Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 32/2004
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U 32/04

Urteil vom 6. August 2004
IV. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiber
Scartazzini

S.________, 1952, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Philipp
Gressly, Bielstrasse 8, 4500 Solothurn,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Beschwerdegegnerin

Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn

(Entscheid vom 19. Dezember 2003)

Sachverhalt:

A.
Der 1952 geborene S.________ rutschte am 4. Juli 1998 aus und erlitt dabei
ein akutes lumboradikuläres Syndrom. Als Arbeitnehmer der Firma B.________ AG
war er im Zeitpunkt des Unfalles bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Berufs- und
Nichtberufsunfällen versichert. Die Invalidenversicherung sprach ihm gemäss
Beschluss vom 17. September 1999 wegen dieses Leidens ab 1. Juli 1999 eine
Rente bei einem Invaliditätsgrad von 75 % zu. Im Spital E.________ wurde am
4. Oktober 2000 im Wesentlichen eine Lumboischialgie links bei Status nach
Diskektomie L4/5 und L5/S1 1973/74 diagnostiziert. Am 20. Februar 2002
verfügte die SUVA, auf Grund einer Überentschädigungsberechnung des
Integritätsschadens reduziere sich der Taggeldanspruch wegen eines zu viel
bezahlten Betrages um Fr. 6'794.50. Mit Verfügung vom 22. März 2002 wurde dem
Versicherten ab dem 1. April 2002 eine Invalidenrente basierend auf einem
Invaliditätsgrad von 75 % zugesprochen sowie eine 20 %ige
Integritätsentschädigung gewährt. Die dagegen erhobenen Einsprachen hiess die
SUVA mit Entscheid vom 16. September 2002 insoweit gut, als die Sache zur
Durchführung eines Einkommensvergleichs an die Verwaltung zurückgewiesen
wurde, während die Rechtsbegehren bezüglich Integritätsentschädigung und
Überentschädigungsberechnung abgewiesen wurden. Die Verwaltung erliess in
Vollziehung des Einspracheentscheides am 9. Oktober 2002 eine Verfügung, mit
welcher der Invaliditätsgrad auf 82 % festgesetzt wurde. Mit
Einspracheentscheid vom 5. Februar 2003 wurde diese Verfügung bestätigt.

B.
Sowohl gegen diesen Einspracheentscheid wie auch gegen den die Verfügungen
vom 20. Februar und 22. März 2002 bestätigenden Entscheid vom 16. September
2002 liess S.________ Beschwerde erheben mit den Anträgen, es sei ihm
einerseits eine Rente zuzusprechen, welche den Invaliditätsgrad von 82 %
übersteigt, andererseits sei die Integritätsentschädigung angemessen zu
erhöhen.

Mit Entscheid vom 19. Dezember 2003 wies das Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn nach Vereinigung der beiden Verfahren die Beschwerden ab.

C.
Dagegen lässt S.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und die
Erhöhung des Invaliditätsgrades beantragen.

Vorinstanz und SUVA schliessen auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Gesundheit auf eine
Vernehmlassung verzichtet.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Hinsichtlich der zugesprochenen Integritätsentschädigung ist der kantonale
Entscheid nicht angefochten worden, weshalb er in diesem Punkt
teilrechtskräftig ist.

2.
Streitig und zu prüfen ist das von der Vorinstanz angenommene jährliche
Valideneinkommen von Fr. 120'000.- als Grundlage für den Einkommensvergleich
zur Ermittlung des Invaliditätsgrades. Dabei wird geltend gemacht, es müsse
ein höheres Valideneinkommen berücksichtigt und damit ein höherer
Invaliditätsgrad festgelegt werden. Zudem seien auch die Berechnungen der
Überentschädigung neu vorzunehmen, da sich mit der Festlegung eines höheren
Valideneinkommens eine neue Taggeldberechnung ergeben werde.

2.1  In zeitlicher Hinsicht sind grundsätzlich diejenigen Rechtssätze
massgebend, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes
Geltung haben, und das Sozialversicherungsgericht stellt bei der Beurteilung
eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses des
streitigen Einspracheentscheides (hier: 16. September 2002 und 5. Februar
2003) eingetretenen Sachverhalt ab (BGE 129 V 4 Erw. 1.2, 169 Erw. 1, 356
Erw. 1, je mit Hinweisen). Es kann offen bleiben, ob auf Grund von Art. 2 des
am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Bundesgesetzes über den Allgemeinen
Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG) in Verbindung
mit Art. 1 Abs. 1 UVG die ATSG-Normen zur Invalidität (Art. 8) und zur
Ermittlung des Invaliditätsgrades (Art. 16) zu berücksichtigen sind, wie die
Vorinstanz unter zutreffender Darlegung dieser Bestimmungen (worauf verwiesen
wird) bezüglich des Einspracheentscheides vom 5. Februar 2003 annimmt. Gemäss
dem in BGE 130 V noch nicht veröffentlichten Urteil A. vom 30. April 2004, I
626/03, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht erkannt, dass es sich bei
den in Art. 6 - 8 ATSG enthaltenen Legaldefinitionen in aller Regel um eine
formellgesetzliche Fassung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den
entsprechenden Begriffen vor In-Kraft-Treten des ATSG handelt und sich
inhaltlich damit keine Änderung ergibt, weshalb die hiezu entwickelte Praxis
übernommen und weitergeführt werden kann (vgl. Erw. 3.1, 3.2 und 3.3). Auch
die Normierung des Art. 16 ATSG führt nicht zu einer Modifizierung der
bisherigen Judikatur zur Invaliditätsbemessung bei erwerbstätigen
Versicherten, welche weiterhin nach der allgemeinen Methode des
Einkommensvergleichs vorzunehmen ist (erwähntes Urteil A. vom 30. April 2004,
Erw. 3.4; BGE 128 V 30 Erw. 1, 104 V 136 f. Erw. 2a und b).

2.2  Die vorinstanzlichen Erwägungen zur Ermittlung des hypothetischen
Valideneinkommens (RKUV 2000 Nr. U 400 S. 381 Erw. 2a mit Hinweis),
insbesondere bei Selbstständigerwerbenden (ZAK 1985 S. 466 Erw. 2c), sowie
zur abweichenden Festlegung des Invaliditätsgrades im
Unfallversicherungsbereich bei rechtskräftiger Invaliditätsbemessung für die
Invalidenversicherung (BGE 126 V 293 ff; AHI 2003 S. 106; RKUV 2001 Nr. U 410
S. 73, 2000 Nr. U 406 S. 402, Nr. U 402 S. 391) sind richtig. Darauf wird
verwiesen.

3.
3.1 Das kantonale Gericht hat in einlässlicher und sorgfältiger Würdigung der
erwerblich/wirtschaftlichen Unterlagen zutreffend festgestellt, dass der
Auszug aus dem Individuellen Konto der AHV für das Jahr vor dem Unfall vom 4.
Juli 1998 ein Einkommen des Beschwerdeführers von Fr. 98'053.- ausweist und
das Durchschnittseinkommen der letzten fünf Jahren vor dem Unfall (1993 bis
1997) nach den entsprechenden IK-Auszügen Fr. 105'189.- beträgt. Am 9.
November 1999 gab der Versicherte gegenüber der SUVA zu Protokoll, das
jährliche AHV-pflichtige Einkommen belaufe sich auf ca. Fr. 120'000.-,
wogegen er am 26. Januar 2001 festhielt, der mutmasslich entgangene Lohn
betrage ca. Fr. 250'000.-. Gestützt auf ein beim kantonalen Gericht
eingereichtes Privatgutachten der Firma L.________ AG vom 22. Mai 2003
betreffend Einkommen aus Erwerbstätigkeit 1993 - 1997 machte der
Beschwerdeführer bereits im vorinstanzlichen Verfahren geltend, sein
Einkommen in den Jahren 1993 - 1997, welches massgeblich von der Bildung und
Auflösung von stillen Reserven geprägt sei, habe durchschnittlich Fr.
329'000.- pro Jahr betragen, wobei der Jahreslohn von Fr. 250'000.- somit ca.
30 % unter dem Durchschnittseinkommen liege.

3.2  Mit seinen Einwendungen vermag der Beschwerdeführer nicht
durchzudringen,
sodass der Begründung der Vorinstanz beizupflichten ist und von weiteren
Untersuchungen keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind. Zu Recht hat das
kantonale Gericht erkannt, dass die Ausführungen im Privatgutachten der Firma
L.________ AG vom 22. Mai 2003 zu wenig schlüssig sind, um nach dem
Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit die ersten eigenen
Erwerbsangaben des Beschwerdeführers vom 9. November 1999 sowie die Angaben
in den IK-Auszügen der AHV zu erschüttern, zumal sie mit keiner der
Einkommensangaben des Versicherten selbst (weder Fr. 120'000.- noch Fr.
250'000.-) noch mit den Einkommensangaben in den Steuererklärungen 1994 -
1998 übereinstimmen. Dabei ist zu beachten, dass sich der Beschwerdeführer
sowohl in seinen Angaben vom 26. Januar 2001 als auch in einem Schreiben vom
5. Oktober 2001 bezüglich des geltend gemachten Durchschnittseinkommens von
Fr. 250'000.- ausdrücklich auf einen durch die IV-Stelle des Kantons
Solothurn (Abklärungsbericht für Selbstständigerwerbende vom 30. August 1999)
festgehaltenen mutmasslichen Verdienst gestützt hat, welcher im Rahmen des
Rentenbeschlusses der Invalidenversicherung vom 17. September 1999 jedoch
nicht berücksichtigt wurde, da auch die IV-Stelle beim zumutbaren
Erwerbseinkommen ohne Behinderung von einem Jahresbetrag von Fr. 120'000.-
ausging. Der Standpunkt des Beschwerdeführers, das um Abschreibungen und
Investitionen reduzierte steuerpflichtige Einkommen aus selbstständiger
Erwerbstätigkeit gebe nicht die (persönliche) wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit wieder und dürfe daher für die Belange der
Invaliditätsbemessung keine Verwendung finden, hält vor Gesetz (Art. 25 Abs.
1 am Anfang IVV in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 lit. a-f AHVG) und
Rechtsprechung (SVR 1999 IV Nr. 24 S. 71), welche auch in der
Unfallversicherung gilt, nicht Stand.

Was die Überentschädigung gemäss Verfügung vom 20. Februar 2002 und
Einspracheentscheid vom 16. September 2002 anbelangt, hat eine neue
Taggeldberechnung, nachdem die Vorbringen des Beschwerdeführers ungeeignet
sind, das Valideneinkommen in Frage zu stellen, nicht stattzufinden. Damit
ist der vorinstanzliche Entscheid, dessen nicht zu beanstandenden Erwägungen
nichts beizufügen ist, zu bestätigen.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zugestellt.

Luzern, 6. August 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: