mit Entscheid vom 23. Juni 2004 ab.

C.
B.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, in
Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei die SUVA zu verpflichten, für
den Unfall vom 22. Juli 1997 weiterhin die Heilbehandlung zu übernehmen sowie
allfällige weitere Versicherungsleistungen zu erbringen. Die SUVA schliesst
auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für
Gesundheit auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Im angefochtenen Entscheid werden der Begriff des natürlichen
Kausalzusammenhangs zwischen Unfall, Gesundheitsschaden und dadurch
bedingter
Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit (BGE 123 III 112 Erw. 3a, 123 V
139 Erw. 3c)
sowie die Rechtsprechung zur Adäquanzbeurteilung bei einem
Schleudertrauma
der HWS oder einem Schädel-Hirntrauma ohne nachweisbare
organische Befunde
(vgl. BGE 119 V 335, 117 V 359 und 369) zutreffend
dargelegt. Darauf wird
verwiesen.

Das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000
über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) hat am
unfallversicherungsrechtlichen Begriff des natürlichen und adäquaten
Kausalzusammenhangs und dessen Bedeutung als eine Voraussetzung für die
Leistungspflicht nach UVG nichts geändert (vgl. Ueli Kieser, ATSG-Kommentar,
S. 64 f. Rz 20 zu Art. 4). Für die Frage des intertemporal anwendbaren
Rechts
ist somit nicht von Belang, dass der Einspracheentscheid am 1. Juli
2003
nach In-Kraft-Treten des ATSG erlassen wurde (vgl. BGE 130 V 318, 329
und 445).

2.
2.1 Im Gutachten vom 30. Januar 2003 diagnostiziert das Zentrum E.________
ein chronisches, tendomyotisch bedingtes cervicocephales und lumbales
Schmerzsyndrom, einen Status nach perinataler Hirnschädigung, eine anhaltende
somatoforme Schmerzstörung sowie einen Status nach Unfall mit Schädel- und
Rückenkontusion im Jahre 1997.
Die Gutachter gelangen aufgrund der
Aktenlage, der Anamnese und der eigenen Befunde zum Schluss, die Beurteilung
unter kausalen Gesichtspunkten sei nicht einfach. Es könnten einzelne
Symptome, welche die Versicherte effektiv auch heute noch aufweise, nicht mit
Sicherheit ätiologisch zugeordnet werden. Mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit habe aber das Ereignis von 1997 lediglich zu zeitlich
begrenzten Beschwerden und Befunden geführt, im Sinne eines posttraumatischen
cervicocephalen und lumbalen Syndroms nach einfacher Kontusion. Spätestens
ein Jahr nach dem Ereignis sollten die Unfallfolgen abgeklungen sein. Die
Versicherte leide heute noch an cervicocephalen und lumbalen Schmerzen mit
Tendomyosen, was mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht mehr im
Zusammenhang mit dem Unfall von 1997 stehe, sondern im Rahmen einer
anhaltenden somatoformen Schmerzstörung zu sehen sei. Diese psychosomatische
Fehlentwicklung sei wahrscheinlich auf die prätraumatisch belastende
Konstellation von Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, Adoleszentenkrise mit
entsprechender Ablösungsproblematik und Verhaltensauffälligkeiten
zurückzuführen. Heute noch bestehende leichte posttraumatische kognitive
Einbussen aus dem Unfall von 1997 seien zwar aufgrund divergenter
anamnestischer Angaben bezüglich des Ablaufs von damals nicht ganz
ausgeschlossen, aber höchstens noch in Form eines möglichen Tatbestandes in
Betracht zu ziehen.

2.2 Aufgrund dieser Schlussfolgerungen im Gutachten des Zentrum E.________
vom 30. Januar 2003 ist das kantonale Gericht zu Recht zum Schluss gelangt,
im Zeitpunkt der Leistungseinstellung per 31. März 2003 sei der natürliche
Kausalzusammenhang zwischen den geklagten Beschwerden und dem Unfall vom 22.
Juli 1997 nicht mehr überwiegend wahrscheinlich. Es kann auf die
ausführlichen vorinstanzlichen Erwägungen verwiesen werden. Mit dem
kantonalen Gericht ist sodann der Sturz beim Inlineskaten am 22. Juli 1997
als leichter Unfall einzustufen. Die Beschwerdeführerin fiel beim Sturz auf
den Rücken und den Kopf, zog sich dabei aber keine sichtbaren ossären oder
ligamentären Läsionen zu. Nach dem Sturz fuhr sie mit dem Inlineskaten
weiter. So hat das Eidgenössische Versicherungsgericht u.a. folgende
Ereignisse aufgrund des auffälligen Geschehensablaufes (BGE 117 V 366 Erw. 6a
und 383 Erw. 4b) den leichten Unfällen zugeordnet: Stolpern und Sturz auf
einer Strasse und Aufschlagen mit dem Gesicht sowie einem Knie auf dem Boden
(Urteil S. vom 21. März 2003 [U 367/01]); Ausrutschen auf einer Eisfläche,
Sturz auf den Rücken und Aufprall mit dem Kopf auf dem Boden (Urteil E. vom
25. Februar 2003 [U 78/02], teilweise publiziert in SVR 2003 UV Nr. 12 S. 35
ff.); Sturz auf den Rücken mit Anschlagen des Kopfes am Boden (Urteil C. vom
5. November 2004 [U 106/04]). Selbst wenn der natürliche Kausalzusammenhang
zu bejahen wäre, müsste angesichts des leichten Unfalles mit dem kantonalen
Gericht der adäquate Kausalzusammenhang verneint werden. Sämtliche in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhobenen Einwendungen, soweit sie nicht
bereits im angefochtenen Entscheid mit zutreffender Begründung widerlegt
wurden, sowie die drei nachträglich eingereichten ärztlichen Berichte vom 22.
Mai 1978 und 20. September 2004 vermögen an dieser Betrachtungsweise nichts
zu ändern. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Beweis des
Wegfalls des natürlichen Kausalzusammenhangs nicht durch den Nachweis
unfallfremder Ursachen erbracht werden muss. Ebenso wenig geht es darum, vom
Unfallversicherer den negativen Beweis zu verlangen, dass kein
Gesundheitsschaden mehr vorliege oder dass die versicherte Person nun bei
voller Gesundheit sei. Entscheidend ist allein, ob unfallbedingte Ursachen
eines Gesundheitsschadens ihre kausale Bedeutung verloren haben, also
dahingefallen sind (Urteile A. vom 17. März 2005 [U 287/04, teilweise
publiziert in RKUV 2005 Nr. U 550 S. 242], B. vom 30. November 2004 [U
222/04], N. vom 4. Oktober 2004 [U 159/04] und O. vom 31. August 2001 [U
285/00]).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt
und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.

Luzern, 18. Oktober 2005
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: